Freitag, 29. Januar 2010

Straßenbahn oder Bus?

Ein anonymer Schreiber (oder eine Schreiberin?) hinterließ zu meinem gestrigen Artikel zum Thema Klimaschutz einen anonymen Kommentar. Kommentare anonymer Schreiber, die sich nicht zu erkennen geben, veröffentliche ich grundsätzlich nicht (siehe Hinweise über dem Kommentareingabefeld).

Da es zum Thema Umweltfreundlichkeit von Bus und Straßenbahn aber vielleicht unterschiedliche Meinungen gibt, stelle ich die abgegebene Meinung hier einmal zur Diskussion:
  • Der (oder die?) Schreiber(in) meint (vermutlich mit Bezug auf die Straßenbahn), der Bus sei mit großem Abstand das umweltfreundlichste Mobil.

Leider gab er (oder sie?) keinen Hinweis darauf, wo man das gegebenenfalls nachlesen kann. Daher steht diese Aussage jetzt ebenso im Raum wie meine Meinung, die Straßenbahn sei dem Bus als innerstädtisches öffentliches Verkehrsmittel vorzuziehen. Im Folgenden stelle ich meine eigenenen Überlegungen dazu etwas detailierter dar.

Wenn ich im Unrecht bin, lasse ich mich auch gerne vom Gegenteil überzeugen. Das sollte aber mit sachlichen Argumenten und nicht aus der Anonymität heraus geschehen. Meine Leser und ich wissen gerne, mit wem wir diskutieren.


CO2-Emission pro Person auf einen Kilometer

Ich meine, bezogen auf die beförderte Personenzahl, wird ein (einzelner) voll besetzter Bus pro Person auf einen Kilometer sicherlich weniger CO2 emittieren, als ein (einzelner) mit nur einer Person besetzter Pkw. Möglicherweise lässt sich das aber so pauschal auch gar nicht darstellen, da die Spannweite der CO2-Emissionen pro Kilometer bei unterschiedlichen Pkw's je nach Größe und Typ recht groß ist. Ebenso ist auch das Fahrgastaufkommen im innerstädischen öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) abhängig von der Tageszeit unterschiedlich groß. Fakt ist aber erst einmal, dass Bus und Pkw mit fossilen Brennstoffen angetrieben werden, und damit schädlich für das Klima sind. Bei Dieselfahrzeugen (Bus) kommt noch ein Feinstaubproblem hinzu, das sich zwar mit Rußfiltern verringern aber nicht restlos beheben lässt.

Ich vermute, dass die CO2-Emissionen pro Kilometer, bezogen auf die beförderte Personenzahl, derzeit zwischen Bus und Straßenbahn nicht sehr unterschiedlich sein werden. Ich könnte mir aber gut vorstellen, dass die Straßenbahn diesbezüglich gegenüber dem Bus etwas im Vorteil sein wird, wenn man davon ausgeht, dass mit einem modernen Straßenbahnzug, bestehend aus Gelenktriebwagen und Gelenkanhänger, mehr Personen befördert werden können, wie mit einem Gelenkbus. Fakt ist aber, dass hinsichtlich der innerstädtischen Abgasbelastung der Straßenbahn gegenüber dem Bus der Vorrang zu geben ist.

Ebensowenig wie sich die Frage, woher man zuhause seinen elektrischen Strom bekommt, mit: "Bei uns kommt der Strom aus der Steckdose." beantworten lässt, kommt natürlich auch der Strom für die Straßenbahn nicht einfach so aus der Oberleitung. Solange der Strom für den Betrieb der Straßenbahn in einem mit fossilen Energieträgern befeuerten Kraftwerk (Kohle, Erdgas, Erdöl) oder in einem Atomkraftwerk erzeugt wird, trifft die Aussage, eine Straßenbahn sei umweltfreundlicher als ein Bus, ausschließlich auf die Umweltsituation in der Stadt zu. Die durch den Betrieb der Straßenbahn verursachten Umweltbelastungen treten an einem anderen Ort auf, als in der Stadt.

Das gleiche gilt übrigens ebenso für die, im Zusammenhang mit der Klimaerwärmung, in letzter Zeit gerne als Allheilmittel gehandelten Elektroantriebe für Pkw's.


In Deutschland genutzte Energieträger

Die Energieerzeugung in Deutschland besteht laut "scinexx Das Wissensmagazin" derzeit aus einem Mix fossiler und erneuerbarer Energieträger, der seit etwa 15 Jahren annähernd konstant ist. Der Anteil erneuerbarer Energien daran beträgt demnach 7,4 Prozent. Deshalb wäre der Betrieb einer Straßenbahn grundsätzlich auch unter dem Gesichtspunkt "Energieerzeugung" immerhin noch etwas umweltfreundlicher, als der eines Busses. Inzwischen ist es wohl unstrittig, dass die Treibhausgasemissionen innerhalb kürzester Zeit der Vergangenheit angehören müssen. Wenn es der Menschheit gelingen soll, wenigstens noch die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels zu verhindern, wäre die Einrichtung bzw. der Weiterbetrieb einer Straßenbahn aus meiner Sicht mittelfristig eine gute Investition in die Zukunft.


Energie-Effizienz

Dieselmotoren (Busse) haben einen Wirkungsgrad von bis zu 45 Prozent während Elektromotoren (Straßenbahn) je nach Leistung Wirkungsgrade von 60 bis hin zu 98 Prozent erreichen.

Der elektrische Strom für den Betrieb einer Straßenbahn wird heute noch überwiegend in Kohle- oder Atomkraftwerken erzeugt. Mit der bei der Verbrennung der fossilen Energieträger bzw. der Atomspaltung anfallenden Wärme werden Dampfturbinen angetrieben, die ihrerseits Stromgeneratoren antreiben, mit denen der elektrische Strom erzeugt wird. Kohlekraftwerke weisen Wirkungsgrade zwischen etwa 30 und 50 Prozent auf und Atomkraftwerke von ca. 34 Prozent. Nach Abzug des Eigenbedarfs haben die Stromgeneratoren einen Wirkungsgrad von nahezu 100 Prozent. Ein von einem Kohle- oder Atomkraftwerk angetrieben Stromgenerator setzt also ungefähr 30 bis 50 Prozent der in den fossilen bzw. radioaktiven Energieträgern enthaltenen Energie in elektrischen Strom um.

Auch Wasser- oder Windkraftwerke erzeugen Strom durch den Antrieb von Stromgeneratoren. Mit einem Windkraftwerk können theoretisch bis zu 59,3 Prozent der im Wind enthaltenen Energie genutzt werden. Real werden diese Werte jedoch noch nicht erreicht. Wasserkraftwerke können bis zu 90 Prozent der nutzbaren Wasserkraft in elektrischen Strom umwandeln. Im Gegensatz zu fossilen- und radioaktiven Energieträgern tragen die Energieträger Wind und Wasser nicht zur Klimaerwärmung bei und es entsteht bei ihrer Nutzung kein gefährlicher, jahrmillionenlang strahlender Atommüll. Außerdem stehen sie im Gegensatz zu den fossilen und radioaktiven Energieträgern nahezu unbegrenzt zur Verfügung.

Beim Transport des in einem Kraftwerk erzeugten elektrischen Stroms zum Verbraucher (u.a. Straßenbahn) entstehen Leitungs- sowie weitere elektrische Verluste. Dies gilt jedoch gleichermaßen für die Energie aus allen genannten Kraftwerken.


Der Straßenbahn gehört die Zukunft

Absolut betrachtet ist die Energieausnutzung eines in einem Bus eingebauten Dieselmotors also etwas größer, als die eines in einer Straßenbahn eingebauten Elektromotors. Bei der Betrachtung der aktuellen CO2-Emissionen pro Person auf einen Kilometer wird sich das aufgrund der höheren Beförderungskapazität der Straßenbahn gegenüber dem Bus jedoch wieder relativieren.

Mit Blick auf das aufgrund der notwendigen Maßnahmen gegen die drohende Klimakatastrophe mittelfristige Ende der Verbrennungsmotoren mit fossilen Brennstoffen und der dazu notwendigen stetigen Erhöhung des Anteils regenerativer Energieträger am Energiemix, werden die Vorteile der Straßenbahn gegenüber dem Bus mittelfristig an Boden gewinnen.

Seit 2002 gibt es ein Gutachten, das die Einführung einer Stadtbahn für Bremerhaven und Cuxhaven unter Einbeziehung des ländlichen Umlands nach dem Karlsruher Modell empfiehlt. Darin geht es um ein Verkehrskonzept aus einer intelligenten Verknüpfung verschiedener Verkehrssysteme und -wege, die eine komfortable Anbindung des ländlichen Umlandes an die Stadtzentren ermöglicht. Weitere Informationen hierzu gibt es auf den "Bremerhaven-Seiten" von Heiko Jacobs.


Dass eine
klimaneutrale Straßenbahn bereits heute erfolgreich machbar ist, zeigt das herausragende Beispiel der Stadt Würzburg.
  • Aus meiner Sicht ist das ein vorbildliches Konzept für
    den Weg zu einer klimafreundlichen Stadt, und somit
    unbedingt ein nachahmenswertes Beispiel für eine
    zukünftige "Klimastadt Bremerhaven".


(Update 30.01.2010, Text "Der Straßenbahn gehört die Zukunft": Stadtbahn Bremerhaven-Cuxhaven und Umland, Klimaneutrale Straßenbahn in Würzburg)

(Quellen:
scinexx Das Wissensmagazin vom 20.03.2009, Energieinfo, Wikipedia, Bremerhaven Seiten, LifePR, Karlsruher Modell)


Donnerstag, 28. Januar 2010

Bremerhaven beim Klimaschutz führend in Deutschland?

Herr Meadows (USA, Ökonom) sehe schwarz für die Zukunft unserer Welt. Das ist heute in der Nordsee-Zeitung zu lesen. Bei der Gründung der Deutschen Klimastiftung am Mittwoch sei ihm jedoch anzumerken gewesen, dass er manchmal doch noch etwas Hoffnung für unseren Planeten habe.

Deutschland sei seiner nach seiner Ansicht beim Klimaschutz weltweit unter den Führern, und Bremerhaven sei führend in Deutschland. Auf die Einsichtsfähigkeit und Vernunft von Politikern dürfe man sich aber nicht mehr verlassen. Er habe die Gäste bei der Gründungsfeier der Deutschen Klimastiftung aufgefordert, stattdessen auf die jungen Leute zu setzen.

Genau hier solle die Stiftung ansetzen. Herr Dunker (Klimahaus 8° Ost, geschäftsführender Gesellschafter) habe gesagt, die Betriebsgesellschaft könne über das Klimahaus hinaus keine Bildungsarbeit leisten. Eine Stiftung könne das jedoch. Der Grund für die Gründung der Stiftung sei gewesen, die Schulen bei der Werbung um Einsicht und Bereitschaft für Maßnahmen zum Klimaschutz im privaten Bereich zu unterstützen. Den Jugendlichen empfahl Herr Dunker, sie sollten sich nicht auf die Erwachsenen und Politiker von heute verlassen. Das ist eine traurige Wahrheit aus dem Munde eines "Erwachsenen von heute". Leider kann aber auch ich ihm diesbezüglich nur uneingeschränkt zustimmen.

Dass Bremerhaven in Sachen Klimaschutz führend in Deutschland ist, hört man als Bremerhavener ja eigentlich gerne. Nur leider mangelt es da nach kurzem Nachdenken etwas an Überzeugung.
  • Oder wie passt die Widerspruchslose Hinnahme der Abkopplung Bremerhavens vom Fernverkehrsnetz der Deutschen Bahn zu einer klimafreundlichen Stadt? Notwendig wäre es gewesen, aktiv für den Ausbau und die Verbesserung eines umweltfreundlichen Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) zu kämpfen! Wie will man denn die Menschen dazu bringen, mit der Bahn statt mit dem Auto zu fahren, wenn das Verkehrsnetz und der Service der Bahn immer noch weiter ausgedünnt werden? Im innerstädischen ÖPNV wurde der Betrieb der Straßenbahn im Sommer 1982 eingestellt. Seitdem blasen Busse ihre kohlendioxidverseuchten Dieselabgase aus den Bremerhavener Straßen hinauf in die Atmosphäre. Umweltfreundlichkeit sieht anderes aus. Andere Städte bauten ihr Straßenbahnnetz zur gleichen Zeit aus und ersetzten ihre alten Fahrzeuge durch moderne Niederflurbahnen.
  • Bremerhaven treibt zwar gerade mit aller Kraft den Ausbau zum Zentrum für Firmen aus der Windenergiebranche voran. Das finde auch ich sehr begrüßenswert. Je mehr Energie aus Windkraftanlagen zur Verfügung steht, desto eher werden wir die klimaschädlichen Kohlekraftwerke und gemeingefährlichen Atomkraftwerke los. Aber hinter den massiven Anstrengungen Bremerhavens stehen wohl eher rein wirtschaftliche Interessen, als Klima und Naturschutz. Als es darum ging einen Standort für ein Offshore-Terminal an der Weser zu finden, haben sich die Planer offensichtlich nicht gerade sehr viele Gedanken darüber gemacht, dass dabei auch Belange des Naturschutzes im Bereich des benachbarten Wiedervernässungsgebietes auf der Luneplate zu berücksichtigen sind, das als okölogische Ausgleichsfläche für Naturflächen dient, die dem Bau des Containerterminals-IV zum Opfer fielen. Anders ist es jedenfalls nicht zu erklären, dass sich Wirtschafts- und Naturschutzverbände immer noch unversönlich gegenüberstehen, obwohl das Land Bremen bereits grünes Licht für den Bau des Terminals gegeben hat.
  • Meine oft geäußerte Kritik am Bau der neuen Eissporthalle neben der Stadthalle bezieht sich zwar darauf, dass dafür Millionen von Euro ausgegeben werden, die Bremerhaven nicht hat, und die an anderen Stellen später fehlen werden. Die Sache hat aber auch noch einen klimarelevanten Aspekt. Die für den Betrieb einer ganzjährig nutzbaren Eislauffläche benötigten Kühlaggregate werden viel Energie verbrauchen, bei deren Erzeugung unnötigerweise CO2 emittiert wird. Diese zusätzlichen CO2-Emissionen hätte man zusammen mit den Kosten einsparen können, wenn man auf den Bau der Halle verzichtet hätte. Eine umweltfreundliche Entscheidung war die Zustimmung der Stadtverordnetenversammlung zum Bau der Eissporthalle jedenfalls auch nicht gerade.
  • Mit dem Verkauf ihrer Stadtwerke verloren Bremen und Bremerhaven ihren Einfluss auf die heutige "swb AG", dem Energieversorger im Land Bremen. Dessen Strommix besteht nach Angaben der Umweltschutzorganisation "Robin Wood" in der TAZ (Sommer 2009) aus
    • rund 80 Prozent klimaschädlicher Energieerzeugung mit fossilen Energieträgern in Steinkohle- und Gaskraftwerken.
    • ungefähr 4 Prozent Atomstrom.
    • unter zwei Prozent selbst erzeugter erneuerbarer Energie

    Wer jetzt nachrechnet wird bemerken, dass noch ungefähr 14 Prozent an der Zusammensetzung fehlen. Laut "Robin Wood" rechnet sich die "swb AG" jedoch 17 Prozent nach dem "Erneuerbare Energiegesetz" (EEG) als erneuerbare Energien an. Der Ökostrom "proNatur" der "swb AG" wäre demnach jedoch eine reine Mogelpackung. Kohle- und Atomstrom würden über Recs-Zertifikate (Renewable energy certificate system) in "grünen Strom" umgewandelt. Damit ändert sich überhaupt nichts an der Klimaschädlichkeit des erzeugten Stroms. Der Ankauf von Recs-Zertifikaten ermögliche Stromversorgern und Händlern jedoch, ihren fossilen oder atomaren Strom als saubere Energie zu vermarkten. Ohne den Verkauf der Stadtwerke hätte Bremerhaven es jetzt in der Hand dafür zu sorgen, dass die Stadt mit real aus erneuerbaren Energien erzeugtem Strom versorgt wird.

So wie es aussieht, wird Bremerhaven wohl noch einiges ändern müssen, bevor die Stadt das Lob, sie sei in Sachen Klimaschutz führend in Deutschland - ohne rot zu werden - entgegen nehmen kann.


(Quellen: Nordsee-Zeitung vom 28.01.2010, Stern vom 28.01.2010, TAZ/Robin Wood, Wikipedia)

Mittwoch, 27. Januar 2010

Häppchen


Bremerhaven: Neuerhafen, Westseite (September 2008)

Am 22.01.2009 wurde in der Nordsee-Zeitung ein Kommentar von Herrn Donsbach (Nordsee-Zeitung, Redakteur) veröffentlicht. Es ging um die Ausstellung "Böse Orte und Oasen" im Timeport II und ein Stadtgespräch über die Zukunft am Alten und Neuen Hafen. Daran beteiligt gewesen seien unter anderem Herr Latz (Architekt und Landschaftsplaner) und Herr Pfarré (Lichtgestalter), die für ihre Freiraumgestaltung am Neuen Hafen bereits auf internationaler Ebene mit Preisen geehrt wurden.

Herr Donsbach hatte wohl den Eindruck gehabt, dass seitens der Bremerhavener Politik und hochrangiger Persönlichkeiten in leitenden Funktionen etwas mehr Interesse, eine gesunde Neugier und ein gewisses Maß Sachverständnis nicht geschadet hätten.



Bremerhaven: Kran der Kiesverladeanlage am Neuen Hafen (März 2009)

So habe sich Herr Lüneburg (Bremerhavener Entwicklungsgesellschaft Alter/Neuer Hafen (BEAN), Geschäftsführer) blamiert, als er die Frage in den Raum gestellt habe, was der schäbige Grube-Kran denn für einen Wert haben solle. In den vorangegangenen Stunden sei von den Herren Latz, Pfarré und von Herrn Heller (Auswandererhaus, Betreiber) jedoch ausführlich dargestellt worden, warum die letzten Zeugnisse der Arbeitswelt am Neuen Hafen erhaltenswert seien.

Herr Adelmann (Bremerhavener Gesellschaft für Investitionsförderung und Stadtentwicklung (BIS), Geschäftsführer) habe in seiner Rede zur Eröffnung der Ausstellung ausgeführt, die damalige Diskussion über die Rogge-Halle und weitere Hafenschuppen sei gottseidank vom Abrissbagger beendet worden (er habe in diesem Zusammenhang den Ausdruck "barackenähnliche Gebäude" verwendet).

Seit der Bremer Gründung des damaligen Hafenorts "Bremerhaven" im Bereich des heutigen Alten Hafens war diese Stadt historisch gesehen schon immer eine Hafenstadt. Das ist sie auch heute noch.

Wenn Bremerhaven zukünftig vom Tourismus als zusätzlichem wirtschaftlichen Standbein profitieren will, dann muss die Stadt den Touristen auch das bieten können, was diese erwarten, wenn sie ihren Urlaub oder ein verlängertes Wochenende in einer Hafenstadt verbringen wollen:

Einen Hafen mit dem Flair einer alten Hafenstadt.



Bremerhaven, Neuer Hafen: DEBEG-Halle (links) mit "Lloyds" (Oktober 2008)

Unter diesem Gesichtspunkt bin ich äußerst froh darüber, dass wenigstens die alte DEBEG-Halle (das ehemalige Proviantlager des Norddeutschen Lloyds) nicht das gleiche Schicksal erlitten hat, wie die "Kleine Rogge Halle" (eigentlich das ehemalige Magazin der alten Lloyd-Werft). Das Magazin der Lloyd-Werft am Neuen Hafen war keine Baracke, sondern ein solider Backsteinbau der Stein für Stein abgetragen wurde, und - so die damalige Planung - an anderer Stelle im Originalzustand wieder aufgebaut werden sollte, um die seit Jahren eingemottete Sammlung des Nordsee-Museums darin unterzubringen. Irgendwann waren angeblich die meisten der eingelagerten Backsteine verschwunden, dann war plötzlich das dafür vorgesehene Geld für etwas anderes ausgegeben worden.


Ehemaliges Proviantlager des Norddeutschen Lloyds ("Kleine Rogge-Halle")
Foto: © Peter Müller


Seitdem existiert die ehemalige Backstein-Halle nur noch in der Erinnerung einiger Zeitzeugen, und die wertvolle Sammlung des Nordsee-Museums ist immer noch eingemottet. Das Foto der Halle stammt von der Homepage "Werften und Stadtgeschichte Bremerhavens" von Peter Müller (Archiv, Tagebucheintrag zum 17. August 2005), der mir freundlicherweise erlaubt hat, es hier zu zeigen. Anhand der Gegenüberstellung mit der restaurierten DEBEG-Halle wird deutlich, was sich aus der "kleinen Rogge-Halle" noch hätte machen lassen, und dass es sich dabei ebensowenig um ein "barackenähnliches Gebäude" handelte, wie bei der glücklicherweise erhalten gebliebenen DEBEG-Halle.



Bremerhaven: Traditions-Segler der Schiffergilde vor der DEBEG-Halle (Aug. 2008)

Wer alles, was an die lange Geschichte des Kerns der Bremerhavener Seehäfen erinnert, einfach platt machen will, der demonstriert damit nicht nur einen großen Mangel an Geschichtsbewusstsein sondern zeigt auch ein fatales Desinteresse an wertvollen vorhanden touristischen "Schätzen", die man nur geschickt in eine neue Bebauung einbeziehen braucht. Das ist erstens reizvoller und authentischer, und zweitens billiger als klotzige Neubauten ohne jeglichen Bezug zum Thema "Havenwelten". Allerdings ist dafür wohl auch etwas mehr Phantasie und Kreativität gefragt, als es für die "plattmachen-und-neu-bauen"-Philosophie braucht. Zu den touristischen "Schätzen" am Neuen Hafen gehört, als eines der letzten überlebenden Zeugnisse der Hafengeschichte, unter anderem auch der Kran der Kiesverladeanlage der Firma Grube. Diesem kommt dort die gleiche Bedeutung zu, wie dem als Industriedenkmal zur Erinnerung an die Geschichte der Rickmerswerft erhalten gebliebenen Werftkran an der Geeste.

Solange Politiker und leitende Persönlichkeiten mit einer solchen ignoranten Einstellung gegenüber den wenigen verbliebenen historischen Zeugnissen Bremerhavens das Sagen haben, müssen wir uns ernsthaft Sorgen um die Erhaltung der nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs ohnehin nicht gerade üppig gesäten historischen Gebäude und Ensembles machen. Da ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass das inzwischen vom Landesamt für Denkmalpflege des Landes Bremen als erhaltenswertes Industriedenkmal eingestufte Kalksandsteinwerk der Firma Kistner in Lehe schon so lange ein - für die Bausubstanz nicht gerade förderliches - Dornröschendasein fristet.


Bremerhaven: Blick von der Klappbrücke über den Neuen Hafen (September 2008)

Mit seinem kritischen Kommentar hat Herr Donsbach aber wohl einen empfindlichen Nerv des kritisierten Personenkreises getroffen. Herr Donsbach hatte in seinem mit dem Titel "Häppchen verpasst" überschriebenen Kommentar auch das durch Nichtanwesenheit demonstierte Desinteresse Bremerhavener Politiker kritisiert, und seine Ausführungen mit der ironischen Bemerkung, die Veranstalter hätten wohl vergessen zu erwähnen, dass in der Pause Häppchen und Getränke spendiert werden, abgeschlossen.

In ihrer Ausgabe vom 26.01.2010 schrieb die Nordsee-Zeitung, der Vorstand der Stadtverordnetenversammlung habe sich über den Kommentar von Herrn Donsbach sehr empört. Der von Herrn Donsbach kritisierte Herr Lüneburg habe unter anderem gemeint, die Kulturbeflissenen, wie Herr Donsbach, würden sich ständig nur für den Schutz erhaltenswerter Objekte interessieren, aber immer die damit verbundenen Erhaltungskosten außer Acht lassen. Ob der Herr Lüneburg denn wohl auch bedacht hat, was die vielen schönen neuen Gebäude in den Havenwelten einmal an Folgekosten verursachen werden? Ich könnte mir gut vorstellen, dass die Erhaltungskosten für den Grube-Kran dagegen verschwindend gering ausfallen würden.
  • Meine Meinung:
    Der Kommentar von Herrn Donsbach war aus meiner Sicht seit langer Zeit einmal wieder eine jener von mir oft vermissten kritischen Stimmen über die Realitäten in Bremerhaven, die ich gerne des öfteren einmal in der Nordsee-Zeitung lesen würde. Wenn die von ihm kritisierten Personen nicht in der Lage sind, sein "winziges Häppchen" Ironie augenzwinkernd wegzustecken, dann ist das wohl kaum die Schuld des Herrn Donsbach.

(Update 28.01.2010: Text Rogge-Halle/Lloyd-Magazin, Fotos)
(Update 01.02.2010:
Text Rogge-Halle/Foto "Kleine Rogge-Halle",
mit freundlicherGenehmigung von Herrn Peter Müller)


Dienstag, 26. Januar 2010

NGOs an die Kandarre!

FriedenstaubeHerr Niebel (FDP, Bundesentwicklungshilfeminister) will die bisher auch in anderen Landesteilen Afghanistans aktive deutsche Entwicklungshilfe im Einsatzgebiet der deutschen Soldaten konzentrieren. Die FDP hat sich wohl ausgedacht, dass die Bundesregierung die Nichtregierungsorganisationen (NGO) dann besser unter Kontrolle hat, und die "Aufbauhelfer in Uniform" sich gegebenenfalls mit deren Federn schmücken können.

Herr Niebel verkündete dementsprechend, ohne das Militär sei die zivile Hilfe in Afghanistan zum Scheitern verurteilt, und hatte auch gleich die richtigen Argumente bereit, mit denen er die in Afghanistan bisher erfolgreich arbeitenden NGOs auf Linie zwingen will: "Wenn einige Nichtregierungsorganisationen eine besondere Bundeswehrferne pflegen wollen, müssen sie sich andere Geldgeber suchen.", sagte er gestern in einem Beitrag der ARD-Sendung "FAKT Extra".


Der Minister gefährdet die Entwicklungshelfer

Ich habe hingegen immer mehr den Eindruck, dass die Hilfe für die afghanische Zivilbevölkerung und deren Schutz gerade wegen der deutschen Militärpräsenz zum Scheitern verurteilt ist, da die deutschen Militär-Einrichtungen und -Fahrzeuge immer mehr zum Zielobjekt für aufständische Terroristen und Taliban werden. Herr Neudeck (Hilfsorganisation Grünhelme e.V., Vorsitzender) spricht bezüglich des Vorstoßes von Herrn Niebel von einem katastrophalen Fehler. Er sagte in der "FAKT Extra" Sendung, Niebel habe damit eine klare Drohung gegen Nichtregierungsorganisationen ausgesprochen, die mit Bundesmitteln in Afghanistan arbeiteten.

Über meine Besorgnis bezüglich der zusätzlichen Gefährdung der afghanischen Zivilbevölkerung durch das deutsche Militär bei einem zukünftigen Einsatz deutscher Soldaten "in der Fläche" hatte ich am Sonntag ja schon geschrieben. Falls Herr Niebel seine Drohung in die Tat umsetzen sollte, sieht Herr Neudeck die gleiche Gefahr jetzt auch für die Mitarbeiter der von deutschen Entwicklungshilfegeldern abhängigen NGOs. Diese würden dann nicht mehr als unabhängig und unparteiisch wahr genommen werden, und gerieten damit in das Fadenkreuz der Taliban. Im Gegensatz zu vielen anderen NGOs sei die Hilfsorganisation "Grünhelme e.V." jedoch glücklicherweise nicht auf staatliche Zuschüsse angewiesen.

Im Übrigen hätte Herr Niebel laut Herrn Neudeck wissen können, dass es humanitären Nichtregierungsorganisationen aufgrund der Genfer Rot-Kreuz-Konvention eindeutig und unmissverständlich nicht erlaubt sei, sich mit bewaffneten Kräften einzulassen. Diese dürften nicht einmal einen Bewaffneten in ihr Hospital lassen oder in ihren Autos mitnehmen. Darüber hätte Herr Niebel sich ohne weiteres beim Deutschen Roten Kreuz informieren können.

Aber welche Erwartungen kann man schon an die Fachkompetenz eines Entwicklungshilfeministers stellen, der das "Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)" ursprünglich einmal abschaffen wollte. Mein Eindruck aus der gestrigen "FAKT Extra" Sendung war jedenfalls eher der, dass Herrn Niebel das alles nicht anzufechten scheint. Die NGOs kommen an die Kadarre. Basta!


Die Katze ist aus dem Sack

Eigentlich hatte es Herr zu Guttenberg (CSU, Bundesverteidigungsminister) ja schon deutlich genug verkündet, dass mehr deutsche Soldaten nach Afghanistan geschickt werden. Heute Mittag meldete die Tagesschau, die Bundesregierung werde nur 850 zusätzliche Soldaten für Afghanistan bewilligen. Damit erhöht sich das deutsche Kontingent für Afghanistan von 4500 auf 5350 Soldaten. Das mag dann zwar für einige weniger kritische Mitbürger gegenüber der Anzahl von 6000 Soldaten, die bis gestern noch im Gespräch waren, etwas hübscher aussehen (es fehlen ja noch 650 Soldaten bis 6000), aber deutlich mehr als bisher werden es trotzdem sein.

Da die Voraussetzung für einen Abzug der deutschen Soldaten aus Afghanistan - wie man es der Nordsee-Zeitung am 23.01.2010 entnehmen konnte - ja angeblich von der Stationierung weiterer deutscher Soldaten in Afghanistan abhängig ist, deren Anzahl jetzt jedoch wohl doch "etwas geringer" ausfallen wird, werden wir wohl noch "etwas länger" auf das Ende des deutschen Abenteuers in Afghanistan warten müssen.


(Quelle: ARD "FAKT Extra" vom 25.01.2010, FR-Online vom 23.01.2010, Tagesschau vom 26.01.2010, 13:00 Uhr)

Montag, 25. Januar 2010

Über winterlichen Dächern


Bremerhaven: Wasserturm im verschneiten Stadtpark Lehe

Es kommt selten genug vor, dass in Bremerhaven einmal über eine längere Zeit Schnee liegt. Da habe ich mir den Blick vom Turm der Pauluskirche über die vom Schnee wie mit Puderzucker garnierten Dächer und den verschneiten Stadtpark Lehe natürlich nicht nehmen lassen. Es ließ sich am vorletzten Samstag kein Gast blicken, der auf den Turm gewollt hätte. Eigentlich kein Wunder: An diesen kalten Tagen üben heißer Tee und heißer Kaffee im Kirchen-Café wohl einen größeren Reiz auf die Menschen aus, als ein Blick über die frierende Stadt.

Deshalb bin ich gegen Mittag allein zur Aussichtsgallerie hinauf gegangen. Der Aufstieg hatte sich wieder einmal gelohnt. Allerdings habe ich es dieses Mal nicht sehr lange dort oben ausgehalten. Es war nicht einfach nur kalt: Es blies ein sehr kalter Wind, der die gefühlte Temperatur noch um etliches frostiger erscheinen ließ, als sie ohnehin schon war. Das war ein kurzer, eisigschöner Moment über winterlichen Dächern.

Sonntag, 24. Januar 2010

Für eine realistischen Rückzugsperspektive ...

Friedenstaube
... aus Afghanistan, müsse das deutsche Kontingent von 4500 Soldaten um 1500 auf dann 6000 Soldaten erhöht werden. Das berichtet die Nordsee-Zeitung auf der Titelseite ihrer Ausgabe vom 23.01.2010.


Aha, so ist das also: Um 4500 Soldaten, die man angeblich "noch nicht" nach Hause zurückholen kann, vielleicht später irgendwann einmal zurückholen zu können, müssen zuerst einmal 1500 zusätzliche deutsche Soldaten in den Krieg - äh, in die kriegsähnliche Situation - geschickt werden. Das hätten hohe Angehörige des Verteidigungsministeriums "hinter vorgehaltener Hand" erklärt. Das hört sich jetzt aber irgendwie konspirativ an, und muss wohl mal wieder etwas mit der Logik des Krieges zu tun haben - und die muss man als normal denkender Mensch ja nicht unbedingt immer verstehen können. Möglicherweise spricht man im Bundesverteidigungsministerium aber auch deshalb "hinter vorgehaltener Hand", weil man dort immer noch lieber Krieg spielt, als darüber zu sprechen - und wenn es sich doch einmal nicht vermeiden lässt, dann vermeidet man es tunlichst, das zutreffende Wort für die Tatsache zu verwenden, über die man nicht so gerne spricht.

Offiziell habe ein Sprecher des Verteidigungsministeriums die von den "hohen Angehörigen" des gleichen Ministeriums "hinter vorgehaltener Hand" abgegebene Erklärung dementiert, während der Chef ebendieses Ministeriums, Herr zu Guttenberg (CSU, Bundesvertreidigungsminister) kurz vor der internationalen Afghanistan-Konferenz am kommenden Donnerstag in London nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur das Bundestagsmandat auf 6000 Soldaten ausweiten lassen wolle.

Mit Verlaub:
  • Ich glaube, die Bundesregierung will uns bezüglich der deutschen Rolle im Afghanistan Krieg erneut für dumm verkaufen!
Wenn der Chef des Verteidigungsministeriums am Montag in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" ankündigte, er wolle noch vor der Konferenz in London "eine konkrete Zahl für eine mögliche Aufstockung des deutschen Truppenanteils" vorstellen, dann ist es ja wohl mehr als albern, wenn ein Sprecher des Verteidigungsministeriums die offizielle Ankündigung seines Chefs offiziell dementiert.

Nach Aufunft der Nordsee-Zeitung vom 23.01.2010 habe Herr zu Guttenberg außerdem angekündigt, dass die afghanischen Sicherheitskräfte künftig nicht mehr vorwiegend innerhalb der deutschen Lager, sondern im Lande ausgebildet werden sollen. Damit solle "Präsenz in der Fläche" gezeigt werden, um offensiver zu kämpfen (NZ: "... nicht nur, um offensiver zu kämpfen, sondern ..."). Außerdem solle so erreicht werden, dass die Ausbildung für die afghanische Armee und die afghanischen Polizeikräfte mit dem Schutz für die afghanische Bevölkerung in Einklang gebracht werden (das kann man auch in einem gestern erschienenen Artikel der Online Ausgabe der "Frankfurter Rundschau" nachlesen; beide Zeitungen geben als Quelle für ihre Informationen die Deutsche Presse-Agentur an).

Da wird sich die afghanische Bevölkerung aber freuen, wenn die Taliban und die Terroristen ihre Angriffe nicht mehr wie bisher im wesentlichen auf lokale deutsche Militäreinrichtungen konzentrieren werden, sondern die dann "in der Fläche" präsenten deutschen Soldaten mitten in den Dörfern und Städten angreifen. Zu den bisher "aus Versehen" von deutschen Soldaten erschossenen, gesprengten und verbrannten afghanischen Zivilisten, könnten dann sehr schnell weitere zivile afghanische Todesopfer hinzukommen, die bei Angriffen auf deutsches Militär möglicherweise gemeinsam mit deutschen Soldaten sterben. Möglicherweise wird man dann auch im Zusammenhang mit angegriffenen und in Kämpfe verwickelten deutschen Soldaten des öfteren den Ausdruck "Kollateralschaden" hören oder lesen.

Und wenn es dann mit dem Rückzug der deutschen Soldaten aus Afghanistan trotz der Erhöhung der jetzt dort stationierten 4500 auf 6000 Soldaten nicht klappen sollte dann wird sich sicherlich ein Weg finden lassen, das Kontingent auf - sagen wir mal - 10000 Soldaten zu erhöhen. Sollte sich in der Folge herausstellen, dass das dann immer noch nicht für einen Rückzug der Deutschen Armee aus Afghanistan reicht, dann wird man sicher der militärischen Logik "unsere deutschen Soldaten dürfen ja nicht umsonst gestorben sein" folgend auch noch Kontingente von 15000, 20000 oder mehr Soldaten durchdrücken können.

Es scheint bald so, als lege die Bundesregierung es darauf an, die Erfahrungen Russlands in Afghanistan, oder die Erfahrungen der USA in Vietnam an den Leibern der eigenen Soldaten wiederholen zu wollen - auch gegen den Willen von derzeit 71 Prozent der deutschen Bevölkerung (ARD-DeutschlandTrend vom 8. Januar 2010, "Unterstützung für Afghanistan-Einsatz sinkt weiter"). Bei der Abwägung, ob "Handeln nach dem mehrheitlichen Willen der Bundesbürger" oder "Einschleimen bei unseren Freunden" höher zu bewerten sei, hat der Deutsche Volkssouverän in den Augen der Politiker offensichtlich ganz schlechte Karten.


(Quellen: Nordsee-Zeitung vom 23.01.2010, FR-Online vom 23.01.2010, ARD-DeutschlandTrend, Wikipedia)

Freitag, 22. Januar 2010

Hilfe für ein geschundenes Volk

Es traf ein ohnehin schon geschundenes Volk: Das Erdbeben in Haiti. Ich hatte ursprünglich geplant, eine Zusammenfassung über die Geschichte Haitis und die daraus resultierenden Probleme zu schreiben.

Ich habe dann aber gesehen, dass im Blog "April Showers" bereits eine sehr informative und gut gelungene Artikelserie zu diesem Themenbereich veröffentlicht wurde:

Benefiz Konzert in Bremerhaven

Helfen kann man auf verschiedene Weise. In Bremerhaven lässt sich das am 31. Januar außerdem mit dem Besuch einer musikalischen Veranstaltung verbinden. An diesem Tag findet um 17:00 Uhr in der "Großen Kirche" ein großes Benefizkonzert mit den "Soul Keepers", dem Leher Blasorchester, dem Gospelchor "Amatöne" aus Jade, den "Joyful Voices" aus Stotel und dem "Seemannschor Bremerhaven" statt. Geboten wird eine abwechslungsreiche Mischung aus Gospel, Pop, Soul, Klassik und maritimer Musik.

Einlass ist ab 16:00 Uhr. Im Eingangsbereich der Kirche gibt es vor Konzertbeginn ein Rahmenprogramm.

Der Eintritt ist frei. Beim Ausgang wird um Spenden für die Erdbebenopfer in Haiti gebeten. Alle Erlöse der Veranstaltung aus dem Rahmenprogramm und den Spenden werden zweckgebunden an UNICEF für die Kinder aus Haiti gespendet. Nähere Informationen gibt es bei "kumulus".


Petition: Schuldenerlass

Eine Möglichkeit, Mittel für den Wiederaufbau von Haiti zur Verfügung verfügbar zu machen, ist ein Schuldenerlass für das zerstörte Land. Darum bittet die Lobby- und Kampagnenorganisation "ONE" die Finanzminister, Vertreter des Internationalen Währungsfonds, der Interamerikanischen Entwicklungsbank und bilaterale Gläubiger mit einer Petition. Es handelt sich dabei nach Angaben der Organisation um ein Gesamtvolumen in Höhe von 1 Milliarde US-Dollar, die dem Land bei der Finanzierung des Wiederaufbaus helfen können.

Die Petition kann hier online unterzeichnet werden.


Perspektiven?

Aktuell hoffe ich, dass die USA bei ihrer breit angelegten Hilfsaktion keine Hintergedanken haben. Es mag ja angehen, dass die USA lediglich der Bitte von Haitis Regierung nachkommen, in Haiti Ordnung und Sicherheit aufrecht zu erhalten, da Haitis Regierung dazu derzeit nicht in der Lage ist. Das große US-Amerikanische Militäraufgebot in Haiti halte ich trotzdem für bedenklich. Die Erfahrung zeigt, dass es immer sehr schnell geht, bis die US-Armee in einem Land ist, der Abzug sich dann aber immer endlos lange hinzieht. Die Nähe zu Kubas Küsten könnte aus meiner Sicht schon einen gewissen Reiz auf US-Militärs ausüben.

April macht in ihrer Serie zu Recht auf die Ausbeutung des Landes durch die ehemalige Kolonialmacht Frankreich, die unter anderem daraus resultierende "gigantische Umweltzerstörung" und ihre Ursachen (Vernichtung der Wälder, Verödung, Erosion durch Starkregen, Erdrutsche, Überschwemmungen ...), die aufgrund der geographischen Lage hochgradige Erdbebengefährdung sowie die Häufigkeit verheerender Hurricanes in der Karibik aufmerksam, die dem bettelarmen Land zusetzen. Ich bin gespannt, wie weit die Hilfe Frankreichs für Haiti gehen wird.

Längerfristig könnte wohl nur die Weltgemeinschaft auf UNO-Ebene dem kleinen Land auf auf eine ökonomisch und ökologisch sichere Basis helfen.

Winterliche Lichtblicke


Theodor-Heuss-Platz im Nachmittagslicht der tiefstehenden Wintersonne

Nachdem der meiste Schnee getaut war, wurde es wieder kalt, und tagelang war die Stadt in winterliches grau gehüllt. Heute Nachmittag gab es den ersten Lichtblick seit Tagen. Mal abwarten, ob sich das Licht auch am Wochenende noch blicken lässt. Ich glaube das könnte uns hier zur Abwechslung einmal ganz gut tun.

Mit dem von den letzten verbliebenen Schneehaufen umgebenen Denkmal auf dem Theodor-Heuss-Platz, am Südende der Fußgängerzone der Bürgermeister-Smidt-Straße, ehrten die Bremerhavener Bürger im Jahre 1888 ihren Stadtgründer Johann Smidt (1773-1857), einem ehemaligen Bürgermeister der Stadt Bremen.

Da die schlechter werdenden Fahrwasserverhältnisse der Unterweser damals verhinderten, dass größere Seeschiffe die Häfen in Bremen erreichen konnten, erwarb Herr Smidt vom Königreich Hannover für Bremen ein Stück Land an der Geestemündung. Bremen gründete im Jahre 1827 auf dem Grundstück die damalige Ortschaft Bremerhaven und ließ dort einen Hafen anlegen. Der heutige "Alte Hafen" wurde 1830 fertig gestellt. Er war die Keimzelle der späteren Stadt Wesermünde die aus den ehemals eigenständigen Gemeinden Bremerhaven, Lehe, Geestemünde, Wulsdorf, Weddewarden, Speckenbüttel und Schiffdorferdamm entstanden war, und die seit 1947 Bremerhaven heißt.

Donnerstag, 21. Januar 2010

Ein Fenster in die Vergangenheit

Gestern Abend, als ich die neu eingegangenen E-Mails durchsah, war darunter auch eine, deren Absender-Adresse mir überhaupt nichts sagte. Überwiegend ist so etwas ja Spam. Wenn der Betreff eindeutig "eindeutig" oder "irgendwie zweideutig" ist, landet so etwas bei mir ohne Umschweife mit einem Klick in der Spam-Kiste. Aus den restlichen unbekannten E-Mails kopiere ich, vorsichtig, wie ich bei unbekannten Absendern nun mal bin, den Inhalt der E-Mail, ohne sie zu öffnen, über die Zwischenablage in den Texteditor - so auch bei dieser E-Mail: Und plötzlich öffnete sich ein Fenster in meine Vergangenheit.

Eine Klassenkameradin aus der Grundschule, war irgendwie in meinem "Juwiversum" (meiner Homepage) gelandet und als sie im Impressum meinen Namen las, erinnerte sie sich an einen Freund aus ihrer Grundschulzeit ...

Und da soll noch einmal jemand sagen, Computer machen einsam.

Das Gegenteil ist der Fall: Man lernt neue Leute kennen und manchmal kommt völlig unverhofft eine Verbindung zu einer Freundin aus der Kindheit wieder zustande, die man vor über 40 Jahren aus den Augen verloren hatte. Sie war damals mit ihren Eltern aus Bremerhaven fortgezogen. Über ihre E-Mail habe ich mich riesig gefreut. Damit entwickelte sich der gestrige, ansonsten eher belanglose Tag am Abend noch zu einem echten Glückstag.

Mittwoch, 20. Januar 2010

Bremens Angriff auf die demokratischen Rechte

Die einzige Möglichkeit, unser demokratisches Recht wahrzunehmen und in die Politik einzugreifen, besteht für uns Bürger am Wahltag, an dem wir mit unserer Stimmabgabe eine neue Regierung wählen. Herr Weber (SPD, Bremen, Bürgerschaftspräsident) fordert jetzt erneut, die Legislaturperiode für die Bürgerschaft von vier auf fünf Jahre zu verlängern.

Damit könnten seine Kollegen und er natürlich ein weiteres Jahr ohne die "lästige Bevormundung des Wahlvolks" tun und lassen was sie wollen. Klar dass ihm seine Idee irgendwie genial vorkommen muss.


Würde jedoch zum Beisiel für die Stadtverordnetenversammlung in Bremerhaven aktuell eine fünfjährige Legislaturperiode gelten, dann würden sich die beiden Kontrahenten in der Großen Koalition ein weiteres Jahr gegenseitig lähmen, bevor die Bürger dem am Wahltag ein Ende bereiten könnten. Das wäre eine Vorstellung, die bei mir nun wirklich keine überschwengliche Begeisterung auslöst.

Herr Weber meint, eine fünfjährige Legislaturperiode sei außerdem eine Sparmaßnahme, da nach einem Zeitraum von 20 Jahren die Kosten für eine Wahl entfielen.

Der Vorstoß von Herrn Weber ist ein Angriff auf unsere demokratischen Rechte. Wer meine Rechte einschränkt, braucht nicht zu glauben, dass er sich zum Dank dafür Hoffnung auf meine Stimme machen kann.


Und was die Sache mit den Einsparungen bei den Kosten für die Wahlkämpfe angeht, da hätte ich einen bedeutend effektiveren Vorschlag zu unterbreiten:
  • Liebe Damen und Herren Politiker,

    verzichten Sie doch bitte in Zukunft auf ihre nichtssagenden Wahlplakate, die überall nur im Wege herumstehenden Stelltafeln und auf die vielen Kugelschreiber, Luftballons, Bonbons etc. an ihren Infoständen. Sie werden staunen, was sich auf diese Weise über einen Zeitraum von 20 Jahren bei fünf Wahlen an Kosten einsparen lässt.


(Quelle: Nordsee-Zeitung vom 19.01.2010)

Dienstag, 19. Januar 2010

Deutsche Kriegslügen

FriedenstaubeNa wer sagt's denn: So peu à peu kommt die ungeheuerliche Wahrheit über den von einem deutschen Oberst angeforderten Angriff auf zwei entführte Tanklaster am 4. September 2009 in Afghanistan mit bis zu 142 Todesopfern - darunter nach Angaben der Bundesregierung 30 Zivilisten (lt. "Spiegel", 16.01.2010) - ja doch noch ans Licht.

Die "Süddeutsche Zeitung" berichtete am 15.01.2009 in ihrer Online Ausgabe, wenige Tage nach dem Luftangriff bei Kundus seien die daran beteiligten US-Piloten vom Einsatz abberufen und strafversetzt worden. Herr McChrystal (ISAF, Kommandeur) habe damit auf die Verletzung von Einsatzregeln reagiert. Er hätte auch die Abberufung von Herrn Klein (Bundeswehr, Oberst) gefordert, sei dabei aber am Widerstand des deutschen Verteidigungsministeriums gescheitert, obwohl man sich aus meiner Sicht auch dort darüber im klaren gewesen sein muss, dass Herr Klein sich ebenfalls der "Verletzung von Einsatzregeln" schuldig gemacht hatte. Anderenfalls wäre der gleichlautende Vorwurf gegen die US-Piloten, die ja nur aufgrund der Anforderung von Herrn Klein den Angriff durchführten, wohl kaum haltbar gewesen. Im Verteidigungsministerium sei nach Ansicht der "Süddeutschen Zeitung" offenbar befürchtet worden, eine Abberufung Herrn Kleins käme einem Schuldeingeständnis nahe und würde staatsanwaltschaftliche Ermittlungen beschleunigen. Wenn das tatsächlich so gewesen ist, dann wäre seitens des Verteidigungsministeriums auf höchster Ebene versucht worden, staatsanwaltschaftliche Ermittlungen zu verhindern.


Was schert's den deutschen Michel,
wenn man ihn immer wieder belügt?


Gegenüber den Nato-Ermittlern hat Herr Klein zugegeben, er habe gezielt gelogen. Er habe gewusst, dass es in Wirklichkeit keine "Feindberührung" (auch so ein verharmlosender militärischer Ausdruck) für seine Soldaten gegeben habe. Das wäre jedoch die einzige Voraussetzung gewesen, mit der Herr Klein den Luftangriff hätte rechtfertigen können. Um sich denoch die amerikanische Unterstützung dafür zu sichern habe er wider besseres Wissen den Eindruck erweckt, seine Soldaten hätten Feindberührung gehabt.

Am 29. Oktober 2009 stellte die Nato der Bundesregierung ihren offiziellen Bericht zu Verfügung. Der "Spiegel" berichtete in seiner Online Ausgabe am 16.01.2010, der Bericht enthalte bereits alle Details, die Herrn zu Guttenberg (CSU, Bundesverteidigungsminister) angeblich erst bekannt wurden, nachdem dieser den Luftangriff als "militärisch angemessen" bewertet hatte. Noch am 6. November 2009 hatte Herr zu Guttenberg von der potentiellen Gefahr gesprochen, die von den Tanklastern ausgegangen sei. Damit trübt sich auch das ursprüngliche Bild des "politischen Saubermanns" zu Guttenberg, dass dieser nach seiner Klarstellung über die "kriegsähnliche Situation" in Afghanistan und die offensichtlichen Täuschungsmanöver seines Amtsvorgängers anfangs erweckt hatte.

Aber der Mehrheit der Wähler, die am 27. September 2009 die schwarz-gelbe Wespenkoalition auf den Thron gehoben haben, scheint ja wohl völlig damit einverstanden zu sein, dass die deutsche Armee auch weiterhin in Afghanistan stationiert bleibt und wir nach wie vor nach Strich und Faden belogen und betrogen werden. Der großen schweigenden Mehrheit der Nichtwähler scheint das alles offenbar ohnehin völlig am Hinterteil vorbeizugehen. Die meint wohl, ihre Hände in Unschuld zu waschen zu können, frei nach dem Motto:
  • "Wir haben die für die Fortsetzung des Einsatzes deutscher Soldaten in Afghanistan verantwortlichen Politiker ja schließlich nicht gewählt."
  • Die Nichtwähler haben, obwohl sie die Chance dazu gehabt hätten, jedoch auch nicht verhindert, dass Deutschland jetzt vier Jahre lang von einer Koalition regiert wird, die - wenn sie sagt, Deutschland müsse "Verantwortung übernehmen" - ihre Verantwortung gegenüber der deutschen Bevölkerung offenbar mit falschverstandenem Pflichtbewusstsein gegenüber "unseren Freunden" verwechselt! Nach einer Anfang Januar im Auftrag der ARD durchgeführten Umfrage fordern 71 Prozent der Bundesbürger, die deutschen Soldaten sollten so schnell wie möglich aus Afghanistan abgezogen werden.


Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen

Das Sahnehäubchen auf der Liste der mit dem Angriff verbundenen Ungeheuerlichkeiten ist jedoch, dass Herr Klein, der den Angriff mit seiner Lüge auslöste, möglicherweise ungeschoren davon kommen könnte. Laut der "Süddeutschen Zeitung", wird die Generalbundesanwaltschaft wohl kein Verfahren gegen Herrn Klein einleiten und die Ermittlungen in den kommenden Wochen einstellen. Dabei stütze sie sich auf das Völkerrecht. Das habe dann zur Folge, dass der Afghanistan-Einsatz als "nicht-nationaler bewaffneter Konflikt" eingestuft werde. In der Beurteilung des Luftangriffs müsse dann das humanitäre Völkerrecht angewandt werden, nach dem ein militärischer Schlag gegen Konfliktgegner zulässig sei. Zivilisten, die sich in eine Konfliktsituation begeben, verlören bei Anwendung des humanitären Völkerrechts vorübergehend ihren Schutzanspruch.

Einmal ganz davon abgesehen, dass Herr Klein sich vor Gericht weder für die tödlichen Folgen seiner Lüge, noch für die prekäre Lage, in die er Deutschland mit seiner ungerechtfertigten Anforderung des Luftangriffs in den Augen der Weltöffentlichkeit gebracht hat, verantworten müsste, wäre eine solche Entwicklung in meinen Augen eine unglaubliche Verhöhnung der bei dem Angriff ums Leben gekommenen afghanischen Dorfbewohner und ihrer Angehörigen. Denen würde man damit glatt ins Gesicht sagen, die Zivilisten seien selbst Schuld an ihrem eigenen Tod, weil sie sich freiwillig in eine Konfliktsituation begeben hätten. Nach meinen Informationen handelte es sich bei den Tanklastwagen jedoch um zivile Fahrzeuge, und es waren auch keine uniformierten Soldaten bei den Fahrzeugen. Für diese Leute war die Situation möglicherweise erkennbar rechtlich - im Sinne von Treibstoff-Diebstahl - nicht in Ordnung, aber eine "militärische Konfliktsituation" war, soweit es für mich derzeit erkennbar ist, für die afghanischen Zivilisten mit Sicherheit bis zu dem Moment, in dem ihre Körper infolge des Angriffs zerfetzt und verbrannt wurden, nicht erkennbar.


Zum Weiterlesen:

(Quellen: ARD-DeutschlandTrend vom 08.01.2010, n-tv vom 17.01.2010, Spiegel online vom 16.12.2009, Süddeutsche Zeitung online vom 16.01.2010)

Montag, 18. Januar 2010

Ein "T" und ein "K" zu viel

Es sitzt der Reiher an dem Eise
des zugefror'nen Teichts.
Er grummelt sorgenvoll und leise:

Schluss mit dem Eis: Jetzt reicht's!


Schwimmt unterm Eis ein Fisch im Wasser
des eisigkalten Seeks.
Der ist ein wahrer Reiherhasser

und lacht sich einen Keks.

© Jürgen Winkler


Ja , ja, so spielt das Leben. Was bei diesen frostigen Temperaturen des einen Freud', das ist des anderen Leid.

Ein passendes Foto mit dem Untertitel "Der erste von mehreren Fischreihern", das mich zu dem kleinen Gedicht inspirierte, gibt es im Blog "MainZauber". Der Vogel auf dem Foto steht zwar nicht an einem zugefrorenen See, sondern an einem Fluss, aber so richtig glücklich sieht er nicht aus. Mit dem Kopf zwischen den hochgezogenen Schultern könnte man meinen, ihm sei furchtbar kalt. Ein Wunder wäre das wohl nicht. Der Winterspaziergang an der Nidda im Blog "MainZauber" ist ebenfalls ein Beitrag zu Katinka's Projekt "Schöne Momente im Herbst und Winter".


Ich wünsche euch allen einen guten Start in die Woche.

Sonntag, 17. Januar 2010

Offshore-Terminal für Bremerhaven


(Grafik: Nordsee-Zeitung vom 16.01.2010)

Am 10. Januar 2010 schrieb ich im Zusammenhang mit dem Erwerb der Luneplate durch das Land Bremen noch, der Bau eines Offshore-Terminals an der Weser, von dem aus die Windenergieanlagen verschifft werden können sei noch nicht in trockenen Tüchern. Widerstand hatte es gegen eine Schwerlasttrasse über das Gelände des Regionalflughafens Bremerhafen und gegen die Anlage eines Offshore-Terminals im Watt vor dem ehemaligen "Neuen Lunesiel" gegeben.

Gestern war in der Nordsee-Zeitung zu lesen, es werde in zwei bis drei Wochen wohl grünes Licht aus Bremen für den Bau eines Offshore-Terminals am Weserufer gegenüber von Nordenham geben, ganz im Süden des für die Windkraftbranche geplanten Gewerbegebiets im nördlichen Bereich der Luneplate. Damit sei aus Sicht des Umweltressorts sichergestellt, dass es keine Verzögerungen geben werde, die durch das Scheitern des Planfeststellungsverfahrens sicher zu erwarten gewesen wären, wenn an dem Gebiet im Watt beim ehemaligen Neuen Lunesiel für den Bau des Offshore-Terminals festgehalten worden wäre.


Was sich auf den ersten Blick wie die eierlegende Wollmilchsau anhört, ist allerdings möglicherweise immer noch nicht ganz bis zu Ende durchdacht worden. Die Nordsee-Zeitung schreibt, die benötigte Schwerlasttrasse für den Anschluss der Firmengelände an das Offshore-Terminal solle nach den bisherigen Plänen mitten durch die ökologischen Ausgleichsflächen führen, die für den Bau des Containerterminals-IV im Norden der Stadt ausgewiesen wurden.

Diesbezüglich kursieren in Bremen wohl Überlegungen, wiederum Ausgleichsflächen für diejenigen Ausgleichsflächen auszuweisen, die durch den geplanten Trassenverlauf zerstört werden würden. Ich hätte solche Überlegungen vielleicht irgendwann einmal in der Zukunft für möglich gehalten. Wer weiss denn heute schon, wann irgendeinem Planer auffallen könnte, dass im Süden des gelanten Gewerbegebiets auf der Luneplate noch jede Menge freier Platz für neue Firmen vorhanden wäre, wenn der nur nicht blödsinnigerweise aus umweltrechtlichen Gründen tabu wäre? Ich hätte das nur noch für eine Frage der Zeit gehalten, obwohl dann mit Sicherheit neuer Ärger vorprogrammiert gewesen wäre. Dass derartige Überlegungen so schnell Wirklichkeit werden könnten, hätte ich jetzt nicht erwartet.

Ich bin ja kein Jurist, aber die Idee von der "Ausweisung von ökologischen Ausgleichsflächen für bereits ausgewiesenen Ausgleichsflächen für ehemalige Ausgleichsflächen ..." erscheint mir unter ökologischen Gesichtspunkten ziemlich absurd, und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, das die Verfasser der Gesetze zum Schutz des Lebensraumes wildlebender Tiere sich das ursprünglich einmal so gedacht haben. In meinen Augen ist dieser Bereich der Umweltgesetzgebung ohnehin schon ein ziemlich fragwürdiges Konstrukt, dessen einziger Zweck es ist, wirtschaftliche gegen ökologische Interessen durchzusetzen. Deshalb wäre es sehr unklug, die Sache mit den ökologischen Ausgleichsflächen unnötig über Gebühr zu strapazieren.

Der BUND für Umwelt- und Naturschutz (BUND) lehne eine Trasse durch das Naturschutzgebiet kategorisch ab, schreibt die Nordsee-Zeitung in ihrer Ausgabe von gestern. Dieser halte die Verladung der Windkraftanlagen vom Containerterminal-I aus, so wie es bis zur Fertigstellung des geplanten Offshore-Terminals übergangsweise gehandhabt werden soll, für die einzig mögliche Lösung. Das wiederum lehnen die Planer als Dauerlösung aus ökonomischen Gründen ab.


Aus meiner Sicht sollten sich die Ökonomen und die Ökologen noch einmal gemeinsam an einen Tisch setzen, und über Alternativen zu dem genannten Trassenverlauf nachdenken. Ich könnte mir zum Beispiel vorstellen, diese Trasse entlang der Lune und hinter dem Deich bis zum Offshore-Terminal anzulegen. Das würde mit Sicherheit teurer, müsste aus meiner Sicht aber letztlich für beide Belange ein tragfähiger Kompromiss sein. Wenn man sich aus Naturschutzgründen für eine teuere Variante entscheiden will, gibt es ja vielleicht auch irgendwo einen Topf beim Bund oder bei der EU, der für Zuschüsse zur Lösung solche Fälle vorgesehen ist. Aber selbst, wenn es einen solchen Topf nicht gäbe, wäre das vielleicht ja immer noch der beste Ausweg aus dem Dilemma.

Letztlich ist es wichtig, dass schnell eine Lösung gefunden wird, die von allen Beteiligten getragen werden kann. Für Bremerhaven ist es wichtig, dass die Stadt nach dem Ende der Werften und der Hochseefischerei endlich wieder eine wirtschaftliche Perspektive erhält, und unter dem Aspekt Natur- und Klimaschutz muss allen - auch dem BUND! - daran gelegen sein, dass mit fossilen Energieträgern befeuerte- und Atomkraftwerke schnellstmöglich der Vergangenheit angehören. Windenergieparks sind aus meiner Sicht ein wesentlicher Bestandteil eines aufzubauenden dezentralen Netzwerks zur Energieerzeugung in Deutschland und Europa.


Wenn es der Weltgemeinschaft nicht gelingt, die Auswirkungen der drohenden Klimakatastrophe auf einem möglichst geringen Level zu begrenzen, dann braucht sich niemand mehr Gedanken um die Zukunft der Menschheit auf unserem gemeinsamen Heimatplaneten Erde machen
  • - auch nicht um die von Bremerhaven.

Als einer der Hauptverursacher der Klimaerwärmung hat auch die Industrienation Deutschland die Pflicht, alles in ihrer Macht stehende für die gemeinsame Lösung dieses für die Zukunft der Menschheit existentiellen Problems zu unternehmen
  • - auch wenn das Geld kostet!

(Quellen: Nordsee-Zeitung vom 09.01.2010 und 16.01.2010)

Samstag, 16. Januar 2010

Bankrotterklärung für die Atommüll-"Endlagerung"

Atomkraft? Nein Danke!Seit der Inbetriebnahme des ehemaligen Salzbergwerks Asse-II als sogenanntes Atommüll-"Versuchsendlager" wurde uns von der Atomlobby, der Politik und dem damaligen Betreiber (Helmholtz Gesellschaft München unter der Aufsicht der Bundesforschungsministeriums) versichert, die Lagerung von Atommüll unter Tage in einem Salzstock berge keinerlei Gefahren.

Erst nachdem - gegen den ursprünglichen Widerstand aus dem Bundesforschungsministerium - die Verantwortung für das marode Bergwerk an das Bundesumweltministerium und den neuen Betrieber, das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), übertragen worden war, gelangten nach und nach scheibchenweise die Informationen über die tatsächlichen katastrophalen Zustände im Dunkel des Salzbergwerks ans Licht der Öffentlichkeit.


Es ist äußerst erfreulich, dass es in Anbetracht der von der schwarz-gelben Wespenkoalition geplanten Verlängerung der Laufzeiten für die deutschen Atonkraftwerke auch einmal etwas über das Thema Atomkraft zu berichten gibt, das Grund für einen vorsichtigen Optimismus bietet. Nachdem der Streit um das Verfahren zur Schließung des inzwischen vom Atommüll-"Versuchsendlager" zum "Atommüll-Endlager" mutierten Salzbergwerks gegen Ende des Jahres 2008 eskalierte, und dabei das ganze Ausmaß des Super-GAUs für das Prinzip "Endlager" endlich klar wurde, empfiehlt der jetzige Betreiber der Anlage, das BfS, den Atommüll aus dem vom Einsturz bedrohten Salzbergwerk zurückzuholen. Das Gutachten des BfS, das drei Schließungsverfahren untersuchte, kommt zu dem Ergebnis, bei der Betrachtung der Langzeitsicherheit als maßgeblicher Handlungsmaxime sei die Rückholung des Atommülls das einzige Verfahren, mit dem die Gefährdung nachfolgender Generationen sicher ausgeschlossen werden könne.

Damit bestätigt das Gutachten genau das, was Bürgerinitiativen und die Anwohner in der Umgebung des ehemaligen Salzbergwerks Asse-II schon seit Jahren gesagt und gefordert haben. Bis heute ist deren Widerstand gegen eine Verfüllung und Flutung der Anlage ungebrochen. der Kölner Stadtanzeiger schrieb am 14.01.2010, die Politik sei gut beraten, jetzt auch dem wohl begründeten Votum ihrer obersten Strahlenschutzbehörde zu folgen - und nicht etwa durch taktische Verzögerungen neue Zwänge zu schaffen. Sichtbar und handgreiflich werde mit jedem zutage geförderten Fass die geradezu unfassbare Naivität, mit der in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts die "friedliche Nutzung der Atomkraft" angepackt und als Blindflug im Hinblick auf die Atommüll-Entsorgung umgesetzt worden sei.


Nur eines ist sicher:
Die "sichere" Nutzung der Atomkraft ist eine gefährliche Illusion

Auch die Tatsache, dass Deutschland seit jeher damit prahlt, es verfüge weltweit über die "sicherste" Atomtechnik, gewinnt mit dem Eingeständnis des Super-GAUs für das Prinzip "End"-Lager eine ganz neue Qualität. Sogar Frau Schawan (CDU, Bundesforschungsministerin) hat vor dem Asse-Untersuchungsausschuss des niedersächsischen Landtags inzwischen Fehler im Umgang mit dem Salzstock eingeräumt. Der Atommüll könne auch nach ihrer Einschätzung nicht nur unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten deponiert worden sein. Die große Anzahl von rund 126000 dort eingelagerten Atommüllfässern lasse sich nicht ausschließlich mit dem damaligen Status als "Forschungsbergwerk" erklären. Die Forschung wäre nach Ansicht von Frau Schawan mit einer geringeren Menge Atommüll ausgekommen. Bis 1978 sei in der Anlage auch Atommüll entsorgt worden. Nach dem aktuellen Stand der Technik wäre das ehemalige Salzbergwerk nicht zur Atommüll-Entsorgung genutzt worden.

Jedes aus dem Salzbergwerk zurückgeholte Fass wird ein Beleg für den tatsächlichen, jahrzehntelang unglaublich fahrlässigen Umgang mit der Risikotechnologie Atomkraft sein. Vor diesem Hintergrund wird die - derzeit vor allem von der FDP - gerne strapazierte Floskel "sicheres Atomkraftwerk", mit jedem einzelnen zurückgeholten Fass als das entlarvt werden, was sie ist: Die Fortsetzung einer langen Reihe von Täuschungsversuchen, mit denen die Atomlobby und ihre politischen Handlanger die Gefahren der Atomkraft gegenüber uns Bundesbürgern weiterhin verharmlosen wollen. In Anbetracht der im Wesentlichen von Politikern der FDP und der CSU forcierten Verlängerung der Laufzeiten für die "sicheren" Atomkraftwerke in Deutschland stellt sich die bange Frage, ob sich die Atommeiler nicht doch noch irgendwann als ebenso "sicher" herausstellen könnten, wie die für die Ewigkeit "sichere" Einlagerung des von ihnen produzierten Atommülls in "sicheren" Atommüll-"Endlagern" wie dem ehemaligen Salzbergwerk Asse-II - oder dem immer noch als "sicheres" Endlager für hochradioaktiven Atommüll vorgesehenen Bergwerk im Salzstock bei Gorleben.


(Quellen: NDR online vom 14.01.2010, Kölner Stadt-Anzeiger vom 14.01.2010, TAZ vom 11.01.2010)

Freitag, 15. Januar 2010

Die Bestie im Menschen

Es ist schon schlimm genug, wie sadistisch und brutal Menschen mit Tieren umgehen. Was das für die betroffenen Tiere bedeutet, haben die kürzlich bekannt gewordenen Vorfälle auf der Hühnerfarm des Geflügelproduzenten "Wiesenhof" wieder einmal mehr als deutlich aufgezeigt. Wenn einige Menschen jedoch andere Menschen - zum Beispiel weil sie Tiere gequält haben - mit dem Tode bedrohen, dann begeben sie sich in Gefahr, mit den Tierquälern auf die gleiche Stufe gestellt zu werden: Sie versetzten die von ihnen bedrohten Tierquäler ebenso in Todesangst, wie diese es mit den Tieren getan haben.

Wenn eine solche Morddrohung zur Tat führen würde dann, wäre damit endgültig eine Grenze überschritten, die ebensowenig akzeptabel ist, wie die abscheuliche Tierquälerei auf der Wiesenhof-Farm. In mehreren Zeitungen und Nachrichtensendungen wurde berichtetet, Herr Wesjohann (Unternehmensgruppe Wiesenhof, Vorstandsvorsitzender) habe aufgrund der bekanntgewordenen Tierquälereien auf der Wiesenhof-Farm von Unbekannten per Post Morddrohungen erhalten. Da diese Drohung ernst zu nehmen seien, hätten Sicherheitsdienste dem Unternehmer empfohlen, vorerst nicht an Veranstaltungen teilzunehmen.

Im Gegensatz zu überführten Tierquälern werden überführte Mörder in der Regel zu "Lebenslänglich" verurteilt. Das heißt in Deutschland, dass sie für mindestens 25 Jahre hinter Gittern verschwinden. Ein Tierquäler ist, wenn er überhaupt zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wird, jedoch spätestens nach 3 Jahren wieder auf freiem Fuß. Nach §17 des deutschen Tierschutzgesetzes kann jemand mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft werden, wenn ihm nachgewiesen worden ist, dass er ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund getötet oder aus Rohheit erhebliche Schmerzen oder Leiden zugefügt hat. Daneben werden unter §18 des Tierschutzgesetzes noch verschiedene Fälle von Tierquälerei aufgeführt, die dort als Ordnungswidrigkeit bezeichnet werden, und eine Geldbuße von bis zu fünftausend Euro, oder in einigen Fällen von bis zu fünfundzwanzigtausend Euro nach sich ziehen können.

Darüber wie das Tierschutzgesetz tatsächlich strafrechtlich angewendet wird, liegen mir allerdings keine gesicherten Erkenntnisse vor, da ich darüber widersprüchliche Angaben gefunden habe. Die Tendenz deutet nach meiner subjektiven Auffassung allerdings daraufhin, dass Tierquälerei eher zu milde als angemessen geahndet wird. Das gibt aber trotz alledem niemandem das Recht zur Lynchjustiz zu greifen!


Die Sache "Tier"

Als ethisch verwerflich empfinde ich es, dass so eine Tat auch als simple Sachbeschädigung bestraft werden kann, wenn der Täter ein fremdes Tier gequält hat. Dass dies rechtlich so gehandhabt wird, kann man jedenfalls in einem Artikel zum Thema Tierquälerei bei Wikipedia nachlesen. Es geht dabei, so wie ich es verstanden habe, wohl um eine Strafe für eine Sachbeschädigung, wobei der Tierhalter dann der Geschädigte wäre. Dass Tiere vom Gesetz nicht unbedingt als Lebewesen behandelt werden ist mir bekannt, seitdem unsere Hündin "Cleo" bei uns lebt. Wenn Hunde in einem Auto transportiert werden, dann gehören diese zum Beispiel in einen Transportbehälter im Kofferraum oder sie müssen - wenn sie im Fahrgastraum mitfahren - angeschnallt sein. Diese Vorschrift dient nicht etwa in erster Linie dem Schutz des Tieres, sondern dem der Menschen. Im Falle eines Unfalls birgt ungesicherte, herumfliegende Ladung bekanntermaßen eine zusätzliche Verletzungsgefahr für die Fahrzeuginsassen, und rein rechtlich gelten mitfahrende Hunde als Ladung (§ 22 und §23 der Straßenverkehrsordnung).

In meinen Augen wäre es dringend erforderlich, die Gesetzgebung dahingehend zu überarbeiten bzw. zu ändern, dass Wirbeltiere nicht nur biologisch, sondern endlich auch rechtlich als fühlende und leidensfähige Geschöpfe anerkannt werden. Auch wenn es wirklich für die menschliche Ernährung notwendig sein sollte, dass wir das Fleisch getöteter Tiere essen, dann darf das nicht dazu führen, dass diese ihr ohnehin sehr kurzes Leben unter ständigen Qualen in einer Mastfabrik verbringen müssen. Artgerechte Haltung für Hühner hieße dann zum Beispiel, Auslauf im Freien mit ausreichend bemessenem Freiraum, der den Tieren im Falle von Agressionen auch Platz zum Ausweichen bietet. Der Befruchtung von Hühnereiern, oder der zeitoptimierten Massenproduktion von Hühnerfleisch dienende "landwirtschaftliche Maschinenhallen" würden dann sehr schnell der Vergangenheit angehören, und die Bilder in der Werbung entsprächen endlich der Realität.


Von heidnischen Barbaren und christlichen Eroberern

Als die europäischen Seefahrer bei ihren Entdeckungsfahrten auf ihnen damals unbekannte Naturvölker trafen, betrachteten die christlichen Entdecker diese herablassend als heidnische Barbaren. Es gibt immer noch einige Naturvölker auf unserem Planeten. - Und das Barbaraen-Image haftet ihnen in den Augen vieler "zivilisierter" Europäer oder Amerikaner, zumindest unterschwellig, immer noch an.

Der ethisch-moralische Unterschied zwischen einem Jäger - einem Angehörigen eines Naturvolkes - zu uns "zivilisierten" Menschen in den technisch hochentwickelten Industrienationen offenbart sich jedoch im Umgang mit unserer jeweiligen Nahrung. Ich habe von Jägern gelesen oder gehört, die das Tier, das sie getötet haben, dafür um Vergebung bitten, weil sie sonst - ohne das Fleisch des Tieres essen zu können - selbst sterben müssten. Vorher hat der Jäger möglicherweise einen erheblichen Aufwand treiben müssen, und hat vielleicht außerdem viel Glück gehabt, bevor er das Tier aufspüren und erlegen konnte.

Wir hingegen greifen im Supermarkt einfach ins Regal oder in die Tiefkühltruhe. Die Pappschachtel mit Chicken-Nuggets, die Dose "Corned Beef" oder die in Plastik eingeschweißten Mettwurstscheiben, die wir dann in den Einkaufswagen legen, erinnern in der Regel nicht im Geringsten an ein totes Tier.

Wir haben völlig den Bezug zur Herkunft unserer Nahrung verloren. Wir haben alles im Überfluss. Wir kaufen das Fleisch toter Tiere auch schon mal einfach so im Vorübergehen. Wir essen den auf die Schnelle für einen Euro erworbenen Chicken-Snack, weil uns gerade danach ist - nicht weil es für unsere Ernährung unbedingt notwendig wäre. Dabei verschendet niemand bei uns auch nur einen Gedanken an den qualvollen Leidensweg des Huhns, das dafür an den Beinen mit dem Kopf nach unten an einem Fließband aufgehängt von rotierenden Messern enthauptet wurde - oder an die Qualen des Mastschweins, oder die des Rinds, ...

In meinen Augen zeigt sich die wahre "Bestie im Menschen"
bei etwas genauerem Hinsehen eher bei uns "zivilisierten"
Menschen, als bei den Jägern der Naturvölker, die jedem
Tier, das sie für ihre Ernährung töten, die gebührende Achtung erweisen.


(Quellen: TAZ vom 15.01.2010, Wikipedia, Hauptsache Tierschutz e.V., Wolf-Dieter Stortl - Gibt es vegetarisch lebende Naturvölker?)

Donnerstag, 14. Januar 2010

Miep Gies

Miep Gies ist die Frau, die ungeachtet der Gefahr, in die sich selbst dadurch brachte, die jüdische Familie Frank, sowie einige weitere verfolgte Menschen, zwei Jahre lang in ihrem Haus vor den Nazis versteckte. Während dieser Zeit vertraute Anne, eine der beiden Töchter der Familie Frank, ihre Gedanken und Erlebnisse ihrem Tagebuch an. Aufgrund einer Denunziation wurden die Verfolgten, von den deutschen Besatzern entdeckt und in Konzentrationslager verschleppt.


Miep Gies sagte von sich, sie habe nie eine Heldin sein wollen.

Sie hat sich das wohl nicht aussuchen können: In den Augen vieler ihrer Mitmenschen war sie eine Heldin. Ihrem selbstlosen Handeln ist es zu verdanken, dass das Tagebuch der Anne Frank, enstehen konnte, erhalten blieb und weltweit bekannt wurde.

Annes Vater Otto überlebte als einziges Mitglied der Familie Frank die Verfolgung durch die Nazis und veröffentlichte im Jahre 1947 das Tagebuch seiner Tochter Anne - in meinen Augen eines der wichtigsten Zeugnisse der Geschichte.

Am 11. Januar 2010 ist Miep Gies gestorben. Sie wurde 100 Jahre alt.


Zum Weiterlesen:
  • Anne Frank Haus
    Internetseite des Hauses, in dem Miep Gies die
    verfolgten Menschen versteckte. Das Haus in der
    Amsterdamer Prinsengracht 267 ist seit 1960 ein
    Museum.

(Quelle: Tagesschau vom 12.01.2010)

Mittwoch, 13. Januar 2010

Die Mär vom "glücklichen Huhn"

Da gibt es doch diesen Hersteller von Geflügelprodukten, der damit wirbt, alles vom Ei bis zum Endprodukt stamme aus Deutschland und werde von ihm streng kontrolliert.

Die Rede ist von der Firma "Wiesenhof", deren Eier von Hühnern auf sogenannten Elterntierfarmen gelegt werden. In einem Werbefilm sieht man die glücklichen Hühner und im Filmkommentar heißt es: "Mit gesunden Elterntieren fängt bei Wiesenhof die Herstellungsstufe an. Bis zum späteren Hähnchenprodukt gehen die Kontrollen weit über die gesetzlichen Vorgaben hinaus." - und: "Mit der Wahrheit machen wir die besten Geschäfte."



"Report Mainz" vom 11.01.2010: Tierquälerei bei Wiesenhof? Wie Hühner leiden müssen

Ein Filmbeitrag des ARD Politmagazins "Report Mainz" vom 11.01.2010 zeigt die Wahrheit hinter der schönen heilen Werbewelt dieser Firma. Darin ist eine solche Elterntierfarm zu sehen. 25000 Hühner und Hähne "leben" in einem fensterlosen Stall dicht gedrängt in ihren eigenen Exkrementen. Wenn Tiere, die in einer sozialen Rangordnung leben, keinen Platz zum Ausweichen haben, dann gehen sie aufeinander los. Diese Tatsache machen sich die Organisatoren von Hahnenkämpfen zu Nutze. Hahnenkämpfe, die bei uns aus gutem Grund verboten sind, enden immer mit den Tod eines der beiden "Kampfhähne" in der kleinen Arena. Auf der gezeigten Elterntierfarm haben die Tiere weniger Platz, als die Hähne bei Hahnenkämpfen. Die Vögel stehen unter ständigem Dauerstress. Viele von ihnen sind halb nackt gerupft, haben offene Wunden oder sonstige schwere Verletzungen. Dazwischen sieht man immer wieder tote Tiere liegen.

In heimlich von ehemaligen Wiesenhof-Mitarbeitern aufgenommenen Videosequenzen sind Mitarbeiter zu sehen, wie sie brutal auf die Vögel einschlagen, mit den Füßen nach ihnen treten oder sie gegen die Wand werfen. Andere halten die Tiere am Kopf, und schleudern sie so lange herum, bis deren Genick gebrochen ist. Wenn es zum Schlachthof geht, werden die Tiere in Transportkisten verpackt. Der Film zeigt, wie die Hühner brutal in die Kisten hineingequetscht werden - einige werden regelrecht mit aller Kraft hineingestopft. Die Tiere erleiden dabei Knochenbrüche, Quetschungen und andere Verletzungen. Bei der Verladung stürzen die Kisten mit den darin zusammengepferchten, verletzten Tieren des öfteren am Ende der Laufbänder aus großer Höhe auf den Boden, weil niemand zur Stelle ist, um die vom Band laufenden Kisten in Empfang zu nehmen. Aber auch sonst geht es den Tieren an dieser Station ihres Leidensweges nicht besser. Es ist zu sehen, wie Mitarbeiter die Kisten vom Fließband nehmen und auf den Boden werfen. Die nächsten Kisten werden darauf geworfen und die Kistenstapel dann mit Fußtritten zusammengerückt.



Dieses Video von PETA ist nichts für schwache Nerven

Als ich das oben eingebundene Video der Tierrechtsvereinigung PETA gesehen hatte, war ich fassungslos. Ich habe zuerst überlegt, ob ich es hier überhaupt zeigen sollte, habe mich dann aber doch dazu entschlossen. Nur wer sich darüber im Klaren ist, welchen Qualen die Tiere in ihrem kurzen Leben ausgesetzt sind, bevor die Käufer sie - hübsch in Plastik verpackt - aus der Tiefkühltruhe im Supermarkt nehmen, oder zu sie zu "Bruzzler"-Wurst verarbeitet bei der fröhlichen Gartenparty auf dem Holzkohlegrill landen, wird sein Kaufverhalten ändern.

Einige Sequenzen aus dem PETA-Video sind auch in dem Beitrag von "Report Mainz" zu sehen. Dass Menschen dermaßen sadistisch und brutal mit wehrlosen Tieren umgehen, hätte ich nie für möglich gehalten. Wie war das doch gleich? "Bis zum späteren Hähnchenprodukt gehen die Kontrollen weit über die gesetzlichen Vorgaben hinaus."?
  • Wenn Wiesenhof wirklich - wie in der Werbung dargestellt - die gesammte Lebensspanne vom Ei bis zur Schlachtung so rigoros und lückenlos überwachen würde, dann hätten die Verantwortlichen diesen Skandal längst selbst bemerken und abstellen müssen. In meinen Augen ist das nicht nur eine unbeschreibliche Tierquälerei, sondern auch eine gezielte Täuschung der Verbraucher! - Die Ställe haben ja keine Fenster. Da wird's schon niemand merken.

Das sieht auch Herr Bröckling (PETA) in dem Beitrag von "Report Mainz" ähnlich: "Wir reden ja hier von einem Unternehmen, dass sich Tier- und Verbraucherschutz, Transparenz und Ehrlichkeit auf die Fahne schreibt. Das Gegenteil von allem ist aber der Fall. Es werden Tiere unter schlimmsten Bedingungen gehalten, die Haltung allein bringt schon Krankheit und Tod der Tiere mit sich."

"Report Mainz" informierte das zuständige Veterinäramt über die Praktiken von Wiesenhof. Im Film kommt Frau Dr. Eisenack (Amtstierärztin) zu Wort: "Wir haben auf jeden Fall verschiedene Ordnungswidrigkeitentatbestände, vielleicht sogar Straftatbestände. So dass wir das nach einer intensiven Prüfung dann wahrscheinlich auch an die Staatsanwaltschaft abgeben. Und es wird auf jeden Fall verfolgt."


Und was sagen die Verantwortlichen von Wiesenhof dazu?

Vor der Kamera von "Report Mainz" erst einmal gar nichts. Statt dessen verfassten sie ein schriftliches Statement.

Auf diesen Skandal bin ich durch einen Artikel in Brigittes Blog "Cappuccino & Meer" aufmerksam geworden. Sie ruft darin zum Boykott von Wiesenhof Produkten auf, und zeigt das Statement von Wiesenhof im Wortlaut. Sie hat zu dem Statement von Wiesenhof einen Kommentar geschrieben, dem ich uneingeschränkt zustimme.

Hinzuzufügen wäre noch, dass einige der Tierquäler nicht nur auf der im Film gezeigten Elterntierfarm beschäftigt sind, sondern als sogenannter Impftrupp von Farm zu Farm ziehen. Es ist wohl kaum anzunehmen, dass der Impftrupp sich auf anderen Farmen menschlich verhalten wird. Die Behauptung von Wiesenhof, die Tierrechtsvereinigung PETA habe die Leitung der im Film gezeigten Elterntierfarm für ihre Zwecke instrumentalisiert, klingt deshalb ebenfalls unglaubwürdig. Die ehemaligen Wiesenhof Mitarbeiter, von denen das heimlich aufgenommene Filmmaterial stammt, sagen im Film von "Report Mainz", sie hätten die Verantwortlichen bei Wiesenhof auf die Zustände aufmerksam gemacht. Erst als sie erkennen mussten, dass ihre Bemühungen erfolglos waren, seien sie damit an die Öffentlichkeit gegangen.

Da ich ohnehin kein Geflügel esse, kann ich mich selbst leider nicht glaubhaft an einem Boykott von Wiesenhof-Produkten beteiligen. Aber vielleicht denkt ja der eine oder andere Leser der Artikel in "Cappuccino & Meer" und "juwi's welt" darüber nach, in wieweit er durch sein Kaufverhalten das Leid der gequälten Vögel beenden kann.

Brigitte schreibt zum Beispiel, sie werde kein einziges Wiesenhof-Produkt mehr kaufen sondern ihre Hähnchen nur noch beim Bio-Landwirt ihres Vertrauens kaufen - auch wenn es dort etwas mehr kosten sollte.


(Quellen: Cappuccino & Meer, Report Mainz vom 11.01.2010, PETA)

Dienstag, 12. Januar 2010

Ein Sitzplatz im Winter


Bremerhaven, Weserbad: Sitzmöbel am Strand ...

Sessel hier und Sofa dort
steh'n verlassen an dem Ort
wo sich im Sommer Menschen aalen,
beschienen von den Sonnenstrahlen

Wollte hier jetzt jemand sitzen,
müsst' er Kissen wohl benützen
zwischen Hinterteil und Schnee,
denn sonst tät die Kälte weh.

Man würde unbedingt begrüßen
auch warme Schuh' wohl an den Füßen.
Schön warm täten sie diese halten
auf dem Teppich aus Schnee, dem kalten.

Doch der Gedanken jetzt genug!
Hier Platz zu nehmen wär' nicht klug
in dieser kalten Jahreszeit,
und bis nach Haus hab' ich's nicht weit.

Auch dort erwarten Sofa, Sessel,
mich und ein heißer Wasserkessel.
Damit brüh' ich mir einen Tee
und draußen bleibt der kalte Schnee.

© Jürgen Winkler


(Ein Beitrag zu Katinka's Projekt "Schöne Momente im Herbst und Winter")