Impressionen vom Tag der Demonstration gegen TTIP in Berlin (10.10.2015)
mit Redebeiträgen - bzw. Ausschnitten daraus - zu den Kundgebungen
mit Redebeiträgen - bzw. Ausschnitten daraus - zu den Kundgebungen
Gerechnet hatten die Organisatoren mit etwa fünfzig- bis sechzigtausend Demonstranten. Vorsichtshalber hatten sie einhunderttausend Teilnehmer für die Demonstration gegen TTIP und CETA angemeldet. Am Ende füllten etwa eine viertel Million Menschen die Straßen von Berlin.
Leider - rückblickend vielleicht aber auch glücklicherweise - waren wir mit etwa einer Stunde Verspätung in Berlin angekommen. Wären wir rechtzeitig zum Begin der Auftaktkundgebung auf dem Washingtonplatz gewesen, hätten wir das Gelände der Auftaktkundgebung möglicherweise bis zum Ende der Demonstration nicht mehr verlassen können. Die "Zeit" berichtet in einem Artikel auf ihrer Internetseite vom 10.10.2012 (Zitat): "Als im Tiergarten bereits die Abschlusskundgebung lief, harrten noch immer 50.000 Demonstranten am Hauptbahnhof aus."
Den letzten Redebeitrag der Auftaktkundgebung habe ich vom gegenüberliegenden Ufer der Spree aus gehört. Thilo Bode (Foodwatch) machte unter anderem darauf aufmerksam, dass CETA möglicherweise "vorläufig" (!) in Kraft gesetzt werden könnte, bevor die Parlamente überhaupt die Gelegenheit haben würden, sich dazu zu äußern.
Im Vorfeld der Demonstration hatte ich mich gefragt, wie denn wohl fünfzig- bis sechzigtausend Menschen auf dem Stern, wo die Abschlusskundgebung stattfinden sollte, Platz finden sollten. Die Veranstalter hatten jedoch auf der Straße des 17. Juni zwischen dem Brandenburger Tor und dem Stern großflächige Video-Monitore und Lautsprechersäulen aufgestellt, so dass alle, die es bis dorthin geschafft hatten, die Chance hatten, etwas von der Abschlusskundgebung mitzubekommen.
Mein Video zeigt Impressionen vom Tag der Demonstration am 10. Oktober 2015 mit den Reden von Thilo Bode (Foodwatch), Hubert Weiger (BUND), Ben Beachy (Sierra Club, USA), Prof. Christian Höppner (Deutscher Kulturrat) und Dr. Ulrich Schneider (Paritätischer Gesamtverband).
Nett gemacht: Aber TTIP ist mehr, als nur ein Halloween-Spuk! |
- Und: Viele unserer Vorfahren haben ihren Kampf mit ihrem Blut bezahlt!
Herr Weiger stellte in diesem Zusammenhang die Frage, in was für einem Land wir denn leben, in dem international operierende Konzerne geltendes Recht zu ihren Gunsten außer Kraft einfach setzen können. Es könne ja wohl nicht angehen, dass sich in unserem Land nur noch die Bürger, nicht aber die Konzerne an die Gesetze halten müssen.
Herr Beachy wies darauf hin, dass es - ebenso wie in Europa - auch in den USA große Widerstände gegen die geheimgehaltenen, zum Teil jedoch trotz alledem bekanntgewordenen Inhalte der TTIP-Verhandlungen gibt. Seine amerikanischen Landsleute, die sich dagegen zu Wehr setzen, seien deshalb aber ebensowenig "gegen Europa", wie wir hierzulande "gegen die USA" seien. Richtig sei hingegen, dass wir alle gemeinsam gegen TTIP sind und auf beiden Seiten des Atlantiks für den Erhalt unserer gemeinsamen grundlegenden demokratischen Rechte kämpfen.
Zu Beginn seiner Rede entschuldigte Herr Beachy sich dafür, dass er kein Deutsch spricht. Er würde aber langsam sprechen. Für alle, die der englischen Sprache nicht mächtig sind, fassten die Moderatoren die Inhalte seiner Rede im Anschluss aber noch einmal kurz zusammen.
Herr Höppner informierte in seiner Rede unter anderem darüber, dass mehr Menschen in der Kulturwirtschaft arbeiten, als beispielsweise in der Automoilindustrie oder in der chemischen Industrie. Er forderte die Politik auf, sich dementsprechend endlich auch für diesen Wirtschaftzweig einzusetzen. Mit TTIP würde die marktbeherrschende Stellung multinationaler Konzerne wie Google, Emmerson, Apple und Co. weiter gestärkt werden. Der Erhalt der Vielfalt unserer Kultur und unseres kulturellen Erbes, das Urheberrecht etc. dürften jedoch nicht den Interessen multinationaler Konzerne geopfert werden.
Herr Schneider zeigte sich äußerst erbost über einen Artikel auf der Internetseite des Spiegel, der die Teilnehmer an der Berliner Demonstration gegen TTIP pauschal in die "braune Ecke" stellt (Zitat): ".. Und es wird geradezu abartig und unerträglich, wenn wir heute auf 'Spiegel online' lesen müssen, wir, Gewerkschaften, Umweltverbände, Sozialverbände, würden Hand in Hand laufen mit Rechtsnationalisten. Das ist eine Schweinerei! .. Wenn hier tatsächlich braune und Rassisten unter uns sein sollten, dann sag' ich: 'Haut ab! Mit Braunen, mit Rechten und Rassisten haben wir, die Zivilgesellschaft, nichts zu tun!' .."
Ebenso deutlich ging er gegen Verunglimpfungsversuche aus den Reihen der Bundesregierung vor, die uns, die wir für unsere Demokratie kämpfen, unterstellten, wir seien "einfach strukturiert" und ließen uns vor den Karren einer "Empörungsindustrie" spannen, die letztlich doch nur auf Geld aus sei.
Im Gegensatz zu ihren Vorredern erntete Frau Schwan während ihrer Rede nicht nur Applaus. Nachdem im weiteren Verlauf ihrer Rede klar wurde, dass sie eine Paralleljustiz für Konzerne nicht grundsätzlich in Frage stellt, reagierten die Demonstranten mehr und mehr mit Unverständnis und Buh-Rufen.
... das erledigen stattdessen seine gewählten Volksverräter |
Zitate
- "I come here on behalf of the millions of people in the United States, who are not allowed to see, what our own Government is proposing for this deal, that will affect everything - from the food, we eat, to the air, we breathe."
Ich bin hier, für die Millionen Menschen in den Vereinigten Staaten, denen nicht erlaubt ist, zu sehen, welche Vorschläge unsere eigene Regierung in diesen Deal einbringt, der alles beeinflussen wird - von der Nahrung, die wir essen, bis hin zu der Luft, die wir atmen.
Ben Beachy (Sierra Club, USA)
- Wo, in welchem Lande leben wir, dass letztendlich Vorschriften zum Schutze der Umwelt nur noch für die Bürger gelten und nicht für das Kapital.
Hubert Weiger (BUND)
- Zieht diese Abkommen zurück, damit die Welt eine friedliche Zukunft hat. Und hört auf mit einem Export, der letztendlich Lebensgrundlagen vernichtet und damit die Ursache auch für Krieg, Not und Elend und am Ende für Flüchtlinge ist.
Hubert Weiger (BUND)
- Mit TTIP hätten Chevron und Exxon Mobile die Macht, Gesetze gegen den Klimawandel auf eurer Seite des Atlantiks anzugreifen, es würde Shell und BP ermächtigen, sie auf meiner Seite anzugreifen.
Ben Beachy (Sierra Club, USA)
- Wir knüpfen unsere eigenen transatlantischen Bündnisse. Euer Kampf ist mein Kampf. Euer Sieg ist mein Sieg. Wir gewinnen gemeinsam.
Ben Beachy (Sierra Club, USA)
- 250000 hier an der Siegessäule und Millionen Menschen in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union machen eines ganz deutlich:
Unser Bürgerprotest ist nicht das Ergebnis einer Betroffenheitsindustrie, wie so manche TTIP-Demagogen weismachen wollen, sondern das Resultat von Geheimverhandlungen und der Aushebelung demokratischer Mitwirkungsrechte.
Christian Höppner (Deutscher Kulturrat)
- Es ist doch grotesk, dass die Urheber mit TTIP weiter ins digitale Abseits geraten. Es ist doch grotesk, dass die öffentliche Förderung von Bildung, Kultur und Wissenschaft mit dem Argument der Marktverzerrung faktisch vielerorts nicht mehr möglich sein wird. Es ist doch grotesk, dass die völkerrechtlich verbindliche UNESCO-Konvention für kulturelle Vielfalt keine Rolle bei den TTIP-Verhandlungen spielt, weil die USA sie ablehnen. Und es ist doch grotesk, dass eine Sondergerichtsbarkeit das hohe Gut des Rechtsstaats in Frage stellt.
Christian Höppner (Deutscher Kulturrat)
- Bildung, Kultur und Wissenschaft stehen überwiegend in der Verantwortung der Bundesländer. Ich appelliere deshalb an die Ministerpräsidenten: Nehmen Sie Ihre Verantwortung für ein selbstbestimmtes Bildungs-, Wissenschafts- und Kulturleben wahr und stoppen Sie TTIP und CETA, sonst können Sie Ihre Kulturhoheit in der Pfeife rauchen.
Christian Höppner (Deutscher Kulturrat)
- Es geht ganz grundsetzlich - und deshalb sind wir hier - ganz grundsetzlich um die Frage wer eigentlich hier das Sagen haben soll. Wer soll künftig eigentlich bestimmen, wie wir landwirtschaft betreiben wollen, wie wir Umweltschutz machen wollen, welche Arbeitnehmerrechte wir durchsetzen wollen und welche sozialen Standards wir haben wollen. Sollen das noch die Menschen sein, oder sollen es nur noch Konzerne sein, mit ihren Profitinterressen.
Ulrich Schneider (paritätischer Gesamtverband)
- Diese Land, dieses Europa und diese Welt gehöhrt allen Menschen, allen Menschen, und nur multinationalen Konzernen. Wir haben deshalb keine Lust zuzusehen, wie unsere Errungenschaften in der Kultur, im Umweltschutz, in der Landwirtschaft, bei den Gewerkschaften aber auch gerade im Sozialen, geopfert werden sollen auf dem Altar der Profitinteressen von Großkonzernen.
Ulrich Schneider (paritätischer Gesamtverband)
- Es scheint mir, dass sich einige Dinge geändert haben seit den Rebellionen seit 1848, aber in Wahrheit gehen die Auseinandersetzungen und Kriege überall auf der Welt weiter. Und die Frage: "Wessen Welt ist das?", ist sehr relevant in Bezug auf TTIP.
David Rovics
Am Ende meines Videos ist David Rovics aus den USA mit seinem Lied "Landlord" zu sehen und zu hören. Der Text des Liedes ist auf seiner Internetseite zu finden.
(Quellen: Spiegel vom 10.10.2015, Spiegel vom 10.10.2015, Die Zeit vom 10.10.2015, Handelsblatt vom 10.10.2015, nrc.nl vom 10.10.2015 [niederländisch], ORF vom 10.10.2015, rbb vom 10.10.2015, Reuters vom 10.10.2015, Spiegel vom 10.10.2015, Stern vom 10.10.2015, Tagesschau vom 10.10.2015, Tagesspiegel vom 10.10.2015, taz vom 10.10.2015, ZDF-Heute vom 10.10.2015, Campact Blog vom 11.10.2015, Deutsche Wirtschafts Nachrichten vom 11.10.2015, MDR vom 11.10.2015 )
1 Kommentar:
Hoffen wir, dass es etwas bringt!
Aber die wirklich Mächtigen, die auch „mächtig“ Geld an den ganzen Schweinereien verdienen, wird das wohl wenig interessieren. Die machen doch eh, was sie wollen.
Eine viertel Million Menschen.....ist eine ganze Menge. Man müsste doch meinen, dass es tatsächlich was hilft.
Hat man eigentlich in den Medien etwas davon gesehen? (Ich weiß es nicht, weil ich nicht fernseh schaue.)
Nun,....wir werden sehen.
Und offensichtlich wissen die Leute doch, wie „demonstrieren“ geht! (Zwinker)
Liebe Grüße aus Thüringen
Grey Owl/Rosi....vom Buchenhain.
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