Donnerstag, 11. August 2016

2 Flughäfen, die EEG-Novelle und ein Haushaltsloch

Für die Windindustrie auf der Luneplate soll der geplante Bau eines "Offshore-Terminals Bremerhaven" (OTB) Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Standorten bringen. Den ursprünglichen Planungen zufolge hätte es bereits 2014 in Betrieb gehen sollen. Es hatte sich jedoch kein Investor gefunden, der das OTB bei vertretbarem Risiko hätte wirtschaftlich betreiben können.

Die Stadt Bremerhaven und das Land Bremen halten trotzdem am Bau des OTB fest: Gebaut werden soll jetzt mit Steuergeldern. Für die Risiken, die privaten Investoren zu groß waren, wird dann später gegebenenfalls ebenfalls der Steuerzahler aufkommen müssen.


Die Umweltschutzorganisation BUND klagt gegen das OTB - aus Umwelt- und formalrechtlichen Gründen. Das Oberverwaltungsgericht-Bremen (OVG-Bremen) verhängte einen vorläufigen Baustopp für das OTB. Bis zu einer Klärung der formalrechtlichen Streitpunkte ist mit mindestens zwei Jahren zu rechnen. Falls es diesbezüglich - im Sinne der OTB-Befürworter - letztlich zu einer positiven Entscheidung kommen sollte, gehen anschließend die Auseinandersetzungen um die umweltrechtlichen Streitpunkte in die nächste Runde. Wenn überhaupt eines Tages mit dem Bau des OTB begonnen werden kann, dann werden bis dahin auf jeden Fall noch viele Jahre ins Land gehen.


Schließung des Fughafens Bremerhaven

Für das geplante OTB wurde der über viele Jahre hinweg mit hohem finanziellen Aufwand zu einem Regionalflughafen ausgebaute Flughafen in der Nachbarschaft der Luneplate geschlossen. Die für schwere Flugzeuge ausgebaute Start- und Landebahn soll - so der Plan - später einmal als Schwerlasttrasse für den Transport von Offshore-Windkraftanlagen von den Produktionsstätten auf der Luneplate zum geplanten OTB herhalten. Auf dem Bremerhavener Flughafen angesiedelte Firmen und der Flugbetrieb sind inzwischen notgedrungen auf den zivilen Bereich des Militärflughafens Nordholz ausgewichen. Auch der Bau einer Schwerlast-Verbindungstrasse zwischen dem geschlossenen Flughafen und den Standorten der Windindustrie ist mit Hochdruck vorangetrieben worden.

Aufgrund des vom OVG-Bremen verfügten Baustopps für das OTB dürfen bis zu dem Zeitpunkt, an dem feststeht, dass das OTB tatsächlich realisiert werden kann, keine baulichen Maßnahmen auf dem Gelände des Flughafens durchgeführt werden. Bisher wurden somit bereits Steuergelder in die Realisierung der Schwerlasttrasse und der damit einhergehenden Schließung des Flughafens versenkt, ohne dass es eine Garantie dafür gibt, wann - bzw. ob überhaupt - mit dem Bau des geplanten OTB begonnen werden kann.

Darüberhinaus fehlt jetzt der bisher immer als Standortvorteil - insbesondere für die im Breich des Fischereihafens und der Luneplate angesiedelten Firmen - beworbene Regionalflughafen. Das Ganze droht sich so langsam zu einem finanziellen und wirtschaftlichen Fiasko zu entwickeln.


Flughafen Nordholz ohne Genehmigung

Seit vielen Jahren gibt es Rechtssteitigkeiten zwischen einer örtlichen Bürgerinitiative und dem Betreiber des Zivilflughafens Nordholz. Kürzlich wurde öffentlich, dass das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg in zweiter Instanz festgestellt hat, dass es für den Betrieb des Militärflughafens Nordholz überhaupt keine Genehmigung gibt.

Zu der Erkenntnis, dass es eine förmliche Genehmigung für den Nordholzer Flughafen nie gegeben hat, war bereits zwei Jahre zuvor schon das Verwaltungsgericht in Stade gekommen. Eine Bestimmung aus der Nachkriegszeit im Zusammenhang mit dem Luftverkehrsgesetz, derzufolge alle bis zum 31.12.1958 angelegten Flughäfen als genehmigt betrachtet werden, komme für den erst 1959 gebauten Militärflughafen Nordholz nicht in Betracht.

Davon betroffen ist somit auch der zivile Teil des Flughafens, der für seinen Flugbetrieb auf die Infrastruktur des Militärflughafens angewiesen ist. Die Zukunft des Flughafens Nordholz und damit auch die neuen Standorte der ehemals auf dem Regionalflughafen Bremerhaven angesiedelten Firmen, sowie die des von Bremerhaven nach Nordholz verlegten Flugbetriebs ist damit insgesamt nicht sicher.


Novelle des Erneuerbare Energiengesetzes

Am 15.07.2016 beschloss der Bundestag eine Novelle des Erneuerbaren Energiengesetzes (EEG), die aufgrund der darin verankerten Einschränkungen für den Ausbau der Windenergie - insbesondere aber für den der Offshore-Windenergie - ein hohes wirtschaftliches Risiko für die in Bremerhaven ansässige Windenergieindustrie darstellt. Bis 2025 wird demzufolge der Ausbau der Offshore Windenergie um 31,5 Prozent gegenüber den ursprünglichen - ohnehin schon künstlich begrenzten - Ausbauzielen reduziert. Der Verlust von weiteren Arbeitsplätzen oder gar die Schließung kompletter Produktionsstätten der Windenergiebranche am Standort Bremerhaven ist daher nicht auszuschließen.


Ein Haushaltsloch

Ebenfalls am Freitag wurde bekannt, dass nach derzeitigem Stand im Haushalt der Stadt Bremerhaven ein Loch in Höhe von 17,4 Millionen Euro klafft. Dieses muss bis zum September dieses Jahres irgendwie gestopft werden, damit der Haushalt genehmigt werden kann.

Für 2017 würden sogar 25,4 Millionen Euro fehlen, heißt es in der Bremerhavener Nordsee-Zeitung. Die Politik müsse jetzt die Kraft haben, auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen. Große Investitionen, wie die Sanierung der maroden Kajen und Brücken könnten nur mittel- oder langfristig gelöst werden. Wenn das Geld dafür nicht vorhanden sei, müssten Reparaturen, die nicht unmittelbar erforderlich sind, auf spätere Jahre verschoben werden.

Auch über die Möglichkeit von Einsparungen müsse jetzt nachgedacht werden: Ohne Ausnahme. Die Rede ist in diesem Zusammenhang von der Zusammenlegung städtischer Gesellschaften und Einsparungen beim Personal. - Wieder einmal sollen also diejenigen ihren Kopf für Fehler hinhalten, die sie selbst nicht zu verantworten haben.

Zu derartigen Fehlern gehören unter anderem auch über Jahre hinweg versäumte Instandhaltungsmaßnahmen an der städtischen Infrastruktur (Stichwort "Kajen und Brücken") und an städtischen Immobilien. Die Erfahrung lehrt uns, dass sich diese Maßnahmen in der Regel am Ende immer als teurer erweisen, je länger sie zuvor hinausgezögert wurden. Wer meint, er könne hier jetzt den Rotstift ansetzen, der spart zur falschen Zeit am und falschen Ende.


Ich hätte da eine Idee

Wie wäre es denn, wenn man - anstatt die Probleme auf die Mitarbeiter der Stadt abzuwälzen - angesichts der ständigen Attacken der Bundesregierung gegen die erneuerbaren Energien und der daraus resultierenden ungewissen Zukunft der Windenergiebranche in Bremerhaven, auf den Bau des geplanten OTB verzichten würde? Im Jahre 2010 waren seitens der Politik für den Bau des OTB Investitionskosten in Höhe von 180 Millionen Euro veranschlagt worden. Inzwischen - sechs Jahre später - würde man damit wohl kaum noch auskommen. Hinzu kämen - nach Fertigstellung des Terminals - heute unabsehbare Subventionen für den Betrieb und die Instandhaltung.

Aber selbst wenn man nur mit den vor sechs Jahren tatsächlich veranschlagten 180 Millionen Euro kalkuliert, verblieben nach Abzug der für das Stopfen der aktuell bekannten Haushaltslöcher in den Jahren 2016 und 2017 rund 178 Millionen Euro, die dann für die Sanierung von Brücken, Kajen und sonstiger Instandhaltungsmaßnahmen, sowie für Investitionen in die marode Infrastruktur der Stadtteile zur Verfügung stünden. Auch die derzeit (noch) vorhandenen personellen Kapazitäten für die Bearbeitung dieser und anderer wichtiger Aufgaben in der Stadt und der Verwaltung wären dann weiterhin verfügbar. Wenn dann noch der Regionalflughafen Bremerhaven reaktiviert werden würde, könnten - für den Fall eines Verbots des Flugbetriebs in Nordholz - sowohl die dorthin umgesiedelten Firmen, als auch der Flugbetrieb des zivilen Teils des Nordholzer Flughafens nach Bremerhaven zurückkommen bzw. umziehen.


Nebenbei bemerkt bin ich nicht der einzige, dessen Überlegungen in diese Richtung gehen. Diese Zusammenstellung ist das Resultat aus Gesprächen mit diversen Menschen. Darunter gibt es ebenso solche, die der Windenergie eher skeptisch gegenüberstehen oder die ökologische Überlegungen in den Vordergrund stellen, wie auch solche, die sich für die Offshore-Windenergie begeistern und mit möglichen ökonomischen Aspekten werben - oder auch ganz normale Leute, alte und junge, die sich abseits der vorgenannten Positionen Gedanken über den Sinn und den Unsinn der Bremerhavener Lokalpolitik machen.

Aus meiner Sicht lassen sich die Befürworter und Gegner des OTB nicht in einfach so in ein "wirtschaftliches" und ein "ökologisches" Lager einordnen. Unter den "Ökonomen" gibt es solche die neben möglichen, bisher fiktiven Zukunftsaussichten auch die real existierenden Risiken sehen und auch den "Ökologen" ist natürlich an einem schnellen Ausbau der regenerativen Energien gelegen, unter denen die Windenergie eine wichtige Rolle spielt.
Die Frage ist nur:
Wie überzeugt man die verantwortlichen Politiker in der Bremer Landesregierung und in der Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung davon, mehr als 100 Millionen Euro von unseren Steuergeldern in aktuell dringendere Maßnahmen, statt in die ungewisse Zukunft eines Offshore Terminals für die bundespolitisch immer massiver ausgebremste Windenergie zu investieren?


(Quellen: Nordsee-Zeitung vom 08.07.2016, Sonntagsjournal vom 03.07.2016, Weser-Kurier vom 30.06.2016, BUND, Stiftung Offshore Windenergie )

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