Dienstag, 5. Januar 2010

Ist es nicht schön?

Die FDP senkt die Steuern auf Teufel komm raus!

Ist es nicht schön, dass der Herr Westerwelle sich so für uns Bundesbürger einsetzt? Da hat er doch vor der Wahl im September 2009 versprochen, er werde die Steuern senken, damit wir uns mal wieder etwas schönes kaufen können, wenn wir ihm dafür nur an die Schalthebel der Macht verhelfen. Einige von uns haben ihm seinen Wunsch erfüllt. Jetzt hält er die Schalthebel der Macht in seinen Händen - und tatsächlich: Er lässt nicht locker, und schaltet daran herum, was das Zeug hält.

So zahlen zum Beispiel die Hotelbesitzer, die Glücklichen, statt 19 Prozent seit dem 1. Januar 2010 nur noch 7 Prozent Mehrwertsteuer. Der Plan: Die Hotels senken die Preise, dadurch werden Hotel-Übernachtungen wieder attraktiver und der der Tourismus in Deutschland floriert. Die wespenfarbige Regierungskoalition hat dafür Mindereinnahmen von rund einer Milliarde Euro einkalkuliert.

Das heißt aber noch lange nicht, dass die Hotelbetreiber die Ermäßigung auch tatsächlich an ihre Kunden weitergeben werden. Das Ergebnis einer Studie des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) zeigt, dass nur 20,3 Prozent der Hotelbetreiber die Übernachtungspreise senken werden. Die anderen werden die ersparte Mehrwertsteuer in die Renovierung und Qualitative Aufwertung ihrer Hotels investieren. Das bringt dann mittel- bis langfristig für 70,7 Prozent der Hotelbesitzer Wettbewerbsvorteile gegenüber den 20,3 Prozent ihrer Mitbewerber, die - wie geplant - kurzfristig durch die Weitergabe der Steuerermäßigung an ihre Kunden für wirtschaftlichen Aufschwung in Deutschland sorgen wollen.

Ob sich der Herr Westerwelle das so gedacht hat?


Das Wachstumsverzögerungsgesetz

Der Städte- und Gemeindebund (DStGB) rechnet für 2010 damit, dass aufgrund der bereits beschlossenen Steuerentlastungen und der Konjunkturpakete 12 Milliarden Euro in den kommunalen Kassen fehlen werden. Das so genannte Wachstumsbeschleunigungsgesetz müsste für den kommunalen Bereich korrekterweise in "Wachstumsverzögerungs-
gesetz" umbenannt werden, da es allein durch dieses Gesetz zu Einbußen von 1,6 Milliarden Euro kommen werde. Bereits jetzt sei die Finanzlage aufgrund der Wirtschaftskrise katastrophal.

Die Bürger würden sich wegen der Steuerpolitik der Koalition auf Leistungskürzungen ihrer Städte und Gemeinden einstellen müssen. Schon im letzten Jahr seien die Einnahmen der Kommunen um 7,7 Milliarden Euro eingebrochen. Deshalb seien höhere Gebühren unumgänglich. Viele Kommunen seien bereits jetzt auf kurzfristige Kredite angewiesen, weil sie sonst nicht in der Lage wären, die Gehälter zahlen zu können. Das Hamburger Abendblatt zitiert Herrn Schramm (DStGB, Präsident) mit den Worten: "Dieses Leben auf Pump kann so nicht weiter gehen!"

Ich kenne selbstverständlich nicht die kommunalen Haushaltsbücher, aber alles in allem hören sich die Warnungen des DStGB ganz danach an, als würde sich der Bund auf Kosten der deutschen Städte und Gemeinden bereichern, um sich vor den Bürgern als der große Wohltäter profilieren zu können. Da bin ich aber froh, dass 'die Kommunen nach herrschender Rechtsauffassung nicht pleitegehen können' (Herr Teiser - CDU, Bremerhaven, Bürgermeister und Kämmerer - im Juni 2008 zur Nordsee-Zeitung).

Vielleicht ist davon ja auch der Herr Westerwelle überzeugt.


Parallelwelten

Aus dem Ministerium des Herrn Schäuble (CDU, Finanzminister) ist zu hören, weitere Entlastungen stünden unter dem Vorbehalt der verfügbaren finanziellen Mittel. Frau Homburger (FDP, Fraktionschefin) ficht das jedoch alles nicht an. Sie schwebt, ebenso wie offensichtlich der Größte Teil der FDP-Mitglieder, eher über den Dingen. Fern der Wirklichkeit in den Kassen des Finanzministeriums beharrt sie darauf, dass für zusätzliche Steuersenkungen der Koalitionsvertrag, nicht aber die Steuerschätzung, maßgeblich sei. Union und FDP hätten in Kenntnis der aktuellen Wirtschafts- und Finanzlage vereinbart, dass es 2011 weitere Entlastungen geben solle. Deshalb sehe sie auch keinen Grund, daran zu rütteln.

Irgendwie kommt mir das alles wie ein schlechter Fantasy Roman vor. Die gelben Streifen der Wespen leben darin in einer Parallelwelt. Eigentlich müssten die Hinterleibe der wenig geliebten Insekten dabei auf Dauer in schwarze und gelbe Scheiben zerfallen, aber dank des Zauberklebstoffs "MACHT" halten die äußerlich als Streifen erkennbaren Scheiben bisher noch leidlich zusammen.

Ebenso wie Frau Homburger zeigt sich auch unser Herr Westerwelle von den Tatsachen des realen Lebens völlig unbeeindruckt: Die Steuern werden weiter gesenkt. Versprochen ist schließlich versprochen. Basta!

Möglicherweise glaubt Herr Westerwelle ja auch, wir würden es gar nicht merken, wenn das Geld, das wir durch die versprochenen Steuerentlastungen vielleicht sogar mehr im Portemonnaie haben werden, über höhere Kommunalbeiträge gleich wieder daraus verschwindet. Vielleicht glaubt er ja auch, dass wir den Kommunalpolitikern die Schuld an den höheren Kommunalgebühren, der Schließung von Bibliotheken, Bädern, Theatern und der Verminderung bzw. Streichung sonstiger kommunaler Leistungen geben werden.

Wenn sich der Herr Westerwelle da man nicht täuscht!


(Quellen: Hamburger Abendblatt vom 04.01.2010-06:00 Uhr und -15:02 Uhr, Deutschlandradio vom 04.01.2010, Der Stern vom 04.01.2010, Ostthüringer Zeitung vom 04.01.2010, Stuttgarter Zeitung vom 05.01.2010, Nordsee-Zeitung vom 18.07.2008)

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