Seit 2007 sind die Termine der Bürgerschaftswahl und der Wahl zur Stadtverordnetenversammlung miteinander gekoppelt. Wenn die Bremer ihre Absicht in die Tat umsetzen, und die Koppelung der Bürgerschaftswahl und der Wahl zur Stadtverordnetenversammlung bestehen bleibt, dann hieße das zukünftig, dass wir Bürger die gerade erlebte systematische Ignoranz der Koalitionsparteien und die Intrigen- und Erpressungsspielchen der Koalitionäre untereinander ("Wenn ich mein Kaufland nicht bekomme, kündige ich die Koalition auf, und du bist dann selber schuld daran - Ätsch!") ein weiteres Jahr zu ertragen hätten.
So hält Herr Rosche die Beibehaltung der Koppelung beider Wahlen denn auch grundsätzlich für vernünftig, begründet das aber mit zusätzlichen Kosten von 200000 Euro für die Stadt Bremerhaven im Falle getrennter Wahlgänge. Herr Bödeker (CDU, Fraktionsvorsitzender) meint dazu, die Verlängerung der Legislaturperiode sei Teil eines Maßnahmenpakets, über das die CDU in Bremerhaven noch nicht informiert sei. Die Nordsee-Zeitung zitiert ihn mit den Worten: „Wir werden sehen, was die rotgrüne Landesregierung noch alles will." Herr Eversberg (Grüne, Fraktionsvorsitzender) könne sich aus Sicht der Wähler aber vorstellen, dass eine längere Legislaturperiode nicht nur Beifall findet. Zitat aus dem Artikel der Nordsee-Zeitung: „Vielleicht wollen die Bürger ihre Politiker ja schneller loswerden." Daran merkt man, dass die Grünen in Bremerhaven, im Gegensatz zu denen in Bremen, noch ziemlich nah am Geschehen dran sind.
Herr Henselek (Nordsee-Zeitung) weist in seinem "Standpunkt" darauf hin, dass sich eine fünfjährige Legislaturperiode in fast allen Landtagen bewährt habe. Falls das Land Bremen die Legislaturperiode ebenfalls auf fünf Jahre verlängern sollte, dann gäbe es nur in Hamburg noch eine vierjährige Legislaturperiode.
Falls die Bremer Koalition ihren Vorstoß allerdings damit begründen sollte, dass sie nur das gleiche einführen will "was alle anderen ja schließlich auch machen", wäre das in diesem Fall eine ziemlich plumpe Heuchelei. Bei der Wiedereinführung der - auf Betreiben des Vereins „Mehr Demokratie“ mit einem Bürgerbegehren zur Änderung des Wahlgesetzes gerade erst abgeschafften - 5% Hürde wurde ja auch keine Rücksicht auf die in anderen Bundesländern geübte Praxis genommen. Dieses Vorgehen war eine klare Missachtung des Bürgerwillens. Mindestens 70000 Bürger hatten sich 2006 mit ihren Unterschriften u.a. auch für die Abschaffung der 5%-Hürde für die Wahl zur Stadtverordnetenversammlung eingesetzt.
Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Februar 2008, nach dem die 5%-Klausel bei Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein gegen Wahlrechtsgleichheit und Chancengleichheit verstößt, und nachdem am 14. April 2008 der Thüringische Verfassungsgerichtshof die kommunale Sperrklausel in Thüringen für nichtig erklärt hat, gibt es auf kommunaler Ebene nur noch in 4 weiteren Bundesländern*) eine Sperrklausel.
Das einzige Argument, welches ich unter Umständen als Begründung für eine Verlängerung der Legislaturperiode in Bremerhaven gelten lassen würde, wären die zusätzlichen Kosten von 200000 Euro im Falle der Beibehaltung der vierjährigen Legislaturperiode, gegenüber einer fünfjährigen auf Landesebene. Allerdings frage ich mich ernsthaft, wodurch ein derart hoher zusätzlicher Betrag für die Durchführung einer Wahl zustande kommt. Druck- und Versandkosten für die Stimmzettel können ja wohl nicht dafür verantwortlich sein. Diese Kosten würden bei der Beibehaltung der Koppelung ja schließlich ebenfalls anfallen. Ebenso würden auch die überflüssigen Wahlkampfplakate so oder so aufgestellt werden, und dürften daher keine zusätzlichen Kosten verursachen.
Abschließend sei nur mal so nebenbei erwähnt, und nur um zu zeigen, welchen Wert 200000 Euro eigentlich darstellen:
Wenn ich mal eben so 200000 Euro zur Verfügung gestellt bekäme, dann könnte ich damit auf einen Schlag unsere Wohnung abbezahlen, und für ein schickes, neues Badezimmer, eine Komplett-Renovierung sowie eine neue, pflegeleichte Terrassenpflasterung im Garten wäre auch noch genug Geld übrig.
*) Hamburg, Rheinland-Pfalz, Saarland, Berlin
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