Mittwoch, 17. Februar 2010

Uganda plant Hexenjagd

Das Parlament von Uganda bereitet die Verabschiedung eines neuen Gesetzes gegen homsexuell veranlagte Menschen vor. Der Entwurf des Gesetzes in seiner derzeitigen Fassung sieht lebenslange Gefängnis- und Todesstrafen vor. Anfängliche Kritik aus dem Ausland, von Bürgerrechtlern und Aktivisten veranlasste Herrn Museveni (Uganda, Präsident) immerhin dazu, eine Überprüfung des Gesetzesentwurfs vornehmen zu lassen. An der Absicht, das Gesetz durchzusetzen, hat sich jedoch bisher nichts geändert.


"Tatbestände" und Strafen

Bereits jetzt sind gleichgeschlechtliche Sexualkontakte in Uganda strafbar und können mit Haftstrafen geahndet werden.

Würde das neue Gestzt Realität, dann stünde auf "homosexuelle Handlungen" lebenslange Haft. Serientätern würde die Todesstrafe drohen. Der Tatbestand einer "Serientat" ist im Gesetzentwurf jedoch nicht genauer definiert. Abgesehen davon, dass ein bis zu seinem natürlichen Tode inhaftierter Mensch nach seinem Tod wohl kaum noch in der Lage sein dürfte, eine weitere Serie derartiger homosexueller "Straftaten" zu begehen, ließe sich daher leicht alles mögliche als "Serientat" auslegen. Ich könnte mir vorstellen, dass bereits die Tatsache, dass Erwachsene Menschen unverheiratet sind, als "Beweis" für eine jahrelang heimlich verübte Serie homosexueller "Taten" ausreichen könnte, oder dass Frauen, die keine Kinder bekommen können, verdächtigt werden könnten, ein Verhältnis mit einer anderen Frau, anstatt - "wie es sich gehört" - mit einem Mann zu haben.

Aber auch Menschen, die selbst nicht homosexuell veranlagt sind, träfen drakonische Strafen. Beihilfe oder Begünstigung würde mit sieben Jahren geahndet. So würden unter anderem auch Mitglieder nichtstaatlicher Organisationen, die gegen die Ausbreitung des HIV-Virus kämpfen, 7 Jahre Gefängnis für die Förderung von homosexueller Handlungen riskieren. HIV und Homosexualität sind für viele Menschen in afrikanischen Ländern gleichbedeutend.

7 Jahre Gefängnis träfen auch jeden, der eine Wohnung oder ein Haus an homosexuelle Menschen vermietet. Damit steht meines Erachtens jeder Vermieter ständig mit einem Fuß in Gefängnis. Man kann es einem Menschn schließlich nicht an der Nase ansehen, mit wem er das Bett teilt.

Personen des öffentlichen Lebens können mit bis zu drei Jahre Haft bestraft werden, wenn sie "homosexuelle Handlungen" nicht innerhalb von 24 Stunden der Polizei melden. Angehörige und Freunde homosexueller Menschen müssten mit sieben Jahren Gefängnis rechnen, wenn sie diese nicht denunzieren. Ich befürchte, mit dem neuen Gesetz würden in dem afrikanischen Land die Schranken für eine Hexenjagd unvorstellbaren Ausmaßes geöffnet, welche die der Inquisition im mittelalterlichen Europa noch bei weitem übertreffen könnte.


Die Hetzer

Der Gesetzentwurf geht laut einem Bericht des "Spiegel" vom 9. Dezember 2009 auf das Betreiben von Vertretern erzkonservativer amerikanischer Glaubensgemeinschaften zurück, die Homosexualität durch "Heilung", Gebet und Therapie ausmerzen wollen. Vertreter der Regierung Ugandas spielten deren Einfluss herunter. Der Gesetzentwurf sei Ausdruck des Volkszorns über abstoßende Praktiken. Laut AVAAZ steht hinter den extremistischen Befürwortern der Todesstrafe gegen Homosexuelle eine kapitalkräftige Lobby.


Widerstand und Protest

Bürgerrechtler sehen in dem Papier einen Aufruf zum Hass und eine Gefahr für die Bemühungen zur Aids-Bekämpfung. Kritiker meinen, das angedachte Gesetz sei eine Reaktion darauf, dass sich Homosexuelle in ganz Afrika nicht mehr verstecken wollen. Bürgerrechtler, internationale Menschenrechtsorganisationen und Politiker aus aller Welt haben das geplante Gesetz scharf verurteilt.

Gideon Byamugisha:

Scharfe Kritik kommt selbst aus Uganda. Herr Byamugisha (anglikanischer Priester) schrieb an das internationale demokratische Netzwerk AVAAZ: "Es verletzt unsere Kultur, unsere Traditionen und religiösen Werte, die sich gegen Intoleranz, Ungerechtigkeit, Hass und Gewalt wenden. Wir brauchen Gesetze, die die Menschen schützen – nicht solche, die sie erniedrigen, lächerlich machen, verfolgen und massenweise töten."

Der 1959 geborene Kanoniker zweier Kathedralen - einer in Uganda und einer in Sambia - weiß seit 1991, dass er HIV-positiv ist. Indem er seine Erkrankung öffentlich machte durchbrach er das wichtigste Hindernis im Kampf gegen HIV. In vielen afrikanischen Ländern werden an HIV erkrankte Menschen automatisch mit Homosexuellen gleichgesetzt. Über HIV zu sprechen ist dort tabu. Herr Byamugisha schaffte mit seinem Wirken in der Öffentlichkeit ein Bewusstsein für die Krankheit. Unter anderem auch dafür wurde ihm Mai 2009 in Tokio der Niwano-Friedenspreis verliehen.

David Cato:

Herr Cato (Aktivist) wurde viermal zusammengeschlagen, zweimal festgenommen, aus seinem Job als Lehrer gedrängt und in der Presse geoutet. Seit dem tritt er für die Rechte homosexueller Menschen ein. Aktivisten wie Herr Cato halten feindliche Übergriffe gegen Homosexuelle für eine importierte Erscheinung, die auf die frühen Missionare zurückgehe. Für ihn ist der Hintergrund des Gestezentwurfs klar: "Wenn wir offen auftreten und unsere Rechte einfordern, dann machen sie eben Gesetze gegen uns. ... Das ist eine Frage des Sichtbarwerdens. ... Das ist ein Rückschlag. Aber ich hoffe, wir kommen darüber hinweg. ... Ich kann nicht glauben, dass so etwas im 21. Jahrhundert geschieht."

Frank Mugisha:

Herr Mugisha (Menschenrechtsaktivist) hält den Gesetzentwurf für dermaßen mangelhaft formuliert, dass man schon für eine einfache Umarmung ins Gefängnis wandern könnte: "Dieses Gesetz stachelt den Hass an. ... Wir machen Uganda zu einem Polizeistaat. Es wird die Menschen in den Selbstmord treiben." Herr Mugisha sagte gegenüber Amnesty International, er sei nie ohne seinen Pass unterwegs. Das bedeutet, er rechnet jederzeit damit sein Land verlassen zu müssen.

Navi Pillay:

Frau Pillay (UNO, Menschenrechtskommissarin) fordertet die Regierung in Uganda mit scharfen Worten auf das gegen Homosexuelle gerichtete Gesetz zu stoppen. Der Gesetzentwurf sei "offenkundig diskriminierend" und verletze internationale Menschenrechtsstandards. Das geplante Gesetz sehe "drakonische Strafen" für bekennende homosexuelle oder bisexuelle Menschen vor.

Barack Obama:

Herr Obama (USA, Präsident) sagte, es sei "nicht zumutbar, dass Schwule und Lesben verfolgt werden für das, was sie sind". Dies gelte für Uganda ebenso, wie für alle anderen Länder auch.

Menschen aus aller Welt:

Noch ist die Diskussionsgrundlage nur ein Gesetzentwurf, doch die Empörung darüber wird weltweit immer größer. Um Ugandas Menschenrechtler zu unterstützen und um zu versuchen, Leben zu retten, hat das internationale demokratische Netzwerk AVAAZ eine Petition an den Präsidenten und das Parlament Ugandas verfasst, die jeder unterzeichnen kann, der mithelfen möchte, ein großes Blutvergießen in Uganda zu verhindern.

Die Ablehnung dieser gefährlichen Gesetzesvorlage ist auch ein Zeichen gegen Diskriminierung und Intolleranz für andere Länder in Afrika.

Die Petition soll Ende dieser Woche von hochrangigen Bürger- und Kirchenvertretern an Präsident Museveni und das ugandische Parlament übergeben werden. laut AVAAZ hat die Regierung Ugandas bereits einen für diese Woche geplanten Aufmarsch anti-homosexueller Extremisten verboten. Der weltweite Druck zeigt also schon Wirkung!


(Quellen: ZDF Heute vom 09.12.2009, Der Spiegel vom 09.12.2009, Der Standard aus Östereich vom 15.01.2010, Google news vom 04.02.2010, HIV-Nachrichten.de vom 22.02.2009, Amnesty International, AVAAZ)

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hallo Juwi,

fassungslos hab ich dies gelesen - hatte von Avaaz die entsprechende Mitteilung ja auch bekommen, und hab die Petition natürlich gleich unterzeichnet.

Ich begreife Menschen nicht, die so denken und handeln ..und hoffe wirklich, daß sich das Gesetz verhindern läßt!

Nun hab ich auch mal weiter zurückgelesen .. und möchte deiner Mutter nachträglich und "unbekannterweise" meine Glückwünsche zu ihrem Ehrentag übermitteln ..alles erdenklich Gute für sie!

Das Foto von Probsteierhagen ist ja schön .. da sind wir im Urlaub schonmal dran vorbeigekommen. Und der Schnee-"Horror"-Text ist doch immer wieder witzig :-)

Viele herzliche Grüße schickt dir
Ocean :-)

viele herzliche Grüße zu dir,
Ocean

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