Samstag, 31. Dezember 2011

Das war das Jahr 2011 - Über den Tellerrand (3)

Nach zwei schneereichen Wintern an der Nordseeküste standen gleich zu Beginn des heute zu Ende gehenden Jahres prompt die Fragen der Zweifler im Raum:

"Und das nennt sich jetzt Klimaerwärmung?"

Die Antwort der Klimaforscher und ihrer Messdaten fiel ernüchternd aus: Bisher gibt es keinen Anlass zur Entwarnung. Das Gegenteil ist der Fall. Das Jahr 2010 war bezüglich der globalen mittleren bodennahen Lufttemperatur es das bisher wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen und das zweitwärmste bezüglich der Temperaturen in der mittleren Troposphäre.
 

Das Verschwinden der großen Wälder

Das rapide Fortschreiten der Waldverluste in den tropischen Regenwaldgebieten der Welt ist ein nicht zu unterschätzender Faktor bezüglich der drohenden Klimakatastrophe. Der Schutz des Regenwaldes und der angestammten Heimat der indigenen Ureinwohner der Wälder betrifft deshalb jeden von uns.

Die Gefährdung des Bestands des Regenwalds im Amazonasgebiet hat erneut zugenommen. Der Agrarlobby ist ist es gelungen, wichtige Punkte des sogenannten Código Florestal aufzuweichen. In Brasilien setzte sie alles daran, dass die Regierung ein Gesetz zur Umgehung von Auflagen zur Wiederaufforstung illegal abgeholzter Flächen verabschiedet: Wer gerodet hat, soll straffrei bleiben. Wer darauf spekuliert, im Zweifelsfalle straffrei auszugehen, der rodet - ein Teufelskreis.

Weltweit schlossen sich im September eine halbe Million Menschen den Forderungen der  mehr als 1000 indigenen Demonstranten an, die sich zu Fuß auf den 600 Kilometer langen Weg in die Hauptstadt La Paz gemacht hatten, um gegen den Bau einer von Brasilien finanzierten Schnellstraße durch das Herz des Amazonas zu demonstrieren. Herr Morales (Bolivien, Präsident) setzte sich daraufhin für den Erhalt der Heimat der Demonstranten und den Schutz des Regenwaldes ein. Das Straßenbauprojekt wurde gestoppt.

Eine andere erfreuliche Initiative bahnte sich in Ecuador an. Im Regenwald des Landes liegt der artenreiche "Yasuni-Nationalpark" - und darunter liegt ein Ölfeld. Doch anstatt - wie es "normalerweise" geschehen wäre - den Wald einfach zugunsten kurzfristiger Gewinne abzuholzen, entschieden Ecuador und die UNO, den Park zur Bohrverbotszone zu erklären - sofern andere Länder sich an Ecuadors wirtschaftlicher Entwicklung beteiligen. Unter anderem hatte auch Deutschland seine Unterstützung zugesagt. Der Bundestag hatte beschlossen, das Projekt zu unterstützen. Die für derartige Projekte benötigten finanziellen Mittel lagen bereit. Alles andere als erfreulich war es, dass das Ministerium Herrn Niebels (FDP, Entwicklungsminister) die Freigabe der Gelder blockiete ...


Klimagipfel Durban (Südafrika)

Der "2. Petersberger Klimadialog", bei dem im Juli Vertreter von rund 35 Staaten in Berlin zusammenkamen, sollte den UN-Klimagipfel 2011 vorbereiten, der Ende des Jahres in Durban (Südafrika) stattfand . Die Aussicht auf eine dringend notwendige internationale, verbindliche Vereinbarung für einen international koordinierten und nachhaltigen Kampf gegen die drohende Klimakatastrophe rückte erneut in weite Ferne. Zu mehr als der Erklärung, freiwillige Beiträge zum Klimaschutz könnten die größte Gefahr für die Zukunft der Menschheit möglicherweise bannen, reichte es wieder einmal nicht.

Der Lobby der Energieversorger, die weiterhin auf mit fossilen Brennstoffen befeuerte Großkraftwerke setzen, steht weiterhin nichts dabei im Weg. Sie können ihre gefährlichen Pläne, das bei der Verbrennung von Kohle, Erdöl und Erdgas freigesetzte Kohlendioxid (CO2) unter der Erde "end"-zulagern bisher relativ ungestört weiter verfolgen. Niemand kann jedoch dafür garantieren, dass das klimaschädigende Gas auch tatsächlich für die Ewigkeit dort unten bleiben wird.

Doch das ist nicht die einzige Gefahr. Die Ausbeutung kleiner Erdgaseinlagerungen in winzigen Holräumen von Gesteinen und in den Spalten zwischen Schiefer-Schichten, sogenannter unkonventionelle Erdgasvorkommen, die sich aber nicht mehr so ohne weiteres erschließen lassen, wird daher immer lukrativer. Beim dabei zur Anwendung kommenden "Fracking"-Verfahren werden pro Bohrung hunderttausende Liter Wasser, das mit Sand, sowie trinkwasser- und gesundheitsgefährdenden Chemikalien vermischt ist, unter sehr hohem Druck in eine Gesteinsformation gepresst, in deren Zwischen- und Hohlräumen Erdgas eingelagert ist. Dabei entstehen winzige Risse im Gestein, durch die hindurch das Gas aus den Einschlüssen entweichen und über die Sonde gefördert werden kann.

Allein aufgrund der klimaschädlichen Gase, die von der Menschheit innerhalb der beiden letzten Jahrhunderte bisher schon in die Athmosphäre geblasen wurden, ist das Nordpolarmeer während des Sommers im Vergleich zu 1972 nur noch zur Hälfte der Fläche mit Eis bedeckt. Die skrupellosen Akteure in den Chefetagen der großen Ölkonzerne, die nach wie vor auf fette Beute aus sind, schielen schon nach dem größten Stück des Kuchens: Im Boden unter der Arktis werden über ein Fünftel der noch unerschlossenen Öl- und Gasvorräte vermutet. Wenn das Eis schmilzt, dann ließen sich auch diese Lagerstätten fossiler Brennstoffe noch ausbeuten ...

Während der Verhandlungen Anfang Dezember in Durban drängte sich mir das Bild eines Autofahrers auf, der sehenden Auges mit Höchstgeschwindigkeit auf den Rand einer Klippe zurast, hinter der der tödliche Abgrund lauert. Wenn es trotz des massiven Drucks seitens der Öl-Lobby hörigen Klimakillern, wie den USA oder Kanada in den letzten Stunden des Klimagipfels wenigstens noch zu einer Einigung über eine mögliche Fortführung des Kyoto-Protokoll und die Fortsetzung der Klimaverhandlungen kam, dann war das nicht der große Durchbruch, als den die Bundesregierung uns das Ergebnis der Verhandlungen verkaufen will, sondern allenfalls ein blasser Hoffnungsschimmer ... - der Autofahrer könnte ja vielleicht doch gerade rechtzeitig noch auf die Bremse treten.


Unser täglich Brot ...

Sollte diese Hoffnung Wahrheit werden, dann bleibt, neben dem Kampf um das schnelle Ende des Atomzeitalters, das Problem der ungerechten Verteilung und der schleichenden Vergiftung der weltweit verfügbaren Lebens-Mittel.


Mit schärferen Kontrollen sowie verschärften Meldepflichten und härteren Strafen wollen Bund und Länder nach dem Dioxin-Skandal den Schutz für die Verbraucher und Landwirte vor kriminellen Dioxin-Panschern verbessern. Das ist nicht zuletzt auch dem Druck der Öffentlichkeit zu verdanken. Es gilt aber, ständig wachsam zu bleiben. Die Lobbys der Nahrungsmittelindustrie und international miteinander verflochtener Konzerne versuchen immer wieder, geltendes Recht zu umgehen und auszuhebeln. Das perfide Spiel mit den Grenzwerten ist dabei eines ihrer wirksamsten Mittel.

Die intensive Landwirtschaft, die auf den Einsatz von immer mehr Chemie, Gentechnik und industrielle Strukturen setzt, führte bereits zur Vergiftung der Böden und des Trinkwassers, sowie zur drastischen Verarmung der Vielfalt der Sorten unserer Nahrungspflanzen. Forderungen nach einer Abkehr von den Agrarfabriken und nationalen Verboten gegen den Einsatz von Gentechnik, hin zu einer bäuerlich-ökologischen Landwirtschaft, wurden daher immer lauter.


Während hierzulande die Überproduktion und anschließende Vernichtung großer Mengen von Nahrungsmitteln weiterhin subventioniert wurde, starben in anderen Gegenden unseres Planeten wieder hunderttausende von Menschen "nur deshalb", weil sie nicht genug zu Essen haben.

Zu den Menschen, die sterben mussten, weil ihre Nahrung auf den Feldern verdorrte, kamen immer mehr Menschen hinzu, die deshalb vom Hungertod bedroht sind, weil sie sich ihr tägliches Brot nicht mehr leisten können. Nach dem Platzen der dotcom- und der Immobilenblase haben die Spekulanten und Zocker auf dem Parkett der internationalen Börsen die weltweiten Getreidevorräte als neues Spielzeug ausgemacht, und treiben die Preise immer weiter in die Höhe. Uns Kindern hat man schon sehr früh beigebracht, dass Essen kein Spielzeug ist. Scheinbar hat diese Weise Erkenntnis aber für einige Erwachsene keine Gültigkeit.

Unter dem Motto "Let's talk about food" beschäftigten sich im Oktober im Rahmen des diesjährigen "Blog Action Day" auch zahlreiche andere Blogger mit diesem Themenfeld.


Krieg und Frieden

Nach der Veröffentlichung von Geheimdokumenten von den Friedensverhandlungen zwischen den Palästinensern und Israel durch den arabischen Sender "Al Dschasira" und die britische Zeitung "The Guardian" wies Israels gut gepflegtes Image als das "ewige Opfer" plötzlich einen häßlichen Kratzer auf. Wenn all das zutriffen sollte, was im Januar auf der Internetseite der ARD-Tagesschau zu lesen war, dann wäre die palästinensische Führung in der Vergangenheit bereit gewesen, auf nahezu alles zu verzichten, wofür die Palästinenser seit der Gründung des Staates Israel und ihrer Vertreibung aus ihren ehemaligen Siedlungsgebieten gekämpft und gelitten haben - nur um des lieben Friedens willen. Israel hingegen wäre den Palästinensern kein Stück entgegen gekommen - aus lauter Raffgier.

Die Luftschläge der NATO-Flugzeuge, die den Bürgern Lybiens dabei halfen, ihren Diktator Gaddafi aus dem Amt zu jagen, mögen ja im Nachhinein denen Recht geben, die sich schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt für ein militärisches Eingreifen in den Konflikt stark gemacht haben. Es hätte aber auch ein anderes Ende nehmen können und ich halte es auch weiterhin für einen Fehler, ganz gewöhnlichen Verbrechern, die zufällig auf einem Ölfeld sitzen, mit einer ganzen Armee auf den Pelz zu rücken. Das Regime des Herrn Saddat in Syrien geht ebenso brutal mit militärischen Mitteln gegen friedliche Demonstranten vor - ohne dass es mit einem NATO-Angriff rechnen müsste.

Kriege werden eben nicht aus moralischen Motiven geführt. Dabei geht es immer wieder nur um die Verteidigung von Machtpositionen, um die Aussicht auf fette Beute in Form von Bodenschätzen oder um handfeste wirtschaftliche Interessen der Waffenproduzenten. So versuchten zum Beispiel die USA so im November still und heimlich ein Gesetz zur Aushöhlung des weltweiten Verbots von Streumunition auf den Weg zu bringen.

Wenn es um das Geschäft mit dem Tod geht, ist Deutschland allerdings auch nicht gerade zimperlich. Dass die Bundesregierung dabei dem Verkauf von Panzern an einen arabischen Staat zustimmt, der später möglicherweise damit auf seine Bevölkerung schießt ist ihr dabei egal.

Auch in Afghanisten geht es nicht um Moral. Aus "Aufbauhelfern in Uniform" sind längst ganz gewohnliche Soldaten in einem offiziell inoffiziellen Krieg geworden. Später hieß es, die deutsche Armee verteidige Deutschland am Hindukusch. Bisher ist unser Land jedoch noch niemals von Afghanistan angegriffen worden. Inzwischen stand für einige Menschen sogar schon die Frage im Raum, ob Deutschland sich möglicherweise in einen Angriffskrieg verwickeln lassen hat.


Das war das Jahr 2011


1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hallo Juwi
ja die Liste der "Baustellen" auf dieser Erde ist unendlich... manchmal könnte einem der Mut entschwinden...
Aber die Hoffnung bleibt...
Dir und deinen Lieben ein glückliches und dynamisches neues Jahr -
Blib gsund und munter!
♥-liche Grüsse Brigitte

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