Gleichwohl scheint den "Rheinmetall"-Konzernlenkern bewusst zu sein, dass die Chancen für Exporte von schwerem Kriegsgerät in die Türkei derzeit gegen Null tendieren: Die türkische Armee setzt immer wieder Panzer in den mehrheitlich von Kurden bewohnten Regionen des Landes ein. Auf die Zivilbevölkerung nimmt sie dabei keine Rücksicht. Hierzulande kommt das "nicht gut an".
Die Türkei auf dem Weg ins politische Abseits
Im Verlauf der letzten Monate folgte in Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei ein neuer Tiefpunkt dem anderen. Herr Erdoğan (Türkei, Präsident) wirft der Bundesregierung Nazi-Methoden vor. Auf diese Weise versucht er sich gegen Kritik der Bundesregierung und anderer Länder wegen seines Vorgehens gegen regierungskritische Medien und Journalisten und aufgrund seines militärischen Vorgehens gegen die kurdische Bevölkerungsminderheit im Lande zur Wehr zu setzen.
Seine Meinung über "die Kurden" hat Herr Erdoğan in der letzten Zeit so oft zum Besten gegeben, dass daran wohl kaum noch Zweifel bestehen können: Alle Kurden - Männer, Frauen, Kinder, Greise, ... - in den Augen des Herrn Erdoğan sind das ohne Ausnahme alles Terroristen, die demzufolge bekämpft werden müssen. Insbesondere mit Blick auf die Aktivitäten des sogenannten "Islamischen Staats" (IS) in den Nachbarregionen der Türkei grenzt das aus meiner Sicht an Irrsinn. Immerhin waren es Kurden, die - im Gegensatz zu allen anderen Beteiligten - erste Erfolge im internationalen Kampf gegen das Terrorregime des IS verbuchen konnten.
Parallel dazu wurden in der Türkei seit dem Militärputsch im vergangenen Jahr so viele regierungskritische Journalisten inhaftiert, wie in keinem anderen Land der Welt - darunter auch der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel, der in Untersuchungshaft sitzt, weil ihm vorgeworfen wird, terroristische Aktivitäten zu unterstützen. Beweise dafür ist die Regierung unter Herrn Erdogan bis heute schuldig geblieben. Für die Regierung unter Herrn Erdoğan ist jeder Sender, jede Zeitung, jede Journalistin und jeder Journalist verdächtig, sobald er oder sie sich kritisch zu den politischen und militärischen Vorfällen im Land äußert.
Mit ihrem Vorgehen gegen die Opposition im Lande und ihrem Bestreben, ein autokratisches Regime mit einer übergroßen Machtkonzentration auf die Person des Präsidenten zu installieren, ist die türkische Regierung gerade auf dem besten Weg, sich von grundlegenden demokratischen Werten zu verabschieden und manövriert sich dabei international immer mehr ins Abseits. - Alles in allem sind das - vorsichtig ausgedrückt - "nicht gerade die besten Voraussetzungen" für einen Beitritt der Türkei in die Europäische Union.
Aussicht auf fette Gewinne
Die deutsche Rüstungsindustrie interessiert das alles nicht. Die Entwicklung in der Türkei und die Situation in den angrenzenden Ländern verprechen fette Gewinne. "Rheinmetall" setzt derzeit alles daran, um still und leise die Pläne für eine Panzerfabrik in der Türkei umzusetzen. An den deutschen Rüstungsexport-Bestimmungen vorbei will er sich auf diese Weise einen großen Panzerbau-Auftrag in der Türkei (Bau des "Altay"-Panzers) sichern. Darüberhinaus winken ein Auftrag aus Katar für eintausend gepanzerte Fahrzeuge sowie Aufträge weiteren Staaten, die es oftmals mit den Menschenrechten nicht so ganau nehmen. "Rheinmetall" sucht bereits Manager und Ingenieure für die geplante Panzerproduktion in der Türkei.
Darüber berichtet das gemeinnützige Recherchezentrum "Correctiv" in einem Online-Artikel auf seiner Internetseite vom 09.03.2017. Frau Dağdelen (Die Linke, Bundestagsabgeordnete) hatte die Bundesregierung kürzlich nach möglichen Waffenlieferungen in die Türkei gefragt. Herr Machnig (SPD, Wirtschaftsstaatssekretär) beantwortete ihre Frage mit dem Hinweis darauf, dass "die Beachtung der Menschenrechte" im Falle von Genehmigungen für Rüstungsexporte in den Augen der Bundesregierung ein "besonderes Gewicht" hat ... - sollte wohl heißen: "Keine Chance für Panzerexporte in die Türkei". Tatsächlich hat die Bundesregierung einem Bericht der "Zeit" vom 21.03.2017 zufolge - anders als sonst bei Rüstungslieferungen an Nato-Partner üblich - 11 Anträge für Waffenexporte in die Türkei abgelehnt.
Das demokratische Netzwerk "Campact" schreibt auf seiner Internestseite in einer 5-Minuten-Info über den Panzer-Deal, einer der beiden Geschäftspartner des "Rheinmetall"-Konzerns sei die türkische Firma BMC. Diese gehöre Herrn Ethem Sancak, der mit Herrn Erdoğan befreundet sei. Daneben sei Herr Sancak auch Inhaber mehrerer türkischer Zeitungen, die den inhaftierten Welt-Reporter Deniz Yücel als Terroristen verunglimpfen und Frau Merkel mit Hitler-Bärtchen zeigten.
Der zweite Partner in dem neuen Gemeinschaftsunternehmen sei die Firma "Etika Strategi" des Herrn Syed Mokhtar Albukhary (Malaysia). Dieser unterstütze über seine Privatstiftung finanziell die Stiftung des Herrn Bilal Erdoğan, einem Sohn des türkischen Präsidenten.
An BMC seien Vertreter des Golfemirats Katar beteiligt. Es gebe bereits Verhandlungen mit Katar bereits über die Lieferung von eintausend gepanzerten Fahrzeugen aus türkischer Produktion. Es sei nicht unwahrscheinlich, dass Katar die Fahrzeuge in die zahlreichen Brandherde des Nahen Ostens exportieren könnte - auch nach Syrien, Jemen, ... - Darüber hinaus solle der malaysische Geschäftspartner, Herr Albukhary, "Rheinmetall" zufolge bei der "Öffnung asiatischer Zielmärkte" behilflich sein.
- Im Klartext:
"Rheinmetalls" türkische Panzerfabrik soll die Konfliktherde in Nahost und Asien beliefern, ohne dass deutsche Rüstungsexport-Bestimmungen greifen!
Der "Stern" zitiert dazu in einem Artikel auf seiner Internetseite vom 04.04.2017 Herrn Arnold (SPD, verteidigungspolitische Sprecher) mit den Worten (Zitat): "Rheinmetall verspielt gerade mit seiner Geschäftspolitik seine Reputation in der Politik". Es sei zwar schwer, das Vorhaben auf politischer Ebene zu verhindern, aber notfalls müsse man aber darüber nachdenken, wie man rechtliche Wege finde, auch hier einzugreifen: "Rheinmetall provoziert das. .. Natürlich ist die Vergabe ein Mittel, um Rüstung in die gewünschte Richtung zu lenken."
Will heißen:Nach Angaben von "Rheinmetall" selbst, so heißt es im Artikel des "Stern" weiter, stehen bis zur Sommerpause des Bundestags noch fünfzehn größere Beschaffungsentscheidungen an. Das betreffe "mögliche Auftragseingänge" in Höhe von etwa zwei Milliarden Euro.
Die Bundesregierung könnte die Panzerfabrik-Pläne möglicherweise mithilfe der Vergabe von Rüstungsaufträgenaus dem Etat der Bundeswehr - Großkunde des "Rheinmetall"-Konzerns - an andere Anbieter stoppen.
Online-Appell
An dieser Stelle setzt ein Appell an die an die Mitglieder des Haushaltsausschusses des Bundestages, an Herrn Gabriel (SPD, Bundesaußenminister) und an Frau Merkel (CDU, Bundeskanzlerin) an, der von "Campact" initiiert wurde. Er lautet (Zitat):
Sehr geehrte Mitglieder des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages,
der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall will in der Türkei Panzer bauen - und damit die deutschen Rüstungsexportkontrollen umgehen. Die Panzer bedrohen die Zivilbevölkerung in der Türkei und in benachbarten Konfliktgebieten.
Verhindern Sie diesen Panzer-Deal! Machen Sie dem Konzern deutlich, dass sein Panzergeschäft mit Präsident Recep Erdogan Konsequenzen für milliardenschwere Beschaffungsaufträge der Bundeswehr hätte.
MfG ...
- Der Appell kann auf der Internetseite von Campact
online unterzeichnet werden ...
(Quellen: Stern vom 04.04.2017, Die Zeit vom 21.03.2017, Correctiv vom 09.03.2017, Stataista, Wikipedia )
1 Kommentar:
Es ist eine unglaubliche Sauerei,wie sich die Bundesregierung wegduckt.
Am 9.Mai -waehrend der Jahreshauptversammlung von Rheinmetall in Berlin rufen wir
zu einer Protest-Kundgebung auf:
www.leo-kette.de
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