(Grafik: .ausgestrahlt, Campact und Umweltinstitut München) |
Diese Ansicht wird übrigens auch von den Grünen geteilt. Mit einem Antrag im Bundestag fordern sie, die Atomkosten verursachergerecht anzulasten, sowie die Brennelementesteuer beizubehalten und anzuheben.
Bis zur voraussichtlichen Stillegung des letzten Atomkraftwerks in Deutschland im Jahre 2022 verzichtet der Bund auf diese Weise auf Steuereinnahmen in Höhe von fünf bis sechs Milliarden Euro, die dann für die Kosten des Rückbaus der Atomkraftwerke und der Lagerung des bis dahin weiterhin anfallenden Atommülls nicht zur Verfügung stehen werden (.ausgestrahlt Dossier "Steuer-Schlupfloch für AKW-Betreiber", Seite 2, Abschnitt "Wegfall der Brennelemente-Steuer ist Subvention für Atomkraftwerke"). Die Atomkonzerne nutzen darüber hinaus aktuell eine Möglichkeit, zusätzlich weitere Brennelementesteuern in Höhe von mehreren Hundertmillionen Euro zu sparen: Eon, RWE und EnBW verschieben den eigentlich im Sommer üblichen Wechsel der Brennelemente in den Atom-Reaktoren auf die Tage nach dem Jahreswechsel 2016/2017. Da die Steuer beim Einsetzen neuer Brennelemente fällig wird, werden somit rund 750 Millionen Euro am Finanzamt vorbei geschleust (.ausgestrahlt, Pressemitteilung vom 20. September 2016). Damit zeigt sich wieder einmal: Die Atomkonzerne können den Hals einfach nicht vollkriegen.
Die 750 Millionen Euro fehlen Herrn Schäuble (CDU, Bundesfinanzminister) am kommenden Freitag in seiner Rechnung, wenn er der Presse seine Steuerschätzung präsentieren wird. Insgesamt erwartet das Bundesfinanzministerium für das Jahr 2016 Einnahmen aus der Brennelementesteuer in Höhe von 1,1 Milliarden Euro (Monatsbericht "Ergebnisse der Steuerschätzung vom 3. bis 5. November 2015", Abschnitt "3.1 Entwicklung der Einnahmen im Schätzzeitraum", vorletzter Absatz). Die letzten aktuell vorliegenden Zahlen des Bundesfinanzministeriums zu den Steuereinnahmen aus der Brennelementesteuer stammen vom September 2016. Demzufolge wurden bis September erst 355 Millionen Euro aus der Brennelementesteuer eingenommen. Gerechnet worden war bis dahin mit 1 Milliarde Euro. Der Fehlbetrag in Höhe von 645 Millionen Euro entspricht einer Differenz von 69,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Auf das gesamte Jahr 2016 (Schätzung 1,1 Milliarden Euro) hochgerechnet wird sich der Fehlbetrag aufgrund der bis September 2016 vorliegenden Zahlen auf 745 Millionen Euro erhöhen. Der tatsächliche Fehlbetrag wird aufgrund der auch in den Monaten Oktober bis Dezember 2016 zu erwartendenen Mindereinnahmen aber noch um einige Millionen Euro höher ausfallen. Die Zahlen zu den Steuereinnahmen bis September 2016 kann man auf der Internetseite des Bundesfinanzministeriums nachlesen ("Steuereinnahmen im September 2016", Tabelle "Entwicklung der Steuereinnahmen .. im laufenden Jahr", Abschnitt "Bundessteuern", Zeile 8 "Kernbrennstoffsteuer").
In einer gemeinsame Presseermitteilung erklären die Umweltverbände .ausgestrahlt, BUND und Umweltinstitut München (Zitat):
.. Eingeführt wurde die Steuer 2011, um die AKW-Betreiber an den gesellschaftlichen Kosten der Atomenergie zu beteiligen und Wettbewerbsvorteile der Atomkraft zu reduzieren. "Es gibt keinen Grund, jetzt auf diese Steuer zu verzichten", so Thorben Becker, Atomexperte beim BUND. "Im Gegenteil: Die Sanierung der Atommülllager Asse II*) und Morsleben wird weit mehr kosten, als die Brennelementesteuer bisher eingebracht hat. Zudem hätten die übriggebliebenen Atomkraftwerke mit dem Auslaufen der Steuer in den kommenden Jahren völlig ungerechtfertigte Vorteile im Strommarkt."
Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt, verweist darauf, dass die Abschaffung der Brennelementesteuer auch den geplanten
"Risikoaufschlag" beim Atommüll-Fonds ad absurdum führen würde. "Die Konzerne bekämen die sechs Milliarden Euro, die sie als 'Risikoaufschlag' in den Fonds einzahlen sollen, durch die Befreiung von der Brennelementesteuer wieder zurück. Unterm Strich würde der Staat den AKW-Betreibern die Haftung für ihren Atommüll also völlig gratis abnehmen – das kann nicht sein!" ..
*) Nebenbeibemerkt (zum Stichwort "Sanierung des Atommülllagers Asse II"): In der Begründung für die am 01.01.2011 eingeführte Brennelementesteuer heißt es auf der Internetseite des Bundesfinanzministeriums explizid (Zitat):
".. Die Erträge aus der Steuer sollen neben der allgemeinen Haushaltskonsolidierung auch dazu beitragen, die aus der notwendigen Sanierung der Schachtanlage Asse II entstehende Haushaltsbelastung des Bundes zu verringern."
Einem Artikel auf der Internetseite von "RP Online" vom 08.02.2016 ist zu entnehmen, dass für die Bergung und sachgerechte Neudeponierung des Atommülls aus dem maroden Salzbergwerk "Asse-II" nach Berechnungen des Bundesumweltministeriums mittlerweile mit rund zehn Milliarden Euro zu rechnen ist. Im Dezember 2011 waren für die Rückholung und den Verschluss des maroden Endlagerbergwerks noch "bis zu 4 Milliarden Euro" veranschlagt worden (contrAtom: "Asse-II: Atommüll-Bergung nicht mehr möglich?!", Absatz 5). Damit haben sich die zu erwartenden Kosten innerhalb von sechs Jahren um deutlich mehr als das doppelte erhöht. Das demokratische Netzwerk "Campact" schreibt dazu in einem Newsletter an seinen Verteiler (Zitat):
"Das gescheiterte Endlager ist ein Vorgeschmack auf das, was uns die Konzerne zurücklassen: Strahlenden Abfall, der uns über Generationen belastet. .. Ginge es danach, müsste die Steuer eigentlich steigen – und nicht auslaufen."Dem ist nichts hinzuzufügen!
Online-Appell
Mit einem gemeinsam initiierten Online-Appell wollen die Umweltorganisationen "BUND" und "Umweltinstitut München", sowie das Anti-Atom-Netzwerk ".ausgestrahlt" den "eisernen Haushälter" - Herrn Schäuble - dazu bewegen, die Brennelementesteuer zumindest erst einmal um ein Jahr zu verlängern. Bevor Herr Schäuble am Freitag der Presse seine Steuerschätzung präsentiert, will Campact deren Aufmerksamkeit zudem mit einem "riesigen klaffenden Atomsteuer-Haushaltsloch" vor dem Finanzministerium auf die massiven Steuerausfälle bei der Brennelementesteuer lenken, um so die Journalisten zu veranlassen, Herrn Schäuble bezüglich des Steuertricks der Konzerne zu "löchern".
In der kommenden Woche wollen die Initiatoren ihren Online-Appell mit möglichst vielen Unterschriften als Anzeige in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) veröffentlichen. Wie es im Newsletter vn Campact heißt, wird das Blatt von vielen Anhängern der CDU gelesen. Diese würden so erfahren, dass die "CDU-Ikone Schäuble" sich von den Atomkonzernen austricksen lässt.
Auf diese Weise soll die breite Öffentlichkeit auf die Steuertricks der Atomkonzerne aufmerksam gemacht werden. Herr Schäuble müsste dann öffentlich dazu Stellung beziehen. Sollte er nicht im Sinne der Umweltorganisationen und der Atomkraftgegner reagieren, würde er nicht unerhebliche Kratzer an seinem Image als "konsequenter Steuereintreiber" riskieren.
Der Appell an Herrn Schäuble lautet (Zitat):
Sehr geehrter Herr Finanzminister Dr. Wolfgang Schäuble,
Ende 2016 läuft die Brennelementesteuer aus. Die AKW-Betreiber verschieben schon jetzt den Wechsel ihrer Brennelemente auf nächstes Jahr - und umgehen damit die Steuer. Dem Bundeshaushalt fehlen dadurch allein in diesem Jahr rund 750 Millionen Euro.
Ich fordere Sie daher auf: Handeln Sie jetzt und stoppen Sie den Steuertrick der AKW-Betreiber. Verlängern Sie die Steuer auf Brennelemente um ein Jahr!
Mit freundlichen Grüßen
Jeder, der - ebenso wie ich - nicht bereit ist, dabei zuzusehen, wie die Atomkonzerne sich auf Kosten der Steuerzahler bereichern, kann den Appell auf den Internetseiten von ".ausgestrahlt" (zum Appell ...), "BUND" (zum Appell ...) oder "Umweltinstitut München" (zum Appell ...) online unterzeichnen. Der Druck auf Herrn Schäuble, das Steuerschlupfloch der Atomkonzerne zu stopfen, wird um so größer, je mehr Unterschriften bis Freitag zusammenkommen.
Keine Steuerbefreiung für AKW!
".ausgestrahlt" erläutert auf seiner Internetseite, warum dieser neue Online-Appell zusätzlich zu der bereits seit längerer Zeit laufenden Online-Kampagne "Keine Steuerbefreiung für AKW!" durchgeführt wird, mit der die Beibehaltung der Brennelementesteuer bis zur Abschaltung des letzten Atomkraftwerks gefordert wird. Der Grund dafür, dass mit dem aktuellen Appell lediglich eine Verlängerung um ein Jahr gefordert wird, sei der, dass jede Chance genutzt werden solle und weil angesichts der massiven Trickserei seitens der Atomkonzerne derzeit bei der CDU und der CSU die Chance gesehen werde, sie für diese "kleine" Verlängerung zu gewinnen.
Die Unterschriftensammlung solle nicht am Freitag beendet, sondern bis Mitte Dezember fortgesetzt werden: Bis zur letzten Sitzungswoche des Bundestages bestünde noch die Chance, die Steuer zu verlängern. Dafür sei nur eine minimale Gesetzesänderung nötig. Wer sich bereits an der bisherigen Kampagne "Keine Steuerbefreiung für AKW!" beteiligt habe, könne und sollte auch an der neuen Aktion teilnehmen, da die Unterschriften getrennt gezählt würden.
Die mit der Kampagne "Keine Steuerbefreiung für AKW!" verbundene Forderung an die Bundesregierung lautet (Zitat):
Keine Steuerbefreiung für AKW!
Auch Atomkraftwerke müssen für ihren Brennstoff Steuern zahlen – die sogenannte Brennelementesteuer. CDU und CSU aber wollen diese Steuer Ende 2016 abschaffen. Damit würden sie den AKW-Betreibern mehr als 5 Milliarden Euro schenken.
Atomkraft verdient keine weiteren Milliardengeschenke!
Ich fordere von der Bundesregierung: Keine Steuerbefreiung für AKW!
Die Forderung kann hier oder hier online unterzeichnet werden.
(Quellen: .ausgestrahlt Dossier "Steuer-Schlupfloch für AKW-Betreiber", contrAtom vom 23.12.2011, .ausgestrahlt - Pressemitteilung vom 19.09.2016 und vom 20.09.2016, RP Online vom 08.02.2016, NGOs ".ausgestrahlt"/"BUND"/"Umweltinstitut München" - gemeinsame Presseermitteilung, Bundesministerium der Finanzen - Brennelementesteuer - Monatsberichte "Steuereinnahmen im September 2016" und "Ergebnisse der Steuerschätzung vom 3. bis 5. November 2015", Umweltinstitut München, Deutscher Bundestag - Drucksache 18/10034, Wikipedia )
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