Dienstag, 31. Mai 2011

Atomausstieg im besten unserer Regionalblätter


Atomkraft Schluss: Abschlusskundgebung in Bremen (28.05.2011, Teil 2/2)

Da hat sich das beste - weil einzige - unserer Regionalblätter ja wieder einmal selbst übertroffen: "Atomausstieg schon bis 2021?" war auf der Titelseite Nordsee-Zeitung vom 30.05.2011 in großen Lettern zu lesen.

Die Atomkraftgegner verlören gerade ihr Kampfthema, heißt es weiter unten im Text, und weiter, Frau Merkel (CDU, Bundeskanzlerin) würde dagegen gerade "ein klein wenig Geschichte" schreiben. Zitat: "Ausgerechnet die einstigen Kernenergiefreunde von Union und FDP feilen bis spät in den Abend an einem Atomausstieg bis 2021/22."

Liebe Nordsee-Zeitung,

dass "ausgerechnet" die die schwarz-gelbe Bundesregierung sich überhaupt gerade die Mühe macht, an dem Ausstieg aus der Nutzung der Atomenergie zu "feilen", liegt ausschließlich daran, dass sich
  1. das "hypothetische Restrisiko" nach dem Super-GAU von "Tschernobyl" zum zweitem Mal innerhalb von 25 Jahren auf brutale Weise als sehr reale Gefahr für das Eigentum, die Gesundheit und das Leben der Menschen entpuppt hat (Super-GAU in der japanischen Atomkraftanlage "Fukushima-I"), und
  2. daran, dass im Laufe der letzten eineinhalb Jahre zigtausende Menschen immer wieder ihren Protest gegen die "Laufzeitverlängerung" dieser Bundesregierung auf die Straßen Deutschlands getragen haben. Das war übrigens schon lange, bevor die drei Atomreaktorblöcke von "Fukushima-I" explodierten!

Wäre "nur" die halbe Atomkraftanlage in Japan in die Luft geflogen, dann hätten Frau Merkel und Co. vielleicht gerade einmal über die "Einführung höherer Sicherheitsstandards" nachgedacht. Beispielhaft dafür, dass es genau so gekommen wäre, sind die Konsequenzen, welche die Regierung unserer Nachbarn in Frankreich aus dem Super-GAU in Japan zieht: 'Augen zu und durch - und nach uns die Sintflut!'

Die Rücknahme der Laufzeitverlängerung und die von den Ministern der Länder angekündigte voraussichtliche Stillegung der sieben ältesten Atommeiler sind ausschließlich dem unermüdlichen Einsatz zigtausender Menschen zu verdanken, die immer und immer wieder den unverzüglichen Ausstieg aus der Atomenergie fordern. Ein Atomausstieg bis 2022 ist alles andere als ein schneller Ausstieg. Das ist - wie Herr Weiger (BUND, Gründungsmitglied) es in Bremen so treffend ausgedrückt hatte - schuldhaftes Zögern.

Das ist nichts anderes, als das, was die rot-grüne Bundesregierung im "Atomkonsens" im Jahre 2000 mit den Atomkonzernen vereinbart hatte. Und es ist genau dieser gesellschaftliche Minimalkonsens mit den Atomkonzernen, den die schwarz-gelbe Bundesregierung unter Frau Merkel ohne zwingenden Grund zugunsten ihrer "Laufzeitverlängerung" aufgekündigt hat. Wäre der Atomkonsens im März 2011 noch in Kraft gewesen, dann wäre jetzt nicht über das Jahr 2022, sondern über 2015 oder maxumal 2017 für den Atomausstieg aus der Nutzung der Atomenergie diskutiert worden!

Und solange die schwarz-gelbe Bundesregierung weiterhin versucht, uns faule Atomeier ins Nest zu legen, liebe Nordsee-Zeitung, kannst du dir sicher sein, dass die Atomkraftgegner ihren Protest gegen die Atomkonzerne und ihre politischen Handlanger fortsetzen werden. Daran wird auch deine Lobeshymne für die angeblich geläuterten Atom-Marionetten in der CSU, der CDU und der FDP nichts ändern.

Dein juwi

PS:
Die Arbeit, einen Leserbrief zu deinem gestrigen Artikel zu schreiben, erspare ich mir lieber gleich. Meine diesbezügliche Erfahrung zeigt mir nämlich, dass du den ja ohnehin nicht veröffentlichen würdest.

Was den Machern der Nordsee-Zeitung offenbar entgangen sein dürfte, das sind unter anderem zum Beispiel die Aufrufe zu Sitzblockaden auf den Zufahrtswegen zu dem Atomkraftwerken für den Fall, dass die Bundesregierung den Atomausstieg länger als unbedingt notwendig hinauszögern sollte. Sollte sie bei ihrer keinesfalls geschichstträchtigen Ausstiegsverzögerung bis 2022 bleiben, dann provoziert sie damit die Tendenz bei einigen Atomkraftgegnern, sich notfalls auch an Aktionen bürgerlichen Ungehorsams zu beteiligen, und gefährdet damit erneut ohne Not den sozialen Frieden in Deutschland.

Falls das beste unserer Regionalblätter die weiterhin bestehenden Gefahren, die von den (hoffentlich demnächst "nur noch" neun) Atomkraftwerken und ihren strahlenden Hinterlassenschaften wohl auch während der nächsten 11 Jahre noch ausgehen werden, nicht weiterhin verharmlosen will, dann wird es also demnächst noch viel über das "Kampfthema" der Atomkraftgegner zu berichten haben. Im übrigen beschränkt sich das "Kampfthema" schon seit längerer Zeit nicht mehr ausschließlich auf den Ausstieg aus der Nutzung der Atomenergie. Der Fokus liegt vielmehr auf der Einforderung der zügigen Umsetzung der Energiewende. Beides ist nicht voneinander zu trennen und beides muss Hand in Hand vonstatten gehen.

Davon abgesehen sind ähnliche Schritte auf internationaler Ebene notwendig. Wenn die Menschheit es nicht rechtzeitig schafft, die Emissionen klimaschädigender Gase so weit zu reduzieren, dass sich der Anstieg der mittleren globalen Temperatur deutlich unterhalb der "plus-2-Grad" Marke stabilisiert, dann werden die Auswirkungen der Klimakatastrophe diejenigen der sogenannten "friedlichen Nutzung der Atomenergie" noch beiweitem in den Schatten stellen. Unsere gemeinsame Heimat im All, der Planet Erde, wäre dann keine Heimat mehr für nachfolgende Generationen der Menschheit.


Zum Weiterlesen:
"Atomkraft Schluss"
  • Abschlusskundgebung, Teil 2
    und Atomausstieg im besten aller Regionalblätter

Publik-Forum - Strom ohne Atom


(Quelle: Nordsee-Zeitung vom 30.05.2011, x-tausendmal quer)

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