Donnerstag, 13. Oktober 2011

Wir sind die 99 Prozent

"We are the 99% ..."

In Spanien oder in Griechenland gingen und gehen die Menschen gegen die ungerechte Lastenverteilung bei dem Versuch der Regierungen der EU-Länder, die "Euro-Krise" in den Griff zu bekommen, auf die Straße. Auch die Gewaltausbrüche in England, bei denen im August straßenweise ganze Häuserzeilen in Flammen aufgingen, führen viele auf solche sozialen Ungerechtigkeiten zurück.

Wie die Regierungen aller anderen EU-Länder, so hat auch die Bundesregierung beschlossen, weiteres Geld für einen erweiterten "Euro-Rettungsschirm" zur Verfügung zu stellen. Und auch wenn sie es bisher immer abgestritten hat: Die Zeichen mehren sich inzwischen auch in der wespenfarbenen Bundesregierung, dass mit einer Staatspleite zu rechnen ist.

Ich finde, wenn die EU-Staaten beschlossen haben, eine Währungsunion einzugehen, dann müssen sie auch füreinander einstehen. Anderenfalls war das ganze von vornherein ein totgeborenes Kind. Die katastrophale wirtschaftliche Situation in Griechenland haben nicht die "Leute wie du und ich" verursacht, sondern "die da oben" in der Regierung und in den Behörden Griechenlands. Gewinner des Systems waren auch in Griechenland immer die Konzerne und die Banken. Auslöffeln sollen die Suppe jetzt aber die "kleinen Leute". Ich kann gut nachvollziehen, dass sie sich dagegen zur Wehr setzen.

Wenn es um internationale Bürgschaften für die Bereitstellung neuer Gelder zur "Lösung der Euro-Krise" ging, dann hat die Bundesregierung bisher immer suggeriert, die vielen Millionen seien ja nicht weg. Es handele sich dabei ja "nur um Bürgschaften". Sollte es jetzt doch noch zu Staatspleite in Griechenland kommen, dann werden aus den Zahlen auf dem Papier unter Umständen schneller Löcher im deutschen Steuersäckel werden, als es der Bundesregierung lieb sein kann.

Ich denke, es wird Zeit, dass sie so langsam einmal mit der Wahrheit herausrückt. Sollte die Bundesregierung mit "ihren Bürgschaften" für die mögliche Insolvenz Griechenlands geradestehen müssen, dann werden es nämlich "unsere Steuergelder" sein, von denen dann wieder diejenigen profitieren werden, die schon bisher die Nutznießer des Systems in Griechenland waren. Wenn unsere finanzielle Unterstützung nicht bei den Menschen in Griechenland ankommt, dann läuft "da oben" etwas ganz gehörig aus dem Ruder. Ich fürchte, die Lebensumstände der breiten Masse der Bevölkerung Griechenlands werden sich auch nach einer Entschuldung des Landes noch weiter verschlechtern.

Aufgrund der finanziellen Verpflichtungen aus den Bürgschaften für Griechenland, werden auch wir wieder immer häufiger zu hören bekommen, die Sparanstrengungen müssten noch um ein vielfaches verstärkt werden - will heißen: Wir werden den Gürtel noch enger schnallen müssen. Bei vielen unter uns, die bereits jetzt am wirtschaftlichen Existenzminimum leben, gibt es dafür jedoch kaum noch Spielraum.

Zur "Euro-Krise" hinzu kommt noch, dass inzwischen weltweit Befürchtungen zu hören sind, die europäische Krise könne sich schnell zu einer neuen Weltwirtschaftskrise ausweiten. Davor haben vor allem wohl die USA Angst, um deren Haushaltssituation es ja ohnehin schon alles andere als gut bestellt ist.

Die letzte, von dort ausgegangene Weltwirtschaftskrise war kaum überwunden, als das Spiel der Börsen die Banken weiterging wie bisher. Weltweit war damals von den politisch Verantwortlichen zu hören gewesen, die Finanzjongleure würden zukünftig in die Schranken verwiesen werden.

Wie wir heute wissen, war das ganze Gerede während der Krise nichts als heiße Luft. Unter den Folgen dieser Ignoranz haben auch in den USA immer mehr die "Leute wie du und ich" zu leiden. Seit einigen Wochen gehen sie auch dort jetzt auf die Straße - genauer gesagt, auf die Wallstreet. Aus dem, was dort als Protest einiger weniger begann, ist inzwischen eine Massenbewegung geworden. Auch in anderen Städten der USA gehen die Leute inzwischen auf die Straße. Sie demonstrieren für die 99 Prozent der Bevölkerung, denen es immer schlechter geht, während ein Prozent der Bevölkerung den finanziellen Reichtum des Landes unter sich aufteilen.

Dabei "jammern" wir alle - einschließlich der Menschen in Griechenland - noch auch einem relativ hohen Niveau. Den weitaus meisten Menschn in der Welt geht es noch viel schlechter und viele von ihnen fristen ihr Leben unter menschenunwürdigen Bedingungen am physikalischen Existenzminimum. Diese Menschen sind die wahren Verlierer der wirtschaftlichen Globalisierung. Es ist höchste Zeit, dass der Globalisierung des Kapitalismus eine soziale Globalisierung entgegengesetzt wird. Sonst könnte es eines Tages passieren, dass diejenigen, die nicht einmal mehr genug zu essen haben, sich bei uns das holen, was wir ihnen vorenthalten. Dem werden wir - Menschen in aller Welt "wie du und ich" - vorbeugen müssen. Die multinationalen Konzerne, die Banken und ihre politischen Handlanger haben daran nämlich keinerlei Interesse. Denen geht es auch weiterhin ausschließlich um die Maximierung ihres Profits.


15. Oktober: Weltweiter Aktionstag

In einer E-mail an den Verteiler schreibt das "Attac"-Netzwerk, im Verlauf der letzten Monate sei deutlich geworden, mit welcher Ignoranz die Mächtigen und die politischen Entscheidungsträger öffentliche Kassen plündern, um ein Bankenrettungspaket nach dem anderen aufzulegen und so für die Banken neues Geld für's Finanzcasino bereitzustellen.

Bereits im Juni 2011 hatte die spanische Bewegung "Democracia Real Ya! für den 15. Oktober zu einem europäischen Aktionstag aufgerufen. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass daraus ein internationaler Aktionstag werden wird. Wann und wo weltweit, in Europa und in Deutschland Aktionen stattfinden werden, ist auf der interaktiven Weltkarte von "15o - 15.10.2011 united for #gobalchange" zu sehen. Weitere Informationen und der Aufruf von Attac finden sich auf der Internetseite des "Attac"-Netzwerks, sowie auf den Seiten von "takethesquare.net" (englisch) oder "15october.net" (mehrsprachig).

Auch in dem "15o"-Video zu Anfang dieses Artikels werden die Orte und Zeiten von Demonstrations-Veranstaltungen eingeblendet, die deutschland- und europaweit in vielen großen Städten stattfinden werden.


(Quellen: Frankfurter Rundschau vom 12.10.2011, Kurier vom 10.11.2011, Neue Züricher Zeitung vom 09.10.2011, Die Welt vom 07.10.2011, Der Stern vom 07.10.2011vHandelsblatt vom 07.10.2011, Stern vom 06.10.2011, TAZ vom 05.10.2011, Süddeutsche Zeitung vom 03.10.2011, Attac, 15o - 15.10.2011 united for #gobalchange, takethesquare.net [englisch])


2 Kommentare:

Wasserfrau hat gesagt…

Guten Abend Juwi

Auch bei uns gibt es am Samstag am 15. Oktober eine Demo vor der UBS und der Kreditanstalt auf dem Paradeplatz.

Ich weiss noch nicht ob ich hingehe, habe etwas Angst, wenn es in Schlägereien ausartet, ich bin ja nicht mehr die jüngste.

Wahrscheinlich werde ich doch hingehen, denn was sich diese grossen Banken leisten, ist ja echt skandalös und sobald es ihnen wieder etwas besser geht, machen sie im gleichen Stil weiter wie bisher.

Die Wirtschaft und die Politik haben sie anscheinend in ihrer Hosentasche, denn es scheint ihnen egal zu sein, was die Leute von der Strasse (Steuerzahler) über sie denken, sie streichen weiterhin dicke Bonis ein, als wäre nichts gewesen, das ist unglaublich!

Ich verstehe ja nichts von all diesen Finanzen, doch ich habe schon vor Jahren mein Weniges, was ich sparen konnte auf eine alternative Bank einbezahlt, wo der Sparende genau weiss, was mit seinem Geld gemacht wird.

Vor Jahren, damals als man erfuhr, dass einige Banken mit der Arpatheid in Südafrika geschäfteten, hatte ich mein "Aha-Erlebnis", das viele wahrscheinlich erst jetzt haben.
Liebe Grüsse aus Zürich und ein schönes Wochenende
Elfe

juwi hat gesagt…

@Elfe: Die Demonstrationen, an denen ich bisher teilgenommen habe, sind bisher glücklicherweise immer friedlich verlaufen. Ich halte aber immer die Augen offen, damit ich mich rechtzeitig zurückziehen könnte, falls in meiner Nähe einmal Leute auftauchen sollten, die auf Krawall aus sein könnten. | Leider ist man heute ja darauf angewiesen, zumindest ein Girokonto zu führen. Ansonsten wäre es vielleicht eine wirksame Maßnahme, wenn alle Leute ihr Geld von den Konten bei den Banken abheben und - wie in den alten Zeiten - wieder zu Hause "im Strumpf" aufbewahren würden. Dann hätten die Banker nichts mehr, womit sie spekulieren könnten.

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