Als Bewohner der Nordseeküste, und im Wissen um den zu erwartenden weiter beschleunigten Anstieg des Meeresspiegels infolge der Klimaerwärmung, fühle ich mit den Bewohnern der Malediven, sowie aller anderen tiefliegenden Küstenregionen der Welt. Ich liebe den freien Blick über die Weite der Wasserfläche in der Wesermündung und über das Meer und die nur von Vogelrufen unterbrochene Stille bei Ebbe am Watt. Die Menschen an der Küste haben sich seit jeher vom Meer ernährt. Als es noch genug Fische in der Nordsee gab, war der Bremerhavener Fischereihafen einmal der bedeutendste an der deutschen Nordseeküste.
Ich kenne aber auch die andere Seite der See, wenn sie von orkanartigen Stürmen aufgewühlt bis an die Deichkrone brandet. Um für die nächsten Jahrzehnte die relative Sicherheit für das Land hinter den Deichen wieder herzustellen, wird bereits kräftig in den Küstenschutz investiert. Im letzten Jahr wurde der unter dem Namen Lohmanndeich bekannte Abschnitt des Weserdeiches vor Bremerhaven verstärkt. Nach der Sail 2010 sollen die Arbeiten im Abschnitt zwischen der Seebäderkaje und der Geeste fortgesetzt werden. Darüber, wie Bauwerke wie die Strandhalle oder der historische Wasserstandsanzeiger so in die Deichbaumaßnahmen integriert werden können, dass einerseits der Sturmflutschutz gewährleistet bleibt, andererseits aber auch die genannten Bauwerke an ihren angestammten Standorten erhalten werden können, zerbrechen sich die Planer bereits seit langem ihre Köpfe.
Inselstaaten, wie die flachen Malediven, oder vielarmige Flussdeltas wie das des Ganges, das sich über den gesamten Küstenbereich von Bangladesh erstreckt, lassen sich aber nicht in der Weise mit Deichen gegen den steigenden Meeresspiegel verteidigen, wie es bei uns gegen Sturmfluten (bisher noch!) möglich ist.
Die Deiche bieten nur solange Schutz, wie das Wasser nicht ständig an ihren seewärts gelegenen Böschungen steht. Wäre das der Fall, dann würde das Wasser langsam in den Deich eindringen und ihn aufweichen. Der Druck des Wassers würde das aufgeweichte Material dann einfach wegspülen. Wenn die Begrenzung der Auswirkungen des Klimawandels in dem laut IPCC-Klimabericht 2007 noch verbleibenden, sehr kurz bemessenen Zeitraum nicht gelingt, dann lässt sich jetzt schon ausrechnen, wann das Land hinter den Deichen, bis weit hinein in das bisherige Binnenland, aufgegeben werden muss!
Aus Protest gegen die zögerliche Haltung vieler Regierungen im Kampf gegen den Klimawandel tagte das Kabinett der Malediven am 17.10.2009 unter Wasser. Mit dieser spektakulären Sitzung machte die Regierung der Malediven darauf aufmerksam, dass Teile der Inselgruppe zu versinken drohen, wenn der Meeresspiegel noch weiter ansteigt. Schon jetzt sind die ersten Auswirkungen bemerkbar. Das Land versalzt, weil das höher stehende Wasser vom Meer her tiefer in das Erdreich der Inseln eindringt, als es früher der Fall war. Herr Nasheed (Malediven, Präsident) sagte im ZDF Heute Journal: "Wir werden die ersten Klimaflüchtlinge sein". Das Inselparadies der Malediven verdient gut am Tourismus. Einen großen Teil der Einnahmen legen die Bewohner auf die hohe Kante. Wenn die Malediven eines Tages das gleiche Schicksal wie das sagenumwobene Atlantis der Vorzeit erleiden werden, und sie ihre Heimat aufgeben müssen, dann wollen sie von dem Geld irgendwo in der Welt Land kaufen, um wenigstens einen Platz zu haben wo sie dann unterkommen können.
Meine Meinung: Das zukünftige Land für die Bewohner der Malediven sollte von den Industriestaaten Nordamerikas und Europas, sowie von China und den Zerstörern der tropischen Regenwälder gekauft werden, die Schuld daran sind, dass die Malediven eines Tages untergehen werden. Die Malediver werden ihr Geld noch bitter nötig haben, bis sie in ihrem zukünftigen Land eine funktionierende Infrastruktur aufgebaut haben und wirtschaftlich in eine gesicherte Zukunft blicken können.
Bezüglich der Anzahl der betroffenen Menschen ist die Situation zwar überhaupt nicht vergleichbar, aber bis zu den fernen Malediven brauchen wir in Norddeutschland eigentlich gar nicht zu blicken. Den direkt vor unserer Haustür liegenden Halligen im Wattenmeer vor der Küste Nordfrieslands droht das gleiche Schicksal. Das wird auch im Bremerhavener Klimahaus in der Ausstellung "Perspektiven" deutlich. Für alle Etappenziele auf der Reise entlang des 8. Längengrades gibt es dort kleine Pavillons, in denen die Lebensgeschichten der Bewohner fiktiv so weitergesponnen werden, wie sie sich zukünftig, abhängig von den jeweiligen Klimaveränderungen, ereignen könnten - Nur für das letzte Etappenziel bei der Rückkehr nach Deutschland, der Hallig Langeness, gibt es keinen solchen Pavillon: Für die Halligen gibt es keine Perspektive. Sie werden untergehen.
Zum Weiterlesen:
(Quellen: ZDF, TAZ vom 19.10.2009)
4 Kommentare:
Hallo Jürgen
Dieser Präsident auf den Malediven tut wenigstens etwas für sein Land und seine Menschen. Hoffentlich bringt sein Einsatz, die von ihm und den Menschen dort gewünschte Wirkung.
Liebe Grüsse
Elfe
@Elfe: Ich teile deine Hoffnung. Angesichts der weiterhin bestehenden "Verteilungskämpfe" in der EU und weltweit, frage ich mich allerdings so langsam, ob es noch Grund zur Hoffnung gibt. Die Politiker zanken um das Recht, die Atmosphäre weiterhin mit einem ppm CO2 mehr oder weniger zu verschmutzen, und schleißen dann ihre faulen Kompromisse. Ich fürchte, daran wird sich bis zum 15. Dezember nichts mehr ändern. Ich weiß, ich wiederhole mich: Das Klima schließt keine Kompromisse, und unsere Nachfahren werden darunter zu leiden haben, wenn die ganze Welt den Bach runtergeht.
Christa Zettel schreibt, dass unsere Zukunft die Vergangenheit ist, und noch vieles andere, dass sehr interessant ist.
Und Hut ab vor den maledivischen Politikern!!!
Was müßten "unsere" dann lernen? Fliegen?
Liebe Grüße
Grey Owl
@Grey Owl: Ich fürchte, selbst wenn sie es könnten, würden die wohl kaum auf die Idee kommen, fliegenderweise eine Bundestags-Sitzung zu veranstalten. Ich habe mehr und mehr den Eindruck, dass denen der Ernst der Lage noch gar nicht richtig bewusst geworden ist. Anderenfalls würden sie nämlich ihre kindischen Verteilungskämpfe beenden, und endlich entschlossen international koordinierte Maßnahmen gegen die Klimakatastrophe ergreifen.
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