Samstag, 8. Mai 2010

Das Gespensterschiff

FriedenstaubeHeute vor 65 Jahren endete der Zweite Weltkrieg. Für die damalige Stadt Wesermünde, die seit 1947 den Namen Bremerhaven trägt, kam das Kriegsende ein gutes Jahr zu spät. Noch im Spätsommer und im Herbst 1944 wurde der größte Teile der bis dahin weitestgehend intakt gebliebenen Stadt bei Bombenangriffen der alliierten Bomberflotten zerstört.

Aber mit dem Krieg, mit dem die Nazis Europa und große Teile Asiens ins Unglück geführt hatten, endete auch die Terrorherrschaft der Nazis gegen die eigene Bevölkerung. Für diesen Staatsterror steht in Bremerhaven beispielhaft das sogenannte "Gespensterschiff", ein ehemaliges Minensuchboot, das ursprünglich an der Ostseite des Neuen Hafens festgemacht war, und dort der Marine-SA ab 1933 als Quartier und "Vernehmungsbüro" diente. Politische Gefangene, die nicht geständig waren, viele von ihnen, weil sie gar nichts zu gestehen hatten, wurden dort mit Gummiknüppeln, Stahlruten, Nagelstöcken und Fäusten bis zur Bewusstlosigkeit gefoltert. Bevor sie von ihren Peinigern entlassen wurden, mussten sie schriftlich bestätigen, dass sie nicht misshandelt worden waren.

Die Schreie der Opfer sollen jedoch so laut gewesen sein, dass es zu Protesten aus der Bevölkerung gegen die Lärmbelästigung – nicht gegen die Folter! – kam. Die SA verlegte das "Gespensterschiff" deshalb etwas weiter weg von den Wohngebieten an die Westseite des Alten Hafens, ungefähr dorthin, wo heute das "Klimahaus 8° Ost" steht. Heute erinnert nur noch eine Gedenktafel am Betriebsgebäude der Doppelbrücke über den Verbindungskanal zwischen Altem- und Neuem Hafen an das Gespensterschiff ...


Wenn ich die Erzählungen "der Alten" höre, die damals als Kinder und Jugendliche die Bombennächte in den Luftschutzkellern erlebt haben, die Freunde und Familienangehörige verloren haben, die erlebt haben, wie ihre Heimat den Bomben zum Opfer fiel, die mitbekommen haben, wie Menschen verfolgt, gequält und umgebracht wurden und die selbst nicht wagten, dagegen zu protestierten, weil sie um ihre persönliche Sicherheit besorgt waren, dann kann ich es nicht verstehen, wie es angehen kann, dass die Kinder und Enkel der Kriegsgenerationen von damals heute schon wieder bereit sind, in einem Krieg irgendwo in Asien wildfremde Menschen umzubringen oder selbst zu sterben. Vor allem aber kann ich es nicht nachvollziehen, dass die Menschen auch heute schon wieder nicht wagen, gegen diesen Wahnsinn zu protestieren. Das folgende erschütternde Zitat ist ein Kommentar einer Mutter, deren Sohn gerade in der Grundausbildung bei der Bundeswehr war, zu einem Artikel über die Trauerfeier anlässlich des Todes dreier deutscher Soldaten in Afghanistan im Blog "Cappuccino & Meer":

"So denken viele, doch man traut sich nicht, seine Meinung laut zu sagen. ... Wenn ich an die armen Angehörigen denke, wird mir übel, ich mag nicht daran denken, wenn mein Sohn ... Nee, das ist zu grausam. ..."


(Quelle: Cappuccino & Meer vom 9. April 2010, Nordsee-Zeitung vom 14.05.2008)

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