Samstag, 23. August 2008

Eine Hanseflotte in Bremerhaven


Die Koggen "Ubena von Bremen", "Roland von Bremen" und die Kamper Kogge

Nachdem ich am letzten Wochenende das Koggentreffen in Bremerhaven verpasst hatte, habe ich heute die Gelegenheit genutzt, die kleine, aus vier Hanse-Schiffen bestehende Flotte vor ihrer Weiterfahrt nach Vegesack zur 650 Jahr Feier der Hanse in Bremen zu fotografieren. Die "Ubena von Bremen" hatte während der Woche an ihrem Liegeplatz im "Alten Hafen" gelegen. Leider lag die Lübecker Kraweel "Lisa von Lübeck etwas entfernt von den drei Koggen im Hafen beim Schaufenster Fischereihafen.


Die Rümpfe der Koggen "Ubena von Bremen", "Roland von Bremen" und die "Kamper Kogge" aus den Niederlanden sind Nachbauten der Hanskogge von 1380, die 9. Oktober 1962 beim Ausbaggern eines Hafenbeckens in Bremen gefunden wurde.

Das war damals ein sensationeller archäologischer Fund aus nassem Holz. Archäologen wissen, dass jahrhundertealtes, nasses Holz an der Luft bei der Austrocknung schrumpft, verzieht und reißt, selbst wenn es gut erhalten ist und nicht verändert zu sein scheint. Solche Funde müssen daher bei der Bergung und der wissenschaftlichen Untersuchung besonders sorgfältig behandelt werden. Die nass gelagerten Einzelteile der historischen Kogge wurden deshalb im Deutschen Schiffahrtsmuseum in Bremerhaven zusammengesetzt und während eines Zeitraumes von 19 Jahren in einem Tank mit einer speziellen Wachsart, die das Wasser in den Poren des Holzes ersetzen sollte, konserviert. Seitdem der Konservierungstank 1999 abgebaut wurde, ist die Kogge im Bremerhavener Schiffahrtsmuseum zu besichtigen.

Die "Ubena von Bremen" war der erste Versuch eines Nachbaus mit den Mitteln, wie sie den Schiffbauern im 12. Jahrhundert zur Verfügung standen. Dafür wurde in Bremerhaven eigens eine mittelalterliche Schiffbau-Werft ins Leben gerufen. Der Rumpf der Hanskogge von 1380 hatte schräg im Schlick gelegen. Alle Teile des Schiffes, die vom Schlamm umschlossen waren, sind bis hinauf zum Achterkastell auf der Steuerbordseite erhalten. Aufgrund der Schräglage fehlen viele Teile auf der Backbordseite der Kogge.

Trotz aller Sorgfalt bei der langwierigen Konservierung der Bremer Kogge wurden im Laufe der Jahre Verformungen festgestellt. Aus einer vom städtische Vermessungsamt durchgeführten Untersuchung geht hervor, an welchen Stellen des Schiffes Korrekturen nötig sind. Dass die Rückformung ohne zu erwartende Schäden am Holz möglich ist, wurde mit Versuchen zur Elastizität und Beweglichkeit des Holzes belegt. Zur Zeit wird eine, später von außen unsichtbare, Tragekonstruktion aus Stahl innerhalb des Rumpfes installiert. Außerhalb des Rumpfes angebrachte Druck-Konstruktionen werden später entfernt. Mit diesen Maßnahmen soll sichergestellt werden, dass die Kogge auch weiterhin in ihrer authentischen Form frei stehend präsentiert werden kann*).

Auf Grundlage der erhaltenen Teile der Hanskogge von 1380 konnte der Rumpf der "Ubena von Bremen" bis ins Detail rekonstruiert werden.

Über den Mast, das Rigg und das Segel einer Kogge war jedoch absolut nichts bekannt. Ebenso gab es seit hunderten von Jahren niemanden mehr, der etwas darüber hätte sagen können, wie sich eine Hansekogge segeln lässt. Diese Details sollten mit dem Nachbau der Bremer Kogge, der "Ubena von Bremen", in praktischen "Feldversuchen" erforscht werden. Solche Versuche auf Grundlage von Theorien, Indizien oder Funden mit bildnerischen Darstellungen werden als "experimentelle Archäologie" bezeichnet. Ein bekanntes Beispiel für die experimentelle maritime Archäologie sind zum Beispiel die Fahrten von Thor Heyerdahl mit ägyptischen Schilfbooten, mit denen er nachweisen wollte, dass bereits zur Zeit der Pharaonen Kontakte zwischen den Völkern der Kontinente Afrika und Amerika möglich gewesen sein könnten.


Bei der holländischen "Kamper Kogge" fällt sofort das von den beiden anderen Koggen abweichende Achterkastell auf: Es ist eine einfache auf vier Pfosten montierte Plattform mit hölzernen Seitenwänden. Ansonsten ist das von vorn bis achtern offene Deck der Kogge nicht mit dem Achterkastell verbunden. Die Achterkastells der beiden deutschen Koggen sind größer und voll verkleidet. Sie bilden damit einen geschlossenen Decksaufbau.



Die "Lisa von Lübeck" habe ich gestern zum ersten Mal gesehen. Im Gegensatz zur den Koggen kann ich über die Geschichte und die Authentität dieser dreimastigen Kraweel nichts sagen. ich kannte den Schiffstyp bisher nur von alten Bildern aus dem Mittelalter, und soweit mir bekannt ist, gibt es bisher keinen archäologischen Fund einer Kraweel.

*) Quelle: Jahresbericht 2006 des DSM, Seite 50

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