Donnerstag, 19. Februar 2015

Gedanken über Ausländer und Honigkrokant

Diese kleinen Leckereien ...
Wenn man das Glück hat, mit ausländischen Kollegen "aus aller Herren Länder" zusammenzuarbeiten, dann kann man im Gespräch mit ihnen unter anderem auch etwas über das Leben und den Alltag in deren Heimatländern erfahren - und dadurch seinen eigenen Horizont erweitern. Keine Sendung im Fernsehen und kein Buch kann einem solche persönlichen Einblicke vermitteln.


... waren ein Mitbringsel aus Kaliningrad
Nebenbei gibt es dann und wann auch "exotische" Gaumenfreuden zu erkunden, wie beispielsweise diese russichen Süßigkeiten, die ein Kollege von seinem Wochenendausflug zu seinen Verwandten in Kaliningrad (Russland) mitgebracht hat.

Ich habe einmal in einem etwa vierwöchigen Crashkurs versucht, etwas russisch zu lernen. Beim Sprechen habe ich mir zwar oft die Zunge gebrochen, aber die kyrillische Schrift kann ich immer noch einigermaßen gut entziffern. Dass "мёд" Honig heißt, wusste ich wohl noch. "мёдовый" (in etwa: "Honig.." als Bestandtteil in einem zusammengesetzten Ausdruck) und "грйльяж" (Krokant) musste ich allerdings im Wörterbuch nachschlagen. Bei der Nascherei oben im Bild handelt es sich also um Honigkrokant.

Ausgesprochen hat der russische "мёд" eine gewisse Ähnlichkeit mit dem französischen Wort für Honig, "miel" (etwa: mi-od / mi-el). In einem Restaurant in Russland war ich überrascht, als ich auf der Abendkarte das urdeutsche "Butterbrot" (хлеб с ма́слом, "Brot mit Butter") entdeckte. Nachdem ich während eines Spaziergangs am Strand der Ostsee bei Kalinigrad den Namen eines Restaurants entziffert hatte, habe ich mich darüber gewundert, dass er sich ausgesprochen irgendwie deutsch - nämlich wie "Seestern" (genauer gesagt: Seeschtern) - anhörte.

Später habe ich dann erfahren, dass in der Vergangenheit zwischen Russland auf der einen und Frankreich und Deutschland auf der anderen Seite ein reger Kulturaustausch stattgefunden hat. Das findet sich dann heute unter anderem auch in der Sprache wieder. Die russische Exklave "Oblast Kaliningrad" (Калинингра́дская о́бласть, etwa "Kaliningradskaja Oblast") - das ehemals ostpreußische Gebiet um die damalige Stadt Königsberg - mag zwar nicht unbedingt repräsentativ für solche Beispiele sein - immerhin haben die russischen Behörden nach dem Zweiten Weltkrieg einen großen Aufwand betrieben, um alles "deutsche" in ihrem neuen Einflussbereich auszumerzen - aber so ganz haben sie sich der über einen langen Zeitraum erfolgten gegenseitigen kuturellen Beeinflussung denn doch nicht entziehen können.

Interessant ist in diesem Zusammenhang vielleicht, dass ich, als ich vor etwa zwanzig Jahren einmal in Kaliningrad war, erfahren habe, dass viele Russen, die dort inzwischen oft bereits in der zweiten und dritten Generation leben, ihre Stadt heute auch wieder bei ihrem alten Namen - Königsberg - nennen.

Klar gibt es überall auf der Welt "sone und solche" Menschen. Aber ich habe den Austausch mit "Ausländern" immer als Bereicherung empfunden und bin im Ausland, wo ich "der Ausländer" war,  überwiegend weltoffenen, freundlichen Menschen begegnet, die ihrerseits neugierig darauf waren, etwas über den Alltag der "kleinen Leute" in meiner Heimat zu erfahren.


Der fremdenfeindliche Ungeist der Verantwortlichen hinter der Pegida und deren Ablegern, sowie der radikalen Nationalisten am äußersten rechten Rand unserer Gesellschaft, steht einem solchen internationalen Austausch absolut entgegen. In einer Gesprächsrunde, in der auch die Kundgebung des "Bremerhavener Bündnisses für Toleranz" angeprochen wurde, sagte kürzlich einer der Gesprächsteilnehmer, er sähe keinen Sinn darin, an der Kundgebung teilzunehmen: Schließlich habe der Bremer Ableger der Pegida die Anmeldung seiner Demonstration "Gegen die Überfremdung unserer Städte" in Bremerhaven doch zurückgezogen. Damit sei das Thema "Pegida" in Bremerhaven vom Tisch.

Ob das auf Bremerhaven bezogen tatsächlich zutrifft, wird sich erst noch zeigen müssen. Aber auch global betrachtet sehe ich das etwas anders. Mir ist daran gelegen, dass ich mich auch zukünftig unbefangen und offen mit Menschen aus anderen Ländern austauschen kann und im Ausland weiterhin willkommen bin. Deshalb war es mir wichtig, ein Zeichen gegen fremdenfeindliche Tendenzen in unserer Stadt und unserem Land zu setzen. Die Nachrichten über Ereignisse in Frankreich und zuletzt in Dänemark, sind derzeit voll mit abschreckenden Beispielen dafür, welche Folgen eine wachsende Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung von religiösen und ethnischen Minderheiten auch bei uns in Deutschland haben könnte. Darum: Wehret den Anfängen.




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