Donnerstag, 19. November 2009

Toiletten für die Welt













Gefährliches Örtchen

Auch in unserer mit Toiletten gesegneten Zivilisation lauert so manche versteckte Gefahr. Ich möchte nicht wissen, wie oft schon jemand die Türklinke ins Kreuz bekam, während er dort stand.



"Eine saubere Toilette ..., eine reibungslos funktionierende Spülung,
fließendes Wasser und duftende Seife zum Händewaschen – das ist
in vielen Teilen der Welt undenkbar.“ Das schrieb der Hersteller des
bekannten, schnellen Papiertaschentuchs, dessen Produktpalette
u.a. auch wohlig weiches Klopapier beinhaltet, in einer Pressemit-
teilung anlässlich des heutigen
Welttoilettentags.

Das wäre wahrlich ein weites Expansionsfeld für diese Wegwerfpapierwaren produzierende Firma. Sie könnte zum Beispiel die Bewohner der Sahel Zone mit den Segnungen dieser Fäkalien fressenden Errungenschaft der westlichen Industriegesellschaften verwöhnen. Wenn sie ihr weiches Papier für den Popo der Nomaden vor Ort in Lizenz herstellen lassen würde, dann könnten die Einheimischen dort auch einmal etwas anderes machen, als immer nur Ziegen und Kamele hüten. Zwar sind die als Rohstofflieferanten notwendigen Bäume dort etwas rar gesät, aber die ließen sich ja reichlich durch Abholzen der Reste des tropischen Regenwaldes auf dem afrikanischen Kontinent beschaffen. Das Transportproblem wird sich auch schon irgendwie lösen lassen.

Es könnte jedoch auf die Dauer etwas anstrengend werden, nach jeder Sitzung einen Eimer Wasser aus einem 70 Meter tiefen Brunnen zuerst ans Tageslicht, und dann in das Wasserclosett zu kippen. Wenn anschließend auch noch die Kinder quaken, weil sie in der sengenden Sonne am Rande der Sahara kein Wasser mehr zu trinken bekommen, nur weil die Frau vom Dorfcheff wieder einmal Durchfall hatte, dann ist das weiche Popopapier samt der dazugehörigen duftenden Seife plötzlich mehr als zweitrangig. Auch der Anschluss an die nächste, möglicherweise einige hundert Kilometer entfernte Abwasserleitung dürfte sich etwas schwierig gestalten.


Und wie ist es bei uns um dieses Thema bestellt? Tag für Tag werden bei uns Unmengen klares, aufwändig aufbereitetes Wasser in Trinkwasserqualität durch die Toiletten der Nation gespült und dabei mit unseren unappetitlichen Hinterlassenschaften verquirlt, während in anderen Gegenden der Welt das genießbare Süßwasser immer knapper wird, und schwere Konflikte um die letzten Süßwasserreserven in manchen Gegenden der Welt nicht mehr auszuschließen sind. So gerät zum Beispiel die Türkei international unter Druck, weil sie mit einem gigantischen Staudamm- und Bewässerungsprojekt am Oberlauf des Euphrat dem einstigen Garten Eden im Zweistromland Mesopotanien das Wasser abgräbt. Wenn am Unterlauf immer weniger Wasser ankommt, dann werden die Felder im Irak irgendwann vertrocknen.

Ich denke, der Weltwassertag, der seit 1993 jedes Jahr am 22. März stattfindet ist ein wichtigerer Tag, als der "Welttoilettentag" und weiches Klopapier, denn kaum jemand ist sich des Problems der knapper werdenden Süßwasserreserven bewusst. Bei fortschreitender Klimaerwärmung und damit fortschreitende Versteppung und Ausbreitung der Wüsten wird sich die Wasserknappheit noch verschärfen. Wir gehen mit unserem Trinkwasser so verschwenderisch um, als sei es unendlich verfügbar. In anderen Teilen der Welt, wo Süßwasser ein knappes Gut ist, wird man es lieber trinken anstatt es für die Klospülung zu missbrauchen oder für das Händewaschen zu verschwenden.

Weitere Artikel zum Thema finden sich auch bei Luckilucki und in Carls Weblog


(Quelle: Wikipedia, Bayerischer Rundfunk)

4 Kommentare:

Elke/Mainzauber hat gesagt…

Ich seh schon, du hast dich dem Welttoilettentag etwas ernsthafter gewidmet als ich *lach*. Aber du hast mit dem, was du schreibst absolut recht. Danke für diesen ausführlichen Beitrag zu diesem Tag.
(Ich habe dir übrigens auf deinen Kommentar zu "Cool" geantwortet).
Lieben Gruß
Elke

Cloudy hat gesagt…

Das mit dem, sagen wir mal "Urinalbecken" ist echt witzig. Da möchte ich nicht unbedingt stehen...
Die Sache mit dem Spülwasser, ja, wie Recht Du damit hast. Doch mit dem Wasser ist es ja wie mit vielen Dingen, die eigentlich für alle da sein sollten, es ist ein Rohstoff, einer der immer wertvolelr wird und an Aufteilung ist ja bereist gedacht. Da stellt sich für mich immer die Frage, was denken eigentlich die Grünen darüber, denn sie hatten aj Regierungszeit genug, ein kleines Gesetz zumnidest bei Neubauten wäre mal ein Anfang gewesen. Aber na ja, das gehört wohl nicht mehr in den Bereich Öko...
Servus, so long und Ahoi
Kvelli

juwi hat gesagt…

@Elke: Habe ich gelesen: Coole Gedanken zu einem heißen Thema ;o)

@Kvelli: Der freie Zugang zu Trinkwasser muss jedem Menschen möglich sein. Das ist DAS elementare Grundbedürfnis jedes Lebens auf unserem Planeten. Wenn sich jemand am Verkauf von in Flaschen abgefülltem Trinkwasser bereichern kann, weil anderen das Wasser abgegraben wird oder das wenige verfügbare Wasser nicht mehr genießbar ist, dann fällt das aus meiner Sicht in den Bereich der Kriminalität. Und: Der schonende, nachhaltige Umgang mit Trinkwasser gehört ebenso selbstverständlich in den "Bereich Öko", wie der verantwortungsbewusste Umgang mit den verfügbaren Energieresourcen.

Dr. No hat gesagt…

Häufig gehörte Worte auf der oben abgebildeten Toilette dürften sein: "Rums!" - "Aua! [guckt an sich runter] Oh nein... Mist, verdammter!" Verstößt so ein Klo nicht gegen mindestens ein Dutzend Bau- und Sicherheitsvorschriften?

Natürlich ist das Trinkwasserproblem das weitaus dringendere. Dennoch hat m.E. auch der Welttoilettentag durchaus seine Berechtigung - nicht als Werbeplattform für Klopapier, aber um auf mangelhafte hygienische Verhältnisse hinzuweisen, die zu Krankheiten und frühem Tod führen.

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