Donnerstag, 28. Januar 2010

Bremerhaven beim Klimaschutz führend in Deutschland?

Herr Meadows (USA, Ökonom) sehe schwarz für die Zukunft unserer Welt. Das ist heute in der Nordsee-Zeitung zu lesen. Bei der Gründung der Deutschen Klimastiftung am Mittwoch sei ihm jedoch anzumerken gewesen, dass er manchmal doch noch etwas Hoffnung für unseren Planeten habe.

Deutschland sei seiner nach seiner Ansicht beim Klimaschutz weltweit unter den Führern, und Bremerhaven sei führend in Deutschland. Auf die Einsichtsfähigkeit und Vernunft von Politikern dürfe man sich aber nicht mehr verlassen. Er habe die Gäste bei der Gründungsfeier der Deutschen Klimastiftung aufgefordert, stattdessen auf die jungen Leute zu setzen.

Genau hier solle die Stiftung ansetzen. Herr Dunker (Klimahaus 8° Ost, geschäftsführender Gesellschafter) habe gesagt, die Betriebsgesellschaft könne über das Klimahaus hinaus keine Bildungsarbeit leisten. Eine Stiftung könne das jedoch. Der Grund für die Gründung der Stiftung sei gewesen, die Schulen bei der Werbung um Einsicht und Bereitschaft für Maßnahmen zum Klimaschutz im privaten Bereich zu unterstützen. Den Jugendlichen empfahl Herr Dunker, sie sollten sich nicht auf die Erwachsenen und Politiker von heute verlassen. Das ist eine traurige Wahrheit aus dem Munde eines "Erwachsenen von heute". Leider kann aber auch ich ihm diesbezüglich nur uneingeschränkt zustimmen.

Dass Bremerhaven in Sachen Klimaschutz führend in Deutschland ist, hört man als Bremerhavener ja eigentlich gerne. Nur leider mangelt es da nach kurzem Nachdenken etwas an Überzeugung.
  • Oder wie passt die Widerspruchslose Hinnahme der Abkopplung Bremerhavens vom Fernverkehrsnetz der Deutschen Bahn zu einer klimafreundlichen Stadt? Notwendig wäre es gewesen, aktiv für den Ausbau und die Verbesserung eines umweltfreundlichen Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) zu kämpfen! Wie will man denn die Menschen dazu bringen, mit der Bahn statt mit dem Auto zu fahren, wenn das Verkehrsnetz und der Service der Bahn immer noch weiter ausgedünnt werden? Im innerstädischen ÖPNV wurde der Betrieb der Straßenbahn im Sommer 1982 eingestellt. Seitdem blasen Busse ihre kohlendioxidverseuchten Dieselabgase aus den Bremerhavener Straßen hinauf in die Atmosphäre. Umweltfreundlichkeit sieht anderes aus. Andere Städte bauten ihr Straßenbahnnetz zur gleichen Zeit aus und ersetzten ihre alten Fahrzeuge durch moderne Niederflurbahnen.
  • Bremerhaven treibt zwar gerade mit aller Kraft den Ausbau zum Zentrum für Firmen aus der Windenergiebranche voran. Das finde auch ich sehr begrüßenswert. Je mehr Energie aus Windkraftanlagen zur Verfügung steht, desto eher werden wir die klimaschädlichen Kohlekraftwerke und gemeingefährlichen Atomkraftwerke los. Aber hinter den massiven Anstrengungen Bremerhavens stehen wohl eher rein wirtschaftliche Interessen, als Klima und Naturschutz. Als es darum ging einen Standort für ein Offshore-Terminal an der Weser zu finden, haben sich die Planer offensichtlich nicht gerade sehr viele Gedanken darüber gemacht, dass dabei auch Belange des Naturschutzes im Bereich des benachbarten Wiedervernässungsgebietes auf der Luneplate zu berücksichtigen sind, das als okölogische Ausgleichsfläche für Naturflächen dient, die dem Bau des Containerterminals-IV zum Opfer fielen. Anders ist es jedenfalls nicht zu erklären, dass sich Wirtschafts- und Naturschutzverbände immer noch unversönlich gegenüberstehen, obwohl das Land Bremen bereits grünes Licht für den Bau des Terminals gegeben hat.
  • Meine oft geäußerte Kritik am Bau der neuen Eissporthalle neben der Stadthalle bezieht sich zwar darauf, dass dafür Millionen von Euro ausgegeben werden, die Bremerhaven nicht hat, und die an anderen Stellen später fehlen werden. Die Sache hat aber auch noch einen klimarelevanten Aspekt. Die für den Betrieb einer ganzjährig nutzbaren Eislauffläche benötigten Kühlaggregate werden viel Energie verbrauchen, bei deren Erzeugung unnötigerweise CO2 emittiert wird. Diese zusätzlichen CO2-Emissionen hätte man zusammen mit den Kosten einsparen können, wenn man auf den Bau der Halle verzichtet hätte. Eine umweltfreundliche Entscheidung war die Zustimmung der Stadtverordnetenversammlung zum Bau der Eissporthalle jedenfalls auch nicht gerade.
  • Mit dem Verkauf ihrer Stadtwerke verloren Bremen und Bremerhaven ihren Einfluss auf die heutige "swb AG", dem Energieversorger im Land Bremen. Dessen Strommix besteht nach Angaben der Umweltschutzorganisation "Robin Wood" in der TAZ (Sommer 2009) aus
    • rund 80 Prozent klimaschädlicher Energieerzeugung mit fossilen Energieträgern in Steinkohle- und Gaskraftwerken.
    • ungefähr 4 Prozent Atomstrom.
    • unter zwei Prozent selbst erzeugter erneuerbarer Energie

    Wer jetzt nachrechnet wird bemerken, dass noch ungefähr 14 Prozent an der Zusammensetzung fehlen. Laut "Robin Wood" rechnet sich die "swb AG" jedoch 17 Prozent nach dem "Erneuerbare Energiegesetz" (EEG) als erneuerbare Energien an. Der Ökostrom "proNatur" der "swb AG" wäre demnach jedoch eine reine Mogelpackung. Kohle- und Atomstrom würden über Recs-Zertifikate (Renewable energy certificate system) in "grünen Strom" umgewandelt. Damit ändert sich überhaupt nichts an der Klimaschädlichkeit des erzeugten Stroms. Der Ankauf von Recs-Zertifikaten ermögliche Stromversorgern und Händlern jedoch, ihren fossilen oder atomaren Strom als saubere Energie zu vermarkten. Ohne den Verkauf der Stadtwerke hätte Bremerhaven es jetzt in der Hand dafür zu sorgen, dass die Stadt mit real aus erneuerbaren Energien erzeugtem Strom versorgt wird.

So wie es aussieht, wird Bremerhaven wohl noch einiges ändern müssen, bevor die Stadt das Lob, sie sei in Sachen Klimaschutz führend in Deutschland - ohne rot zu werden - entgegen nehmen kann.


(Quellen: Nordsee-Zeitung vom 28.01.2010, Stern vom 28.01.2010, TAZ/Robin Wood, Wikipedia)

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