Sonntag, 15. Mai 2011

Atomausstieg im Schatten Fukushimas

Atomkraft? Nein Danke!Aus der Atomanlage "Fukushima-I" gibt es weiterhin alles andere als gute Nachrichten. Die TAZ schrieb am 13.05.2010, Anfang der Woche seien Arbeiter von der hohen Strahlung im Reaktorgebäude 1 überrascht gewesen.

Der Wasserstand in diesem Reaktor sei so niedrig, dass die Brennelemente offenbar völlig frei liegen. Die japanische Regierung habe inzwischen eingeräumt, dass der Druckbehälter des Reaktors 1 undicht sei. Das Kühlwasser des inneren Reaktorkerns entweiche durch eines oder mehrere Löcher. Offiziell heiße es seitens der Behören daher jetzt, man gehe von einer deutlich weiter fortgeschrittenen Kernschmelze aus, als bisher angenommen. Weite Teile der Brennelemente seien als geschmolzener Kern herabgefallen und hätten sich am Boden des Druckbehälters gesammelt. Allerdings bestehe wenig Gefahr, dass sich der Kern durch den Druckbehälter hindurchschmelze.
  • Nach den zahlreichen bisherigen Fehleinschätzungen der Situation infolge des Super-GAUs in der Atomanlage würde ich darauf allerdings keine Wetten abschließen wollen. Eigentlich müssten die Atomexperten in den Regierungen und den Vorstandsetagen der Atomkonzerne sich doch langsam selbst albern vorkommen. Egal welches Horrorszenario sie auch verkünden: Niemals besteht eine Gefahr für die Bevölkerung, und selbstverständlich sind die Verantwortlichen Herr der Lage. Daran würde sich auch nichts ändern, wenn die geschmolzene, hochradioaktive Brühe sich eines Tages aus dem durchgeschmolzenen Druckbehälter als strahlender Lavastrom auf den Weg in den Pazifik machen würde.

Wie die TAZ weiterhin berichtete, ist außerdem das Ausmaß der Beschädigungen an den Reaktor-Gebäuden besorgniserregend. Auf Fernsehbildern sei beispielsweise zu erkennen, dass sich die Struktur des Reaktor-Gebäudes 4 zur Seite neige. In Höhe des fünften Stocks oberhalb des Atom-Reaktors befinde sich das Abklingbecken für die Brennelemente, das ohnehin als beschädigt gelte und mit 1331 erst kürzlich aus dem Reaktor entfernten, noch stark strahlenden Brennelementen gefüllt sei. Das Kühlwasser im Abklingbecken mit den noch sehr heißen Brennelementen sei immer noch am Siedepunkt und man befürchte, ein weiterer Schaden am Gebäude könne massive Wasseraustritte aus dem Becken zur Folge haben.
  • Inzwischen ist wohl jedem bewusst geworden, dass es in Japan immer wieder zu kleineren Erdbeben kommt, und dass selbst intakte, angeblich erdbebensicher gebaute Atomkraftwerke durch ein Erdbeben beschädigt werden können. Bei kleineren Erdbeben ist es ja wohl in der Vergangenheit für die japanischen Atomkraftwerke im allgemeinen glimpflich ausgegangen. Wie es aber um die Erdbebensicherheit der Atomruinen von "Fukushima-I" bestellt ist, mag ich mir lieber nicht ausmalen.


Scheinbar schnelle Ethikkommission

Bereits vor der Fertigstellung des Berichts der "Ethikkommission" ist eine Vorabversion davon an die Öffentlichkeit gelangt. Ich könnte mir vorstellen, dass die vorzeitige Veröffenlichung so etwas wie ein Stich in das Berliner Wespennest ist. Eigentlich hätte der Bericht der Reaktorsicherheitskommission zuerst vorliegen und als Basis für denjenigen der Ethikkommission herhalten sollen. Als Datum für die Veröffentlichung des Berichts der Ethikkommission, auf dessen Grundlage die wespenfarbene Bundesregierung über die Energiewende entscheiden will, war ursprünglich der 28.05.2011 vorgesehen. Frau Reisch (Wirtschaftswissenschaftlerin, Mitglied der Ethikkommission) hat kein Verständnis dafür, dass die Rohfassung des Papiers an die Öffentlichkeit gelangen konnte. Die TAZ zitiert sie mit den Worten: "Das ist eine klare Verletzung der Spielregeln."

Aber wie auch immer: Damit ist es in Sachen Geschwindigkeit der Ethikkommission ohnehin schon wieder vorbei: Der Entwurf des der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Berichts nennt als spätesten Zeitpunkt für die Stillegung des letzten deutschen Atomkraftwerks das Jahr 2021. Die Angabe einer zeitlichen Untergenze fehlt bisher.

Unabhängige Umweltorganisationen legen bezüglich des Tempos bei der Abschaltung der Atomkraftwerke in Deutschland ein erheblich schnelleres Tempo vor. Angesichts der Erfahrungen mit dem Super-GAU in der japanischen Atomanlage "Fukushima-I" hält der BUND es für nicht akzeptabel, den Atomausstieg bis 2021 hinauszuzögern. Eine Studie der internationalen Umweltorganisation Greenpeace belegt, dass der Ausstieg aus der Nutzung der Atomkraft bereits bis 2015, also innerhalb von vier Jahren möglich ist.

Allerdings empfiehlt die Kommission in der vorliegenden Rogfassung ihres Berichts auch die Stillegung der sieben aufgrund des Atommoratoriums derzeit abgeschalteten Atomkraftwerke. Es habe sich jetzt herausgestellt, dass die Leistung dieser Kraftwerke, sowie die des Atomkraftwerks Krümmel, ohne Probleme ersetzt werden kann. Die verbleibenden Atomkraftwerke sollten - abhängig davon, wie ihre Leistung durch risikoärmere Energien ersetzt werden kann - entsprechend ihres Risikos und ihrer Bedeutung für das Stromnetz "schnellstmöglich" stillgelegt werden. Insbesondere weist die Kommission darauf hin, dass es für Ewigkeitslasten (d.h. Atommüll) keinerlei ethische Legitimation gibt.


Eine Empfehlung ist noch kein Gesetz

Ob es aber dazu kommt, dass die wespenfarbene Bundesregierung die Empfehlungen der Ethikkommission eins zu eins umsetzt, wage ich zu bezweifeln. Dazu passt nämlich auch ein Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 10.05.2011, in dem zu lesen ist, innerhalb der CDU gäbe es unterdessen Forderungen nach einem Hintertürchen für den Atomausstieg. Das gehe aus einem Positionspapier des Parlamentskreises Mittelstand in der Union hervor, in dem es heiße, die Regierung solle angesichts des ambitionierten Zeithorizontes einen "Plan B" vorbereiten, sollte der Umbau der Energieversorgung "aus heute noch nicht absehbaren Gründen" ins Stocken geraten.

Mit dem Erfindungsreichtum der Atomkonzerne und ihrer politischen Handlanger bezüglich der Konstruktion "heute noch nicht absehbarer Gründe" haben wir aber ja wohl bereits im Zusammenhang mit dem bisherigen Atomkonsens ein für allemal genug schlechte Erfahrungen gemacht. Wenn es Wege gibt, innerhalb von vier Jahren aus der Nutzung der Atomenergie auszusteigen, dann ist es unverantwortlich, dafür einen zeitlichen Rahmen von 10 Jahren festzulegen. Darin dann aber auch noch irgendwelche Hintertürchen für noch längere Betriebsgenehmigungen einbauen zu wollen, ist ja wohl der Gipfel der Unverfrorenheit!

Damit "die da oben" nicht meinen, wir würden nicht merken, dass die schon wieder versuchen etwas auszuhecken, gehen wir am 28. Mai 2011 in 21 Städten wieder auf die Straße:

Atomkraft Schluss!


(Quellen: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 11.05.2011, TAZ vom 13.05.2011 Bericht 1, Bericht 2 und Kommentar, Süddeutsche Zeitung vom 10.05.2011, Spiegel vom 10.05.2011)

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