Donnerstag, 15. Oktober 2009

Alternativer Nobelpreis 2009 für Klimaschützer (Blog Action Day)

Der "Alternative Nobelpreis" lenkt in diesem Jahr die Aufmerk-
samkeit der internationalen Öffentlichkeit auf zwei der drängendsten
Probleme der Menschheit: Die drohende Klimakatastrophe und die
anhaltende Not in den Staaten auf dem afrikanischen Kontinent.


Geehrt wurden mit der Preisvergabe am 13. Oktober 2009 René Ngongo, Biologe aus dem Kongo, der neuseeländische Friedensaktivist Alyn Ware und die in Äthiopien praktizierende Ärztin Catherine Hamlin.


Ehrenpreis für David Suzuki


David Suzuki
Foto: © Stephen Barnett
(Darwin, Australia)


Der Ehrenpreis ging an den dreiundsiebzigjährigen kanadischen Klimaexperten David Suzuki, der damit für sein Lebenswerk geehrt wird. Er engagiert sich bereits seit den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts für den Klimaschutz. 1990 rief er gemeinsam mit seiner Frau die "David Suzuki Foundation"ins Leben. Die Stiftung befasst sich mit Nachhaltigkeit, globaler Erwärmung, dem Schutz der Ozeane und erneuerbaren Energien. Sie fordert die Bürger auf, mit kleinen Änderungen am Alltagsleben zum Umweltschutz und zur Verbesserung ihrer Lebensqualität beizutragen. Die "David Suzuki Foundation" wird unter anderem auch von dem Musiker Sting und von der kanadischen Schriftstellerin Margaret Atwood unterstützt.



Severn Suzuki (1992, Rio de Janairo)

Im Jahre 1992 erregte die Tochter von David Suzuki Aufmerksamkeit während der Weltklimakonferenz in Rio de Janeiro. Das damals zwölfjährige Mädchen redete den erwachsenen Abgeordneten vieler Nationen ins Gewissen. Severn Suzuki machte ihnen deutlich, dass sie für ihre Zukunft und die Zukunft aller noch kommenden Generationen auf diesem Planeten kämpft. Was sie dort sagte, und vor allem, wie sie es sagte, war eine schallende Ohrfeige für alle "Klima-Ignoranten" unter den mächtigen Lobbyisten und Politikern dieser Welt. Das Video von ihrer Rede ist auch in der Austellung "Perspektiven" des Klimahauses in Bremerhaven in einer deutsch synchronisierten Fassung zu sehen.

15 Jahre ...
  • ... nach der Weltklimakonferenz in Rio de Janeiro führte die Veröffentlichung des IPCC-Klimaberichts 2007 dazu, dass inzwischen weltweit Einigkeit über die Erkenntnis besteht, dass die bereits fortschreitende drastische Klimaveränderung auf menschliche Einflüsse zurückzuführen ist. Die Erkenntnisse aus dem Klimabericht machen deutlich, dass schnellstens Maßnahmen ergriffen werden müssen, damit wenigstens die schlimmsten zu befürchtenden Auswirkungen der drohenden Klimakatastrophe noch verhindert werden können.
  • ... hat die Menschheit seit der Rede von Severn Suzuki bis 2007 untätig verstreichen lassen. In den beiden seither vergangenen Jahren ist es bisher immer noch nicht zu einer verbindlichen Einigung über Ziele und Maßnahmen zum Klimaschutz gekommen. Statt dessen wurde in vielen Konferenzen über jedes einzelne Milligramm Kohlendioxid gestritten, mit dem die Industrieländer weiterhin die Atmosphäre unseres Planeten vergiften wollen, um jeden Baum, den die Regenwald Staaten weiterhin abholzen und verschachern wollen, und darüber, wer zuerst etwas gegen die Klimaveränderung unternehmen soll "bevor ich selbst mich dazu herablasse, meinen Beitrag zum Kampf gegen die Klimakatastrophe zu leisten".

Im Dezember steht der Klimagipfel in Kopenhagen bevor.

Wenn es dort nicht zu entscheidenden Einigungen und Verpflichtungen aller Nationen der Erde kommt, dann könnte es für wirkungsvolle Maßnahmen zu spät sein. In den verbleibenden elf der dreizehn Jahre, die der Klimareport 2007 der Menschheit noch zum Handeln einräumt, muss die Weltgemeinschaft eine vielfach größere Anstrengung bewältigen, als es der Fall gewesen wäre, wenn sie vor 17 Jahren auf das zwölfjährige Mädchen Severn Suzuki gehört, und bereits damals wirksame Maßnahmen gegen den Klimawandel ergriffen hätte.

Das Gegenteil war der Fall, ...

... und die Ignoranz der Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft setzt sich bis heute unvermindert fort. CDU/CSU und FDP haben vor der Bundestagswahl keinen Zweifel daran gelassen, dass sie den Bau neuer Kohlekraftwerke genehmigen und den Atomkonsens über den Ausstieg aus der Atomkraft in Deutschland aufkündigen wollen. Trotzdem erhielten diese Parteien den größten Anteil der abgegebenen Stimmen bei der Bundestagswahl am 27. September 2009.

Jetzt streiten sie sich in den Koalitionsverhandlungen erbittert über Details zu Themen, die angesichts der drohenden Klimakatastrophe völlig nebensächlich sind. Selbst wenn sie untereinander irgendwann zu Kompromissen für die vielen strittigen Fragen finden werden, ignorieren sie die Tatsache, dass mit dem Klima noch ein weiterer Gesprächspartner am Verhandlungstisch sitzt. Mit dem Klima kann man jedoch nicht verhandeln. Das Klima lässt sich auf keine Kompromisse ein. Es folgt seinen eigenen Naturgesetzen, die niemand ungestraft verletzten darf!

Es geht nicht darum, dass die Atomkraftwerke noch möglichst lange radioaktiven Müll erzeugen, damit wir erst mal in Ruhe so weiter machen können wie bisher. Für den täglich wachsenden Atommüllberg, der eine dauernde Gefährdung für unsere Nachfahren darstellt, gibt es keine "Endlösung"! Es gibt weltweit kein einziges "Endlager", in dem der gefährliche, strahlende Atommüll aus den Atomkraftwerken Millionen von Jahren sicher von der Welt der Lebenden isoliert werden könnte.

Es geht auch nicht darum, wie das Kohlendioxid (CO2) aus den fossilen Energiequellen neuer Kohle- oder Gaskraftwerke unter die Erde kommt, sondern darum, dass es aufgrund möglicher geologischer Änderungen in der Struktur der Erdkruste unwahrscheinlich ist, dass es dort ewig bleiben wird. Wahrscheinlich ist eher, dass schon unter normalen Umständen CO2 aus unterirdischen Lagern an die Oberfläche zurückgelangen könnte. Ein Teil des eingelagerten Kohlendioxids könnte sich nach Auffassung von Wissenschaftlern mit dem in den Lagerstätten vorhandenem Wasser zu Kohlensäure verbinden, die wiederum chemische Verbindungen des Kohlenstoffs mit kalkhaltigem Gestein eingehen würde. Zur Zeit finden bei Ketzin in einem unterirdischen "Laborversuch" Forschungen statt, die Aufschluss darüber geben sollen, wieviel des CO2 möglicherweise im Gestein unterirdischer Lager gebunden werden könnte, und wie sich das in die Hohlräume im Gestein gepresste Gas in den unterirdischen Schichten ausbreitet. Wenn ich es richtig verstanden habe, dann wird in diesem Zusammenhang zur Zeit jedoch ebenfalls über "akzeptable Leckageraten" zwischen 0,01% und 0,001% der eingelagerten Gasmenge diskutiert, da es kein unterirdisches Gaslager gibt, das absolut dicht ist.

Der Begriff "Endlager" ist deshalb aus meiner Sicht nichts weiter, als ein weiterer Selbstbetrug auf der langen Liste unserer westlichen industriellen Wohlstandsgesellschaften. Allein aufgrund der Möglichkeit, dass unterirdisch gelagertes CO2, oder auch nur ein Teil davon, wieder an die Erdoberfläche gelangen könnte, ist es unverantwortlich, neue Kohlekraftwerke zu bauen, die viele weitere Tonnen CO2 erzeugen würden.

Interessant ist auch, dass die Wissenschaftler noch forschen, während ein großer deutscher Energiekonzern schon vollmundig verkündet, er werde bis 2015 ein Kraftwerk mit CO2-Abtrennung fertiggestellt haben, das dann "dauerhaft unterirdisch gelagert" werde.

Hinzu kommt, dass auch der wirkungsvollste Filter niemals 100% des entstehenden CO2 aus dem Abgas herausfiltern kann. Es wird also ein Teil des entstehenden CO2 weiterhin direkt in die Atmosphäre gelangen. Außerdem vermindert die CO2-Abscheidung den Wirkungsgrad der Kraftwerke. Um die gleiche Menge Strom erzeugen zu können muss mehr Kohle verfeuert werden, was wiederum zu einem Anstieg der entstehenden CO2 Menge führt.

Es wäre aus meiner Sicht ein fataler Fehler zu denken: "Bis zu einer mittleren globalen Temperaturerhöhung um 2 Grad können wir ja unbesorgt noch soundsoviel CO2 in die Atmosphäre emittieren", wenn gleichzeitig davon ausgegangen wird, dass kein CO2 aus unterirdischen Lagern entweichen wird. Wenn die Atmosphäre bis zum "Umkipp-Punkt" mit CO2 gesättigt wäre, dann würde jede zusätzliche Anreicherung der Atmosphäre mit CO2 den Punkt überschreiten, ab dem nach Ausage des IPCC-Klimareports 2007 eine rapide fortschreitende Erwärmung der mittleren Temperatur auf der Erde nicht mehr zu verhindern sein würde. Aufgrund dieser, und weiterer Unwägbarkeiten erscheint es mir ohnehin verantwortungslos, den rechnerischen Spielraum bis zur "plus 2 Grad" Grenze voll ausnutzen zu wollen. Eine der weiteren Unwägbarkeiten sind zum Beispiel Meldungen in der Presse aus den letzten Wochen, die besagen, es sei festgestellt worden, dass die Klimaerwärmung jetzt schon schneller fortschreite, als es im IPCC-Klimabericht 2007 noch vorhergesehen worden war.


Vision für die Energieversorgung der Zukunft

Nach meiner Überzeugung ist die Zeit gigantischer Großkraftwerke abgelaufen. Diese fossile Brennstoffe verschlingenden und Kohlendioxid ausscheidenden Dinosaurier aus der Frühzeit der Industriealisierung müssen so schnell wie möglich aussterben. An ihre Stelle muss innerhalb kürzester Zeit ein Netzwerk aus einer großen Vielfalt kleiner, dezentraler Kraftwerke treten, die ihre Energie aus erneuerbaren Energiequellen beziehen. Das können Windkraftwerke, Wasserkraftwerke, Fotovoltaik-Module und Warmwasser-Solarmodule auf Hausdächern, Biogas-Kraftwerke in landwirtschaftlichen Regionen, die ihre Energie aus nachwachsenden Rohstoffen beziehen, Geothermie oder auch völlig neuartige Kraftwerke sein die bisher unbekannte, klimaneutrale Energiequellen erschließen. Jedes der kleinen über die gesamte Bundesrepublik verstreuten Kraftwerke speist seine Energie in ein gemeinsames Stromverorgungsnetz ein. Die Abwärme von Biogasmotoren wird in Fernwärmenetzen für die Heizung von Wohngebäuden genutzt.

Ausfälle einzelner, kleiner Kraftwerke hätten nicht so drastische Auswirkungen wie Versorgungsengpässe bei den importabhängigen Kohle- und Atomkraftwerken. Großkraftwerke sind außerdem vorrangige Ziele für Luftangriffe im Kriegsfall oder für terroristische Angriffe. Große Teile von Industie und Wirtschaft, sowie das zivile Alltagsleben können bereits mit wenigen Angriffen schnell zum Erliegen gebracht werden. Ein Netzwerk aus vielen kleinen Kraftwerken lässt sich nicht so leicht außer Kraft setzen.

Wäre es politischer Konsens, dann könnte sofort mit dem Aufbau eines solchen Versorgungsnetzwerks begonnen werden. Das sollte in ungefähr zwanzig bis dreißig Jahren, in denen gleichzeitig kontinuierlich die veraltete, klimaschädliche Technik außer Betrieb genommen wird, zu schaffen sein. Laufzeitverlängerungen für Atomkraftwerke und neue Kohlekraftwerke nehmen den Druck, von der Notwendigkeit, das Energieerzeugungssystem schnellst möglichst komplett umzubauen, und sind deshalb kontraproduktiv. Das alles bindet Ressourcen, die dringend für die Entwicklung und den Aufbau eines klimaneutralen Energienetzes benötigt werden.


Es ist höchste Zeit für Veränderungen


Sowohl die Energieerzeugung aus fossilen Energieträgern, wie auch diejenige mit Atomkraftwerken gefährden die Sicherheit und die Lebensgrundlagen aller nachfolgenden Generationen auf diesem Planeten. Schuld daran sind ebenso die Generationen unserer Eltern und Großeltern, wie auch unsere Generationen.

Dass wir auf der Erde leben können, verdanken wir der Tatsache, dass alle Generationen davor uns die Erde mit einer intakten Umwelt hinterlassen haben. Wir sind es unseren Nachkommen schuldig, alles in unserer Macht stehende zu unternehmen, dass sie ebenfalls eine Welt mit einer lebenswerten Umwelt vorfinden. Mit der Geburt eines Menschen ist absehbar, dass dessen individuelle Zukunft einen Zeitraum von maximal 70 bis 80 Jahren umfassen wird. Unsere gemeinsame Zukunft, die Zukunft der Menschheit, ist die Zukunft unserer Kinder und aller nachfolgenden Generationen.

Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren. Uns bleiben nur noch wenige Jahre zum Handeln, damit die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels noch verhindert werden können. Deshalb bleibt uns gar nichts anderes übrig, als die atomar und fossil befeuerten Großkraftwerke schnellstens abzuschalten und jede nur mögliche kleine regenerative Energiequelle zu einem schnell wachsenden Verbundnetz zusammenzuschließen.


Da wir in den Industriestaaten lebenden Menschen die Erde mit unserem verschwenderischen Lebensstil an den Rand des Verderbens gebracht haben, ist es unsere verdammte Pflicht, unsere Art zu leben (falls notwendig, auch radikal) zu ändern – auch wenn das mit Einschränkungen und Kosten verbunden sein sollte. Wenn wir das nicht aus eigener Einsicht machen, dann wird die Klimaveränderung das Leben auf der Erde noch viel radikaler ändern – mit unabsehbaren Folgen für die Zukunft der gesamten Menschheit und allen anderen Lebens auf der Erde.


Was kann ein einzelner Mensch schon an dermaßen überwältigenden globalen Problemen ändern?

Allein nicht viel. Wenn er sich mit Gleichgesinnten zusammenschließt kann er seiner Stimme jedoch innerhalb einer großen Gemeinschaft Verhör schaffen. In Deutschland bietet dafür zum Beispiel das demokratische Netzwerk "Campact" mit Online-Unterschriftensammlungen und -Petitionen sowie der Organisation von Demonstrationen eine gute Möglichkeit. International konnte sich das Netzwerk AVAAZ.org mit seinen Online Petitionen schon mehrmals deutlich Verhör schaffen. Beide Netzwerke engagieren sich unter anderem auch für den Klimaschutz.


Zum Weiterlesen:
  • Buch: "Der Kampf um den Regenwald"
    Jean-Pierre Dutilleux und Sting
    Goldmann, München, 1989.
    ISBN/ISSN: 3442097088
    (ISBN13: 9783442097081)
Auf der Seite "Blog Action Day 2009" gibt es eine lange Liste von mehr als 8000 (Stand: 15.10.09, 07:30 Uhr) teilnehmenden Blogs aus 140 Ländern dieser Welt.

Blog Action Day '09:

(Quellen: Spiegel online, Bayrischer Rundfunk, Right Livelihood Award)

1 Kommentar:

Katinka hat gesagt…

Hallo Juwi,
ein sehr interssanter Post ist das mit vielen wichtigen Informationen. Ich finde es wichtig, dass man auf diese Dinge aufmerksam gemacht wird.

Übrigens kannst Du jetzt Deine Beiträge zum Projekt direkt verlinken, wenn Du möchtest.

Ein schönes Wochenende wünsche ich Dir
Liebe Grüße
Katinka

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