Mittwoch, 4. Mai 2011

wORTwechsel - "Und es ward Licht"

Bremerhaven, Weddewarden: Sonnenuntergang über der Weser
Morgen beginnt eine Veranstaltungsreihe der Bremerhavener Pauluskirche, die auch für solche Menschen interessant werden könnte, die nicht jeden Sonntag zur Kirche gehen. Unter dem Titel "wORTwechsel" soll in den folgenden Monaten dieses Jahres an wechselnden ORTen in Bremerhaven über verschiedene Themen gesprochen werden, die einerseits unser tägliches Leben berühren und andererseits in besonderer Weise christliche Wertvorstellungen berühren. Dabei werden immer auch Experten zu Wort kommen, die beruflich mit dem jeweiligen Thema zu tun haben.

Morgen geht es um "die Schöpfung, und darum was aus ihr bisher geworden ist". Den passenden Rahmen für diesen wORTwechsel bietet das "Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI)". Das AWI ist der ORT, der in Bremerhaven die Klimaforschung im - vielleicht doch nicht ganz so ewigen - Eis repräsentiert.


Bedrohte Schöpfung

Der Planet "Erde", unsere Heimat im All, ist der einzige Planet, auf dem wir alle zusammen leben können. Alle Lebewesen, sowohl Pflanzen, wie auch Tiere, die sich heute diese Heimat gemeinsam mit uns teilen, sind aufgrund der von uns Menschen verursachten massiven Treibhausgas-Emissionen auf's äußerste bedroht. Es gibt keinen anderen Planten mit geeigneten Lebensbedingungen in erreichbarer Nähe, und kein einziges Raumschiff, mit dem wir alle dorthin zusammen umziehen könnten. Wenn es der Menschheit nicht gelingen sollte, den globalen mittleren Temperaturanstieg auf einem Level unterhalb der "plus 2 Grad"-Marke zu stabilisieren, dann wird der weitere, beschleunigte globale Temperaturanstieg sich nicht mehr aufhalten lassen.


Klimaforschung im "ewigen" Eis

Das AWI erforscht in den Eisgebieten der Antarktis oder in Grönland unter anderem die Klimabedingungen, die das Leben auf unserem Planeten bis weit zurück in die Vergangenheit bestimmten. Beim Thema des morgigen wORTwechsels geht es also um die Forschung - und um das vielleicht Unerforschliche. Die Erkenntnisse der Forscher unterschiedlichster Fachgebiete führten zu den Forschungsergebnissen, die im Jahre 2007 von der IPCC in ihrem Klimareport für die Vereinten Nationen veröffentlicht wurden, und die keinen Zweifel mehr daran lassen, dass wir uns bereits mitten im globalen Klimawechsel befinden, und dass uns kaum noch Zeit bleibt, um zumindest die schlimmsten Auswirkungen der Klimakatastrophe noch aufhalten zu können.

Die Frage, wie sich die "Schöpfung" schützen lässt, ist also für die gesamte Menschheit, und für alle unsere "Mitgeschöpfe" von existentieller Bedeutung. Die im IPCC-Klimareport 2007 zusammengetragenen Forschungsergebnisse verdeutlichen die drohenden Gefahren, aber sie zeigen auch auf, was wir an unserem Umgang mit unserem Planeten und seiner Resourcen ändern müssen, damit auch die uns nachfolgenden Generationen noch einen bewohnbaren Planeten vorfinden.


Ansteigender Meeresspiegel

Die Folgen des auf die besorgniserregenden Eisverluste an den Polen der Erde zurückzuführenden Anstiegs des Meeresspiegels erfahren wir Bremerhavener seit einiger Zeit - sozusagen hautnah - bei unseren Spaziergängen auf dem Weserdeich. In den letzten Jahren wurde bereits der Lohmann-Deich zwischen der Kaiserschleuse und dem Simon-Loschen-Leuchtturm erhöht, und in diesem Jahr wurde mit der Erhöhung des südlich daran anschließenden Deichabschnitts begonnen.

Diese für den Küstenschutz notwendigen Maßnahmen helfen jedoch einzig und allein gegen die bei ansteigendem Meeresspiegel höher auflaufenden Wellen bei Sturmfluten. Wenn die Normal-Null-Marke einmal dauerhaft oberhalb des Deichfußes stehen würde, dann würden die Deiche den Fluten nicht mehr stand halten können. Die Küstengebiete müssten dann aufgegeben werden. Und auch der "Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer" - der seit Mitte 2009 auch zum Welterbe der Menschheit gehört - ist aufgrund des steigenden Meeresspiegels lediglich ein Erbe auf Zeit. Es ist abzusehen, dass das Wattenmeer bei Ebbe irgendwann dauerhaft vom Meer bedeckt sein wird. Von diesem Schicksal sind die Bewohner einiger Inselstaaten bereits heute direkt betroffen: Die bewohnbare Fäche der tiefliegenden, flachen Inseln im Pazifik nimmt immer mehr ab.


Gefährdete Lebensräume und Kulturen

Für die Bewohner der nördlichen Polargebiete - dort, wo das Eis des Polarmeeres Jahr für Jahr deutlich sichtbar zurückgeht - bedeuten die Veränderungen ihres Lebensraumes bereits heute schon weitaus drastischere Einschnitte in ihr Leben. Dass "der Eisbär" davon "in seiner Existenz" bedroht ist, das weiß inzwischen bei uns jedes Kind. Eigentlich sind es natürlich einzelne Tiere, die bei der Rückkehr von ihren weit vom Festland entfernten Jagdgebieten auf dem Packeis immer größere Strecken zwischen den von Jahr zu Jahr früher schmelzenden Eisflächen schwimmend zurücklegen müssen. Eisbären sind durchaus gute Schwimmer, aber für manche von ihnen sind die Enfernungen zwischen den Eisflächen einfach zu lang: Sie ertrinken. Diejenigen, die das Festland erreichen, sind oftmals so erschöpft, dass sie nicht mehr genug Kraft für die Jagd haben: Viele von ihnen überleben deshalb die lange Zeit des Polarwinters nicht.

Angaangaq, ein Schamane aus Kallaalit Nunaq (Grönland), der am 22. Mai 2009 im Rahmen des "Kirchentags am Meer" in Bremerhaven zu Gast war, meinte, die Menschen würden sich viel zu viele Sorgen um die Eisbären machen. Die Bären seien schließlich Jäger, und könnten, nachdem das Eis eines Tages verschwunden sein wird, auch an Land jagen. Im Grunde genommen hat er damit vielleicht sogar recht. Allerdings könnte es passieren, dass der letzte Eisbär ertrunken oder verhungert ist, bevor die Tiere merken, dass sie nicht mehr auf das Eis hinausziehen dürfen. Angaangaq macht sich aber viel größere Sorgen um die Folgen der Veränderung der Lebensbedingungen für die Menschen in seiner Heimat, die unter anderem auch den Verlust der kulturellen Identität der Völker in den Nordpolargebieten zur Folge haben werden.

Für die Menschen in Kallaalit Nunaq ist der Klimawandel bereits seit 1963 Realität. Angaangaq erzählte von den Erlebnissen einiger junger Jäger während ihrer Jagd am Rande des "Großen Eises". Sie waren die ersten aus seinem Volk, die den Beginn der Klimaveränderung bemerkten.

Angaangaq sagte, die grundlegende Voraussetzung für den erfolgreichen Kampf der Menschheit gegen die kommende Klimakatastrophe sei, dass die Menschen ihre Weisheit über ihre Profitgier stellen. Die Menschen haben die ganze Welt erobert sie sind sogar in den Weltraum vorgedrungen. Keine Entfernung schien den Menschen bisher zu weit. Aber die größte Entfernung, welche die Menschen noch zurückzulegen hätten, sei die Entfernung von ihrem Verstand zu ihren Herzen. Die Gier nach Macht und Reichtum mache ihre Herzen kalt wie Eis. Angaangaq sagt:

Es ist leicher das Große Eis Grönlands zu schmelzen,
als das Eis in den Herzen der Menschen.


Angaangaq hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Eis in den Herzen der Menschen zum Schmelzen zu bringen - eine gewaltige Aufgabe für einen einzelnen Menschen, für die ihm aufgrund seines Alters nicht mehr viel Zeit bleiben wird ...

Eine Fragestellung der Veranstaltungsreihe "wORTwechsel" lautet: "Was haben diese jahrtausende-alten Texte der Bibel mit dem Alltag der Menschen von heute zu tun?" Ich denke, angesichts der globalen Gefahr, der Juden, Christen und Muslime gemeinsam ausgesetzt sind, haben diese allen Grund, dringend einmal ausführlich über den Kern des Auftrags ihres gemeinsamen Gottes "Macht euch die Erde untertan" nachzudenken! Differenzen zwischen den Weltreligionen, und alle Kriege, die jemals angeblich im Namen Gottes geführt wurden und auch heute immer noch geführt werden, verlieren sich angesichts dieser Dimensionen in absoluter Bedeutungslosigkeit.

Bezüglich des Wissens um die vielfach miteinander vernetzten Abhängigkeiten im Zusammenwirken der Vorgänge in der Natur, sowie um die Endlichkeit ihrer Resourcen, sind Angehörige indigener Völker, die sich noch eine weitestgehend auf den natürlichen Lebensgrundlagen basierende Lebensweise und Kultur bewahren konnten, den Menschen in den Industriegesellschaften der "ersten Welt" um Längen voraus.


wORTwechsel
"Und es ward Licht"
  • Donnerstag, 05. Mai 201119:30 Uhr

    Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI)
    Am Alten Hafen 26

    Lesung:
    Susanne Schwan, Gertrud Schwan, Dirk Böttger

    Expertin:
    Dr. Renate Treffeisen
    Leiterin Klimabüro für Polargebiete und Meeresspiegelanstieg am AWI

    Der Eintritt ist frei.

(Quellen: Pauluskirche, AWI - Und es ward Licht, Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle, Angaangaq - Ice Wisdom)

2 Kommentare:

Frau Momo hat gesagt…

Das klingt spannend, ist nur leider für uns etwas weit weg.

Anonym hat gesagt…

Oh das scheint mir spannend und ist bestimmt sehr anregend! Aber da bin ich einfach 1000km zu weit entfernt!!
Wûnsche dir einen schônen und kunterbunten neuen Tag!
Herzlich und bbbbb

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