Berechnungen der internationalen Umweltschutzorganisation "Greenpeace" zufolge könnte der Grenzwert von 0,3 Millisievert (mSv) am Atommülllager "Gorleben" in diesem Jahr überschritten werden. Am Ende des Jahres werde die Strahlenbelastung dort voraussichtlich bei 0,305 mSv liegen. Greenpeace fordert deshalb, den für Ende November 2011 geplanten Castor-Transport nach Gorleben abzusagen.
Herr Sander (FDP, Niedersachsen, Umweltminister) argumentierte demgegenüber mit einem voraussichtlichen Jahresgrenzwert in Höhe von lediglich 0,233 mSv. Greenpeace hat dem niedersächsischen Umweltministerium daraufhin vorgeworfen, es gehe von einer zu hohen natürlichen Radioaktivität aus und habe bei der Berechnung nicht alle Strahlungsarten berücksichtigt. Außerdem seien bei der Kombination verschiedener Messergebnisse erhebliche Fehler gemacht worden. Das berichtete der NRD am 26.10.2011 auf seiner Internetseite.
Die Anti-Atom-Organisation "contrAtom" zitiert dazu Herrn Smital (Greenpeace) auf ihrer Internetseite in einem Artikel vom 26.10.2011 mit den Worten:
"Die Zahlen sprechen eine klare Sprache, der Castortransport muss für dieses Jahr abgesagt werden. Bei der Bewertung des Ministeriums handelt es sich um klare Berechnungsfehler, bei denen es keinen Interpretationsspielraum gibt. Es scheint, als hätte Umweltminister Sander die Messwerte heruntergerechnet, um den geplanten Castortransport nicht zu gefährden."
Greenpeace hat eine "Analyse der Strahlenmessungen am Zwischenlager Gorleben" veröffentlicht (siehe unten, "Zum Weiterlesen). Aus dem Ministerium des Herrn Sanders hieß es zu den Vorwürfen, man werde die Berechnungen von Greenpeace prüfen ... - was immer das auch heißen mag.
Ist der Ruf erst ruiniert ...
Was die politischen Handlanger der Atomkonzerne angeht ist jedenfalls wohl nur eines sicher: "Ist der Ruf erst ruiniert, regiert sichs völlig ungeniert." Greenpeace hingegen hätte noch einen guten Ruf zu verlieren. Nach all den Atom-Lügen, die uns im Laufe der vergangenen 60 Jahre von Politikern diverser Parteien aufgetischt wurden, tendiere ich daher dahin, den Angaben von Greenpeace eher zu vertrauen, als denen der atomgesteuerten Politiker von CDU, CSU und FDP.
Die Anti-Atom-Organisation ".ausgestrahlt" wies bereits am 11.10.2011 in einer Pressemitteilung darauf hin, dass selbst den Zahlen der Betreiber zufolge der Grenzwert am Atommülllager längst überschritten sei. Jede weitere Einlagerung von Castor-Behältern hätte eine weitere Zunahme der Strahlenbelastung in Gorleben zur Folge. Zu den diesbezüglichen, ebenfalls am 11.10.2011 veröffentlichten Berechnungen des TÜV zitiert ".ausgestrahlt" Herrn Stay in seiner Pressemitteilung mit den Worten:
"Der TÜV kommt zu dem Ergebnis, dass auch bei der für November geplanten Einlagerung von elf zusätzlichen Castor-Behältern im Zwischenlager Gorleben der zulässige Strahlen-Grenzwert nicht überschritten wird. Dabei übernimmt er jedoch falsche Zahlen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt. Die hatte von den am Zaun von Gorleben gemessenen Werten einen so überzogenen Schätzwert für die natürliche Hintergrundstrahlung abgezogen, dass am Ende als Ergebnis null Gammastrahlung übrigblieb.
Dies ist auch insofern absurd, als selbst die Zwischenlager-Betreiber deutlich geringere Werte für die Hintergrundstrahlung angeben. Legt man diese Zahlen den Berechnungen zugrunde, kommt als Ergebnis bisher schon eine Überschreitung der Grenzwerte heraus. Durch die jetzt vom TÜV errechnete zusätzliche Strahlung durch die neuen Castoren, wird dieser unzulässige Wert noch einmal übertroffen.
Immer wieder in der Geschichte der Atomenergie-Nutzung wurden Gefahren von Behörden und Gutachtern so lange herunter gerechnet, bis alles ganz harmlos aussah. Das ging genau so lange gut, bis es gründlich schiefging. Erinnert sei nur an die jahrelangen Unbedenklichkeitserklärungen bezüglich der Atommüll-Lager Asse und Morsleben. Daraus scheinen die zuständigen Stellen nichts gelernt zu haben."
Wie in dem bereits angesprochenen Artikel des NDR zu lesen ist, werde im Falle einer Bestätigung der Zweifel an den offiziellen Strahlenmessungen auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) die Forderung von Greenpeace ebenfalls unterstützen. Der geplante Transport dürfe dann im Interesse der Bevölkerung und aller eingesetzten Polizeikräfte keinesfalls stattfinden. Auch die Opposition im niedersächsischen Landtag hat sich mehrfach gegen den geplanten Castor-Transport nach Gorleben ausgesprochen.
29. Oktober 2011 - Castor Aktionstag
Lokale Initiativen haben für den kommenden Samstag, dem 29. Oktober 2011, entlang der Castor-Transportstrecken viele kleinere Aktionen und Demonstrationen in den Zentren von mehr als 40 Städten, vor Bahnhöfen und in Zügen organisiert. An vielen Orten Deutschlands werden die Bürger ihren Protest gegen die verfehlte Atommüll-Politik der Bundesregierung und den für Ende November geplanten Castor-Transport nach Gorleben wieder auf die Straßen tragen. Sollte nach den massiven Protesten der vergangenen Jahre auch der für dieses Jahr geplante Atommüll-Transport - trotz aller berechtigten Bedenken und gegen den Willen der Mehrheit der Bürger! - durchgeboxt werden, dann würden damit erneut Fakten geschaffen, welche die von den politischen Handlangern der Atomkonzerne oft und gerne zitierte "Ergebnisoffenheit" wieder einmal als Verhöhnung der betroffenen Bevölkerung im Wendland entlarven würden. Dazu noch einmal Herr Stay in einer gestern veröffentlichten Pressemitteilung von ".ausgestrahlt" (Zitat):
"Noch immer wird in neun Atomkraftwerken Tag für Tag hochradioaktiver Müll produziert, von dem niemand weiß, wo er auf Dauer sicher gelagert werden kann. Die Suche nach einem Endlager ist in Deutschland grandios gescheitert: Die Projekte Asse, Morsleben und Gorleben zeigen, dass alle, die behaupten, das Atommüllproblem wäre lösbar, die Öffentlichkeit hinters Licht geführt haben."
Nach dem Willen der Atomkonzerne und ihrer politischen Handlanger sollen diese neun Atomkraftwerke noch über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren hinweg Unmengen weiteren Atommülls produzieren. Dabei wäre es Berechnungen unabhängiger Organisationen, wie wie zum Beispiel dem "BUND" oder "Greenpeace", durchaus möglich, dass Deutschland in nur vier Jahren aus der Atomkraft aussteigen könnte, ohne dass dadurch negative Folgen für die Sicherheit der Stromversorgung, den Klimaschutz oder die Energiekosten entstehen würden. Der zusätzliche Atommüllberg und das Risiko eines atomaren Super-GAUs mitten in Deutschland ließen sich damit immerhin um mehr als die Hälfte vermindern. Selbst das unverdächtige Umweltbundesamt (BMU) hält die Stillegung aller deutschen Atomkraftwerke immerhin bis 2017 für machbar. In seinem im Mai 2011 veröffentlichten Hintergrundpapier mit dem Titel "Umstrukturierung der Stromversorgung in Deutschland" vom Mai 2011 schreibt das BMU auf Seite 7 (Zitat):
".. Rund 10 GW [Anmerkung juwi: GW = Gigawatt] überschüssige Reservekapazitäten können bereits heute für die Stilllegung von Atomkraftwerken genutzt werden. Weitere rund 5 GW stehen nach Abzug der Stilllegungen von alten Bestandskraftwerken aus den derzeitigen Kraftwerksneubauten ab 2014 zur Verfügung. Weiterhin ist der Ausbau von Biomassekraftwerken mit ca. 1,4 GW bis 2015 zu erwarten. Zudem können gesicherte Leistungen durch den Ausbau der KWK [Anmerkung juwi: KWK = Kraft-Wärme-Kopplung] oder neuer Erdgas-GuD-Kraftwerke [Anmerkung juwi: GuD = Gas-und-Dampf] in Höhe von 5 GW bis 2017 verfügbar sein. Diese zusätzlichen Kapazitäten mit insgesamt 21,4 GW reichen bereits für den Ersatz aller Atomkraftwerke aus. .."
Protest und Widerstand im Wendland
Der "Castor-Aktionstag" am Samstag ist quasi der Auftakt zu den Protesten im Wendland die derzeit von vielen Organisationen und Initiativen im gesamten Bundesgebiet vorbereitet werden. Im Vorfeld des geplanten Atommüll-Transports aus der Atommüll-Aufbereitungsanlage bei La Hague (Frankreich) in das Atommülllager bei Gorleben (Deutschland, Wendland) wird es am 26. November erneut eine große Demonstration geben. Wie die Initiative "Anti-Atom-Oldenburg" auf ihrer Internetseite ankündigt, werden aus dem Nordwesten auch in diesem Jahr wieder Busse ab Oldenburg, Ostfriesland, Ammerland und Wesermarsch dorthin fahren. Buchungen für die Fahrt zur Demonstration würden in Küze auf der Internetseite von "Anti-Atom-Oldenburg" online möglich sein.
Wie ich von Frau Krein (Die Grünen, Stadtverordnetenfraktion Bremerhaven, Fraktionsgeschäftsführerin) gehört habe, wäre "Anti-Atom Oldenburg" bereit, den Wesermarsch-Bus über Bremerhaven fahren zu lassen. Falls eine ausreichende Anzahl von Atomkraftgegnern ab Bremerhaven zur Demonstration nach Gorleben fahren sollte, bestünde auch die Möglichkeit, mit einem Bus von Bremerhaven direkt nach Gorleben zu starten, was die Tingelei über die Dörfer in der Wesermarsch vermeiden würde. Damit sie abschätzen kann, ob sich der Aufwand lohnt, ist sie jedoch auf Rückmeldungen angewiesen (Anke Krein, Kontaktformular auf der Internetseite der Grünen).
- Nach der Aufkündigung des "Atomkonsens" aus dem Jahre 2000 seitens der wespenfarbenen Bundesregierung, ihrer Mauschelei mit den Atomkonzernen, ihrer "Laufzeitverlängerung" mit ihrem "Ausstieg aus dem Ausstieg aus der Nutzung der Atomenergie", aus dem wiederum auszusteigen sie sich nach dem Super-GAU in der japanischen Atomkraftanlage "Fukushima 1" und mehrfacher massiver Proteste hunderttausender Atomkraftgegner genötigt sah, und ihrem daraufhin bestenfalls halbherzig betriebenen Umbau der Energieversorgung in Deutschland, werde ich nicht eher Ruhe geben, bis auch das letzte Atomkraftwerk in Deutschland endgültig stillgelegt ist und eine nach Stand von Wissenschaft und Technik vertretbare und von der Mehrheit der Bundesbürger einvernehmlich akzeptierte Lösung für die Lagerung des Atommülls gefunden worden ist. Deshalb werde auch ich mich am 26. November wieder auf den Weg ins Wendland machen.
Zum Weiterlesen
(Quellen: contrAtom vom 26.10.2011, .ausgestrahlt vom 26.10.2011, NDR vom 26.10.2011, Greenpeace vom 25.10.2011, .ausgestrahlt vom 11.10.2011, NDR vom 07.10.2011, vom 27.09.2011 und vom 26.08.2011, BMU-Hintergrundpapier "Umstrukturierung der Stromversorgung in Deutschland" vom Mai 2011, BUND vom 12.04.2011, Greenpeace vom 07.04.2011, Anti-Atom-Oldenburg, Bündnis gegen den Castor 2011, Greenpeeace "Analyse")
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