Freitag, 9. Dezember 2011

Ein Angriff auf die Demokratie

Wenn alle 27 Staaten der Europäischen Union (EU) sich nicht
einigen können, dann sind Herr Sarkozy (Frankreich, Präsident)
und für Frau Merkel (CDU, Bundeskanzlerin) auch schon mit
17 Mitgliedsstaaten zufrieden.


Genauer gesagt reicht es ihnen völlig aus, wenn die Regierungen dieser 17 Länder gegen den Willen der 10 anderen EU-Mitglieder, sowie gegen die demokratischen Rechte der Bürger aller Mitgliedsstaaten der EU Änderungen unsere Verfassungen und des EU-Vertrags herbeiführen, die den Regierungen aller EU-Staaten grundlegende Sozialausgaben auf Dauer verbieten würden. Wie der Spiegel gestern berichtete, haben einige EU-Juristen allerdings erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des deutsch-französischen Plans für eine Fiskal-Union innerhalb der Euro-Zone.

Aber wie auch immer: Gespart würde wieder einmal bei Arbeitslosen, Renten oder im Gesundheitswesen. Und bei genau diesen Themen sollen wir Bürger nicht mehr mitreden dürfen? Wenn es dazu käme, dann wäre das aus meiner Sicht ein massiver Eingriff in unsere demokratischen Rechte, unsere Gesellschaft und unsere Wirtschaft.


Ein wildgewordener Hühnerhof

Eine tolle "Union" würde das werden, falls es Herrn Sarkozy und für Frau Merkel gelänge, ihren Willen durchzusetzen. 10 Länder und ihre Bürger würden ausgegrenzt werden. Einige Regierungen müssten die Entscheidungen ihrer Parlamente respektieren. Andere müssten sich der Entscheidung eines Referendums stellen, bevor sie derart massiven Einschnitten zustimmen könnten. Viele Regierungen würden dieVertragsänderungen allerdings wohl einfach übernehmen - auch gegen den Willen ihrer Bürger.

Die Art und Weise, wie die Bundesregierung und viele Mitglieder der EU mit den drohenden Staats- und Bankenpleiten umgehen macht auf mich mehr und mehr den Eindruck eines wild gewordenen Hühnerhofs. Eine "Union" ist jedenfalls etwas anderes. Jahrzehntelang war bekannt, dass viele europäische Staaten über ihre Verhältnisse leben. Jahrzehntelang wurde das schön geredet. - Und jahrzehntelang wurde darüber hinweggesehen: Eine Krähe hackt der anderen bekanntlich kein Auge aus.


Die Verluste für die Bürger, ...

Es ist jetzt gerade einmal drei Jahre her, seit überschuldete Banken mit Billionensummen freigekauft worden sind. Das führte zur weiteren Verschuldung vieler Staaten. Genaugenommen verschuldeten die führenden Politiker der Regierungen ihre Bürger, also uns, denn das Geld mit dem die Banken gerettet wurden, stammt schließlich aus unseren Steuerkassen. Als diese Quellen zu versiegen drohten, folgten Sparprogramme zu Lasten der Schwächsten in den Gesellschaften der EU.

Vor drei Jahren versprachen die gleichen Politiker uns Bürgern, dass die Rettungsaktion für die Banken nicht zu einer permanenten Einrichtung werden würde. Es ginge darum, die "systemrelevanten" Banken mit einem einmaligen Kraftakt zu stabilisieren. Anschließend sollten diese strengen Kontrollen und Regelungen unterworfen werden. Hochspekulative "Finanzprodukte" sollten verboten werden. Die internationale Einführung einer Finanztransaktionssteuer war im Gespräch.


... die Gewinne für die Banken 

Das war vor drei Jahren. Heute ist das alles schon wieder Schnee von gestern und passiert ist rein gar nichts. Die Banken setzten ihre spekulativen Geschäfte fort: Business as usual. Die Zocker hatten wieder Geld in den Händen, das sie an den Roulette-Tischen der internationalen Börsen verspielen konnten.

Die Gewinne der Banken blieben privat. Für die neuen Verluste sollen jetzt erneut die Steuerzahler gerade stehen. Das würde dann ein weiteres Mal darauf hinauslaufen, dass bei den Schwächsten am Rande der europäischen Gesellschaften, denen ohnehin schon kaum noch genug zum Leben bleibt, gespart wird ... - damit ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, um "die armen, krisengeschüttelten Banken" zu stützen.

Auf seiner Internetseite beschreibt das internationale Netzwerk "Attac" die Situation folgendermaßen (Zitat):
".. Die Neoliberalen nutzen die Gunst der Stunde, um eine Politik durchzusetzen, die starke Beschneidungen der Demokratie und einen immer weiter gehenden Sozialabbau mit sich bringt. Den Anfang haben die Sparpakete gemacht, mit denen die Kosten der Krise nach unten umverteilt werden. Als nächstes sollen mit der Reform des Stabilitäts- und Wachstumspaktes, dem Pakt für den Euro und anderen Maßnahmen die wirtschaftspolitischen Spielregeln der EU so überarbeitet werden, dass nur noch eins zählt: die Wettbewerbsfähigkeit. Hier wird eine Politik gegen die Interessen der meisten Menschen in Europa betrieben. .."

Attac fordert deshalb, die "Megabanken" zu zerschlagen: Geschäfts- und Investmentbanking müssten voneinander getrennt und jeweils mit weit höheren Eigenkapitalquoten hinterlegt werden. Banken, die Investmentbanking betreiben, müsse der Zugang zu billigen Krediten der Europäischen Zentralbank verwehrt werden. Es dürfe keine "systemrelevanten" Banken mehr geben, die ihre Geschäfte skrupellos auf den Rücken der Steuerzahler betreiben.


Die Demokratie stärken

Wir leben in ein einer Demokratie. Wenn unsere "Volksvertreter" über unsere Köpfe hinweg entgegen unserer Interessen Demokratieabbau und die Demontage der grundlegendsten sozialen Sicherungssysteme betreiben, dann kann uns das nicht egal sein. Deshalb sollten Europas Politiker diesen Plan nicht einfach unter sich ausmachen dürfen. Statt dessen müssen Lösungen gefunden werden, denen die Mehrheit der Bürger und ihre Parlamente zustimmen können.

Anstatt die demokratischen Rechte der EU-Bürger einzuschränken und deren soziale Sicherungssysteme zu schwächen, um den Banken zu Gefallen sein zu können, müsste die Demokratie innerhalb der europäischen Union eher noch gestärkt werden. Das kann aber nur gelingen, wenn die Regierungen sich aus der Abhängigkeit von Banken und den Lobbys der Konzerne befreien. Wir müssen dringend wieder dahin kommen, dass die Entscheidungen in den Regierungssitzen bzw. in Brüssel und im Namen der Bürger getroffen werden, nicht aber in den Chefetagen der Banken und Konzerne. Wenn eine Bank als "systemrelevant" bezeichnet wird, dann heißt das nämlich letztlich nichts anderes, als dass eine solche Bank einen Staat und seine Politik fest im Griff hat.

Bezüglich des Wegs aus der Wirtschaftskrise schreibt das internationale demokratische Netzwerk AVAAZ in einer E-Mail an seinen Verteiler, man könne zwar über die beste Art und Weise zum Schutz vor übermäßigen Ausgaben und lähmenden Schulden streiten, aber Sparmaßnahmen durchzudrücken, von denen schon im Voraus bekannt sei, dass sie nicht funktionieren und die unserer Demokratie die Hände binden, sei der falsche Weg.

AVAAZ hat eine Petition an die verantwortlichen Politiker der EU verfasst. Der Text lautet:
An die Politiker der Europäischen Union:

Als über die Auswirkungen der Wirtschaftskrise besorgte Bürger rufen wir Sie dazu auf, die panischen Märkte zu beruhigen ohne die demokratischen Rechte der Bürger zu kompromittieren. Wir haben das Recht, über Wirtschaftspolitik, die unsere Jobs und Dienstleistungen schützt, abzustimmen. Die Geschichte zeigt, dass Sparmaßnahmen Volkswirtschaften nicht retten können. Zeigen Sie Mut und investieren Sie in die Zukunft Europas und der Welt.
Die Petition kann auf der Internetseite von AVAAZ online unterzeichnet werden.

  • Ich denke, es ist wichtig, dass wir unseren Einspruch einlegen. Selbst, wenn "die da oben" in Brüssel schließlich doch machen sollten "was sie wollen", dann hätten sie doch von uns gehört und wüssten, dass sie mit uns Bürgern zu rechnen haben und dass wir uns nicht stillschweigend unserer Rechte berauben lassen werden.


(Quellen: AVAAZ, Attac, Der Spiegel vom 08.12.2011, Bericht 1, Bericht 2 und Bericht 3, Die Zeit vom 07.12.2011

1 Kommentar:

Helmut hat gesagt…

Ich sage immer wieder: WER Hat welche Interessen. Die Schludenbremse ist ein totaler Schmarren, hier ist es ebn NICHT wie bei einer schwäbischen Hausfrau. Damit würgt man die Inlandsnachfrage ab. Deshalb plädiere ich für eine Bremse im Gehirn, damit die Politiker nicht mehr so viel Schwachsinn von sich geben. Ich will mir das Buch Henning Venske zulegen: Lallbacken. Damit sind unsere Politiker treffend beschrieben.

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