Freitag, 15. Januar 2010

Die Bestie im Menschen

Es ist schon schlimm genug, wie sadistisch und brutal Menschen mit Tieren umgehen. Was das für die betroffenen Tiere bedeutet, haben die kürzlich bekannt gewordenen Vorfälle auf der Hühnerfarm des Geflügelproduzenten "Wiesenhof" wieder einmal mehr als deutlich aufgezeigt. Wenn einige Menschen jedoch andere Menschen - zum Beispiel weil sie Tiere gequält haben - mit dem Tode bedrohen, dann begeben sie sich in Gefahr, mit den Tierquälern auf die gleiche Stufe gestellt zu werden: Sie versetzten die von ihnen bedrohten Tierquäler ebenso in Todesangst, wie diese es mit den Tieren getan haben.

Wenn eine solche Morddrohung zur Tat führen würde dann, wäre damit endgültig eine Grenze überschritten, die ebensowenig akzeptabel ist, wie die abscheuliche Tierquälerei auf der Wiesenhof-Farm. In mehreren Zeitungen und Nachrichtensendungen wurde berichtetet, Herr Wesjohann (Unternehmensgruppe Wiesenhof, Vorstandsvorsitzender) habe aufgrund der bekanntgewordenen Tierquälereien auf der Wiesenhof-Farm von Unbekannten per Post Morddrohungen erhalten. Da diese Drohung ernst zu nehmen seien, hätten Sicherheitsdienste dem Unternehmer empfohlen, vorerst nicht an Veranstaltungen teilzunehmen.

Im Gegensatz zu überführten Tierquälern werden überführte Mörder in der Regel zu "Lebenslänglich" verurteilt. Das heißt in Deutschland, dass sie für mindestens 25 Jahre hinter Gittern verschwinden. Ein Tierquäler ist, wenn er überhaupt zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wird, jedoch spätestens nach 3 Jahren wieder auf freiem Fuß. Nach §17 des deutschen Tierschutzgesetzes kann jemand mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft werden, wenn ihm nachgewiesen worden ist, dass er ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund getötet oder aus Rohheit erhebliche Schmerzen oder Leiden zugefügt hat. Daneben werden unter §18 des Tierschutzgesetzes noch verschiedene Fälle von Tierquälerei aufgeführt, die dort als Ordnungswidrigkeit bezeichnet werden, und eine Geldbuße von bis zu fünftausend Euro, oder in einigen Fällen von bis zu fünfundzwanzigtausend Euro nach sich ziehen können.

Darüber wie das Tierschutzgesetz tatsächlich strafrechtlich angewendet wird, liegen mir allerdings keine gesicherten Erkenntnisse vor, da ich darüber widersprüchliche Angaben gefunden habe. Die Tendenz deutet nach meiner subjektiven Auffassung allerdings daraufhin, dass Tierquälerei eher zu milde als angemessen geahndet wird. Das gibt aber trotz alledem niemandem das Recht zur Lynchjustiz zu greifen!


Die Sache "Tier"

Als ethisch verwerflich empfinde ich es, dass so eine Tat auch als simple Sachbeschädigung bestraft werden kann, wenn der Täter ein fremdes Tier gequält hat. Dass dies rechtlich so gehandhabt wird, kann man jedenfalls in einem Artikel zum Thema Tierquälerei bei Wikipedia nachlesen. Es geht dabei, so wie ich es verstanden habe, wohl um eine Strafe für eine Sachbeschädigung, wobei der Tierhalter dann der Geschädigte wäre. Dass Tiere vom Gesetz nicht unbedingt als Lebewesen behandelt werden ist mir bekannt, seitdem unsere Hündin "Cleo" bei uns lebt. Wenn Hunde in einem Auto transportiert werden, dann gehören diese zum Beispiel in einen Transportbehälter im Kofferraum oder sie müssen - wenn sie im Fahrgastraum mitfahren - angeschnallt sein. Diese Vorschrift dient nicht etwa in erster Linie dem Schutz des Tieres, sondern dem der Menschen. Im Falle eines Unfalls birgt ungesicherte, herumfliegende Ladung bekanntermaßen eine zusätzliche Verletzungsgefahr für die Fahrzeuginsassen, und rein rechtlich gelten mitfahrende Hunde als Ladung (§ 22 und §23 der Straßenverkehrsordnung).

In meinen Augen wäre es dringend erforderlich, die Gesetzgebung dahingehend zu überarbeiten bzw. zu ändern, dass Wirbeltiere nicht nur biologisch, sondern endlich auch rechtlich als fühlende und leidensfähige Geschöpfe anerkannt werden. Auch wenn es wirklich für die menschliche Ernährung notwendig sein sollte, dass wir das Fleisch getöteter Tiere essen, dann darf das nicht dazu führen, dass diese ihr ohnehin sehr kurzes Leben unter ständigen Qualen in einer Mastfabrik verbringen müssen. Artgerechte Haltung für Hühner hieße dann zum Beispiel, Auslauf im Freien mit ausreichend bemessenem Freiraum, der den Tieren im Falle von Agressionen auch Platz zum Ausweichen bietet. Der Befruchtung von Hühnereiern, oder der zeitoptimierten Massenproduktion von Hühnerfleisch dienende "landwirtschaftliche Maschinenhallen" würden dann sehr schnell der Vergangenheit angehören, und die Bilder in der Werbung entsprächen endlich der Realität.


Von heidnischen Barbaren und christlichen Eroberern

Als die europäischen Seefahrer bei ihren Entdeckungsfahrten auf ihnen damals unbekannte Naturvölker trafen, betrachteten die christlichen Entdecker diese herablassend als heidnische Barbaren. Es gibt immer noch einige Naturvölker auf unserem Planeten. - Und das Barbaraen-Image haftet ihnen in den Augen vieler "zivilisierter" Europäer oder Amerikaner, zumindest unterschwellig, immer noch an.

Der ethisch-moralische Unterschied zwischen einem Jäger - einem Angehörigen eines Naturvolkes - zu uns "zivilisierten" Menschen in den technisch hochentwickelten Industrienationen offenbart sich jedoch im Umgang mit unserer jeweiligen Nahrung. Ich habe von Jägern gelesen oder gehört, die das Tier, das sie getötet haben, dafür um Vergebung bitten, weil sie sonst - ohne das Fleisch des Tieres essen zu können - selbst sterben müssten. Vorher hat der Jäger möglicherweise einen erheblichen Aufwand treiben müssen, und hat vielleicht außerdem viel Glück gehabt, bevor er das Tier aufspüren und erlegen konnte.

Wir hingegen greifen im Supermarkt einfach ins Regal oder in die Tiefkühltruhe. Die Pappschachtel mit Chicken-Nuggets, die Dose "Corned Beef" oder die in Plastik eingeschweißten Mettwurstscheiben, die wir dann in den Einkaufswagen legen, erinnern in der Regel nicht im Geringsten an ein totes Tier.

Wir haben völlig den Bezug zur Herkunft unserer Nahrung verloren. Wir haben alles im Überfluss. Wir kaufen das Fleisch toter Tiere auch schon mal einfach so im Vorübergehen. Wir essen den auf die Schnelle für einen Euro erworbenen Chicken-Snack, weil uns gerade danach ist - nicht weil es für unsere Ernährung unbedingt notwendig wäre. Dabei verschendet niemand bei uns auch nur einen Gedanken an den qualvollen Leidensweg des Huhns, das dafür an den Beinen mit dem Kopf nach unten an einem Fließband aufgehängt von rotierenden Messern enthauptet wurde - oder an die Qualen des Mastschweins, oder die des Rinds, ...

In meinen Augen zeigt sich die wahre "Bestie im Menschen"
bei etwas genauerem Hinsehen eher bei uns "zivilisierten"
Menschen, als bei den Jägern der Naturvölker, die jedem
Tier, das sie für ihre Ernährung töten, die gebührende Achtung erweisen.


(Quellen: TAZ vom 15.01.2010, Wikipedia, Hauptsache Tierschutz e.V., Wolf-Dieter Stortl - Gibt es vegetarisch lebende Naturvölker?)

3 Kommentare:

Wasserfrau hat gesagt…

Guten Abend Juwi

Danke für den informativen Beitrag, den Artikel von Storl habe ich abgespeichert, den werde ich später noch lesen, das interessiert mich. Das habe ich auch schon gehört, wegen dem um Vergebung bitten von Jägern von Naturvölkern.

Wenn wir wenigstens, wenn wir schon Fleisch essen, uns bewusst machten, dass ein Lebewesen sich geopfert hat, dass wir uns ernähren können, und ihm entsprechend Respekt und Dank zollten, dann wäre schon viel gewonnen.
Liebe Grüsse und schönes Wochendende
Elfe

kelly hat gesagt…

die datei möchte ich als link mit in meinem blog aufnehmen um immer daran erinnert zu werden.
*achtung vor dem leben* sollte der grundsatz allen handelns sein.
liebe grüsse nach brhv.!
kelly

Claudi hat gesagt…

Hallo Juwi,

ich bin durch Zufall hierher gekommen und habe Deinen Blog Artikel gelesen. Du scheinst sehr vernünftige Ansichten zu diesem Thema zu haben - ich muss zugeben, ich bin ein großer Tierfreund und wenn ich von Tierquälereien höre oder lese, dann überkommen mich oft einfach nur noch "Rachegelüste".
Es ist mir ein Rätsel, wie es sein kann, dass ein Hundebesitzer seinem Hund die Schnauze mit Klebeband zuschnürt und ihm zusieht, wie er grausam erstickt, wie Bauernhofkatzen auch heutzutage noch oft erschlagen oder ertränkt werden, wie Pferderipper weiterhin unerkannt ihre miesen Taten ausführen können - von Schlachttransporten, Pelztierfarmen & Co ganz zu schweigen. So viele Leute haben keinen Respekt vor Tieren (oder anderen Lebewesen), es ist einfach nur noch traurig. Und ich würde mir sehr wünschen, dass diese paar Jahre Haft und die Höchststrafe von 25000 Euro öfter eingesetzt werden würden. Es ist schließlich auch mehr als bekannt, dass die Vorstufe vieler Straftaten Tierquälerei ist...

Nächtliche Grüße, Claudi

P.S.: Zum Thema "Tiere sind Sachen" -> http://dejure.org/gesetze/BGB/90a.html

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