Dienstag, 9. Februar 2010

Haiti: Industrieländer erlassen Schulden

Es ist immer wieder schön, wenn man zwischen all den Berichten über Probleme, Konflikte und Zerstörungen überall in der Welt auch einmal eine gute Nachricht in der Presse lesen kann. Zu den erfreulichen Nachrichten der letzten Tage gehört für mich zum Beispiel, dass die G7 Staaten USA, Japan, Deutschland, Frankreich, Großbritanien, Italien und Kanada dem vom Erdbeben zerstörten Haiti die Schulden erlassen wollen, die der kleine Staat auf der Karibikinsel Hispaniola direkt bei ihnen aufgenommen hat.

Der Schuldenerlass betrifft allerdings nicht die Schulden auf Kredite, die Haiti in der Vergangenheit beim Internationalen Währungsfonds (IWF), der Weltbank oder ähnlichen Organisationen aufgenommen hatte.

Insgesamt hat Haiti laut einem Bericht der Bremerhavener Nordsee-Zeitung vom 08.02.2010 im Ausland 890 Millionen Dollar Schulden. Diese Summe entspräche etwa 650 Millionen Euro. Rund 41 Prozent davon schulde es der Interamerikanischen Entwicklungsbank und weitere 27 Prozent der Weltbank - zusammen also rund 442 Millionen Euro. Die Deutsche Welle berichtete am 07.02.2010 sogar von 740 Millionen Euro Gesamtschulden Haitis im Ausland. Der Schuldenerlass der G7-Staaten wird somit irgendwo im Bereich zwischen 200 Millionen und bis zu 237 Millionen Euro liegen, wobei sicher auch ein Teil davon noch Schulden auf Kredite anderer Organisationen sind.

Trotzdem ist der vereinbarte Schuldenerlass der G7 Staaten eine Hilfe und eine humanitäre Geste der reichen Industriestaaten, die aufgrund ihrer gemeinsamen Entscheidung allerdings sicher nicht gleich am Hungertuch nagen werden. Frankreich erhält mit seiner Zustimmung zum Schuldenerlass zugleich die Möglichkeit, einen Teil seiner historischen Schuld gegenüber Haiti wieder gut zu machen.

Die ehemalige Kolonialmacht Frankreich hatte sich ihre Anerkennung Haitis als souveränen Staat im Jahre 1825 mit einer Entschädigungszahlung an die ehemaligen Plantagenbesitzer und Sklavenhalter in Höhe von 150 Millionen Franc versilbern lassen. Diese Summe wurde zwar 13 Jahre später beim Abschluss eines Handelsvertrags zwischen Frankreich und Haiti mit 60 Millionen Franc mehr als halbiert, aber zusammen mit der Auflage, den Betrag in 30 Raten bis 1867 zu begleichen, wurde die haitianische Wirtschaft damit trotzdem grundlegend ruiniert.

Es wäre schön, wenn der Schuldenerlass der G7-Staaten von den anderen Kreditgebern als Signal verstanden werden würde, und die Weltbank und die Interamerikanische Entwicklungsbank sich ebenfalls zu einem Schuldenerlass durchringen könnten. Nach Aussage von Herrn Flaherty (Kanada, Finanzminister) wollen sich die G7-Staaten beim Internationalen Währungsfonds (IWF) und anderen Institutionen für einen weiteren Schuldenerlass einsetzen. Man wolle darauf hinarbeiten, dass dies bald geschehe.

Für die Weltbank, die in der Vergangenheit hin und wieder mit der Vergabe von Krediten für fragwürdige Projekte von Industrienationen in Entwicklungsländern auffiel, wäre das immerhin eine Gelegenheit, ihr dadurch international ramponiertes Image wieder etwas aufzupolieren. Ein Ansporn für die Weltbank, die 1944 einmal als "Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung" gegründet wurde, könnte zum Beispiel sein, dabei mitzuhelfen, eine Äußerung von Herrn Brown (Großbritanien, Premierminister) zu verwirklichen, und damit ihrem eigentlichen Auftrag gerecht zu werden. Die Nordsee-Zeitung zitierte Herrn Brown gestern in ihrem Bericht mit den Worten:

"Ein Land, das unter Schutt begraben ist,
muss nicht noch unter Schulden begraben sein."


(Quellen: Nordsee-Zeitung vom 08.02.2010, Wikipedia, Greenpeace, Deutsche Welle vom 07.02.2010)

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