Donnerstag, 27. Januar 2011

Fiese Winzlinge

Eine ganze Armee dieser fiesen, mikroskopisch kleinen Winzlinge hat juwi außer Gefecht gesetzt. Jetzt muss er erst einmal ins Bett und das Fieber ausschwitzen ...

Dienstag, 25. Januar 2011

Landwirtschaft statt Agrarindustrie


Berlin, 22.01.2011: Demonstration für eine grundlegende Wende in der Agrarpolitik

Rund 22000 Menschen aus allen Teilen der Bundesrepublik demonstrierten am 22.01.2010 in Berlin für eine grundlegende Wende in der Agrarpolitik und grundlegende Konsequenzen aus dem Dioxin-Skandal. Derartige Bestrebungen gibt es auch in der EU.

Herr Ciolos (Landwirtschaftskommissar) will die milliardenschweren Subventionen der industriellen Landwirtschaft massiv herunterfahren und stattdessen mit den freiwerdenden Mitteln bäuerliche Betriebe fördern, die biologische Landwirtschaft betreiben und strenge Umweltauflagen einhalten. Ausgerechnet Deutschland erweist sich dabei jedoch als Bremsklotz. Frau Aigner (CSU, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz) folgt bisher weithin den Interessen der Massentierhalter und der industriellen Landwirtschaft. Zu mehr als einem winzig kleinen Quäntchen "Öko" hier und da konnte sie sich noch nicht durchringen.


Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen

Daher können die angekündigten Konsequenzen aus dem aktuellen Futtermittel-Dioxin-Skandal in meinen Augen nur Makulatur bleiben, solange die eigentlichen Ursachen, die zu dieser Entwicklung geführt haben, weiterhin Bestand haben. Im Grunde genommen geht es um die notwendige Rückbesinnung auf unsere natürlichen Lebensgrundlagen: Den Schutz unserer natürlichen Umwelt. So forderte zum Beispiel auch Herr Weiger (Bundes für Umwelt und Naturschutz "BUND", Vorsitzender) in Berlin von den Politikern, sie sollten endlich den Mut haben, sich mit dem "Agro-Business" anzulegen. Das gesamte System müsse an die Leine gelegt werden.

Herr Felix Prinz zu Löwenstein (Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft, Vorsitzender) forderte Frau Aigner auf, sich in Brüssel für eine europaweite naturverträgliche Landwirtschaft einzusetzen. Die FAZ zitierte ihn in einem Artikel vom 22.01.2011 auf ihrer Internetseite mit den Worten: "Etwas anderes können wir angesichts der Bedrohungen durch den Klimawandel und einer immer gefährlicheren Ausbeutung der natürlichen Lebensgrundlagen nicht mehr verantworten."

Frau Heubuch (Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, Bundesvorsitzende) sprach im Zusammenhang mit Massentierhaltung und Gentechnik von einer gefährlichen Sackgasse für die Bauern und einem Risiko für die Verbraucher. Sie forderte ein Verbot der industriellen Landwirtschaft und das Ende der Subventionen der Agrarfabriken aus Steuermitteln.

Die globale Dimension verdeutlichte Herr Bassey (Nigeria, Umweltorganisation "Friends of the Earth", Vorsitzender, und Träger des alternativen Nobelpreises). Er bezeichnete die Auswirkungen der europäischen Agrarpolitik in den Entwicklungsländern als verheerend. Für die Ernährungssicherheit der Welt sei der weltweite Protest der Zivilbevölkerung gegen Gentechnik, Agrarfabriken und Dumping-Exporte dringend notwendig. Zu dieser Facette der Agrarpolitik und der Nahrungsmittelindustie zitierte die FAZ in einem Online-Artikel vom 23.01.2011 Frau Aigner mit den Worten: "Die Ausschreitungen in Algerien und Tunesien haben ihren Grund auch in den steigenden Lebensmittelpreisen." Sie warnte damit vor Hungerrevolten in ärmeren Ländern.


Es ist nicht alles Gold, was glänzt

Mit ihren Forderungen nach der Trennung der Produktion und Lagerung von Fetten für die Industrie und für die Landwirtschaft, der europaweiten Verschärfung der Kontrollen, der Verbesserung des Frühwarnsystem (unter anderem durch einen gemeinsamen Datenpool, in dem Messergebnisse zusammenfließen), sowie die Verpflichtung zur Beantragung einer Zulasssung, die an strenge Auflagen geknüpft ist, stieß Frau Aigner in Anbetracht des Dioxin-Skandals in Brüssel auf Zustimmung. Die Betriebe sollen verpflichtet werden, ihre Untersuchungsergebnisse zu melden, und Analysen, Berichte und Rückstellproben nachzuweisen, mit der sie die Einhaltung der Grenzwerte für kritische Stoffe belegen können. Das alles ist aber noch lange keine Wende in der Agrarpolitik.

Und auch in Brüssel ist nicht alles Gold was glänzt. Einerseits europaweit die ökologisch-bäuerliche Landwirtschaft etablieren zu wollen, andererseits aber gentechnisch veränderte Nahrungsmittel zulassen zu wollen, sind zwei Vorhaben, die nicht miteinander zu vereinbaren sind.

Nachdem die EU-Kommission nach zwölf Jahren das Verbot der Freisetzung von genmanipulierten Nutzpflanzen zugunsten der Profite der Gentech-Lobby bendet hatte, unterzeichneten mehr als 1,2 Millionen Bürger Europas die erste europäische Bürgerinitiative, die am 09.12.2010 an EU-Kommissar Dalli übergeben wurde. Die Initiative fordert den Zulassungsstopp gentechnisch veränderten Pflanzen und die Schaffung einer unabhängigen ethischen und wissenschaftlichen Stelle für die Prüfung und Regulierung genmanipulierter Organismen.

Die paradoxe Agrarpolitik der EU macht deutlich, dass die Wachsamkeit der Bürger Europas noch lange gefordert sein wird.

"Mich wundert, warum die Leute sich jetzt alle so
über das Dioxin in Eiern aufregen. Mir reicht es
eigentlich schon, dass die Tiere überhaupt mit
Schmiermitteln gefüttert werden, und das so eklig
zu finden, so etwas nicht essen zu wollen."


(eine Teilnehmerin an der Demonstration in Berlin)

(Quellen: SWR vom 25.01.2011, FAZ vom 22.01.2010 und vom 23.01.2010, Campact, AVAAZ)

Montag, 24. Januar 2011

Raffgier verhindert Frieden

FriedenstaubeNach der Veröffentlichung der Geheimdokumente von den Friedensverhandlungen zwischen den Palästinensern und Israel durch den arabischen Sender "Al Dschasira" und die britische Zeitung "The Guardian" steht Israel im Rampenlicht der Weltöffentlichkeit ziemlich dumm da ... - und dreist.

Bisher hieß es regelmäßig, die Palästinenser seien zu keinerlei Zugeständnissen bereit, wenn es darum ging, die ständigen Rückschritte auf dem Weg zum Frieden im Nahen Osten zu erklären. Jetzt werden die "Freunde" Israels ihre bisher bedingungslose Unterstützung, die - zumindest in Deutschland - wohl im wesentlichen auf das schlechte Gewissen wegen des millionenfachen Mordes an den Juden während der Nazi-Herrschaft zurückzuführen ist, zukünftig wohl "etwas differenzieren" müssen. Das unermessliche Leid, das den Menschen jüdischen Glaubens in dem Land zugefügt wurde, in dem später ich zur Welt kam, macht mich trotzdem nicht blind gegenüber dem Leid und dem Unrecht, das den Menschen in Palästina seit Beginn des letzten Jahrhunderts widerfahren ist.

Wenn all das zutrifft, was heute auf der Internetseite der ARD-Tagesschau zu lesen ist, dann wäre die palästinensische Führung bereit gewesen, auf nahezu alles zu verzichten, wofür die Palästinenser seit der Gründung des Staates Israel und ihrer Vertreibung aus ihren ehemaligen Siedlungsgebieten gekämpft und gelitten haben - nur um des lieben Friedens willen. Israel hingegen wäre den Palästinensern kein Stück entgegen gekommen - aus lauter Raffgier.

Ein Stück vom Kuchen wäre den israelischen Verhandlungsführern und ihren Auftraggebern nicht genug gewesen. Es sollte schon der ganze Kuchen sein. In Anbetracht dessen, dass Israel ständig mit Kanonen auf Spatzen schießt, anstatt die Terroristen gezielt zu verhaften, vor Gericht zu stellen, und nach Recht und Gesetz zu verurteilen, sowie angesichts des fortgesetzten Siedlungsbaus in den annektierten Palästinensergebieten - trotz aller immer wieder vorgetragener internationaler Einwände - habe ich kaum Zweifel daran, dass es sich wohl schon so verhalten wird.

Unter den radikalen Palästinensern wird die palästinensische Führung nach der Veröffentlichung der Dokumente wohl einige Feinde hinzugewonnen haben. Selbst unter denjenigen Palästinensern, die eigentlich nur noch in Frieden leben wollen, wird es einige geben, die derart weitreichende Zugeständnisse nicht gutgeheißen hätten. Aber dem Ansehen Israels in der Welt wird die Veröffentlichung der Dokumente wohl den größeren Schaden zugefügt haben.

Ich würde mir wünschen, dass der Friedensprozess im Nahen Osten jetzt zügig wieder in Gang käme und wirklich faire Verhandlungen zur baldigen Gründung eines palästinensischen Staates und zu einer dauerhaften Lösung für Jerusalem führen werden. - Zuvor würden aber die "Freunde Israels" ihr schlechtes Gewissen wegen der Verbrechen an den Juden im Deutschen Reich überwinden, und mit ihren Freunden endlich so reden müssen, wie wahre Freunde es machen, die wissen, dass der andere permanent einen Fehler begeht.


(Quelle: Tagesschau vom 24.01.2011, Wikipedia)

Sonntag, 23. Januar 2011

Winterruhe am Dorumer Tief

Das ehemalige Leuchtfeuer "Obereversand" am Dorumer Tief
Die Küste und das Deichvorland bei Dorum-Neufeld
Dorum-Neufeld: Der Kutterhafen am Dorumer Tief
Bis zum Nachmittag hatte ich gestern einen vollen Terminkalender. Nachdem wir mit unserer Singgemeinschaft "Querbeet" auf einer diamantenen Hochzeit in einem Ort nördlich von Bremerhaven Musik gemacht hatten, bin ich mit einem kleinen Umweg über Dorum-Neufeld zurück nach Hause gefahren.

Im Sommer treten sich dort die Touristen gegenseitig auf die Füße und auf dem Gelände vor dem Deich herrscht reger Campingbetrieb. Während der Wintermonate ist dort aber so gut wie nichts los. Schon gar nicht an einem nass-kalten, trüben Nachmittag wie gestern. Wenn man allerdings einen Ort der Ruhe sucht, um einmal für eine kurze Zeit abzuschalten, dann ist die stille Weite der Marschlandschaft am Wattenmeer genau die richtige Gegend dafür.

Freitag, 21. Januar 2011

In den letzten Zügen ...

Bremerhaven, Neuer Hafen: Betonwerk Grube (2011, 2010, 2008)
... liegt das ehemalige Betonwerk "Grube" am Nordende des Neuen Hafens. Zur Zeit wird das ehemalige Hauptgebäude abgerissen, das zuletzt während der Sail 2010 als Pressezentrum gedient hatte.

Geschichte ist inzwischen auch die Fahrzeugwaage mit dem kleinen Wägehäuschen hinter dem Hauptgebäude. Interessant daran war, dass die Fahrzeugwaage noch aus reiner Mechanik bestand.


Ehemalige Fahrzeugwage zwischen Hauptgebäude und Kiesverladeanlage
Fahrzeugwaage: Mechanik zum ablesen des Gewichts der Lkws

Sie funktionierte nach dem gleichen Prinzip wie früher die Küchen- oder Babywaagen: Auf einem mit einer Skala versehenen Hebel, wurden zwei Gewichte zur Grob- und zur Feinjustierung verschoben.

Als letztes Zeugnis der Hafenindustrie am Neuen Hafen wird nach dem Abschluss der Abbrucharbeiten nur noch der Kiesverladekran übrig bleiben. Wie die Nordsee-Zeitung in ihrer Ausgabe vom 14.08.2010 berichtete, hatten die Spitzen von SPD und CDU am 17.08.2010 beschlossen, den gelben Grube-Kran als letztes Zeugnis hafenwirtschaftlicher Nutzung zu erhalten. Die Entwicklungsgesellschaft Alter/Neuer Hafen (BEAN) werde den Kran in ihr Eigentum übernehmen und das Ressort von Herrn Teiser (CDU, Bürgermeister und Kämmerer) wurde gebeten, realistischere Kosten für den Erhalt und die Pflege zu ermitteln, als bisher genannt worden waren. Unter den folgenden Links ist der Kran nachts beleuchtet und in einem Video in Aktion zu sehen.

Zum Weiterlesen


(Quelle: Nordsee-Zeitung vom 14.08.2010)

Donnerstag, 20. Januar 2011

Wir haben es satt!


Campact-Aktion in Berlin am 18.01.2011

Mit schärferen Kontrollen sowie verschärften Meldepflichten und härteren Strafen wollen Bund und Länder nach dem Dioxin-Skandal den Schutz für die Verbraucher und Landwirte vor kriminellen Dioxin-Panschern verbessern.

Frau Aigner (CSU, Landwirtschaftsministerin, Verbraucherschutzministerin) habe sich mit den Landwirtschaftsministern der Bundesländer am 18.01.2010 auf ein 14-Punkte-Paket geeinigt. Das berichtete die Nordsee-Zeitung in ihrer Augabe vom 19.01.2011.

Zu dem Bericht auf der Titelseite war auf einem Foto zu sehen, wie Mitglieder des demokratischen Netzwerks Campact in der Rolle von "Agrarfabrikanten" am Fließband Dioxin aus Giftflaschen in Gummihühner füllten. Sie demonstrierten damit anlässlich des Treffens der Landwirtschaftsminister in Berlin für eine Kehrtwende in der Agrarpolitik. Außerdem übergab Campact den Appell "Agrarfabriken stoppen", der inzwischen von mehr als 72000 Menschen unterzeichnet wurde, an Frau Aigner.

Angesichts dessen, worauf sich die Landwirtschaftsminister von Bund und Ländern einigten, beginnt der Protest nach Einschätzung von Campact-Aktiven langsam zu wirken. Jetzt gehe es darum, dass Frau Aigner die ankündigten Maßnahmen zusammen mit den Bundesländern auch in die Praxis umsetze, und ihre Blockade der Pläne der EU-Kommission, milliardenschwere EU-Subventionen von Agrarfabriken zu ökologischen, bäuerlichen Betrieben umzuschichten, endlich aufgebe.


Wir haben es satt!

Um den Forderungen nach einem Politikwechsel - weg von Agrarfabriken und Gentechnik, hin zu einer bäuerlich-ökologischen Landwirtschaft - den nötigen Nachdruck zu verleihen, wird am Samstag, 22. Januar, parallel zur Landwirtschaftsmesse "Grüne Woche", vor dem Hauptbahnhof in Berlin eine große

Demonstration unter dem Motto
"Wir haben es satt!"

stattfinden. Dazu werden tausende Demonstranten aus ganz Deutschland erwartet. Organisatoren sind ein Bündnis von Umwelt-, Tierschutz- und Entwicklungsverbänden. Da ich den Samstag bereits restlos verplant hatte, bevor ich von der Demonstration erfuhr, werde ich nicht dabei sein. Ansonsten wäre ich auf jeden Fall nach Berlin gefahren. Es ist schon schlimm genug, dass es kaum noch zu vermeiden ist, mit Dioxin in Berührung zu kommen. In der Nahrung hat das Zeugs jedenfalls nichts verloren - auch nicht, wenn seine Konzentration den Grenzwert unterschreitet. Wenn es aber jemand auch noch absichtlich hinzuzufügt, dann gehört er dafür nach meinem Verständnis lebenslänglich hinter Gitter!

Zum Weiterlesen:

(Quellen: Nordsee-Zeitung vom 19.01.2010, Campact)

Mittwoch, 19. Januar 2011

Tarantel-Mantel


Es ist kalt, und die Tarantel
schlüpft in den dicken Wintermantel
auf dass sie nicht mehr friere.
Der hat acht Ärmel für die Beine
maßangefertigt ganz alleine
für diese schicken Tiere.

© Jürgen Winkler

Dienstag, 18. Januar 2011

Kann Beton schwimmen?

Bremerhaven, Deutsches Schiffahrtsmuseum: Motorschlepper "Paul Kossel"
Die meisten Menschen werden diese Frage wohl als einen albernen Scherz abtun, und selbstverständlich mit "Nein!" antworten. Die "Paul Kossel", die im Außenbereich des Deutschen Siffahrtsmuseums (DSM) am Alten Hafen in Bremerhaven zu besichtigen ist, wird sie allerdings schnell eines besseren belehren. Der Rumpf des im Jahre 1921 vom Bremer Bauunternehmen "Paul Kossel" hergestellten Motorschleppers besteht nämlich aus aus Beton.

Die "Paul Kossel" ist auch nicht das einzige Schiff, das aus diesem Materiel hergestellt wurde. Der Nachteil des um etwa 40 bis 60 Prozent höheren Eigengewichts gegenüber einem Schiff mit Stahlrumpf wurde durch die einfachere Bauweise kompensiert. Augrund eines Außenputzes aus glatt geschliffenem Hartbeton benötigten sie keinen zusätzlichen Anstrich, und es gab keine Korrosionsprobleme.

Später wurden sogar Segelyachten gebaut, deren etwa zwei Zentimeter starke Betonrümpfe aus Zementmörtel mit dünnen Drahteinlagen, sogenantem Ferrozement, bestehen. Ein Beispiel dafür ist die zur Traditionsflotte der Bremerhavener Schiffergilde gehörende "Cementesse", eine 16,50 Meter lange klassische Schoneryacht.

(Quellen: DSM, Schiffergilde Bremerhaven, Wikipedia, FAZ vom 01.12.2010)

Sonntag, 16. Januar 2011

Karlsruher Atomsuppe


ARD-Magazin Kontraste vom 13.01.2011: "Atommüll - Steuerzahler tragen Folgekosten"

In Greifswald und Umgebung rüstet man sich für den nächsten Castor-Transport mit 70000 Tonnen hochradioaktiven Müll in das Atommüll-"Zwischen"-Lager Nord in der Lubminer Heide. Nachdem dort bereits im Dezember 2010 Atommüll eingelagert wurde, der da absolut nichts zu suchen hat, soll der von der wespenfarbenen Bundesregierung zu verantwortende Atommüllskandal Mitte Februar 2011 in die zweite Runde gehen. Damit ersparen CDU, CSU und FDP der Atomindustrie erneut einen Milliardenbetrag.

Mit der Lieferung der "Karlsruher Atomsuppe" gelangt erneut hochradioaktiver Atommüll aus westdeutscher Produktion in das einzige bundeseigene Atommülllager, der dort gar nicht gelagert werden darf: Das Lager war einzig und allein für den radioaktiven Müll eingerichtet worden, der beim Rückbau der Atomkraftwerke der ehemaligen DDR anfiel.

Das betonte auch Herr Trittin (Bündnis '90 /Die Grünen, Umweltminister der rot-grünen Bundesregierung unter Gerhard Schröder) annlässlich der Erteilung der Betriebsgenehmigung für das Atommüll-"Zwischen"-Lager der Energiewerke Nord (EWN) im Jahre 1999. Er sagte damals, die Genehmigung für Lubmin gelte ausschließlich für die Aufbewahrung von abgebrannten Brennelementen aus den beiden stillgelegten ostdeutschen Atomkraftwerken Greifswald und Rheinsberg. "In Greifswald werden weder abgebrannte Brennelemente aus westdeutschen AKW noch Glaskokillen aus La Hague zwischengelagert werden." Nachlesen kann man das in einer Presseerklärung auf den Internetseiten des BMU.

Das ARD-Magazin "Kontraste" berichtete in seiner Sendung vom 13.01.2011 über Geheimverträge, die Anfang der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts zwischen der damaligen Bundesregierung unter Helmut Kohl und der Atomwirtschaft abgeschlossen worden waren, und die den Atomkonzernen die Entsorgung ihres Atommülls auf Kosten der Steuerzahler ermöglichen. Frau Kotting-Uhl (Bündnis '90 /Die Grünen, MdB, Atompolitische Sprecherin) sagte in der "Kontraste"-Sendung: "Die WAK ist auch ein typisches Beispiel dafür, wie das Prinzip der Atomwirtschaft funktioniert. Die Gewinne werden im Allgemeinen eingefahren, die Kosten werden auf die Gesellschaft umgelagert. Und wenn wir mit einbeziehen, wie viel Kosten die Steuerzahler für die Atomwirtschaft übernehmen, dann ist der Atomstrom bei weitem nicht billig, sondern der teuerste Strom überhaupt."

Die "Atomsuppe" ist der Atommüll, der aus der Behandlung gebrauchter Brennelemente in der ehemaligen Aufbereitungsanlage Karlsruhe (WAK) stammt.  Dort wurden jahrzehntelang Brennstäbe aus vorwiegend kommerziellen Atomkraftwerken behandelt. Diese aus Steuermitteln finanzierte Dienstleistung des Bundes für die Energiekonzerne wurde der Öffentlichkeit unter der irreführenden Bezeichnung "Wiederaufbereitung" als eine Art "Recycling abgebrannter Brennstäbe" verkauft. Die Betreiber der Atomkraftwerke kamen dadurch "billig" an neue Brennstäbe für ihre Atommeiler.

Bei der Behandlung der "abgebrannten" Brennstäbe entstanden 70000 Liter mit zig Tonnen Uran und Plutonium versetzter, hochradioaktiver Säure, die mit hohem technischen Aufwand verfestigt werden mussten. Der so behandelte Atommüll müsste eigentlich in den Lagern der Atomkonzerne aufbewahrt werden. Stattdessen soll er jetzt auf Kosten der Steuerzahler, die schon für die Aufbereitung der Brennelemente ungefragt zur Kasse gebeten worden waren, in das staatliche Atommülllager bei Lubmin verschoben werden ...


Wie aus dem Atommüll westdeutscher Atomkonzerne mit Hilfe der dem ARD-Magazin "Kontraste" vorliegenden Geheimverträge bundeseigener Atommüll wurde, wird im Video "Atommüll - Steuerzahler tragen Folgekosten" deutlich. Ich wünsche den dafür verantwortlichen Politikern und denen der aktuellen Bundesregierung, dass ihnen die "Karlsruher Atomsuppe" noch bis lange über die nächsten Bundestagswahlen hinaus schwer im Magen liegen wird.

Lubmin niX da!


(Quelle: Kontraste vom 13.01.2010), Presseerklärung des BMU vom 10.11.1999)

Samstag, 15. Januar 2011

Der Krieg des Agenten Orange


"Regen der Vernichtung - Das Erbe des Vietnamkriegs" (Teil 1/3, 2/3 und 3/3)
(Dokumentarfilm von James Pastouna aus dem Jahre 2006)

Mitte der sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts fragten meine Eltern uns Kinder eines Tages, was wir lieber haben würden: Ein Fernsehgerät oder ein Auto. Meine Schwester und ich waren uns sofort darüber einig, dass wir lieber zuerst ein Fernsehgerät haben würden. So kam der große, schwere, würfelförmige Kasten mit seiner noch recht rundlichen Schwarz-Weiß-Bildröhre und seinem Trommel-Tuner zu uns, der uns den Empfang der Fernseh Programme von ARD und ZDF ermöglichte.

Tagsüber wurde "die Flimmerkiste" nur für uns Kinder in Betrieb genommen, damit wir die Sendungen der Kinderprogramme sehen konnten. Abends mussten wir damals ohnehin noch früh ins Bett. Nach dem allabendlichen Sandmännchen war Feierabend. Nur ich durfte irgendwann bis zum Ende der Tagesschau aufbleiben, da ich einige Jahre älter bin als meine Schwester.

An den Wochenenden stand die Auswahl des Vorabendprogramms unter der Hoheit meines Vaters: Die "Sportschau" und der "Weltspiegel" waren darin die festen Größen. Im Weltspiegel waren damals regelmäßig Filmberichte über den Krieg der US-Armee in Vietnam zu sehen. Ich muss zu dieser Zeit so um die zehn Jahre alt gewesen sein. Anfangs werden mich wohl nur die Bilder der "Filme" beeindruckt haben. Den feinen Unterschied zwischen Reportagen, Dokumentarfilmen und Spielfilmen habe ich wahrscheinlich erst später begriffen ...


Der Krieg des Agenten Orange

Wann genau mir bewusst wurde, was da in Vietnam vor sich ging, kann ich heute nicht mehr sagen. Sicher ist nur, dass die Berichte über diesen Krieg, mit dem die USA den Norden Vietnams "in die Steinzeit zurückbomben" wollten, die Fernsehberichte über die Demonstrationen der Kriegsgegner, sowie die Erzählungen meiner Großeltern mütterlicherseits mich später dazu veranlasst haben, meinen Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer zu stellen.

Erst viele Jahre später, als ich mich nach dem Unfall in der Chemiefabrik "Icmesa" bei Seveso mit dem Thema "Dioxin" beschäftigte, fand ich heraus, dass mit dem Ende der Bombardements der US Air Force in Nordvietnam und dem zuletzt fluchtartigen Rückzug der letzten US-Amerikaner aus Vietnam im April 1975 der Krieg für die Menschen dort noch lange nicht zu Ende war. Er fordert auch heute, 35 Jahre nach seinem offiziellen Ende, immer noch neue Opfer.

Im Kriegsjahr 1965 begann die US Air Force damit, die Wälder in den Kriegsgebieten Nordvietnams großflächig mit Chemikalien zu besprühen. Das Ziel dieser Chemiewaffenangriffe war die Entlaubung der dichten Wälder, um den Soldaten Nordvietnams die Deckung zu nehmen und sie dann aus der Luft angreifen zu können. Dadurch sollten die drastischen Verluste unter den Bodentruppen der US-Army reduziert werden.

Das hauptsächlich von den US Chemieproduzenten "Dow Chemical" und "Monsanto" für die Armee hergestellte "Entlaubungsmittel", das später unter der militärischen Bezeichnung "Agent Orange" bekannt wurde, war zu einem großen Teil mit "2,3,7,8-Tetrachlordibenzoparadioxin" verunreinigt -jenem giftigsten Dioxin aus der Gruppe der Polychloriddibenzidioxine (PCDD), das seit dem Chemieunfall bei Seveso im Jahre 1976 unter der Bezeichnung "Seveso-Dioxin" international bekannt wurde. Die direkten Folgen für die Bevölkerung und die Soldaten Nordvietnams ähnelten denen der von den Folgen des Chemieunfalls in Italien betroffenen Bevölkerung. Die Menschen in Vietnam wurden jedoch nicht evakuiert, und der verseuchte Boden und alles was sich darauf befindet wurde auch nicht abgetragen und durch unbelastete Muttererde ersetzt, wie es in Italien der Fall gewesen war. Und anstelle eines einmaligen Unfalls wurden sie täglich aufs neue mit "Agent Orange" angegriffen:
"Mein Name ist Hai Tam (...) Ich möchte betonen, dass ich nur eines unter vielen tausend Opfern bin (...)

Ich bin mehrmals direkt von diesem Gift getroffen worden. Es war eine milchige Flüssigkeit. Sie traf mich insgesamt sechs Mal, und zwar so, dass ich am ganzen Körper völlig nass war. Ich und die vielen, die ebenfalls direkt getroffen wurden, bekamen nach diesen Einsätzen zunächst rot unterlaufene Augen, einige wurden ohnmächtig.

Die Flugzeuge kamen immer nur morgens von Sonnenaufgang bis etwa neun Uhr. Sie versprühten das Gift aus etwa hundert Metern Höhe. Viele von uns, die sich nicht gleich in Sicherheit bringen konnten, erlitten Verbrennungen, die Kehle trocknete ihnen aus, die Zunge brannte und die Lippen sprangen auf. Sie erbrachen Blut und starben nach kurzer Zeit (...)"

Auszug aus dem Buch: "Als mein Kind geboren wurde, war ich sehr traurig" (Lenos Verlag, Basel)

Viel weitreichender sind die Folgen der "Agent Orange"-Angriffe jedoch für die nachfolgenden Generationen der Menschen in Vietnam, die im Krieg mit dem Dioxin vergiftet wurden und deren Erbgut davon geschädigt wurde. Unzählige Kinder kamen tot oder mit schwerwiegenden körperlichen und geistigen Behinderungen zur Welt. Während aber die Vietnam-Veteranen der US-Army, die dem Gift ebenso ausgesetzt waren, wie diejenigen die es eigentlich treffen sollte, immerhin einen außergerichtlichen Vergleich in Höhe von rund 200 Millionen Dollar abschließen konnten, hatten die vietnamesischen Opfer vor Gerichten in den USA bisher keinen Erfolg mit ihren Klagen.

Die Anwälte der Chemiehersteller argumentierten, es gebe keine Beweise für einen direkten Zusammenhang zwischen Agent Orange und Gesundheitsproblemen. Wie aus der Film Dokumentation "Gift im Angebot - Die Erfolgsstory des US-Multis Monsanto" von Manfed Ladwig aus dem Jahre 2007 hervorgeht, untermauerten sie ihre Behauptungen mit gefälschten Statistiken. Gegen diese Behauptungen sprechen jedoch sowohl im Film erwähnte Dokumente, die inzwischen aufgetaucht sind, wie auch eine lange Reihe epidemiologischer Untersuchungen in Vietnam. Aber die mittellosen Opfer in Vietnam werden bis heute ebenso von der Völkergemeinschaft im Stich gelassen, wie auch von denen, die ihnen all das angetan haben. Für diese Menschen ist der Krieg, der seine Opfer inzwischen bis in die dritte Generation fordert, auch 35 Jahre nach seinem offiziellen Ende noch lange nicht vorbei:
"Kriege enden nicht, wenn keine Bomben mehr fallen und die Kämpfe aufgehört haben. Die Zerstörungen dauern viel länger an, in der Landschaft ebenso wie im Gedächtnis und in den Körpern der Menschen."

Zitat aus dem "Stockholmer Appell zu den Langzeitfolgen des Krieges in Laos, Kambodscha und Vietnam" im Juli 2002

Kriegsschäden in Kanada

Wenig bekannt ist auch, dass die US-Army  ihre Giftstoffe, die sie in Vietnam zum Einsatz bringen wollte, vorher auf der Militärbasis Gagetown in Kanada testete. Im Jahre 1964 trugen heftige Winde die versprühten Chemikalien in die Wohngegenden von Upper Gagetown und Sheffield, woraufhin die kanadische Regierung mehrere Gärtnereien mit etwa 250000 US-Dollar für ausgefallene Ernten entschädigte. Während einer Informationsveranstaltung wurde bekannt, daß die Regierung über die Gefahren der eingesetzten Gifte informiert war. Aufgrund der Dioxingefahr - hieß es - sei der Einsatz nach 1964 eingestellt worden.

Allerdings ist inzwischen belegt, dass das kanadische Verteidigungsministerium diese Stoffe in den Jahren 1966 und 1967 bei acht weiteren Tests in Gagetown verwendete. Dokumente belegen, daß auf der Gagetown Basis von 1956 bis 1984 auf über 181000 acres mehr als 1,3 Millionen Liter flüssige- und zwei Millionen lbs trockene hexachlorbezen- und dioxinhaltige Herbizide eingesetzt wurden. Das ist einem Referat zu entnehmen, welches Art Conolly (Agent Orange Association of Canada, Vizepräsident) am 28. und 29. Mai 2006 während der internationalen Opferkonferenz Hanoi hielt.


Alles, was mir über "Agent Orange" bereits bekannt war und alles was ich bei meinen Recherchen zu diesem Artikel zusätzlich zutage befördert habe, bestärkt mich erneut in meiner Auffassung darüber, dass man Regierungen und Militärangehörigen nichts glauben darf, wenn es um ihre Aussagen über Kriege geht. Außerdem zeigt der Dokumentarfilm "Gift im Angebot - Die Erfolgsstory des US-Multis Monsanto" einmal mehr, mit welcher lebensverachtenden Arroganz international operierende Konzerne daran arbeiten, ihre ohnehin schon üppigen Gewinne immer weiter zu steigern. Das Geld, dass sie für die Bezahlung skrupelloser Anwälte benötigen, ist dabei locker übrig. Wenn sie aber doch einmal zu Strafen in Millionenhöhe verurteilt werden, dann zahlen sie die mal eben aus der Portokasse und machen weiter wie bisher.
 
  • Medien:
    Monsanto - Gift im Angebot (Teil 1/3, 2/3 und 3/3)
    2007, Dokumentarfilm von Manfred Ladwig



(Quellen: Agent Orange, Spiegel vom 06.02.2010, Vereinigung Schweiz - Vietnam, Freundschaftsgesellschaft Vietnam über Agent Orange, Art Conolly - Agent Orange Association of Canada, VAVA, VVA, VVAA, Wikipedia)

Donnerstag, 13. Januar 2011

Dioxin - heute in aller Munde


Gambit - Dokumentarfilm aus dem Jahre 2005 von Sabine Gisiger (Trailer)

Der "Bosco delle Querce di Seveso e Meda" ist ein Regionalpark in der Lombardei (Italien), der im Jahre 2005 eröffnet wurde. Im Unterschied zu anderen Nationalparks, Landschaftsschutzgebieten oder Reservaten, wie sie in vielen Ländern der Welt für den Schutz wertvoller Naturschätze oder ganzer Landschaftsräume eingerichtet werden, gibt es im "Bosco delle Querce" eigentlich so gut wie nichts, was natürlichen Ursprungs ist.

In diesem ungefähr 20 Kilometer nördlich von Mailand gelegenen Park wurde alles ganz genau geplant. Zuerst wurden die oberen Schichten des Erdreichs abgetragen und abtransportiert. Man ersetzte es durch Mutterboden den man aus anderen Landesteilen herbeigeschafft hatte. Dann pflanzte man Bäume und Gebüsch, legte Wiesen und Feuchtbiotope an. Erst die abschließende Gestaltung des 43 Hektar großen Geländes überließ man der Natur ...


Rückblende ...

Bis 1976 gab es auf dem Gelände des heutigen Parks Häuser. Menschen lebten dort und gingen ihren täglichen Geschäften nach. Viele von ihnen arbeiteten in der Chemiefabrik "Icmesa" bei Meda in der Nähe von Mailand. So auch am Samstag, dem 10. Juli 1976, als bei "Icmesa" der Reaktor für das Wochenende heruntergefahren wurde.

Am Nachmittag des 9. Juli 1976 hatten die Mitarbeiter der Fabrik mit dem Füllen eines Reaktionskessels für die Produktion von Trichlorphenol begonnen. Nach Beendigung der Vorbereitungen fuhren sie die Temperatur des Reaktors herauf, so dass er gegen Abend zu arbeiten begann. In den frühen Morgenstunden des darauf folgenden Tages war die Reaktion des Kesselinhalts beendet.

Um 6 Uhr endete die Nachtschicht und ein Mitarbeiter schaltete das Rührwerk des Reaktorkessels ab. Zu diesem Zeitpunkt war die Temperatur im Reaktor noch zu hoch. Da der Kesselinhalt jetzt nicht mehr ständig umgeschichtet wurde kam es zu einem Wärmestau, woraufhin um die Mittagszeit des 10. Juli 1976 eine chemische Reaktion einsetzte, in deren Folge es im Reaktor zu einem schnellem Druck- und Temperaturanstieg kam, der schließlich zu einer Explosion führte. Ein Sicherheitsventil öffnete sich automatisch und der unter Überdruck stehende Reaktor entlud sich eine halbe Stunde lang über eine Abblasstation in die Umwelt.

Die sich ausbreitende Wolke trieb über das dicht bevölkerte Gebiet der benachbarten Gemeinden Seveso, Meda, Desio und Cesano Maderno. Den Behörden der betroffenen Gemeinden wurde mitgeteilt, es bestehe keinerlei Gefahr für die Bevölkerung.

Der Betrieb in der Chemiefabrik wurde noch eine ganze Woche lang wie gewohnt fortgesetzt. Irgendwann in den ersten Tagen nach dem Unfall tauchten dann die ersten Mütter mit ihren Kindern in den Arztpraxen von Seveso auf. Die Kinder litten unter Hautverätzungen und Ausschlag. Schnell wurden es immer mehr Menschen, die unter solchen Symptomen litten und auf den Feldern verdorrten die Pflanzen. Unzählige Tiere starben. Die Verantwortlichen von "Icmesa" hüllten sich in Schweigen.

Es dauerte noch zwei weitere Wochen, bevor offiziell bekannt wurde, dass in der angeblich harmlosen Gaswolke ein bis drei Kilogramm Dioxin enthalten waren, und die ersten Menschen aus dem betroffenen Gebiet evakuiert wurden. Sie mussten ihr gesamtes Eigentum zurücklassen. Ebenso wie die Chemiefabrik wurden auch viele ihrer Häuser abgerissen. Die oberen Schichten des Bodens wurden abgetragen. 800 Menschen hatten ihr Zuhause und ihre gesamtes Eigentum verloren.

Insgesamt waren rund 37000 Menschen von den Folgen des Chemieunfalls betroffen. Einige mussten wegen schwerer Chlorakne behandelt werden und sind für ihr Leben entstellt. In den folgenden zehn Jahren stieg die Zahl der Leukämiefälle auf das Doppelte. Nach Informationen von Greenpeace soll sich die Zahl der Gehirntumore verdreifacht haben. Wie viele Opfer die Katastrophe tatsächlich forderte, wisse bis heute niemand ...


Dioxin - heute in aller Munde

Wenn heute allgemein die Rede von Dioxin ist, dann ist in der Regel eigentlich eine ganz bestimmte chemische Verbindung gemeint: Das "Seveso Dioxin" bzw. "Seveso TCDD". Entsprechend seiner chemischen Schreibweise "2, 3, 7, 8-Tetrachlor-dibenzo-p-dioxin" heißt es eigentlich "zwei drei sieben acht tetrachlor/dibenzo/para/dioxin" (abgekürzt: TCDD). Es ist dir giftigste Substanz von insgesamt 75 verschiedenen Isomeren aus der Gruppe der Polychloriddibenzidioxine (abgekürzt: PCDD).

Bis zum Juli 1976 hatte kaum ein Mensch jemals etwas von einer chemischen Substanz namens "Dioxin" gehört. Mit dem Chemieunfall in der bei Seveso gelegenen Fabrik "Icmesa" wurde es innerhalb kürzester Zeit auf tragische Weise berühmt, und heute ist es in aller Munde.
Wie uns hier in Deutschland mit dem im Dezember
2010 bekannt gewordenen Futtermittelskandal erneut
in Erinnerung gerufen wurde, muss man das leider
immer wieder auch wörtlich nehmen.

Ein prominentes Opfer einer Dioxinvergiftung ist der ehemalige Präsident der Ukraine, Viktor Juschtschenko. Im Jahre 2004 wurde ein Dioxin-Giftanschlag auf ihn verübt. Als man dahinter gekommen war, was mit ihm passiert war, wurden bei ihm 100 ppb Dioxin pro Kilogramm Körpergewicht festgestellt.

Dioxine entstehen unter anderem als unerwünschte Nebenprodukte bei der Verbrennung von organischen Verbindungen in Gegenwart von Clor verbindungen im Temperaturbereich zwischen etwa 300 und 600 Grad Celsius ("Dioxin-Fenster"). Neben technisch-industriellen Prozessen war bis in die achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts die Müllverbrennung eine der Hauptursachen für die Entstehung von Dioxinen.

Sie sind sehr langlebig und werden in der Umwelt kaum abgebaut. Spuren von polychlorierten Dioxinen sind heute selbs in den entlegensten Gegenden der Welt anzutreffen. Da sie sehr gut fettlöslich sind, reichern Dioxine sich über die Nahrungskette vor allem in tierischen Lebensmitteln wie Eiern, Fleisch oder Milchprodukten an.

Zum Weiterlesen:


(Quellen: Spiegel vom 12.01.2011, Greenpeace 10.07.2006, Spiegel ''Kalenderblatt 10.7.1976'', Zeit vom 10.07.2006, Focus vom 29.11.1993, Wikipedia, ''Dioxin'' - Verlag Kölner Volksblatt 1984)

Dienstag, 11. Januar 2011

Das stille Sterben der Bienen

Ich hatte bereits vor einigen Jahren davon gehört, es dann aber wieder aus den Augen verloren: Von den meisten Menschen unbemerkt sterben seit einiger Zeit weltweit die Bienenvölker.

Bienen werden zwar auch durch Krankheiten und Parasiten (z.B. die Varroamilbe) dezimiert, dass aber die Arbeiterinnen ganzer Bienenvölker ausfliegen und nicht wieder zurückkehren ist ein noch relativ neues Phänomen. In der Folge davon verhungern die unversorgte Bienenkönigin und die Larven. Das Bienenvolk stirbt.

Das an sich wäre schon schlimm genug - zumindest für die Liebhaber von Bienenhonig. Darüber hinaus ist jedoch davon auch das Überleben einer großen Anzahl von Blütenpflanzen bedroht, die von den Bienen bestäubt werden - darunter auch viele unserer Nahrungspflanzen. Ohne Bestäubung gibt es aber keine Früchte. Und Ohne Früchte gibt es keine Samen, von denen das Überleben der Pflanzen abhängt.

Das Bienensterben bedroht dadurch unmittelbar unsere eigene Ernährung. Wissenschaftler machen eine bestimmte Gruppe von Pestiziden für das Bienensterben verantwortlich. Ein weltweites Verbot dieser Pestizide könnte die Bienen vor dem Aussterben bewahren.

In vier europäischen Ländern führte das Verbot dieser Gifte zu einer Erholung einzelner Bienenvölker. Die Chemiekonzerne, die an der Herstellung und dem Verkauf der Gifte viel Geld verdienen betreiben jedoch eine aufwändige Lobbyarbeit, um ein weltweites Verbot dieser Gifte zu verhindern.

Es gibt wohl nicht sehr viele Informationen darüber, inwieweit auch andere Insektenarten davon betroffen sind, die neben den Bienen zur Bestäubung der Blütenpflanzen beitragen. Diese werden ja vermutlich den gleichen Gefahren ausgesetzt sein, da sie sich mit den Bienen gemeinsam die gleiche ökologische Nische teilen. Ich denke aber, dass vor allem den Imkern, die Bienenvölker in ihrer Obhut haben, aufgefallen ist, dass deren Zahl von Jahr zu Jahr dramatisch abnimmt. Hummeln und andere Insekten stehen eben nicht so unter ständiger Beobachtung wie die Bienen.

Aus meiner Sicht können wir Menschen uns jedenfalls nicht darauf verlassen, dass andere Insekten die Bienen ersetzen können, falls diese eines Tages für immer von der Erde verschwunden sein sollten. In der EU und in den USA wird derzeit über ein Verbot der gefährlichen Pestizide debattiert. Um diese Debatten zugunsten des Erhalts der Bienen günstig zu beeinflussen, hat das internationale demokratischen Netzwerk AVAAZ einen weltweiten Aufruf zum Verbot dieser tödlichen Pestizide initiiert. Mehr als 711000 Menschen haben den Aufruf bereits unterzeichnet. Je mehr Menschen sich daran beteiligen, desto eher werden die Politiker weltweit bereit sein, den ebenfalls international operierenden Chemiekonzernen die Stirn zu bieten.



Zum Weiterlesen


(Quellen: AVAAZ, San Francisco Chronicle vom 28.12.2010, ImkerDEMO.de, Wildbienen, Bienenwabe.de, MON863 und Bienensterben, Wikipedia, PAN North America, EPA - Clothianidin)

Montag, 10. Januar 2011

Dicke Suppe

Bremerhaven, Geestemündung: Nordmole

Manche Leute hatten am Wochenende ja schon Frühlingsgefühle.So richtig kuschelig ist es heute aber nicht mehr an der Nordseeküste: Dicke Suppe bei Temperaturen um die Null Grad zaubern jedoch eine geradezu mystische Stimmung an der Mündung der Geeste in die Weser.

Update
So schnell kann sich das ändern: Die Sonne scheint bei freundlichen 2 Grad Wärme. Da sieht die Welt doch gleich viel schöner aus. Ohne Nebel hätte ich das Motiv aber so nicht vor die Linse bekommen. Es  hat eben alles seine zwei Seiten. :)

Sonntag, 9. Januar 2011

Erd-Männchen


"Erd-Männchen" (©2011 by juwimuwi)

Es geht doch nichts über die Philosophie der Erd-Männchen. Und mal ehrlich: Auf diese Frage haben wir doch schon lange gewartet ... - und zwar nicht nur die Machos dieser Welt ;)

Freitag, 7. Januar 2011

Die gute alte Zeit und die strahlende Zukunft

Bremerhaven, Alter Hafen: Außengelände des DSM
Auch wenn es dem unbedarften Betrachter auf den ersten Blick nicht gleich auffallen wird, so prallen auf diesem Foto dennoch Welten aufeinander.


Dreimast Bark "Seute Deern"

Vor den Wohntürmen des Columbus Centers im Hintergrund ist der schwarze Holzrumpf der Bark "Seute Deern" zu sehen, die 1919 auf der "Gulfport Shipbuilding Co." Schiffswerft (USA, Bundesstaat Mississippi) als Viermast-Gaffelschoner "Elisabeth Bandi" vom Stapel gelaufen war. Für diejenigen unter euch, die der plattdeutschen Sprache nicht mächtig sind: "Seute Deern" heißt auf Hochdeutsch "Süßes Mädchen".

Am 22. Juni 1966 machte das inzwischen zu einer Dreimast-Bark umgebaute Schiff an seinen Liegeplatz im "Alten Hafen" von Bremerhaven fest und wurde 1972 als Gründungsgeschenk von der Stadt Bremerhaven an das "Deutsche Schiffahrtsmuseum Bremerhaven" (DSM) übergeben. Heute wird die "Seute Deern", die inzwischen schon seit langem eines der Wahrzeichen Bremerhavens ist, als Restaurant-, Museums- und Trauungsschiff genutzt.

Das Museumsschiff ist heute der größte im Original erhalten gebliebene hölzerne Frachtsegler der Welt. Es steht für eine lange Epoche, in der nur mit der Kraft der Muskeln der Besatzungen und der geschickten Nutzung des Windes große Leistungen in der Seefahrt vollbracht wurden. Diese Zeit wird in Bremerhaven immer dann noch einmal wieder lebendig, wenn sich die Großsegler aus aller Herren Länder alle fünf Jahre zur "Sail Bremerhaven" ein Stelldichein geben. Sie endete, als die Konkurenz der Kohlebefeuerten Dampfschiffe übermächtig wurde.

Die Große Zeit der "Dampfer" war jedoch bald schon wieder zu Ende, als sie von den mit Schweröl angetriebenen Diesel-Schiffen abgelöst wurden. In Anbetracht des zum großen Teil durch die Verbrennung fossiler Energieträger verursachten Klimawandels könnte ich mir jedoch gut vorstellen, dass die großen Segelschiffe in einer nicht mehr allzufernen Zukunft noch einmal eine Renaissance erleben könnten ...

In Vordergrund ist auf dem Foto oben der Schornstein des ehemaligen Frachtschiffes "Otto Hahn" zu sehen.


"Otto Hahn" - der Atomfrachter

Die "Otto Hahn" an der Columbuskaje in Bremerhaven (Anfang der 1970er Jahre)
Der Erzfrachter "Otto Hahn" war weltweit das dritte zivile Schiff, das mit einem Atomreaktor zur Dampferzeugung für den konventionellen Turbinenantrieb ausgestattet wurde, und das erste (und einzige) in Deutschland. Das "Atomschiff" stand damals für den Beginn der "strahlenden Zukunft" Deutschlands. Sein Namenspatron, der Chemiker, Pionier der Radiochemie und Nobelpreisträger Otto Hahn, war persönlich zugegen, als der Rumpf des Neubaus 1964 bei der "Howaldtswerke AG" in Kiel vom Stapel lief. Fertiggestellt wurde die "Otto Hahn" aber erst im Jahre 1968. Die weitaus meiste Zeit wurde für den Bau des Atomantriebs benötigt. Am Ende hatte der Bau des bei seiner Fertigstellung nach fünf Jahren schon nicht mehr ganz neuen Schiffes 56 Millionen DM verschlungen. Elf Jahre und 650000 Seemeilen später war es dann schon wieder vorbei mit der "strahlenden" Zukunft Deutschlands ... - zumindest was die deutsche Seefahrt anging.

1979 wurde der Atomantrieb stillgelegt und der Reaktor Druckbehälter wurde zusammen mit den Brennstäben in Geesthacht eingelagert. Im Sommer 1982 erwarb der Hamburger Reeder Harm Vellguth (Projex Reederei) das ehemalige "Atomschiff", und ließ es auf der "Rickmers Werft" in Bremerhaven für 40 Millionen DM zu einem Containerschiff mit Dieselantrieb umbauen. Ende 2009 wurde die ehemalige "Otto Hahn" nach mehreren Besitzerwechseln von der griechischen "Alon Maritime Corporation" für 2,45 Millionen US-Dollar nach Bangladesch verkauft, wo es dann abgewrackt wurde.

Die 52 Brennstäbe aus Geesthacht wurden im Sommer 2010 zur Aufbereitung in das Atomzentrum Cadarache (Südfrankreich) gebracht, von wo aus sie am 17. Dezember entgegen des erheblichen Widerstands der Anti-Atomkraftbewegung in Mecklenburg-Vorpommern in das sogenannte Atommüll-"Zwischen"-Lager Nord bei Greifswald transportiert wurden. Die strahlenden Hinterlassenschaften aus der elfjährigen Episode der deutschen Atomschifffahrt werden auch in hunderttausenden von Jahren noch ein lebensgefährliches Erbe darstellen, wenn der Schornstein auf dem Gelände des DSM schon längst zu Rost zerfallen sein wird ...



Auch das deutsche "Atomschiff" ist jetzt schon seit langer Zeit Geschichte. Sein Schornstein, über den die Abgase der konventionellen Hilfsmaschinen abgeführt wurden, steht heute auf dem Außengelände des Deutschen Schiffahrtsmuseums für eine Zeit, in der die Menschen glaubten, sie könnten sich mit ihrer Technik über die Gesetze der Natur hinwegsetzen ... - ein fataler Irrtum, der leider auch heute noch in viel zu vielen Köpfen sein Unwesen treibt. Ob ich es wohl noch einmal erleben werde, dass auch die deutschen Atomkraftwerke Geschichte sein werden und Fotos und Videos davon im "Museum der gemeingefährlichen Irrwege" den Besuchern einen gruseligen Schauer nach dem anderen über den Rücken jagen werden?


(Quellen: DSM, Wikipedia, Internetseite der "Seute Deen")

Donnerstag, 6. Januar 2011

4302 meldepflichtige Ereignisse seit 1974

Atomkraft? Nein Danke!Auch wenn vielleicht viele der aus dem Atomkraftwerk Unterweser gemeldeten Ereignisse der Meldungskategorie "N" zugeordnet werden können, so ist bei 10 bis 11 meldepflichtigen Ereignisse pro Jahr der Störfall schon beinahe der Normalfall. Und das trifft nicht nur für den Meiler an der Weser zu ...

Nach meinem Artikel über das Atomkraftwerk Unterweser bin ich gefragt worden, ob ich Informationen darüber habe, wann es nach der verlängerten Betriebsgenehmigung seitens der wespenfarbenen Bundesregierung abgeschaltet werden wird. Dazu kann ich nur soviel sagen: Es heißt, es werde 2020 stillgelegt werden. Nur: Glauben mag ich das nicht. Wer weiß denn heute schon, wie viele Verlängerungen von Betriebsgenehmigungen für Atomkraftwerke uns im Falle weiterer CDU/CSU und FDP Regierungen noch bevorstehen?

Da derartige Fragen wohl für alle Atomkraftwerke interessant sein dürften, habe ich heute einmal eine Tabelle zusammengestellt, aus der
  • die Betriebszeiten (Erst-Inbetriebnahme bis 31.01.2010)
  • die Zeitpunkte der Stilllegung (Atomkonsens von 2000 mit Stand vom Mai 2010)
  • die Zeitpunkte der voraussichtlichen Stilllegung ("Laufzeitverlängerung")
  • und ein Ranking der meldepflichtigen Störfälle
  • während der bisherigen Betriebsjahre bis zum 31.10.2010
  • und der mittleren Anzahl der Störfälle pro Betriebsjahr
hervorgehen.

Die Liste der meldepflichtigen Ereignisse, die glücklicherweise nicht zu einem GAU oder Super-GAU geführt haben, ist auf besorgniserregende Weise äußerst beeindruckend. Allein aus den 17 noch in Betrieb befindlichen Atomkraftwerken wurden seit 1974 (Erst-Inbetriebnahme des ältesten noch betriebenen Atomkraftwerks "Biblis A") bis zum 31.10.2010 insgesamt 4302 Erreignisse gemeldet. Das waren während der 36 Jahre im Mittel knapp 120 Ereignisse pro Jahr - oder anders ausgedrückt: An jeden 2. Tag hatten die Atomkonzerne ein Ereignis zu melden! Diese Zahlen habe ich mir nicht ausgedacht. Sie stammen aus einer Tabelle des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS). Hinzu kommen noch die meldepflichtigen Ereignisse der drei inzwischen stillgelegten Atomkraftwerke Obrigheim, Mühlheim-Kärlich und Stade sowie die der DDR im Osten Deutschlands. Von einem reibungslosen - also sicheren! - Betrieb der Atomkraftwerke in Deutschland kann also wohl kaum die Rede sein.

In meiner Tabelle habe ich das Atomkraftwerk "Unterweser" hervorgehoben, weil es nur 15 km Luftlinie vom Zentrum Bremerhavens entfernt auf der anderen Seite der Weser liegt. In beiden Rankings liegt es an der oberen Grenze des Mittelfeldes der 17 Atomkraftwerke. 

Bei der Betrachtung der Gesamtbetriebszeit belegt es den 6. Platz (337 meldepflichtige Ereignisse) und bezogen auf die mittlere Anzahl der Störfälle (10,5 meldepflichtige Ereignisse pro Jahr) kommt es auf Platz 7. Bei der gesamten Anzahl der meldepflichtigen Ereignisse liegt es sogar noch vor dem Vattenfall-Pannenreaktor "Krümmel" (320 meldepflichtige Ereignisse) bei Hamburg. Angeführt wird das Feld in beiden Kategorien vom Vattenfall-Pannenreaktor "Brunsbüttel" (462 meldepflichtige Ereignisse bzw. 13,6 pro Jahr) gefolgt vom AKW "Neckarwestheim 1" (ebenfalls in beiden Kategorien: Insgesamt 425 und 12,5 meldepflichtige Ereignisse pro Jahr).


Tabelle:
Atomkraftwerke in Deutschland
Betriebszeiten (Atomkonsens, plus Betriebsverlängerung),
Anzahl der Störfälle und Störfall-Ranking



Zum Vergrößern bitte auf die Vorschau-Tabelle klicken

Bei der Betrachtung der meldepflichtigen Ereignisse "pro Jahr" ist zu bedenken, dass sich die möglichen zukünftigen Störfälle der einzelnen Atomkraftwerke natürlich nicht berücksichtigen lassen.


Lubmin niX da!

(Quellen: BfS, AKW-Standorte - Stand: 31.10.2010, Agenda 21 Treffpunkt - Stand: 31.10.2010, Interaktive Grafik des ZDF)

Mittwoch, 5. Januar 2011

Atomkraftfreie Zone?

Atomkraft? Nein Danke!Die Menschen im Land Bremen wähnen sich
scheinbar im gelobten (Bundes)-Land. Proteste
gegen die Verlängerungen der Betriebsgeneh-
migungen für die Atomkraftwerke regen sich
anderswo, kaum jedoch in Bremen oder
Bremerhaven. Lediglich, als kurz vor Weihnachten ein Atommüll-
Transport über die Bremerhavener Seehäfen nach Russland drohte,
flackerte kurzeitig auch im kleinsten Bundesland ein kleiner
Funke des Widerstands.


Allzuleicht wird hier ausgeblendet, dass auf der anderen Seite der Weser zwischen Bremen und Bremerhaven bei Kleinensiel eine dieser latenten radioaktiven Zeitbomben unter ihrer Reaktorkuppel lauert. Sollte es dort einmal zu einem Super-GAU kommen, dann würde es sich an der deutschen Nordseeküste bis weit hinein ins niedersächsische Hinterland für niemanden mehr lohnen, noch ernsthaft über Pläne für die Zukunft nachzudenken.


Lubmin, Klappe: Die Zweite!

Proteste regen sich anderswo ... - Zum Beispiel innerhalb kürzester Zeit bereits zum zweiten Mal an der Ostseeküste bei Greifswald. Voraussichtlich in der Zeit um den 16./17. Februar herum soll im ursprünglich ausschließlich ostdeutschem Atommüll vorbehaltenen Atommülllager Nord (Zwischenlager Nord, ZLN) schon wieder ein neuer Castor-Transport aus dem Westen der Republik eintreffen - dieses Mal direkt aus Karlsruhe.

Merkwürdigerweise verwenden die Energiewerke Nord (EWN, bundeseigener Betreiber des Atommülllagers) immer noch den Begriff  "Zwischen"-Lager, wenn sie von ihrem Atommülllager in der Lubminer Heide sprechen. Dabei hat der Haushaltsausschuss des Bundestags nach Aussage des Herrn Rittscher (EWN, Geschäftsführer) inzwischen eine bis 2080 reichende Finanzplanung bestätigt, derzufolge von 2013 bis 2080 eine weitere Milliarde Euro für den Betrieb des Atommülllagers nötig sein wird. Nach meiner Einschätzung wird das noch lange nicht der letzte Nachschlag für das Lager bei Lubmin gewesen sein (das trifft im übrigen auch auf alle anderen sogenannten Atommüll-"Zwischen"-Lager zu). Eigentlich hätte der Atommüll nur noch bis 2029 im ZLN gelagert werden dürfen.

Um die Versprechen und Beteuerungen der Politiker von gestern schert sich heute niemand mehr! Dabei wissen die schon jetzt nicht mehr, wo sie mit dem radioaktiven Schiet bleiben sollen. Wie denn auch! Es gibt dafür keine technisch und ethisch/moralisch vertretbare Lösung. Ich frage mich, wie es an der Atommüllfront wohl nach der zweiten und der was-weiß-ich-wie-vielten Laufzeitverlängerung ausehen wird? Ob sie dann noch immer geschäftige Betriebsamkeit vortäuschen werden, indem sie den Atommüll immer wieder von einem Atommülllager in das nächste verschieben? Ich werde das in meinem Leben mit Sicherheit nicht mehr erfahren.


Was niemand weiß macht niemanden heiß


Todeszone "AKW Unterweser" auf einer größeren Karte anzeigen.
Für weitere Details bitte in der Karte auf Ortsmarkierungen und "Luftlinien" klicken.


Proteste regen sich anderswo. "Störfälle" in Atomkraftwerken ereignen sich Harrisburg, im Atomkraftwerk Krümmel oder damals in demjenigen bei Tschernobyl, aber doch nicht in Bremerhaven. Das ist alles so weit weg ...
  • Während einer Revision wurden im Atomkraftwerk Unterweser am 29.08.2010 drei Leckagen festgestellt (meldepflichtiges Ereignes, Meldekategorie "N", INES-Skala Stufe 0). Der Zeitplan für das Wiederanfahren konnte deshalb nicht eingehalten werden.
  • Am 28.12.2010 wurden um 13 Uhr zwei von drei Reaktorschutzgrenzen erreicht, woraufhin sich die Anlage selbsttätig abschaltete (meldepflichtiges Ereignes, Meldekategorie "N", INES-Skala Stufe 0). Der Reaktor stabilisierte sich daraufhin im Anlagenzustand "unterkritisch heiß".


Wenn während einer Revision drei Leckagen entdeckt werden, dann heißt das im Umkehrschluss, dass das Atomkraftwerk Unterweser vorher während einer unbekannten Zeit mit mindestens drei undichten Stellen in Betrieb war. Mindestens deshalb, weil es in der Vergangenheit nicht nur einmal vorkam, dass Mängel bei Kontrollen übersehen wurden.

"Die Anlage hat bestimmungsgemäß reagiert" heißt immer wieder es in Fällen, in denen die Notfallsysteme eines Atomkraftwerks gerade noch einmal das Schlimmste verhindern konnten. Am 28.12.2010 hätte es offensichtlich nur noch eine weitere Schutzmaßnahme gegeben, falls eine oder beide Schutzmechanismen bei den vorhergehenden Grenzereignissen nicht ordnungsgemäß funktioniert hätten. Zumindest in diesem Fall wäre es dann nicht bei einer Meldung der Kategorie "N" geblieben. Ein "störungsfreier Betrieb" sieht jedenfalls anders aus.


Das Atomkraftwerk Unterweser liegt in einer Entfernung von 22 km von der nördlichen Stadtgrenze Bremens und 15 km vom dichtbesiedelten Stadtzentrum der Stadt Bremerhaven entfernt. Das ist alles andere, als "weit weg"! 2012 wäre es - wie im Atomkonsens von 2000 vereinbart - stillgelegt worden. Dank der ignoranten politischen Handlanger der Atomkonzerne werden wir möglicherweise noch bis mindestens 2020 neben diesem potentionellen atomaren Pulverfass sitzen - es sei denn, die wespenfarbene Bunderegierung scheitert mit ihrem Projekt "Laufzeitverlängerung" am Ende doch noch vor dem Bundesverfassungsgericht, oder die nächste Bundesregierung macht endlich Nägel mit Köpfen und widerruft alle Betriebsgenehmigungen für die Atomkraftwerke in Deutschland.

Es wäre so langsam an der Zeit, dass die Menschen an der Unterweser endlich aus ihrer Gleichgültigkeit erwachen. Bremen ist - wie auf der Karte eindrucksvoll zu sehen ist - keine atomkraftfreie Zone ... - auch wenn seine Bürger den Anschein erwecken, als lebten sie, was die Atomindustrie betrifft, im Land der Glückseeligen. Die möglichen Folgen der sogenannten "friedlichen" Nutzung der Atomenergie sind eine ständige Bedrohung unserer Gesellschaft.

Ich nehme die Entscheidungen der Bundesregierung, die sich im übrigen gegen die Mehrheit der Bundesbürger richtet, nicht einfach so hinnehmen. Wenn nicht wieder etwas dazwischen kommen sollte, werde ich im Februar zur Demonstration nach Greifswald fahren.


Lubmin niX da!


(Quellen: Anti-Atom Bündnis NordOst, Contratom, Wikipedia, Norddeutsche Neueste Nachrichten vom 26.12.2010, Goslarsche Zeitung vom 01.11.2010)

Dienstag, 4. Januar 2011

Schwere Streifen


 
Stein mit Streifen

Es war der schöne Stein mit Streifen
für meinen Koffer etwas schwer.
Ich frage mich ob ohne Streifen
der Stein wohl etwas leichter wär?

Ich nahm sein Bild und hielt es fest.
Der Stein mit Streifen blieb am Strand.
Er schlief in seinem Seetangnest
bis ihn vielleicht ein and'rer fand.



Foto: Digital image content © 1997-2007

Montag, 3. Januar 2011

Sie wollen Atomkraft für immer!

Atomkraft? Nein Danke!Die Zeitschrift "Publik-Forum" bietet auf ihrer
Internetseite den kostenlosen Download ihres
Dossiers "Strom ohne Atom" (Oktober 2010) an.
Sie schreibt dazu:

"Der Konflikt um die Atomkraft spitzt sich zu. Die Bundesregierung will die Laufzeiten der Atomkraftwerke verlängern. Damit gehorcht sie der Atomlobby. Angela Merkel gefährdet so auch die Zukunft der Erneuerbaren Energien in Deutschland.

Doch noch ist nicht aller Tage Abend. Millionen Menschen sagen »Atomkraft? Nein danke!« und fordern Strom ohne Atom. Publik-Forum hat zusammen mit attac, BUND, campact, der Evangelischen Studierenden-Gemeinde, der Katholischen Landjugend-Bewegung, Franz Alts Sonnenseite und X-tausendmalquer ein Kampagnen-Dossier erstellt.

Dieses Dossier entlarvt die Strategien der Atomlobby und benennt die Gefahren durch Atommüll und wachsende Unfallrisiken. Aber noch wichtiger: Es zeigt, wo die Vision »Strom ohne Atom« bereits gelebt wird und wie sie in ganz Deutschland verwirklicht werden kann."

In den frühen Morgengrauen des 6. September 2010 hatten die Spitzen von RWE, E.On, Vattenfall und EnBW mit der Bundesregierung vereinbart, dass die Betriebsgenehmigungen für ihre 17 Atomkraftwerke über die im Atomkonsens vereinbarten Fristen hinaus um 8 bis 14 Jahre verlängert werden. Kurz darauf müssen in den Zentralen der Konzerne die Sektkorken geknallt haben. Es ist wohl einer daraufhin einsetzenden Euphorie in den Chefetagen der Atomkonzerne zu verdanken, dass sich Herr Schmitz (RWE, Vorstandsmitglied) während des 5. Deutschen Energiekongresses in München in einem Anflug von Überheblichkeit verplappert hatte und die heimlich getroffene Vereinbarung innerhalb so kurzer Zeit publik wurde.

Das Dossier deckt die fatalen Abhängigkeiten der Politik von den Atomkonzernen auf und benennt die wahren Ziele Atomindustrie:
  • "... Und niemand sage, in 25 Jahren sei endgültig Schluss. Kaum war die Tinte unter der Atomvereinbarung trocken, sagte RWE Vorstandsmitglied Rolf Martin Schmitz, dass man in acht Jahren wieder über das Thema werde reden müssen. Sie wollen Atomkraft für immer." *) 

Sollten in acht Jahren immer noch CDU, CSU und FDP die Bundesregierung dominieren, dann werden die Atomkonzerne diesbezüglich ein leichtes Spiel haben. Bereits auf der zweiten Seite der Geheimvereinbarung wird deutlich wie sie bereits jetzt mit der Bundesregierung gespielt haben. Dort heißt es:
"Bundesregierung plant außerdem und unabhängig von diesem Vertrag eine Gesetzesinitiative zur Erhebung einer Kernbrennstoffsteuer nach dem Entwurf Kernbrennstoffsteuergesetz vom. Bundesregierung ist bekannt, dass EVUs und KKW-Betreibergesellschaften erhebliche Zweifel an rechtlicher Zulässigkeit der Erhebung einer Kernbrennstoffsteuer haben und dass sie nach ihrer Meinung schon aus aktienrechtlichen Gründen, unabhängig von diesem Vertrag rechtliche Schritte gegen dieses Gesetz und die Erhebung der Steuer vorbehalten müssen."

Die Brennelementesteuer ist eines der Zuckerstückchen, mit denen die wespenfarbene Bundesregierung uns Bürgern die "Laufzeitverlängerung" schmackhaft machen wollte. Mit ihrer Unterschrift unter dem Vertrag haben die Wespen jedoch bereits anerkannt, dass es sich bei dem Zuckerstückchen um nichts als heiße Luft handelt, die sich eines Tages als ein Sack voller saurer Zitronen entpuppen könnte.

Wenn dort ständig von "unabhängig von diesem Vertrag" die Rede ist, dann frage ich mich nämlich, was die entsprechenden Positionen überhaupt in diesem Vertrag zu suchen haben. Die einzige Erklärung, die mir dazu einfällen könnte wäre die, dass die vier Atomkonzerne damit vorsorglich große Teile des Vertrags schriftlich fixiert in Frage stellen, um die entsprechenden Passagen baldmöglichst ohne großen Aufwand aus dem Vertrag entfernen zu können. Damit ist der Vertrag von vornherein das Papier nicht wert, auf dem er geschrieben wurde.

Publik-Forum | Strom ohne Atom


(Quellen: *)"Atom ohne Strom" Seite 3, Publik-Forum, LobbyControl, Vereinbarung zwischen Regierung und AKW-Betreibern)

Sonntag, 2. Januar 2011

2010: Globaler Hitzerekord


Die Häuser der Stadt spiegeln sich in den Pfützen des neuen Jahres

Das Jahr 2011 begann mit von den Dächern herabstürzenden Eisschollen und Schneemassen, und Cleo durfte ausnahmsweise einmal mitten auf der Straße Gassi gehen. Auf dem Bürgersteig hätte ich Angst um ihr Leben gehabt. 

Dass diese Sorge nicht ganz unbegründet war, erfuhr meine Tochter in den frühen Stunden des Neujahr-Morgens am eigenen Kopf, den jetzt infolge des Aufpralls eines Eisklumpens eine Beule ziert.

Wenn man der Boulevardpresse Glauben schenken mag, dann könnte es jedoch passieren, dass sich am Ende heraustellt, dass das derzeitige Tauwetter zwischen den Jahren lediglich so etwas wie eine Warmzeit zwischen den Eiszeiten des Winters 2010/2011 sein könnte. Die Meteorologen halten sich bezüglich längerer Vorhersagezeiträume jedoch eher bedeckter.


Das wärmste Jahr
seit Beginn der Aufzeichnungen

Wie auch immer: Wer hierzulande angesichts des kalten Winters 2009/2010, sowie der frostigen Temperaturen dieses Winters mit - zumindest für Bremerhavener Verhältnisse - ungewöhnlich  lang anhaltenden schneereichen Perioden meint, der Klimawandel sei Schnee von gestern, der irrt gewaltig. Die lokalen Wetter-Ereignisse in Deutschland und Europa täuschen nur allzuleicht darüber hinweg, dass das vergangene meteorologische Jahr 2010 bezüglich der globalen mittleren bodennahen Lufttemperatur das bisher wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen und das zweitwärmste bezüglich der Temperaturen in der mittleren Troposphäre war.

In einem Artikel in der "Klima Lounge" vom 19.10.2010 ist zu lesen, dass in Grönland Plus-Temperaturen verzeichnet wurden, während der Frost unser Land mit einer geschlossenen Schneedecke überzog. Modellrechnungen würden dafür sprechen, dass solche Wetterlagen durch den Eisschwund in der Barentssee begünstigt werden und daher infolge der Klimaerwärmung häufiger auftreten könnten.

Zum Weiterlesen:
Erderwärmung könnte Winter kälter werden lassen


    (Quellen: Focus vom 27.12.2010, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, Klima Lounge vom 19.12.2010 und vom 08.12.2010)