Mittwoch, 14. März 2012

Ein Jahr Super-GAU Fukushima ...

- Gedenken und Protest am Atomkraftwerk "Brokdorf"

12. März 2012: Vor einem Jahr in Fukushima ...

Am 11. März 2012 jährte sich zum ersten Mal der zweite Super-GAU in einem Atomkraftwerk in der rund sechzigjährigen Geschichte der sogenannten "friedlichen" Nutzung der Atomenergie. Ein Erdbeben hatte das Kühlsystem von drei der sechs Atomreaktoren der Atomkraftanlage "Fukushima-I" (Fukushima Dai-ichi) zerstört. Anschließend traf der vom Erdbeben ausgelöste Tsunami die bereits beschädigten Atommeiler.

Wie in vielen anderen Ländern der Welt, gingen an diesem Tag auch in Deutschland viele Menschen auf die Straße, um gegen die weitere Nutzung der Atomenergie zu protestieren. An sechs Orten Rund forderten 50000 Menschen eine drastische Beschleunigung des Atomausstiegs. Ungefähr 3000 Menschen "umzingelten" symbolisch das Atomkraftwerk "Brokdorf" an der Elbe und gedachten der Opfer der dreifachen Katastrophe in Japan.


Die kurze Geschichte einer Laufzeitverlängerung

Ende Oktober 2010 beschloss die wespenfarbene Bundesregierung den Ausstieg aus dem Ausstieg aus der Nutzung der Atomenergie und ersetzte den rot-grünen "Atomkonsens" aus dem Jahre 2000 durch ihre "Laufzeitverlängerung".

Aufgrund vielfacher Denkanstöße hundertausender Atomkraftgegner in Deutschland, setzte sich nach der Atomkatastrophe in Japan auch in der schwarz-gelben Regierungskoalition die Erkenntnis durch, dass man auch das Unwahrscheinliche denken muss, wenn man eine Hochrisiko-Technologie zur Erzeugung von Wasserdampf einsetzen will. Das war der Anfang vom Ende der "Laufzeitverlängerung".

Fortan reklamierten die CDU, die CSU und die FDP den "Atomausstieg", den sie zuvor gegen den Willen der Mehrheit der Bundesbürger gekippt hatten, als ihre Erfindung. Während aber Studien der Umweltschutzorganisationen "Greenpeace" und "BUND" Wege aufzeigen, wie der Atomausstieg bis 2015 vollzogen werden und die Energiewende - hin zu einer dezentralen Energieversorgung auf der Grundlage regenerativer Energiequellen - gelingen kann, verschleppt die Bundesregierung den Atomausstieg in fahrlässiger Weise bis in das Jahr 2022.

Selbst einer Studie des Bundesumweltministeriums (BMU) zufolge wäre das Ende des Atomzeitalters in Deutschland bis 2017 erreichbar. Die Bundesregierung unter der Führung von Frau Merkel (CDU, Bundeskanzlerin) vertritt jedoch lieber die auf Profitmaximerung ausgerichteten Interessen der vier Atomkonzerne EnBW, EON, RWE und Vattenfall, als dass sie die Interessen der 80 Millionen um ihre Sicherheit besorgten Menschen in Deutschland vertritt.


Gefahr durch Sturmfluten ...

Auch wenn die Wahrscheinlichkeit eines Tsunamis an der deutschen Nord- oder Ostseeküste eher gering ist, so sind die Küstenregionen doch nicht sicher vor Überschwemmungen. Diesbezüglich sei beispielsweise an die Sturmflutkatastrophe an der Nordseeküste im Jahre 1962 erinnert. An mehren Stellen entlang der Küste brachen die Deiche. Große Teile Hamburgs wurden überflutet und viele Menschen ertranken.

Aufgrund des Klimawandels und des dadurch ansteigenden Meeresspiegels werden die Sturmfluten künftig höher auflaufen. In Bremerhaven wird deshalb seit einiger Zeit der Weserdeich erhöht. Wie die beiden Redner der Initiative "Brockdorf-AKUT" während der Abschlusskundgebung berichteten, ist Hochwasserschutz an der Elbe im Bereich der Atomkraftwerke "Brunsbüttel" und "Brokdorf" aber kein Thema.


... und Schiffe

Einer der Redner von Brokdorf-AKUT erinnerten daran, dass - ebenfalls vor einem Jahr - ein manövrierunfähig gewordener Frachter auf das Kühlwasserentnahmebauwerk in der Elbe vor dem 12 Kilometer stromabwärts gelegenen Atomkraftwerk "Brunsbüttel" zutrieb. Erst nach eineinhalb Tagen sei es acht Schleppern gelungen, den Havaristen aus der Gefahrenzone zu bringen. Hätte der Frachter die Kühlwasserversorgung des Atomkraftwerks beschädigt, dann wären die Brennelemente im Kühlbecken des Zwischenlager auf dem Gelände des Atomkraftwerks ebenso ohne Kühlung gewesen, wie diejenigen des Blocks 4 im Atomkraftwerk "Fukushima".

Dass mehrere Ursachen für einen Super-GAU gleichzeitig eintreten können, ist seit der dreifachen Katastrophe vom 11. März 2011 in Japan kein Geheimnis mehr. Eine schwere Sturmflut mit Deichbrüchen und Überflutung der Wilster-Marsch, der dadurch verursachte Ausfall der Stromversorgung des Atomkraftwerks "Brokdorf", sowie ein Schiff, das die Kühlwasserzufuhr des Atomreaktors und des Brennelementelagers beschädigt, können auch hier einen Super-GAU auslösen.


Was wäre wenn ...

Die örtliche Initiative "Brokdorf Akut" hatte an ihrem Stand eine recht aufschlussreiche Landkarte von Norddeutschland und Dänemark ausgestellt. Um die Frage, "Was wäre, wenn sich der Super-GAU von 1986 nicht in Tschernobyl, sondern in Brokdorf ereignet hätte?", zu beantworten, hat "Brokdorf Akut" eine maßstabsgetreue Karte der "schwerst kontaminierten Gebiete Tschernobyls" mit dem Atomkraftwerk "Tschernobyl" am Standort des Atomkraftwerks "Brokdorf" auf die Landkarte projiziert.

Der gesamte Nordwesten Deutschlands wäre heute eine unbewohnbare radioaktive Wüste. Ich denke, die Frage, warum wir auch weiterhin gegen den Betrieb der nach dem "Atommoratorium" im Frühjahr 2011 noch verbliebenen neun Atomkraftwerke auf die Straße gehen, erübrigt sich angesichts eines solchen Horror Szenarios. Im Übrigen ist der Atomausstieg erst dann wirklich vollzogen, wenn irgendwann einmal mit dem Abriss des letzten Atomreaktors in Deutschland begonnen worden sein wird. Bis dahin kann jedes abgeschaltete Atomkraftwerk jederzeit mit neuen Brennelementen bestückt und wieder in Betrieb genommen werden.


Irgendwo in Australien oder in Afrika

Aber auch vor dem ersten Super-GAU in einem Atomkraftwerk sind aufgrund der "friedlichen" Nutzung der Atomenergie schon weite Landstriche in radioaktive Wüsten verwandelt worden. Allein der Uranbergbau ist quasi ein billigend in Kauf genommenes Verbrechen an den Bergleuten und den Menschen in der Umgebung der Uranbergwerke, das jahrzehntelang von den dafür Verantwortlichen verschwiegen wurde. Diesbezüglich kann ich die beiden Dokumentarfilme "Uranium - is it a Country?" und "Yellow-Cake" empfehlen.

Der erste Film dokumentiert die Produktionskette des "Brennstoffs" für unsere Atomkraftwerke von den Uranminen im australischen Outback bis nach Europa. Er deckt auf, dass für unseren angeblich sauberen Strom indigene Völker vertrieben werden, Menschen an Krebs erkranken und sterben und heilige Stätten der Aborigines in Australien. Auch ohne die physikalischen Ursachen zu kennen, besitzen sie ein zigtausendjahre altes Wissen, das sie die Orte, an denen sich unter der Erdoberfläche die uranhaltigen Gesteinsformationen befinden, meiden lässt.

Eine zentrale Figur in der Mythologie der Aborigines ist die Regenbogenschlange. Dieses zweigeschlechtliche Schöpfungswesen aus der Traumzeit formt auf der Erde Berge, Täler und Wasserlöcher und erschafft den Regenbogen. Eine Darstellung der Regenbogenschlange war auch in Brokdorf zu sehen. Sie trug die Aufschrift: "Die Regenbogenschlange mahnt: Das Uran muss in der Erde bleiben." Im Gegensatz zu den Aborigines sind die Menschen in den Atomnationen leider nicht in der Lage, die Worte Regenbogenschlange zu hören. Dafür haben sie immer ein offenes Ohr für den Ruf des Geldes und den der Macht über fremde Völker. - "Uranium - is it a Country?" ist auf der Internetseite der Initiative "Strahlendes Klima" zu sehen, die den Film produziert hat.

Der Film "Yellow Cake" wurde kürzlich im Fernsehen gezeigt. Er macht uns bewusst, dass wir eigentlich gar nicht so weit Ausschau halten müssen, um uns die Folgen des Uranbergbaus zu vergegenwärtigen. Das ehemalige Uranbergwerk "Wismut" und dessen strahlende Hinterlassenschaften liegen in Ostdeutschland. Nach der Wiedervereinigung wurde die "Wismut" geschlossen. Seither bemüht man sich die radioaktiven Abraumhalden und Tailings zumindest oberflächlich zu versiegeln. Eine Lösung für die Ewigkeit stellen diese provisorischen Maßnahmen jedoch keinesfalls dar und dem Weiterbetrieb der neun deutschen Atomkraftwerke und unserem Energiehunger fallen jetzt die Menschen und deren Heimat irgendwo in Australien oder in Afrika zum Opfer.

Am Ende der Produktionskette steht der hochradioaktive Atommüll. Es gibt bisher weltweit kein einziges Lager, in dem der Atommüll über viele Millionen von Jahren hinweg sicher gelagert werden könnte. Selbst für einen Zeitraum von "nur" 24110 Jahren wäre das nicht gewährleistet.

24110 Jahre ist die Zeit, nach der die Radioaktivität des Isotops Plutonium-239 (dem Stoff für die Atombombe) um die Hälfte abgenommen hat. Es braucht viele Male "24110 Jahre", bis seine Radioaktivität so weit abgenommen hat, dass sie im Rauschen der natürlichen Hintergrundstrahlung verschwindet und damit als nicht mehr unmittelbar gefährlich angesehen werden könnte. Andere Bestandtteile des hochradioaktiven Atommülls haben bedeutend längere Halbwertszeiten von beispielsweise 703,8 Millionen Jahren (Uran-235) oder 4,468 Milliarden Jahre (Uran-238).

Sehr aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang auch der Text eines Teils des "Riesen-Banners", das in meinem Video zu sehen ist:
  • Halbwertszeit Plutonium: 24000 Jahre
  • Haltbarkeit eines Castors: 40 Jahre


Nebenbei bemerkt:
Seit den Atombombenabwürfen der US-Luftwaffe über den japanischen Städten Hiroschima und Nagasaki, zahlreichen weiteren Atombomben-Detonationen zu Testzwecken, den beiden Super-GAUs in den Atomkraftwerken "Tschernobyl" und "Fukushima", dem Einsatz panzerbrechender Uran-Munition in heutigen Kriegsgebieten und nicht zuletzt dem "ganz normalen" weltweiten Betrieb von Atomkraftwerken ist die "natürliche Hintergrundstrahlung" in einigen Gegenden der Welt allerdings auch nicht mehr das, was sie vor dem 6. August 1945 einmal gewesen ist!

(Quellen: Wikipedia, Strahlendes Klima)

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