Montag, 21. November 2011

Wenig überzeugend und unwissenschaftlich

Anti-Atom-Kundgebung in Dannenberg im November 2010
Frau Kotting-Uhl (Bündnis 90 /Die Grünen, atompolitische Sprecherin) hat den "Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestags" um seine Beurteilung der Aussagen des Umweltministeriums des Landes Niedersachsen und der Umweltschutzorganisation "Greenpeace" gebeten.

Dieser kommt in seiner Ausarbeitung zu dem Ergebnis, dass der Castor-Transport nach Gorleben möglicherweise nicht hätte genehmigt werden dürfen. Die Autoren begründen das mit der Unsicherheit darüber, ob durch den zusätzlichen Atommüll im Zwischenlager Gorleben Strahlungsgrenzwerte überschritten werden. Das teilte die "Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg" (BI) gestern auf ihrer Internetseite mit.

Zur Erinnerung: Die an der Grundstücksgrenze des Atommülllagers ermittelten Messwerte hatten bereits im Sommer auf eine erhöhte Strahlendosis hingewiesen. Obwohl deshalb kein weiterer Atommüll hätte eingelagert werden dürfen, hatte Herr Sander (FDP, Niedersachsen, Umweltminister) den Transport zugelassen. Er hatte seine Entscheidung mit den Aussagen der Organisationen begründet, die vom niedersächsischen Umweltministerium (NMU) mit den Messungen zur Ermittlung der Strahlendosis beauftragt sind.

"Greenpeace" hatte dem die Ergebnisse eigener Messwerte und Berechnungen gegenübergestellt und Fehler in den Berechnungen des NMU aufgezeigt. Während die Umweltschutzorganisation nach wie vor öffentlich und nachvollziehbar argumentiert, verweigert das NMU ihr einem Bericht der TAZ von gestern zufolge nach wie vor die beantragte vollständige Akteneinsicht in den Schriftverkehr bezüglich der fraglichen Auswertungen der Messungen.

Auch nach Einschätzung des "Wissenschaftlichen Diensts des Bundestags" wirkt die Auswertung des Landes Niedersachsen "wenig überzeugend" und "unwissenschaftlich". So fehle etwa eine "kritische Auseinandersetzung mit Unsicherheiten und Fehlergrenzen". Damit stützt der Wissenschaftliche Dienst die von "Greenpeace" geäußerte Kritik am Umgang des NMU mit den Messdaten und an der Genehmigung für den Castor-Transport.

Wie die BI weiter berichtet, habe Frau Kotting-Uhl deshalb Herrn Röttgen (CDU, Bundesumweltminister) aufgefordert, gegen Niedersachsen vorzugehen. Er müsse "den Murks beenden."


Die Mehrheit der Bundesbürger
hält Castor Transport für unverantwortlich


"Greenpeace" macht auf seiner Internetseite auf eine repräsentative Umfrage des "TNS Emnid" aufmerksam, derzufolge mehr als zwei Drittel der 1002 Befragten die Ansicht vertreten, der Atommülltransport von La Hague nach Gorleben sei aufgrund der Unsicherheit bezüglich der Radioaktivitätsmessungen unverantwortlich.

  • Auf die Frage: "Halten Sie die Frage der Überschreitung des Strahlen-Grenzwertes in Gorleben für hinreichend geklärt, um einen Castor-Transport verantworten zu können?" antworteten lediglich 20 Prozent der befragten Personen mit "ja", während die deutliche Mehrheit von 68 Prozent die Frage mit "nein" beantwortete. 12 Prozent der Befragten hatten dazu keine klare Meinung.


Wirkungslose Beruhigungspillen

So verwundert es auch nicht wirklich, wenn der Versuch der wespenfarbenen Bundesregierung, die Atomkraftgegner im Vorfeld des bevorstehenden Castor-Transports ruhig zu stellen, gescheitert ist.

Mit dem Abschalten der acht ältesten Reaktoren und der Rücknahme der Laufzeitverlängerung wollte sie die Anti-Atom-Proteste zum Schweigen bringen. Auch die bezüglich der ungeklärten Frage der langfristigen Atommülllagerung Bereitschaft zu einem Neubeginn Herrn Röttgens schenkt niemand mehr Glauben: Solange der Salzstock bei Gorleben trotz erwiesener geologischer Mängel und politischer Vertuschungsversuche weiterhin erkundet wird, kann von einem wirklichen Neubeginn bei der Endlagersuche keine Rede sein.

Allen durchsichtigen Manövern der atompolitischen Marionetten der Atomkonzerne zum Trotz läuft die Mobilisierung der Atomkraftgegner auf Hochtouren: Jeder zusätzlich Castor mit hochradioaktivem Atommüll, der in der Atommülllagerhalle bei Gorleben eingelagert wird, erhöht die ohnehin schon zu hohe Radioaktivität in der Umgebung des Lagers. Der Transport jedes einzelnen weiteren Castors in die Atommülllagerhalle macht nur dann Sinn, wenn er anschließend auch im Dunkel des sogenannten "Erkundungsbergwerks", das derzeit auf Hochtouren zum Lager für hochradioaktiven Atommüll ausgebaut wird, verschwinden soll.

Der nun - trotz der Überschreitung des Jahresgrenzwerts(!) - geplante Transport ist darum ein klarer Beleg dafür, dass von einem Neubeginn bei der Suche nach einem für die Dauer von vielen Millionen Jahren geeigneten Atommüllagerstandorts keine Rede sein kann.

Nach der als "Atomausstieg" getarnten Laufzeitverlängerung für die verbliebenen neun deutschen Atommeiler will die Bundesregierung uns jetzt auch noch unter dem Deckmantel "ergebnisoffene Atommülllagersuche" den - wie die BI ihn treffend bezeichnet - "Schwarzbau Gorleben" als geeignetes Lager für hochradioaktiven Atommüll unterjubeln. - Und das, obwohl allein schon die Ergebnisse der bisherigen Erkundung des Salzstocks die Behauptung, der Salzstock sei dafür geeignet, eindeutig wiederlegen und einschlägige Erfahrungen mit dem als "Versuchsendlager" getarnten Atommülllager Salzbergwerk "Asse-II" zeigen, dass sich die damals garantierte "Langzeitsicherheit" für die Lagerung von Atommüll im Salz bereits nach wenigen Jahren erledigt hat?


Vielleicht finden die Wespen ja noch jemanden, dem sie ihren Blödsinn weismachen können ... - was mich angeht sind sie diesbezüglich allerdings an der falschen Adresse:

Gorleben Castor 2011
  • Der Trägerkreis der Großdemonstration "Gorleben soll leben" gab gestern bekannt, er halte trotz des wahrscheinlich früheren Starttermins für den Castortransport an der Großdemonstration am 26.11.2011 um 12:30 Uhr in Dannenberg fest.

    Die Anti-Atom-Organisation ".ausgestrahlt zitierte gestern Herrn Ehmke (BI) mit den Worten: "Beim jetzt wahrscheinlichen Abfahrts-Zeitpunkt am Mittwoch sind die unterschiedlichsten Szenarien denkbar. Der Transport könnte theoretisch, käme er reibungslos durch, schon vor der Demonstration ankommen. Es spricht aber auch einiges dafür, dass es unterwegs längere Pausen gibt und der Zug erst nach der Demonstration nach Dannenberg rollt. Wir sind auf alle Szenarien vorbereitet."

    Herr Stay (".ausgestrahlt", Sprecher) sagte dazu, Zitat: "Wir lassen uns nicht verrückt machen. Die Demonstration am kommenden Samstag wird so oder so ein deutliches Zeichen an die Bundesregierung, dass der Weiterbau im Salzstock Gorleben auf breite gesellschaftliche Ablehnung stößt. Wir rufen alle Atomkraftgegner dazu auf, sich so früh wie möglich, aber spätestens zu einer kraftvollen Kundgebung am Samstag auf den Weg ins Wendland zu machen."


(Quellen: BI vom 20.11.2011, TAZ-Bericht 1 und Bericht 2 vom 20.11.2011, .ausgestrahlt vom 20.11.2011, NDR vom 20.11.2011, Réseau Sortir du Nucleaire vom 19.11.2011 [französisch] und [englisch], Trägerkreis „Gorleben soll leben“ vom 20.11.2011, TNS Emnid-Umfrage)

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