Donnerstag, 7. April 2016

Bienen: Schmidt will Neonikotinoid-Verbot aufweichen

Der Fluch der Neonikotinoide (ARD-Magazin "W wie Wissen" vom 11.09.2015)

Im Juli 2015 sagte Herr Schmidt (CSU, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft) noch (Zitat): "Bienenschutz hat höchste Priorität." und unterzeichnete eine Eilverordnung, die den Handel mit neonikotinoidhaltigen Insektiziden und das Aussäen von damit behandeltem Wintergetreide-Saatgut verbietet.

Unter anderem stören Neonikotinoide die Orientierung der Bienen, die deshalb den Rückweg zu ihrem Bienenstock nicht mehr finden. Bienenvölker ganzer Regionen sind damit zum Aussterben verurteilt. Darüber gibt es inzwischen mehrere Studien - darunter auch eine am 08.04.2015 veröffentlichte Studie des europäischen Forscher-Netzwerks Easac - die das belegen.

Eine weitere Studie des deutschen Zoologen und Neurobiologen Randolf Menzel zeigt auf eindrucksvolle Weise "Wie Pestizide (Neonicotinoide) die Navigation, die Tanz-Kommunikation und das Lernverhalten von Bienen verändern". Herr Menzel hat Bienen mit Radar Transpondern ausgerüstet um Flugrouten von Bienen aufzuzeichnen und die Orientierungslosigkeit von neonikotinoid-belasteten Bienen im Vergleich zu unbelasteten Bienen zu dokumentieren.

Inzwischen haben sich die Prioritäten des Herrn Schmidt grundlegend verändert. Jetzt will er das Verbot für Neonikotinoide, mit dem er einmal den "millionenfachen Bienentod" verhindern wollte, aufweichen. Der "Süddeutschen Zeitung" liegt der Entwurf einer  geplanten Verordnung vor derzufolge es Ausnahmen für den Einsatz der verbotenen Insektizide bei verschiedenen Getreidesorten, wie Winterweizen, Winterroggen oder Wintergerste geben soll.

Nicht nur die Imker sind darüber empört. In einem Artikel auf ihrer Internetseite vom 29.03.2016 zitiert die "Süddeutsche Zeitung" Herrn Ebner (die Grünen, Bundestagsabgeordneter, Agrarexperte) mit den Worten (Zitat): "Minister Schmidt riskiert mit dem Vorhaben fahrlässig den Schutz von Bestäubern." Herr Haefeker (Deutscher Berufsimkerverband - DBIB) erwartet vom Landwirtschaftsministerium, dass der Verordnungsentwurf umgehend zurückgezogen wird. Dieser ignoriere den Stand der Wissenschaft, der deutlich zeige, wie schädlich Neonicotinoide seien.

Allein die Agrarchemie-Konzerne BASF, Syngenta und Bayer, denen ihr Profit wichtiger ist, als der Schutz der Bienen und die Sicherstellung unserer Ernährung wird des Ministers Kehrtwende freuen.

Vermutlich wird Herr Schmidt sich gedacht haben, die Öffentlichkeit werde von seiner Kehrtwende schon nichts mitbekommen. Damit ihm bewusst wird, dass er sich diesbezüglich gründlich täuscht, hat das demokratische Netzwerk "Campact" einen Online Appell mit folgendem Wortlaut initiiert:
Sehr geehrter Herr Minister Schmidt,

die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind eindeutig: Neonikotinoide sind mitverantwortlich für das Bienensterben. Sie selbst haben im letzten Jahr vor "millionenfachem Bienentod" durch die Pestizide gewarnt.

Daher fordere ich Sie auf: Handel und Aussaat von Saatgut, das mit Neonikotinoiden behandelt wurde, müssen vollständig verboten bleiben! Machen Sie keine Ausnahmen für Bienenkiller!

Der Appell kann auf der Internetseite von Campact online unterzeichnet werden.


Der BUND hatte vor einiger Zeit in einem Einkaufsratgeber auf die von Neonikotinoiden ausgehende Gefahr für die Bienen hinwiesen und war daraufhin vom Neonikotinoidhersteller "Bayer" verklagt worden. Infolge der immer deutlicheren Belege für die Kritik des BUND an den Neonikotinoiden, unterlag der Konzern vor Gericht: Der BUND darf weiterhin frei äußern, dass die neonikotinoidhaltigen Insektizide von Bayer "bienengefährdend" sind.

Das Vorgehen des Bayer Konzerns zeigt jedoch, dass die Agrarchemie-Konzerne nichts unversucht lassen, um Kritiker mundtod zu machen. Daher liegt der Verdacht nahe, dass auch die Kehrtwende Herrn Schmidts vom "Bienenretter" zur Konzernmarionette auf massive Intervention der Chemie-Konzerne zurückzuführen ist.

Andere Länder lassen sich nicht so einfach vor den Karren der Agrarchemie-Konzerne spannen. So hat beispielsweise die Nationalversammlung Frankreichs am 17.03.2016 die Konsequenz aus dem drohenden Aussterben der Bienen gezogen und ein Verbot von Neonikotinoiden beschlossen. Die Agrarchemie-Konzerne BASF, Syngenta und Bayer, denen der Schutz der Bienen und die Sicherstellung unserer Ernährung offenbar egal sind, werden über den Beschluss nicht sehr erfreut sein.


(Quellen: Süddeutsche Zeitung vom 29.03.2016, Neue Züricher Zeitung vom 18.03.2016, ARD-Magzin "W wie Wissen" vom 11.09.2015, Agrar Heute vom 22.07.2015, BMEL - Pressemitteilung vom 21.07.2015, WDR vom 23.04.2015, Die Zeit vom 23.04.2015, BUND - Pressemitteilung vom 11.03.2015, Campact )

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