Montag, 28. März 2011

Fukushima mahnt ...


Hamburg, 26.03.2011: Großdemonstration gegen Atomkraft, Fukushima mahnt ...

Gerechnet hatten die Organisatoren der Großdemonstration in Hamburg mit 10000 Menschen. Um nicht in überfüllten Zügen fahren zu müssen, sind wir so früh in Bremerhaven losgefahren, dass wir gegen 08:45 Uhr in Hamburg ankamen. Nachdem wir zum Auftakt des Tages in Hamburg den sonnigen Frühlingsmorgen an der Alster genossen hatten, machten wir uns auf den Weg zur Moorweide, wo wir ungefähr eine Stunde vor Veranstaltungsbeginn auf ein kleines Häufchen von vielleicht 100 bis 200 Atomkraftgegnern stießen. Eine halbe Stunde später waren es zwar schon etwas mehr geworden, aber an 10000 war überhaupt nicht zu denken.

Und dann kamen sie plötzlich von allen Seiten. Als die Moorweide schon recht gut gefüllt war hieß es seitens der Organisatoren, der Sonderzug aus Kiel sei rappelvoll, so dass viele Menschen auf die nachfolgenden Nahverkehrszüge ausweichen mussten. Als es im Anschluss an die Auftaktkundgebung los ging, ware nicht nur die Mooswiese voller Menschen, sondern auch die angrenzenden Straßen - so weit das Auge reichte! Da ich gleich im ersten Teil des Demonstrationszuges mitgegangen war, kam ich zusammen mit den ersten Leuten auf dem Rathausmarkt an. Als der Platz bereits voll war, also ungefähr die 10000 ursprünglich  erwarteten Demonstranten am Ziel waren, meldeten die Veranstalter, es seien immer noch Menschen auf der Moorwiese.

Am Ende waren lange nicht alle Atomkraftgegner auf dem Kundgebungsplatz angekommen, weil es auf der Strecke des Demonstrationszuges nicht mehr voran ging. Nachdem es anfangs hieß es seien ungefähr 20000 Atomkraftgegner in Hamburg, wurden die Zahlen immer wieder nach oben korrigiert und pendelten sich dann irgendwann bei 50000 ein.

Zeitgleich fanden ebenfalls große Demonstrationen in Berlin, München und Köln statt. Auch in anderen Städten gingen die Menschen an diesem Tag auf die Straße um gegen die unverantwortliche Atompolitik der Schwarz-Gelben Bundesregierung zu protestieren. Insgesamt waren gut eine viertel Million Menschen auf den Beinen.

Im ersten Teil meines Videos ist ein Ausschnitt aus einem Theaterstück der "Mütter gegen Atomkraft" zu sehen, das diese vor 25 Jahren das erste mal aus Anlass des Super-GAUs in Tschernobyl aufgeführt hatten. Für die Aufführung in Hamburg hatten sie es etwas an die aktuelle Situation angepasst. Im Demonstrationszug lief eine Gruppe mit, die, von einem Akkordeonspieler begleitet, das allseits bekannte "Laterne-Lied" mit einem "etwas anderen Text"*) sang. Und auch sonst hatten viele Leute ihrer Kreativität freien Lauf gelassen.

Am Schluss des Videos ist ein Ausschnitt aus der Rede von Jochen Stay zu hören, die dieser während der Kundgebung gehalten hatte. Herr Stay ist Sprecher der Anti-Atom-Organisation ".ausgestrahlt" und Mitorganisator der Demonstrationen am 26.03.2011. Alle Redebeiträge hätten leider den Rahmen meines Videos gesprengt, so dass ich mich erst einmal auf die Worte von Herrn Stay beschränken musste.

Spätestens nach diesem Wochenende ist eines klar geworden: Nicht - wie es vor einem Jahr vorschnell von der wespenfarbenen Bundesregierung angekündigt worden war - die Atomkraft hat eine Renaissance erlebt, sondern die Anti-Atomkraft-Bewegung. Den politischen Handlangern der Atomkonzerne bläst nach den Wahlergebnissen in Rheinland-Pfalz und Baden-Würtemberg vom vergangenen Wochenende der Wind der Erneuerung noch etwas rauher ins Gesicht.

Wir wollen eure lebensgefährlichen Atomkraftwerke hier nicht mehr haben. Es ist höchste Zeit für die Energiewende - bevor es zu spät ist!

Anti-Atom-Demo am 26.03.2011


*) Liebe "Laterne"-Sänger: Falls ihr zufällig mein Video sehen solltet, schreibt mir doch bitte eine E-Mail (Adresse unter "Copyright und Kleingedrucktes") mit dem Namen eurer Gruppe, der mir leider wieder entfallen ist.

5 Kommentare:

Frau Momo hat gesagt…

tolles Video hast Du gemacht!!! Nur eine kleine Korrektur von mir als Einheimischer..... das Ding heißt Moorweide, nicht Moorwiese :-) Übrigens ein geschichtsträchtiger Ort. Dort haben sie damals tausende Juden deportiert und auch meinen Großvater haben sie dort gegriffen. Der hatte sich ein zeitlang erfolgreich vor seinem Wehrmachtseinsatz drücken können und hat hier in Hamburg im Widerstand gearbeitet.

juwi hat gesagt…

@Frau Momo: Danke für den Hinweis. Ich habe den Fehler korrigiert. | Über den aktiven Widerstand einiger Menschen aus den Generationen unserer Großeltern ist eigentlich viel zu wenig bekannt. Frag' mal irgendwelche zufällig ausgewählten Leute, was ihnen zu den Namen der Geschwister Hans und Sophi Scholl oder Claus Schenk Graf von Stauffenberg einfällt. Vielleicht können einige gerade noch etwas mit dem Namen Oskar Schindler in Verbindung bringen, weil sie zufällig den Spielfilm über ihn im Kino gesehen haben. Dabei ist der Herr Schindler ja eigentlich ursprünglich einer der Profiteure des menschenverachtenden Regimes gewesen und auch der Herr von Stauffenberg war als Soldat eigentlich Anfangs im Dienste der Nazis auf der anderen Seite aktiv. Und ich muss sagen, dass auch mein Wissen kaum darüber hinaus geht. Ich fände es schön, wenn auch über die Geschichte(n) der vielen(?) "kleinen Leute" etwas bekannt würde, die sich gegen das Leid gewehrt haben und oft genug dafür mit ihrem Leben bezahlt haben. Es waren damals ja nicht alle Deutschen aktive Nazis oder Mitläufer. Die Gegner des Systems waren eben nur in der Minderheit, aber sie sind aus meiner Sicht eine nicht unwesentliche Komponente in der Geschichte unseres Volks.

Frosch hat gesagt…

Ums kurzfristige (?) Abschalten kommt man, jedenfalls bei uns, wohl nicht mehr herum.
1986 konnten die Schlipsträger noch über Russentechnik und unqualifizierte Arbeiter wettern, aber jetzt wird doch irgendwie alles in den Schatten gestellt. Sogar die, die Tamagotchi erfunden haben, schicken Shitake-Bauern mit Plastetüten um die Füße in die Strahlenhölle.
Diesmal wird jedoch die Welt wach werden!
Spätestens wenn die 35 Mio Menschen evakuiert werden, wenn der ganze nördliche Inselteil zur ZONE erklärt werden muss.

Ich kann leider nicht optimistischer sein, aber falls es doch noch irgendwie eingedämmt werden kann, haben wir wenigstens ein schönes Ostergeschenk.

Senioren-lobby hat gesagt…

Mich beunruhigt doch sehr, wie die japanischen Spezialisten in Sachen Atom mit dem ganzen umgehen. Japan ist ja wohl höher technisiert als Deutschland. Und wenn die nicht mal in der Lage sind, innerhalb kürzester Zeit die Strahlen und alle damit verbundene stichhaltig zu messen, sondern nur Schätzungen von sich geben, zudem Menschen statt Technik in die Reaktoren zu schicken, dann möchte ich nicht wissen, wie es in einem solchen, einem ähnlichen Fall bei uns ausschauen würde.
Deutsche Spezialisten geben ja unzählige Statements von sich, doch sind es wohl eher lediglich Einschätzungen, was auch immer.
Zudem muss ich alle deutschen bisherigen Messergebnisse anzweifeln, auch und vor allem dort, wo die Krebsraten erheblich angestiegen sind, die zuständigen Kontrolleure aber dieses nicht in Verbindung mit Strahlen aus dem Atommeilern, respektive aus Assen und Gorleben in Verbindung bringen.
In Japan zeigt sich für mich jetzt das wahre Gesicht der vermeintlichen Experten, die uns Theorie verkaufen, längst nicht in der Lage sind, solche Dinge überhaupt sicher zu prüfen...

Servus

juwi hat gesagt…

@Frosch: Ich habe es immer für leichtsinnig gehalten, den Sowjets damals und den Russen heute zu unterstellen, ihre Ingenieure hätten gerade erst den Faustkeil erfunden, um damit die Sicherheit der "sichersten Atomkraftwerke der Welt" zu begründen (das sind natürlich angeblich die deutschen). Außerdem kann ich mich noch an die Diskussion über die Bedenken bezüglich des tschechischen AKWs in Temelin erinnern. Da hieß es damals, die AKWs russischer Bauart seien nicht unsicherer als die aus westdeutscher Produktion. Kurz darauf flogen den Sowjets das AKW in Tschernobyl und den Politikern hierzulande ihre Argumente um die Ohren ... Wenn so etwas, was Japan gerade mit seinem GAU erlebt, bei uns passieren würde, dann wäre das mit ziemlicher Sicherheit das Ende unserer Zivilgesellschaft.

@Seniorenlobby: Die Japaner kochen in ihren AKWs auch nur mit Wasser. Abgesehen von der Tatsache, dass die besonderes Augenmerk auf Erdbebensicherheit legen, gibt es technisch wohl kaum wesentliche Unterschiede. Und für einen GAU gibt es in Deutschland keinerlei auch nur annähernd wirksame Katastrophenschutzpläne. Herr Bollman (Bischof der Nordelbischen Kirche in Hamburg) sagte am letzten Samstag in Hamburg sinngemäß: Wer sich nicht ausmalen kann, was nach einem Super-GAU geschieht, der möge doch nach Tschernobyl blicken. Die Rede ist in meinem heutigen Video zu hören. Und dass wir hier genauso belogen werden, wie die Menschen in allen anderen "Atomnationen" auch, das sollte doch wohl spätestens seit der Offenbarung des Herrn Brüderle allen, die davor nicht die Augen verschließen, mehr als klar geworden sein.

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