Donnerstag, 22. April 2010

Walfang-Moratorium gefährdet

Es ist gerade einmal 24 Jahre her, dass viele Arten der großen Meeressäuger, darunter das größte Lebewesen, das je auf diesem Planeten gelebt hat, der Blauwal, an der Schwelle zur Ausrottung standen. Dank weltweiter Proteste gegen den industrialisierten kommerziellen Walfang, wurde im Jahre 1986 die Jagd auf Wale aufgrund eines Moratoriums der Internationalen Walfangkommission (IWC) verboten. Dieses Ergebnis gilt noch heute als einer der größten Triumphe der internationalen Umweltschutzbewegung.

Den indigenen Völkern Alaskas oder Grönlands ist die Jagd auf Wale aus Gründen der traditionellen Ernährung weiterhin gestattet worden. Wer darüber informiert ist, was in den Siedlungsgebieten der genannten Völker an tierischer Nahrung zur Verfügung steht, der weiß auch, dass Wale - neben Robben, Fischen oder Vögeln - eine der wenigen traditionellen Nahrungsquellen dieser Völker sind. Genießbare pflanzliche Nahrung ist dort kaum verfügbar. Über diese Fakten informiert unter anderem auch das "Klimahaus 8° Ost" in Bremerhaven auf sehr anschauliche Weise. Die Völker Alaskas oder Grönlands haben jedoch auch nie den Bestand ganzer Wahlpopulationen oder gar kompletter Walarten gefährdet, wie es bei der industriellen Jagd auf Wale der Fall ist.

Für die Walfangnationen, die in großem Stil industriellen Walfang betrieben haben, gibt es außerdem Sondergenehmigungen die Jagd auf Wale zu „wissenschaftlichen Zwecken". In Wahrheit diente die "wissenschaftliche Jagd" auf Wale jedoch lediglich dem Erhalt der Walfangflotten Russlands, Japans, Norwegens oder Islands. So sollen dem "wissenschaftlichen Interesse" Japans an den Leichen der großen Meeressäuger zum Beispiel allein im Jahre 2008 ungefähr 900 Wale zum Opfer gefallen sein, die dann auf den Tellern japanischer "Feinschmecker" endeten. Aber nicht nur japanische Opfer einer zweifelhaften Wissenschaft gelangen portionsweise nach Japan. Auch Wale, die von Island erlegt wurden, werden an japanische Restaurants geliefert. Darauf machte Greenpeace mit einer Blockade im Hafen von Rotterdam aufmerksam, als sie sich an einen Frachter ketteten, der unter anderem mehrere Container mit insgesamt 160 Tonnen Finnwal-Fleisch aus Island an Bord hatte. Mit "Walforschung" hat das alles absolut gar nichts zu tun.

Wer sich aber dafür interessiert, wie wirkliche Walforschung aussieht, dem kann ich wärmstens das Buch "Die Sinfonie der Wale" von Alexandra Morton empfehlen, bei dessen Lektüre auch ich noch etwas dazulernen konnte. Seitdem ich es gelesen habe, sehe ich zum Beispiel auch die Haltung von Delfinen oder Orcas in Zoos oder Freizeitparks mit völlig anderen Augen, und wenn ich zu einem besonderen Anlass einmal Lachs kaufe, dann nur noch solchen, der nicht aus einer Lachsfarm stammt.

Alexandra Morton ist auf dem Gebiet der Erforschung des Lebens der Wale in ihrer natürlichen Umgebung an der Westküste Kanadas so etwas wie das, was Jane Goodall bei den Schimpansen ist: eine Koryphäe auf ihrem Gebiet. Seit vielen Jahren beobachtet sie das Verhalten und vor allem die Sprache von Walen. Gleichzeitig ist das Buch auch so etwas wie eine Autobiografie. Mit ihren fundierten Erzählungen lässt sie uns an ihrem eigenen Leben ebenso teilhaben, wie am Leben dieser faszinierenden, intelligenten Lebewesen. Neben der tiefen Zuneigung, die sie im Laufe der Zeit zu den Walen, entwickelt hat, spürt man als Leser aber auch ihren Zorn über die Arroganz und den Egoismus des Menschen, der die Wale Stück für Stück in den Untergang treibt, indem er ihren Lebensraum verschmutzt und einengt, ihre Gesundheit mit hormonverseuchten Lachsfarmen zerstört, und sie als "Nahrungskonkurenten" aus ihren angestammten Nahrungs- und Paarungsgebieten vertreibt.


Japan fordert Wiederaufnahme des blutigen Gemetzels

In wenigen Tagen wird ein "Kompromiss"-Vorschlag Japans veröffentlicht, der die Jagd auf Wale zu kommerziellen Zwecken erstmals seit 24 Jahren wieder erlauben würde. Japan bietet an, den bislang praktizierten "Walfang zu wissenschaftlichen Zwecken" zu reduzieren, wenn dafür der kommerzielle Walfang in Küstennähe wieder erlaubt wird. Dieser faule Kompromiss schützt nicht das Leben auch nur eines einzigen Wals. Er ist nichts anderes als die Verlagerung des Tötens in die Küstengewässer Japans, mit dem Ziel, die Tür zur Wiedereinführung des kommerziellen Walfangs, auch auf hoher See, aufzustoßen. Sobald der Vorschlag publik gemacht wird, stehen die Mitgliedsstaaten der IWC vor der Entscheidung, ob sie ihn unterstützen oder zurückweisen. Neuseeland, dass dem kommerziellen Walfang bisher immer ablehnend gegenüber stand, hat bereits sein mögliches Einverständnis mit dem Vorschlag Japans signalisiert.


Petition zum Schutz der Wale

Ein starker internationaler Protest, kurz bevor die Staaten über ihre Position entscheiden, stärkt die Position der Walschützer und könnte die faktische Aufhebung des Walfangmoratoriums und die Wiederaufnahme des kommerziellen Walfangs noch verhindern. Das internationale demokratische Netzwerk AVAAZ hat deshalb eine Notfallpetition an die IWC initiiert. Jedesmal, wenn 100000 Unterschriften zusammenkommen sind wird AVAAZ die Petition an die Delegierten der Walfangkommission übergeben.

Der Text der Petition lautet:
"An die Mitglieder der Internationalen Walfangkommission:
Als Bürger aus der ganzen Welt fordern wir Sie auf, das Verbot kommerziellen Walfangs als zentrale politische Aufgabe der Internationalen Walfangkommission, in ihrem Streben nach der Erhaltung von Walen, beizubehalten."


Die Petition kann auf der Internetseite
von AVAAZ online unterzeichnet werden
.


(Quellen: AVAAZ, Epoch Times vom 10.03.2009, ARD Tagesschau vom 03.04.2010, Süddeutsche Zeitung vom 07.03.2010, Der Standard vom 02.04.2010)

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