Bremer Senat den Umschlag von Atomtransporten
in den Bremischen Häfen. Dagegen hatte die CDU-
Bürgerschaftsfraktion Klage vor den Bremer
Staatsgerichtshof erhoben. Die Begründung: Das
Verbot verstoße gegen übergeordnetes Bundesrecht. Außerdem
verletze es die Freiheit des Warenverkehrs. Im April dieses Jahres
soll dazu eine mündliche Verhandlung vor dem Staatsgerichtshof
anberaumt werden.
Die Bremerhavener Nordsee-Zeitung schrieb dazu am 17.01.2012, dass der Staatsgerichtshof möglicherweise aber nicht zuständig sei. Sollte er sich für nicht zuständig erklären, dann 'sei es das gewesen'. Dass die Zeitung Atomtransporten durch Bremerhaven eher etwas positives abgewinnen kann, ist allerdings auch nichts neues. So ist im weiteren Verlauf des Berichts zu lesen (Zitat): "Vor dem Hintergrund dieser vagen Erfolgsaussichten wären die Klagen der direkt vom Verbot betroffenen Unternehmen vor dem Verfassungsgericht eine echte Alternative." Bisher zumindest sind die "Klagen" zweier Atomfirmen noch Anträge auf Ausnahmegenehmigungen für den Umschlag von Atomtransporten über die Bremischen Häfen in Bremerhaven, die mittels einer Berliner Rechtsanwaltskanzlei gestellt wurden.
Euratom, ...
Zusätzlich zur Klage der Bremer Bürgerschaftsfraktion der CDU läuft auf EU-Ebene ein Pilotverfahren, mit dessen Hilfe geprüft werden soll, ob das Bremische Gesetz im Widerspruch zum EU-Recht steht. Nach Auffassung der EU-Kommission könnte das Umschlagsverbot gegen Vorschriften des "Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft" (Euratom) verstoßen. Der Artikel 93 des Euratom-Vertrags verlangt von den Vertragsstaaten, die Aufhebung aller mengenmäßigen Ein- und Ausfuhr-Beschränkungen.
Der Vertrag geht auf die Anfänge des "Atomzeitalters" und die 1957 gegründete "Europäische Atomgemeinschaft" (EAG) zurück, die bis heute fast unverändert besteht. Sein Zweck war von Beginn an die Förderung der Entwicklung der Atomtechnologie und die Beseitigung aller Hürden zwischen den damaligen EAG-Staaten Frankreich, den Beneluxstaaten, Italien und der Bundesrepublik Deutschland, die einem schnellen Aufbau der Atomindustrie im Wege stehen könnten. Im Artikel 1 des Euratom-Vertrags heißt es: "Aufgabe der Atomgemeinschaft ist es, durch die Schaffung der für die schnelle Bildung und Entwicklung von Kernindustrien erforderlichen Voraussetzungen zur Hebung der Lebenshaltung in den Mitgliedstaaten und zur Entwicklung der Beziehungen mit den anderen Ländern beizutragen."
Da Deutschland sich mit der jetzigen Bundesregierung nun schon zum zweiten Mal - wenn dieses Mal auch unfreiwillig - den Atomausstieg auf seine Fahnen geschrieben hat, wäre es aus meiner Sicht an der Zeit, den Ausstieg Deutschlands aus dem Euratom-Vertrag in die Wege zu leiten. Dann könnte uns auch niemand mehr mit dessen antiquierten Bestimmungen an den Karren fahren.
... das Bremer Atomtransport-Umschlagsverbot
Die in das Bremer Hafenbetriebsgesetz aufgenommene Teilentwidmung der Bremischen Häfen für Atomtransporte, hat allerdings auch so ihre Tücken. Zum einen berücksichtigt das Verbot pauschal nur solche Atomtransporte, die einer Genehmigung durch das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) bedürfen und zum anderen lässt es auf Antrag auch Ausnahmen zu. Zu den nicht durch das BfS genehmigungspflichtigen Transporten gehören unter anderem auch die Rohstoffe für die Herstellung von Brennelementen womit dem Fortbestehen der atomaren Brennstoffkette weiterhin keine wirklichen Grenzen gesetzt werden. - Und am Bremer Ausfuhrhindernis für die fertigen Brennelemente versucht beispielsweise die in Deutschland ansässige, zum französischen Atomkonzern Areva gehörende Brennelementfabrik "Advanced Nuclear Fuels GmbH" (ANF) in Lingen zu sägen. Entscheidungen über Anträge auf Ausnahmen vom Umschlagsverbot für Atomtransporte, die selbst für Abgeordnete nicht einsehbar sind, fällt der Bremer Senat in aller Heimlichkeit.
Dass die Anträge der Hanauer Transportfirma "Nuclear Cargo + Service GmbH" (NCS) und der ANF auf Erteilung von Ausnahmegenehmigungen und die Entscheidung des Senats jetzt trotzdem öffentlich wurden, ist der Bremer "Messstelle für Arbeits- und Umweltschutz e.V." (MAUS) zu verdanken. Es ist zwar grundsätzlich zu begrüßen, dass der Senat die Anträge auf Ausnahmegenehmigungen der Atomfirmen abgelehnt hat, aber in Anbetracht der "sonstigen Begleitumstände" kann man mit der Gesetzesänderung, und der damit verbundenen Geheimniskrämerei nicht wirklich zufrieden sein.
Der NCS und der ANF geht es bei ihren Anträgen letztlich offenbar auch nicht nur um eine einzelne Ausnahmegenehmigung, sondern um die generelle Aushöhlung des Umschlagsverbots von Atom-"Brennstoffen" sowie des bei deren Einsatz anfallenden Atommülls in den Bremischen Häfen. Das legt der Umfang der beantragten Ausnahmegenehmigungen zugrunde. Die folgenden Zitate aus den von der "MAUS" veröffentlichten NCS- und ANF-Anträgen stammen aus einem Artikel auf der Internetseite "umweltFAIRändern":
- ".. eine allgemeine Ausnahme für den Umschlag von Kernbrennstoffen zugunsten der Advanced Nuclear Fuels GmbH (ANF) in den Bremischen Häfen zuzulassen. Die Rechtswirkungen gelten auch für die durch ANF in den jeweiligen Transportvorgang eingebundenen Dritten. .." (ANF)
- ".. eine allgemeine Ausnahme für den Umschlag von unbestrahlten Brennelementen für Druck- und Siedewasserreaktoren mit angereichertem Uran in Form von Urandioxid mit einem maximalen Anreicherungsgrad an Uran 235 von 5% in den Bremischen Häfen zuzulassen. Diese Ausnahme gilt auch für alle durch die Antragstellerin in den Transportvorgang eingebundenen Dritten. .." (ANF)
- ".. Die Antragstellerin ist als Dienstleister im Rahmen der Rückführung dieser Kernbrennstoffe tätig. Eine Versagung der Ausnahme stünde daher im Widerspruch zu diesen völkervertraglich eingegangen Verpflichtungen. .." (NCS)
Dazu bemerkt umweltFAIRändern treffenderweise (Zitat): "Mit dieser Begründung versucht die NCS über die Rücknahmeverpflichtung von Atommüll, eine allgemeine Ausnahmegenehmigung für Kernbrennstoffe zu bekommen, so daß im Rahmen dieser auch weiterhin Brennelemente verschifft werden können oder Dritte, wie z.B. ANF, dieses tun können." (Das Originaldokument mit der Öffentlichen Mitteilung der MAUS im Wortlaut ist hier zu finden.)
Einem Bericht der TAZ vom 19.01.2013 zufolge liegen dem Bremer Senat inzwischen drei weitere Anträge auf Ausnahmegenehmigungen vor, die mittels der gleichen Berliner Anwaltskanzlei gestellt worden seien. Die TAZ beruft sich dabei auf Informationen des Bremer Atomforums. Von welchen Firmen die neuen Anträge kommen sei nicht bekannt. Sollten die Vorstöße von NCS, ANF oder anderer Firmen der Atomindustrie irgendwann erfolgreich sein, dann wäre das Bremer Atom-Umschlagsverbot ad absurdum geführt. - Nur würde das möglicherweise niemand merken, denn die Geheimniskrämer, die im Dunkeln werkeln, sieht man ja bekanntlich nicht.
... und ein fragwürdiger Atomausstieg
Und noch etwas wurde bei diesem Vorgang wieder einmal mehr als deutlich: In der (vorgeblichen) "Atomausstiegsnation Deutschland" wird der "Treibstoff" für den Betrieb von Atomkraftwerken in aller Welt produziert. Solange sich daran nichts ändert, wird es hierzulande auch zukünftig noch Atomtransporte geben - unter Umständen auch noch weit über das Jahr 2022 hinaus. Auch ein weiterer Super-GAU - vielleicht in Spanien oder in Frankreich - mit Brennelementen aus Lingener Produktion wäre dann auch nach 2022 nicht auszuschließen. Ein wirklicher Atomausstieg sähe anders aus. Dazu gehören nämlich konsequenterweise die Stilllegung aller Atomanlagen in Deutschland und das Ende der Unterstützung der Atomtechnologie weltweit!
(Quellen: Nordsee-Zeitung vom 17.01.2013, Radio Bremen vom 17.01.2013, Heise Telepolis vom 17.01.2013, umweltFAIRändern vom 15.01.2013, Weser-Kurier vom 12.01.2013, contrAtom vom 10.09.2012, taz vom 25.01.2012 und vom 19.01.2013, Meßstelle für Arbeits- und Umweltschutz e.V., AntiAtomBremen, Wikipedia)
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