Herr de Maizière (Bundesinnenminister) verkündete am 17.11.2010, der Hinweis eines ausländischen Partners deute auf Bestrebungen der Terrororganisation Al-Qaida hin, noch Ende November in Europa, möglicherweise auch in Deutschland, einen Anschlag zu verüben. Bereits seit Mitte des Jahres 2010 würden die Sicherheitsbehörden verstärkt entsprechende Hinweise verzeichnen.
Die Anschlagsversuche auf den internationalen Frachtflugverkehr Ende letzten Monats hätten die Anpassungsfähigkeit und die Beharrlichkeit der Terroristen bei der Verfolgung ihrer Ziele verdeutlicht und gleichzeitig die Zuverlässigkeit mancher Hinweise belegt. Unabhängig davon hätten aktuelle eigene Ermittlungsergebnisse des Bundeskriminalamts erneut die nachhaltigen Bestrebungen islamistischer Gruppen zu Anschlagsplanungen in der Bundesrepublik Deutschland bestätigt.
Nach dieser Ankündigung Herrn de Maizières kamen natürlich postwendend wieder die ewig gleichen Rufe nach neuen Gesetzen. So auch dasjenige zur verdachtsunabhängigen Vorratsdatenspeicherung, das am 1. Januar 2008 in Kraft getreten und am 2. März 2010 wegen Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz für nichtig erklärt worden war.
Die Tagesschau berichtete am 18.10.2010, Herr de Maizière habe für derartige Forderungen kein Verständnis. Mit deutlichen Worten habe er sich dagegen ausgesprochen, angesichts der erhöhten Terrorgefahr in Deutschland vorschnell nach neuen Gesetzen zu rufen. Er wolle für seine Person jeden Eindruck vermeiden, dass die Situation in irgendeiner Weise für rechtspolitische Vorhaben instrumentalisiert werde. Mit Blick auf den Streit um die Vorratsdatenspeicherung habe er betont, das sei jetzt nicht die Stunde, auf dem Rücken dieses Themas rechtspolitische Auseinandersetzungen zu verschärfen oder abzumildern.
Auch Frau Leutheusser-Schnarrenberger (Bundesjustizministerin) bleibe bei ihrer ablehnenden Haltung. Sie habe gegenüber der "Rheinischen Post" gesagt, der sicherheitspolitische Mehrwert dieser grundrechtssensiblen Datenberge werde zu Recht bezweifelt. Ihr Ministerium arbeite stattdessen an einer anlassbezogenen Vorratsdatenspeicherung, die bei konkreten Verdachtsmomenten die routinemäßige Löschung von Verbindungsdaten unterbinde.
Kein Schutz gegen unsichtbare Mörder
Gegen hinterhältige Terroranschläge auf eine Zivilgesellschaft gibt es keinen Schutz. Diesbezüglich mache ich mir keinerlei Illusionen. Neue Gesetze, die letztlich das Ende unserer freiheitlichen Demokratie bedeuten würden, dienen den Zielen anderer Kräfte im eigenen Land, welche die Aktivitäten der Terroristen lediglich für ihre eigenen Machtbestrebungen auszunutzen versuchen. Gegen die unsichtbaren Mörder kann man sich weder mit einer technisch hochgerüsteten Armee, noch mit geheimdienstlichen oder polizeilichen Mitteln wirkungsvoll schützen. Ich befürchte, es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Terroristen ihre nächsten Opfer finden werden - auch bei uns.
Dafür, dass Deutschland offenbar immer mehr zum wahrscheinlichen Ziel von Terroranschlägen wird, ist nach meiner Einschätzung neben der jahrelangen deutschen Militärpräsenz in Afghanistan, sowie einigen weiteren Aspekten, auch das unüberhörbare Säbelrasseln unseres ehemaligen Bundespräsidenten und des derzeitigen Verteidigungsministers verantwortlich. Wer öffentlich verkündet, er wolle seine Wirtschaftsinteressen weltweit mit militärischen Mitteln durchsetzen, der muss sich nicht wundern, wenn andere solchen Kriegsdrohungen mit eigenen Gewaltakten zuvorzukommen versuchen.
Wer meint, der Krieg in Afghanistan sei weit weg, der irrt sich gewaltig. Die Angehörigen der in Afghanistan ums Leben gekommenen deutschen Soldaten werden das wissen. Spätestens dann aber, wenn die Terroristen auch in Deutschland ihre ersten Opfer gefunden haben werden, wird bei den meisten unter uns die Erkenntnis einkehren, das der Krieg auch wieder nach Deutschland gekommen ist.
Wie schon gesagt, gibt es keinerlei wirksamen Schutz gegen den internationalen Terror, und schon gar nicht gegen Selbstmordanschläge. Sollten die Menschen, die mir nahestehen, oder ich selbst einmal einem solchen Anschlag zum Opfer fallen, mache ich neben den Attentätern und ihren Drahtziehern hiermit schon einmal vorsorglich alle diejenigen dafür verantwortlich, die mit Polizei und Militärgewalt an den Symptomen herumflicken, anstatt die Ursachen des Terrorismus zu benennen, ihnen auf den Grund zu gehen, und dem gewalttätigen Sumpf den Nährboden zu entziehen.
(Quellen: Bundesministerium des Innern, Tagesschau vom 17.11.2010 und vom 18.11.2010, Rheinische Post vom 18.11.2010)
4 Kommentare:
Mir persönlich sind solche Reden und Ankündigungen sehr suspekt, denn gegen wirklich vorliegende Erkenntnisse können Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Es nutzt wohl kaum etwas, immer nur zu reagieren, statt im Vorfeld zu agieren. Hier hat die gesamte Weltpolitik versagt, die ihre heutigen Kriege lediglich unter den Deckmantel der Abwehr von Terrorismus führt. In Wahrheit sind es doch wirtschaftliche Interessen, und so dumm die Aussagen dazu auch sind, sie passen schon. Abgesehen davon, so glaube ich nicht, dass alleine Gegengewalt ein Mittel zum Abbau von Aggressionen ist. Klar, ein Mindestmaß an Schutz vor möglichen Anschlägen sollte schon sein, doch aktuell sehe ich die derzeitige Mobilmachung gegen Terrorismus eher als vorgeschoben an. Es steht für Mr. Obama viel auf dem Spiel, ebenso kommen solche Meldungen der Regierung auch gerade sehr recht, das lenkt ab von den wahren Problemen des Landes, bringt Verständnis für ein neues Mandat und Aufstockung der Truppen in Afghanistan, und findet sicher auch mehr Zustimmung für Lauschangriffe, als je zuvor.
Ich bin sehr skeptisch über diese neuerliche Bedrohung...
Servus und so long
Kvelli
@Kvelli: Du sagst, du seist sehr skeptisch gegenüber der neuerlichen Bedrohung. - Seitdem unsere lieben "Aufbauhelfer in Uniform" die ersten afghanischen Frauen und Kinder ermordet haben, und "plötzlich" zu ganz normalen Soldaten mutiert sind, halte ich die Bedrohung unserer Gesellschaft durch den internationalen Terrorismus für sehr real. In allen anderen Punkten stimme ich dir uneingeschränkt zu. - Bisher bedroht die "Abwehr des Terrorismus" nur unsere Freiheit. Todesopfer hat der Terrorismus auf deutschem Boden bisher noch nicht gefordert. Verschiedene Interessengemeinschaften haben immer wieder versucht, unsere Freiheit unter dem Deckmantel der "Terrorismusabwehr" einzuschränken. Die gemeingefährlichen, wirtschaftlich begründeten und weltweit ausgerichteten militärischen Gedankenspiele unseres vorhergehenden Bundespräsidenten und der wespenfarbenen Bundesregierung sind alles andere als geeignet, um zur Veringerung der Gefahr von Terroranschlägen in Deutschland beizutragen. Je mehr aber die Sicherheit hierzulande gefährdet ist, desto größer wird die Gefahr, dass unsere freiheitliche, demokratische Gesellschaft sich schleichend in einen totalen Überwachungsstaat verwandelt ... - ein Teufelskreis!
Hallo Jürgen,
mit Angst läßt viel erreichen. Ich denke NICHT, dass es eine Bedrohung für D gibt. In diesem Zusammenhang leben die Diskussionen über Vorratsdatenspeicherung wieder auf. Wir sollen wachsam sein. Bedeutet das nun wesentlich weniger Schlaf für ALLE? Ich habe mir noch einen "alten" Personalausweis anfertigen lassen, obwohl mein Ausweis noch über ein Jahr Gültigkeit hatte. Erstens wollte ich KEINE biometrischen Daten abgeben und zweitens bin ich NICHT bereit 30 Euro zu berappen.
Salut
Helmut
Sehr lesenswert dazu heute ein Artikel in der taz von Herrn Yogeshwar:
http://taz.de/1/politik/schwerpunkt-ueberwachung/artikel/1/der-terror-ist-da-das-muesli-ist-alle/
Mir persönlich kommt Herr de Maiziere etwas besonner vor als Herr Schäuble, der immer gleich den Überwachungsstaat verstärken wollte, aber ich denke, Wachsamkeit ist geboten, zumal diese Terroszenarien ja auch ganz wunderbar von anderen wichtigen Themen bei uns ablenken!
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