Mittwoch, 22. Oktober 2014

Ozeanien: Klimakrieger gegen die Todesfabriken


Bereits vor mehr als 30 Jahren warnte James E. Hansen - von 1981 bis 2013 Leiter des Goddard Institute for Space Studies der NASA (GISS) in New York - vor den Folgen der globalen Erwärmung. Heute bezeichnet er Kohlekraftwerke als "Todesfabriken".

Damals prognostizierte er das Abschmelzen der Eisbedeckung des Arktischen Ozeans oder die Ausweitung von Dürregebieten - auch in Nordamerika. Heute haben sich seine damaligen Prognosen größtenteils bewahrheitet. Bei den übrigen zeichnet sich bereits ab, dass er auch damit wohl Recht behalten wird.

1988 erklärte Herr Hansen vor dem "Energy and Natural Resources Committee" des US-Senats, dass die globale Erwärmung auf der Erde mit neunundneunzigprozentiger Wahrscheinlichkeit durch die von der Menschheiten freigesetzten Treibhausgase verursacht wird. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie wir damals als "grüne Spinner" belächelt wurden, wenn wir die "Globale Erwärmung" und die davon ausgehenden Gefahren für die Zukunft des Lebens auf der Erde zur Sprache brachten.

Gegen einflussreichere Personen wurde immer wieder der Versuch unternommen, sie mit anderen Mitteln ruhig zu stellen. So warf auch Herr Hansen der US-Regierung unter Herrn Bush (USA, von 2001 bis 2009 Präsident) und Herrn O’Keefe (von 2001 bis 2005 Leiter der NASA) mehrfach den Versuch vor, seine öffentlichen Stellungnahmen über die Ursachen der globalen Erwärmung zu beeinflussen.

Die Zeiten, in denen man uns als "grüne Spinner" belächelt hat, sind längst Vergangenheit. Spätestens seit der Veröffentlichung des Klimaberichts des IPCC im Jahre 2007 besteht auch auf internationaler politischer Ebene Konsens darüber, dass die globale Erwärmung der Erde auf die bei der Verbrennung fossiler Energieträger entstehenden CO2-Emissionen und die Emissionen weiterer klimarelevanter Gase zurückzuführen ist. Während der seitdem verstrichenen sieben Jahre ist viel geredet worden. - Die globalen CO2-Emissionen steigen jedoch ungebremst weiter ...


Gegen die Flut

Die Bewohner der Inselstaaten im Pazifischen Ozean sind jedoch nicht länger bereit, das einfach so als gegeben hinzunehmen. Der infolge des Klimawandels steigende Meeresspiegel bedroht die Existenz ihrer Heimat: Die flachen Atolle drohen in den steigenden Fluten zu versinken.

Am 17.10.2014 versuchten die "Pacifik Climate Warriors" (in etwa "Klimakrieger  des Pazifiks") mit traditionellen, selbstgebauten Ausleger-Kanus die Zufahrt zum weltgrößten Kohle-Exporthafen in Newcastle (Australien) zu blockieren. Damit setzten sie das Startzeichen für ihren Kampf um ihre Heimat und gegen den Exports des fossilen Brennstoffs für die Todesfabriken, in der die Lebensgrundlagen unseres Planeten verheizt werden.

Damit ist der Kampf der "Pacifik Climate Warriors" um ihre Heimat gleichzeitig auch der Kampf um unsere Zukunft. Sie haben deshalb einen weltweiten Aufruf gestartet, sie in ihrem Kampf um die Zukunft unserer gemeinsamen Heimat - den Planeten "Erde" - zu unterstützen. In ihrem im Vorfeld der Blockadeaktion über den E-Mail-Verteiler des internationalen demokratischen Netzwerks AVAAZ verbreiteten Aufruf sagt Milañ Loeak (26), Tochter des Präsidenten der Marshallinseln (Zitat):

Ich heiße Milañ Loeak. Meine Heimat sind die Marshall Inseln und ich überbringe euch eine Nachricht im Namen meiner "Climate Warrior" Brüder und Schwestern aus ganz Ozeanien.

Ihr habt das alles vielleicht schon längst gehört, dass das Klima sich verändert, dass der Meeresspiegel steigt, dass meine Heimat auf den Inseln die erste sein wird, die verschwinden wird. Aber wir Menschen des Pazifik ertrinken nicht, wir kämpfen. Und die größte Bedrohung unserer Heimat ist die fossile Industrie.

Und so werden wir uns dagegen zur Wehr setzen: Da gibt es einen Kohlenhafen in Newcastle, Australien und es ist der größte der Welt, über den etwa 560.000 Tonnen Kohle expotiert werden - an jedem einzelnen Tag. Wäre der Hafen ein Land, dann wäre es das Land mit den neuntgrößten Emissionen der Welt. Deshalb bin ich nach Australien gefahren, um den Hafen für einen Tag zu blockieren.

Zusammen mit 30 anderen "Pacific Climate Warriors" werde ich in traditionellen Kanus in das Fahrwasser der Kohlenfrachter paddeln. Wir werden dabei von hunderten Australiern unterstützt, die uns in Kajaks, auf Surfbrettern und was immer sie sonst finden können, begleiten, um gemeinsam mit uns der fossilen Industrie entgegenzutreten.

Aber es braucht mehr als hunderte Australier, die hinter uns stehen: Wir werden auch euch brauchen.

Die fossile Industrie wird versuchen uns kleinzureden. Sie werden ihre PR Maschine in Gang setzen, um der Welt zu sagen, dass wir nur eine kleine Gruppe sind, die nur für sich alleine handelt und dass wir nicht für andere Menschen sprechen. Aber wir wissen, dass wir nicht die Einzigen sind, die handeln. Gemeinsam mit anderen Gemeinschaften überall in der Welt stehen wir an vorderster Front, wenn wir sagen, dass es an der Zeit ist, unsere Abhängigkeit von den fossilen Energieträgern zu beenden, bevor sie unsere Häuser, unsere Gesellschaft und unsere Kultur zerstören.

Wenn die "Pacific Climate Warriors" am 17. Oktober im Fahrwasser der Kohlenfrachter paddeln, zeigt, dass ihr hinter uns steht und unterstützt unseren Solidaritätsaufruf.

Den Kohlenexport für nur einen Tag zu unterbrechen wird selbstverständlich alleine nicht ausreichen, um unsere Heimat über Wasser zu halten, aber die Aktion markiert das Auftauchen der "Pacific Climate Warriors" und den Beginn der Verteidigung der pazifischen Inseln.


Weil wir die Pazifischen Inseln nicht allein retten können, bitte ich euch, uns in unserem Kampf zu unterstützen.

Freundliche pazifische Grüße,
Milañ Loeak, Republik der Marshall Inseln


Für die Unterstützung der "Pacifik Climate Warriors" stellt die internationale Klimaschutzorganisation 350.org auf ihrer Internetseite ein Formular zur Verfügung.


Im Anschluss an die Aktion der "Pacifik Climate Warriors" gegen den Kohlehafen von Newcastle veröffentlichte 350.org die folgende Pressemitteilung (Zitat):

Dreißig pazifische Inselbewohner blockierten heute, unterstützt von Hunderten von Australiern, in friedlichem Protest den weltweit größten Kohlehafen in Newcastle. Damit forderten sie die Regierung auf, die klimazerstörende Ausweitung des Geschäfts mit fossilen Brennstoffen zu beenden.

In traditionellen Kanus, auf ihren Inseln von Hand gefertigt und nach Australien transportiert, blockierten sie für einen Tag die Ein- und Ausfahrt zum Hafen, um die gigantischen Kohlefrachter an ihrer Fahrt zu hindern. Damit haben die ‘Pacific Climate Warriors’ Klimakrieger der fossilen Industrie gezeigt, dass sie sich gegen Australiens radikale Pläne zur Verdoppelung der Kohleexporte und drastischen Steigerung der Gasgewinnung, die den Klimawandel vorantreiben und die Existenz ihrer Heimatinseln bedrohen, zur Wehr setzen.

Die pazifischen Inseln sind von den Folgen des Klimawandels – den Anstieg des Meeresspiegels, verheerende Fluten und desaströse Stürme – am stärksten und unmittelbarsten betroffen. Wie Milañ Loeak (26), Tochter des Präsidenten der Marshallinseln, Chris Loeak, und selbst Pacific Warrior, berichtete, sind diese für ihre Inseln schon jetzt zu spüren.

„Ich sehe, wie mein Volk und meine Inseln unter den Auswirkungen des Klimawandels, der immer gravierendere Dürren und Überflutungen mit sich bringt, leiden.”

„Die Folgen des Klimawandels wirken sich bereits jetzt sehr spürbar auf das Leben der Menschen bei uns aus”, erklärte Milañ Loeak. „Das Haus meiner besten Freundin wurde durch die jüngste Springflut zerstört und dieses Haus war ihr ganzes Leben. Verzweifelt sagte sie zu mir ,Früher hat mich der beruhigende Klang des Meeres in den Schlaf gewiegt – und plötzlich hat mir eben dieses Meer alles genommen, was ich hatte.’“

Am Tag der Blockade der Pacific Warriors haben hunderte Australier ihre Bankkonten bei den vier großen australischen Banken geschlossen, um ein Zeichen gegen die Finanzierung der Ausweitung fossiler Energien zu setzen. Der ,Nationale Tag für Divestment’ in Australien ist Teil einer internationalen Kampagne, Investitionen in fossile Brennstoffe abzuziehen. Die australischen Banken ANZ, die Commonwealth Bank, NAB und Westpac haben bereits über 200 Millionen australische Dollar an Banken verloren, die nicht in fossile Energien investieren. In Deutschland gibt es derzeit Kampagnen für fossiles Divestment an mehreren Universitäten und Städten.

Mikaele Maiava, Climate Warrior von Tokelau, betonte, nach Jahren gescheiterter globaler Klimaverhandlungen sei eine direkte Konfrontation der Pacific Warriors unumgänglich gewesen.

„Es ist von größter Bedeutung für uns, aktiv gegen den Klimawandel vorzugehen, denn er bedroht unsere Inseln und unser Leben darauf. Unser Land ist der wertvollste Schatz, den wir haben, und der Klimawandels ist dabei, ihn zu zerstören. Doch wir wollen und werden das nicht zulassen.”

Maiava wandte sich direkt an die australische Regierung, der er Ignoranz bezüglich dieses Themas vorwarf.

„Australien ist das größte Mitglied in der Familie der Pazifikstaaten. Mit seinem Export an fossilen Brennstoffen erweist es sich jedoch als ausgesprochen rücksichtsloses Familienmitglied“, so Maiava. „Aus diesem Grund sprechen wir für alle Mitglieder der Pazifik-Familie, die von Australiens zerstörerischem Handeln unmittelbar betroffen sind.“

Milañ Loeak mahnte, die fossile Industrie müsse ihren Kurs ändern, um die pazifischen Inseln vor ihrem buchstäblichen Untergang zu bewahren.

„Wir leiden bereits genug unter den Folgen des Klimawandels. Unsere Situation darf nicht noch verschlimmert werden, nur um die Interessen anderer zu befriedigen. Auch wir verdienen den Schutz unserer Heimat und wir werden tun, was nötig ist, um sie zu retten”, so Milañ.

Australien hat zwar den größte Kohle-Exporthafen der Welt, ist aber leider nicht das einzige Land, dessen Regierung die Augen vor dem Klimawandel verschließt. Auch hierzulande wird deshalb der ehemals regionale Widerstand gegen die fossile Industrie und die Ausweitung des Braunkohletagebaus inzwischen bundesweit geführt.

Die Ausweitung der Braunkohle-Verstromung in Deutschland ist keine "Brückentechnologie", sondern ein Kapitalverbrechen: Die Schaufelradbagger der fossilen Industrie fressen in Deutschland intakte Landschaften. Das führt unmittelbar zur Vertreibung der dort lebenden Menschen und zur Zerstörung ihrer Städte und Dörfer.

Die Verbrennung der Kohle in deutschen Braunkohlekraftwerken belastet nicht nur die regionale Umwelt, sondern beschleunigt darüberhinaus die globale Erwärmung und trägt damit unter anderem - im wahrsten Sinne des Wortes - weltweit zum Untergang der flachen Küstenregionen oder der Staaten Ozeaniens bei.

Hier schließt sich einer der vielen globalen, miteinander verwobenen Kreise: Wenn wir uns in unserem eigenen Land nicht gegen die profitorientierte Raffgier der fossilen Industrie und ihre politischen Handlanger zur Wehr setzen würden, dann würden wir die "Pacifik Climate Warriors" im Kampf um unsere gemeinsame Heimat im Stich lassen. Man kann es nicht oft genug wiederholen: Wir haben nur diesen einen Planeten, auf dem wir - und die uns folgenden Generationen - leben können.



Zum Weiterlesen:

  • Grüne Helden
    Die Geschichte ist ein unschönes Beispiel dafür, wie sich das Verhalten der Politik und der von der fossilen Industrie abhängigen Nachbarn, die nur an ihren eigenen, persönlichen Vorteil denken, gegenüber den "Spinnern" ändern kann, wenn diese sich gegen einen neuen Braunkohlentagebau zur Wehr setzen.
    (Der Spiegel vom 13.01.2014)


„Australien ist das größte Mitglied in der Familie der Pazifikstaaten. Mit seinem Export an fossilen Brennstoffen erweist es sich jedoch als ausgesprochen rücksichtsloses Familienmitglied.“

Mikaele Maiava
(Tokelau, Climate Warrior)


(Quellen: 350.org, Greenpeace Magazin 6.12, Wikipedia)

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