Donnerstag, 6. Mai 2010

Das Haus des Mohren


Bremerhaven, März 2009: Dieses Wohn und Geschäftshaus in der Hafenstraße ...

Bis zum letzten Jahr gab es in der Hafenstraße im Haus mit der Nummer 81 ein Fachgeschäft für Haushaltsgeräte. Nachdem die Ladenräume anschließend für einige Zeit leer standen, wurde vor kurzem mit dem Einbau neuer, hoher Schaufenster begonnen, die denen der benachbarten Versicherungsagentur angepasst sind. Damit erhält das Haus mit der Gründerzeitfassade im Bereich der oberen Stockwerke ein einheitliches Aussehen, wie es zur Zeit seiner Erbauung einmal der Fall gewesen sein muss.



... ist das Haus des Mohren (Mai 2010).

Nachdem die Verkleidung über den flachen Schaufenstern des ehemaligen Fachgeschäfts für Haushaltsgeräte entfernt worden war, auf der bis dahin das Firmenschild angebracht gewesen war, tauchten plötzlich Bilder aus meiner frühen Kindheit vor meinen Augen auf:

In diesem Haus wohnte einst der Sarotti Mohr!


Über den neu eingebauten Fenstern sind noch die Spuren des ehemaligen Schlaraffenlandes zu erkennen, in dem der kleine, ganz in Blau und Rot gekleidete schwarze Herr mit seinem großen Turban auf dem Kopf, der wehenden Jacke und seiner weiten Pluderhose residierte. Ich habe die ersten vier Jahre meines Lebens etwas weiter südlich in der Hafenstraße gewohnt. Mein Großvater hatte nördlich der Rickmersstraße einen Lebensmittelladen. Ich kann mich daran erinnern, dass meine Mutter mit mir oft die Großeltern besuchte und ihren Eltern gelegentlich im Laden aushalf. Auf dem Weg zwischen unserer Wohnung und dem Laden meiners Großvaters sind wir jedesmal an diesem Schoko-Paradies vorbei gekommen, dessen Schaufenster-Dekoration mich damals dermaßen beeindruckt haben muss, dass ich es jetzt nach all den Jahren wieder so klar vor Augen habe. Ich weiß nicht genau, wie weit die Erinnerung eines Erwachsenen in seine Kindheit zurückreicht. Ich denke aber, der Sarotti Mohr kann sich mir eigentlich nur in der Zeit so eingeprägt haben, als ich ungefähr fünf oder vier Jahre alt war. Danach sind meine Eltern mit meiner Schwester und mir in das Neubaugebiet Leherheide-West an den Stadtrand gezogen.

Das alles ist jetzt schon lange her ...


Lange her sind auch die Zeiten, als es in einem der Häuser gegenüber des Leher Stadtparks noch eine Buchhandlung in der Hafenstraße gab. In den neuen Schaufenstern des Mohrenhauses aus meiner Kindheit kündigen seit ein paar Tagen kleine weiße Flyer die für Ende Mai bevorstehende Neueröffnung einer Buchhandlung mit dem Namen "Mausbuch" an, auf denen ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass es dort keinen Käse geben wird.



Die Spuren der Vergangenheit über dem neuen Schaufenster

Wenn das kein gutes Omen ist, ... - vielleicht kehrt ja doch eines Tages die Vielfalt der Geschäfte von damals in die Hafenstraße zurück, so dass sie wieder zu dem lebendigen Einkaufs- und Geschäftszentrum von Lehe wird, das sie während der Zeit meiner Kindheit noch war. Der Sarotti Mohr wird jedoch nicht wieder in die Hafenstraße zurückkehren. Nachdem Sarotti zuerst von einem großen deutschen Schokoladenhersteller, und dann zusammen mit diesem von einem noch größeren Schweizer Schokoladenhersteller übernommen worden war, verschwand der kleine schwarze Herr irgendwann aus der Öffentlichkeit.


(Quelle: Die Geschichte Sarotti's auf sammeln-sammler.de, Foto "Der Sarotti Mohr": © Stephan Windmüller)

5 Kommentare:

Grey Owl Calluna hat gesagt…

Lieber Jürgen!
Weißt Du was, dazu fällt mir eine kleine geschichte ein.
Als ich meine Abschlußprüfung als Bäcker-und Konditor machte, fertige ich eine Figur aus Zuckerguß, gut einen halben Meter groß,...sah aus wie der Sarotti-Mohr,...na ja,...das konnte ich natürlich damals nicht so sagen. Ich entnahm die Zeichnung für mein Projet dem damaligen "Abrafax-Heft".
Am Prüfungstag war alles fertig und aufgebaut, nur noch ein paar Kleinigkeiten waren zu richten, die mein damaliger Freund erledigen wollte und,.......warf doch, ausversehen, die Figur um. Sie fiel zu Boden und zerbracht in tausend Stücke.
....und obwohl die Prüfer sie bereits gesehen hatten,...zählte das nicht. Meine Note war dann demensprechend.
Seidem wurde es verboten, dass fremde Personen bei den Prüfungsvorbereitungen dabei sind.
Liebe Grüße
Rosi

juwi hat gesagt…

@Rosi: Ich frage jetzt mal lieber nicht, wie du dich damals gefühlt hast. Hat dein damaliger Freund den Prüfungstag überlebt?

Ninihoop hat gesagt…

Oh ja ich habe als Kind auch diese Figur geliebt.Damals hatte ich ganz wenig Taschengeld.Aber es gab manchmal auf der Schokolade kleine Püppchen.Wenn ich mich nun mal nicht täusche.Ich habe es als Kind eben so behalten.Dieses Püppchen wollte ich herzallerliebst besitzen.Und es gelang mir für eine Tafel Schokolade zu sparen.Gerade gestern als ich meine Puppen-Werkstatt aufräumte sah meine kleine Tochter dieses Püppchen und ich erzählte ihr die Geschichte.Wir mussten beide an "Charlie und die Schokoladen-Fabrik" denken wo es ja auch um schwer erreichbare Köstlichkeiten geht.
Schade das einigen Farbigen dieser Produkt-Name so viel Probleme macht wo wir doch so positives und kostbares(nämlich die schönen Zeiten der Kindheit) damit verbinden.Ein farbiger Mitarbeiter meines Mannes hat keine Probleme mit solchen Sachen und lacht freundlich darüber,er sagt er verbindet nichts negatives damit.

Anonym hat gesagt…

petraonair
Was für eine Freude! Ja, der Sarotti-Mohr, er hat auch meine Kindheit begleitet, und ich war "wie verrückt" auf der Suche nach Menschen,die das - aus meiner damals kindlichen Sicht - Schlaraffenland deBur noch kennen.
Wie habe ich diesen Laden geliebt, ich sehe immer noch die junge Frau (Tochter der Familie deBur ?) in einem typischen Kleid der 50erJahre, eine elegante Erscheinung, auf meine Großmutter und mich zukommen, um uns zu bedienen....Umso schöner der Hinweis auf deine Geschichte über das Haus vom Mohr :-)!
Liebe Grüße Petra

angie hat gesagt…

beim googeln bin ich hier im blog gelandet!
ende der fünfziger jahre oder anfang der 60iger jahre kann ich mich an eine kleine schokoladenpuppe erinnern, die zwar verzehrt werden konnte, aber viiieeel zu schade dazu war!
kann sich jemand darna erinnern? und war die von sarotti? ich wäre froh, wenn ich eine antwort bekommen könnte! hat eventuell jemand noch bildmaterial darüber? viele grüße und einen schönen tag

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