Mittwoch, 19. Oktober 2011

Mit dem Essen spielt man nicht ...

WEED (Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung e.V.): Nahrungsmittelspekulation

... und schon gar nicht mit fremdem Essen. Am letzten Samstag haben weltweit hunderttausende Menschen gegen die Gier der Banken auf Kosten der Steuerzahler demonstriert. Am Sonntag schrieben Blogger im Rahmen des diesjährigen "Blog Action Day" und anlässlich des "Welternährungstags" weltweit über den verschwenderischen Umgang mit Nahrungsmitteln in den Industriestaaten auf der einen und den Hunger in der Welt auf der anderen Seite.

Einige Blogger thematisierten dabei auch die weltweite Spekulation der Banken mit Grundnahrungsmitteln wie Weizen, Reis oder Weizen. Damit schließt sich der Kreis. Die Verbraucherschutzorganisation "Foodwatch" arbeitet ebenfalls an diesem Thema und hat jetzt ihren Bericht "Die Hungermacher - Wie Deutsche Bank, Goldman Sachs & Co. auf Kosten der Ärmsten mit Nahrungsmitteln spekulieren" veröffentlicht.

Der Bericht kommt zu dem Schluss, das die Spekulation mit Agrar-Rohstoffen die Nahrungsmittelpreise in die Höhe treibt. Investmentbanken wie die "Deutsche Bank" und "Goldman Sachs" sowie die Verwalter von Versicherungen, Pensionsfonds und Stiftungen seien daher mitschuldig an den Hungersnöten in den ärmsten Ländern der Welt.

Besonders pervers empfinde ich es, wenn Banken und Versicherungen uns ohne unser Wissen quasi zu Mittätern machen, indem sie das Geld, das wir für unsere Altervorsorge sparen oder für gemeinnützige Zwecke stiften für die Investition in Wetten auf die Preise für Mais, Weizen und andere Nahrungsmittel missbrauchen. Zu Beginn der erst kürzlich überstandenen Weltwirtschaftskrise hieß es seitens der Bundesregierung, man werde den Spekulationen der Banken künftig enge Grenzen setzen. Passiert ist jedoch nichts dergleichen. Angesichts der Euro-Krise hört man jetzt wieder die gleichen leeren Worthülsen aus ihren Mündern. Glaubt etwa noch irgend jemand daran, dass den Worten der Politiker dieses Mal Taten folgen werden? Ich habe jedenfalls schon beim letzten Mal nicht daran glauben können. Leider haben sich meine Zweifel wieder einmal bestätigt.


Unverantwortliches unternehmerisches Handeln

"Foodwatch" schreibt, als eine der größten Investmentbanken der Welt beteilige sich auch die "Deutsche Bank" an diesem unmoralischen Spiel. In ihrem CSR-Report beschreibe sie ihr Handeln jedoch als "sozial und ökologisch möglichst verantwortungsvoll". Nachdem ich bei Wikipedia fündig geworden war, weiß ich jetzt, dass das Kürzel "CSR" für "Corporate Social Responsibility" (verantwortliches unternehmerisches Handeln) steht.

Wenn die Verantwortlichen der "Deutschen Bank" es als verantwortliches unternehmerisches Handeln bezeichen, Menschen in Entwicklungsländern, die inzwischen siebzig Prozent ihres Einkommens für Nahrungsmittel ausgeben müssen, zuerst in den wirtschaftlichen Ruin und anschließend in den Hungertod zu treiben, dann mögen sie ja vielleicht ein ruhiges Gewissen haben.

Ich kann einer solchen Logik jedoch absolut nicht folgen und schließe mich stattdessen uneingeschränkt der Forderung von "Foodwatch" an:
  • Schluss damit!
    Die einflussreiche Bank soll mit gutem Beispiel vorangehen und aus der Spekulation mit Nahrungsmitteln aussteigen.

Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, hat "Foodwatch" einen offenen Brief an Herrn Ackermann (Deutsche Bank, Geschäftsführer) geschrieben und einen Online-Appell initiiert. Damit wird Herr Ackermann aufgefordert, die unmoralische Zockerei mit Lebensmitteln zu beenden. Der Appell im Wortlaut:

"Sehr geehrter Herr Ackermann,

etwa eine Milliarde Menschen auf der Welt hungern und sind unterernährt. Allein im Jahr 2010 stiegen die Nahrungsmittelpreise um ein Drittel und mehr als 40 Millionen Menschen wurden dadurch zusätzlich in absolute Armut gestürzt.

Die Investmentbanken sind mitverantwortlich für diese Preissprünge. Sie lenken Anlegerkapital, das mit dem eigentlichen Handel von Rohstoffen wie Soja, Weizen oder Mais nichts zu tun hat, in die Warenterminmärkte. Dadurch entstehen Spekulationsblasen, die letztlich zu verteuerten Lebensmitteln führen.

Mittlerweile haben zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen überzeugende Belege für diesen Mechanismus gefunden. Dennoch argumentieren Banken und ihre Lobbyvertretung, der Weltbankenverband IIF, es gäbe noch keine eindeutigen Beweise dafür, dass diese Art der Spekulation die Lebensmittelpreise treibe und Hungersnöte verursachen könne – daher existiere auch kein Handlungsbedarf. Kritiker sollten doch bitte die Schädlichkeit dieser Kapitalanlagen nachweisen. Diese Auffassung ist zynisch: Nicht die Hungernden müssen die Schädlichkeit eindeutig belegen, sondern die Banken die Unschädlichkeit der Spekulation. Da Sie diesen Beweis nicht erbringen, gebietet schon das Vorsorgeprinzip, das auch im europäischen Recht verankert ist, eine Abkehr von Nahrungsmittelspekulationen, um Gesundheit und Leben von Menschen zu schützen.

Sehr geehrter Herr Ackermann, Sie sind Vorsitzender einer der größten Investmentbanken der Welt und stehen auch dem mächtigen Weltbankenverband IIF vor. Sie haben immensen Einfluss auf die Politik. Die Investmentbanken haben mit hochspekulativen Produkten die gesamte Weltwirtschaft in eine Krise und Millionen von Menschen ins Unglück gestürzt. Es ist an der Zeit für Wirtschaftslenker wie Sie, nicht nur das Interesse der Finanzindustrie, sondern auch das Wohl der Menschen im Auge zu haben und als verantwortungsvolle Weltbürger zu agieren.

Ich fordere Sie deshalb auf:

Widersetzen sie sich nicht mehr effektiver staatlicher Regulierung, um die schädliche Spekulation mit Nahrungsmitteln zu verhindern, sondern unterstützen Sie diese Regulierung aktiv!

Gehen Sie mit der Deutschen Bank voran und steigen Sie aus jeglicher Spekulation mit Nahrungsmitteln aus!

Mit freundlichen Grüßen,"


Jeder, der sich dem Appell ebenfalls anschließen möchte, kann diesen auf der Internetseite von "Foodwatch" online unterzeichnen.




Zum Weiterlesen:
  • Foodwatch
    "Die Hungermacher"
    Wie Deutsche Bank, Goldman Sachs & Co.
    auf Kosten der Ärmsten mit Nahrungsmitteln spekulieren
  • Misereor
    Unschuldsmythen
    Wie die Nahrungsmittelspekulation den Hunger anheizt


(Quelle: Foodwatch vom 18.10.2011, Frankfurter Rundschau vom 13.10.2011, ARD-Tagesschau vom 10.10.2011, Oxfam, WEED, Meine Landwirtschaft, Misereor)

2 Kommentare:

Frau Momo hat gesagt…

Ich hab auch schon unterschrieben. Spekulationen mit Lebensmitteln finde ich schlicht abartig.
Aber so ganz nebenbei sollte man auch mal seinen eigenen Konsum kritisch beleuchten.... Wir alle tragen nämlich dazu bei, das sich das lohnt.

juwi hat gesagt…

@Frau Momo: Da stimme ich dir zu. Wenn ich zum Beispiel in den Blogs, Zeitungen und Fernsehberichten der letzten Tage immer wieder höre und sehe, dass allein in den Mülleimern der Privathaushalte in den Industrieländern tonnenweise Nahrungsmitteln verschwinden, und daneben die Bilder aus Kenia, Äthiopien und Somalia sehe, dann schäme ich mich für unsere Konsumgesellschaft. Wenn sich an der globalen Situation etwas ändern soll, dann kann das nur von uns Bürgern ausgehen. Die "Global Player" in den Chefetagen der Konzerne, der Banken und Versicherungen und die Zocker an den Börsen haben nämlich keinerlei Interesse daran, dass sich etwas ändert. Veränderungen in Richtung eines weltweiten, sozialen Gleichgewichts wird es aber nur dann geben, wenn jeder von uns mit seinem alltäglichen Verhalten selbst aktiv dazu beiträgt und "denen da oben" immer wieder auf die Füße tritt - und zwar nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Nationale und internationale demokratische Netzwerke sowie die inzwischen weltweiten Proteste der sogenannten "Occupy"-Bewegung sind erste Schritte auf dem Weg in die richtige Richtung. Hoffentlich entpuppt sich diese Bewegung nicht irgendwann als Eintagsfliege. Wir alle werden nämlich einen langen Atem brauchen, bis irgendwann vielleicht einmal die ersten Ergebnisse sichtbar werden.

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