Dienstag, 2. Februar 2010

Gesundheitsreform nach Wespenart


Gesundheit: Bald unerschwinglich für Geringverdiener?

Vor der Bundestagswahl versprach die FDP, das Sozialsystem zu privatisieren und den Gesundheitsfonds abzuschaffen. Dafür soll eine Kopfpauschale eingeführt werden: Alle Arbeitnehmer zahlen den gleichen Betrag für die Krankenversicherung.

Das ist gut für die Arbeitnehmer mit hohen Einkommen und sehr schlecht für diejenigen unter uns, die ein geringes Einkommen haben.

In Zahlen sähe das in etwa so aus:
  • Einkommen: 800,-€
    Beitrag bisher: 60,-€
    Beitrag Kopfpauschale: ca. 150,-€
  • Einkommen: 2000,-€
    Beitrag bisher: 160,-€
    Beitrag Kopfpauschale: ca. 150,-€
  • Einkommen: 4000,-€
    Beitrag bisher: 290,-€
    Beitrag Kopfpauschale: ca. 150,-€

    (lt. Campact Kampagnen-Video)

Versprechen kann sich ja schließlich jeder einmal

Am 24.10.2009 berichtete die TAZ, Frau Merkel sei während einer Pressekonferenz am 18. September 2009 von einem Pressevertreter gefragt worden: "Können Sie den Bürgern versichern, dass sich die FDP in diesen Punkten definitiv nicht durchsetzen wird?" Frau Merkel habe darauf geantwortet: "Ja, das kann ich". Im Regierungsprogramm stehe, was die CDU verändern wolle. Das, was darin nicht stehe, wolle die CDU auch nicht verändern.

Auf Seite 36 des Regierungsprogramms der CDU/CSU kann jeder nachlesen, was darin steht: "Unser Ziel ist es, die Finanzierbarkeit der gesundheitlichen Versorgung zu sichern und die gesetzliche Krankenversicherung mittelfristig auch im Hinblick auf mehr Generationengerechtigkeit konsequent weiterzuentwickeln ...". Um festzustellen, was nicht darin steht muss man sich allerdings schon die Mühe machen, das gesamte Regirungsprogramm der CDU/CSU durchzulesen. Dann wird man allerdings feststellen, dass dort von einer Kopfpauschale à la FDP nicht die Rede ist.

Das Regierungsprogramm steht unter dem vollmundigen Titel "Wir haben die Kraft". Von dieser Kraft war jedoch bereits während der Koalitionsverhandlungen nicht mehr viel übrig. Sollten Herr Rösler (FDP, Bundesgesundheitsminister) und seine Partei ihre Pläne in der gelb-schwarzen Regierungskoalition durchsetzen, dann hätte die CDU/CSU ihr Wahlversprechen gebrochen. Wenn die CDU/CSU ihren gelben Juniorpartner in der schwarz-gelben Wespenkoalition mit seinen Forderungen allerdings nicht durchkommen lassen würde, dann hätte die FDP ihr Wahlversprechen gebrochen. Uups ... - aber versprechen kann man sich ja schließlich mal. (Wer auch immer ... - aber schön, dass die CDU/CSU so viel Kraft hat) - Ich habe mehr und mehr den Eindruck, dass die beiden Koalitionäre wohl doch nicht so richtig gut zueinander passen.


Kampagne für ein solidarisches Gesundheitswesen


Der deutsche Michel: "Da piekt doch wer?"

Das demokratische Netzwerk Campact hat eine Online-Kampagne gegen die Entsolidarisierung im Gesundheitswesen ins Leben gerufen, um damit die Kopfpauschale zu stoppen! Auf der Internetseite von Campact gibt es dazu einen Aufruf, den jeder unterzeichnen kann. Campact wird diesen Aufruf an Herrn Rösler, Herrn Schäuble (CDU, Bundesfinanzminister) sowie Herrn Seehofer (CSU, Vorsitzender) verschicken, in Anzeigen veröffentlichen und öffentlichkeitswirksam an Herrn Rösler übergeben.

Der Aufruf für ein solidarisches Gesundheitssystem lautet:

"Die Pläne der Bundesregierung zur Gesundheitsreform untergraben die Solidarität im Gesundheitswesen. Ihre Umsetzung wird auf dem Rücken von Patient/innen, Geringverdienenden und sozial Benachteiligten ausgetragen.

  • Mit der Kopfpauschale zahlen alle einen Einheitsbeitrag - egal, wie viel sie verdienen. Damit stemmen Menschen mit niedrigem Einkommen die Entlastung der Besserverdienenden. Den angekündigten Steuerausgleich müssten Millionen in Anspruch nehmen, was angesichts geplanter Steuersenkungen und leerer Kassen nicht finanzierbar sein wird.
  • Mit eingefrorenem Arbeitgeberanteil werden Kostensteigerungen in der Gesundheitsversorgung allein den Arbeitnehmer/innen aufgebürdet. Das hat eine kontinuierliche Kürzung des Nettolohns zur Folge, denn die Beitragssteigerungen werden sich nicht immer durch höhere Lohnabschlüsse ausgleichen lassen.
  • Zusatzversicherungen sollen ausgebaut und der Wechsel zu privaten Kassen erleichtert werden. Damit verstärkt sich der Wettbewerb um Gesunde und Gutverdienende, der das öffentliche Gesundheitswesen ruiniert. Medizinische Versorgung wird in einem bisher nicht gekannten Ausmaß vom Geldbeutel abhängen.

Deshalb fordern wir:

Die gesetzliche Krankenversicherung muss solidarisch und paritätisch finanziert unter Einbeziehung aller Einkommen weiterentwickelt werden. Sie soll dauerhaft allen Menschen eine gesicherte medizinische Versorgung hoher Qualität garantieren - unabhängig von Einkommen und Alter."


(Quellen: CDU/CSU, TAZ vom 24.10.2009, Campact)

2 Kommentare:

Dr. No hat gesagt…

... und da der Fehlbetrag von 35 Mrd. Euro niemals finanzierbar ist, kann man sich an zwei Fingern abzählen, wo das hinführt, nämlich zu umfassenden Leistungskürzungen. Das meiste, was nicht lebensnotwendig ist, wird dann aus eigener Tasche bezahlt werden müssen - bzw. wird bei Geringverdienern nicht aus eigener Tasche bezahlt werden können.

Das Proletariat wird dann durch sozialverträgliches Frühableben die Staatskasse sanieren und den Weg für weitere Steuererleichterungen bereiten. Willkommen im 19. Jahrhundert.

juwi hat gesagt…

Dr. No: Gestern abend in den ARD Fernsehnachrichten wurde berichtet, Herr Rösler habe seine politische Zukunft von der Zustimmung zu seiner Kopfpauschale abhängig gemacht. Etwas Druck aus der Bevölkerung, zusätzlich zur Ablehnung der Kopfpauschale von der CSU und einiger Politiker in den Reihen der CDU, könnte ihm den Entschluss zurückzutreten vielleicht etwas erleichtern.

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