Mittwoch, 28. September 2011

Nicht von dieser Welt

Während seines Besuchs in Deutschland erteilte der Papst einer Modernisierung der katholischen Kirche eine klare Absage. Wie die Medien in Deutschland, Österreich und der Schweiz berichteten forderte er, die Kirche dürfe sich nicht der Gegenwart anpassen, sondern müsse auf Distanz zur Gesellschaft gehen.

Die Gesellschaft, dass sind wir Menschen, und die Gegenwart ist unser tägliches, wirkliches Leben. Da ich nicht der katholischen Kirche angehöre, könnte es mir ja eigentlich egal sein, welche Prioritäten ihr Oberhaupt setzt. Ich denke allerdings, dass ein Papst, der die Distanzierung der katholischen Kirche von der Gesellschaft fordert, das Risiko eingeht, dass sich noch mehr Menschen als bisher von seiner Kirche verabschieden.

Gleichzeitig beklagt er eine "zunehmende Distanzierung beträchtlicher Teile der Getauften vom kirchlichen Leben". Umso mehr sei es an der Zeit, die wahre Entweltlichung zu finden, die Weltlichkeit der Kirche beherzt abzulegen.

Da dieser Papst offensichtlich nicht von dieser Welt ist, hat er möglicherweise übersehen, dass die Menschen in unserer Gesellschaft mitten im weltlichen Leben stehen. Bei all den Sorgen und Nöten, mit denen viele von uns sich täglich herumschlagen müssen, bleibt wohl oft kaum Zeit, sich mit der himmlischen Traumwelt des Papstes auseinanderzusetzen.

Ich denke, wenn es der katholischen Kirche nicht gelingen sollte, in der Gesellschaft anzukommen, dann wird es ihr auch nicht gelingen, den Menschen eine geistige Heimat in ihrer Mitte zu bieten. Davon einmal ganz abgesehen, halte ich es allerdings für bedeutend wichtiger, dass sich alle christlichen Kirchen - also nicht nur die katholische - mit den Vertretern des Islam und denen der Juden an einen Tisch setzen, um ihre "unüberbrückbaren Gegensätze" zu überwinden, die weltweit immer wieder zu Kriegen und unermesslichem Leid führen.

Angesichts dessen, dass die katholische Kirche seit Jahrhunderten die gemeinsame Feier des Abendmals aller Christen blockiert, also nicht einmal in der Lage ist, die Brücken zum Rest der Christenheit zu überwinden, wird es wohl mein frommer Wunsch bleiben, dass es den "großen monotheistischen Weltreligionen" - die alle die gleichen Wurzeln haben - gelingen könnte, die Gräben zwischen sich zu überwinden. Vermutlich wird mein Schwager wohl recht haben, wenn er meint, ein großer Teil der Menschheit sei eben nicht in der Lage, vernünftig mit "Religion" umzugehen.


(Quellen: Frankfurter Rundschau vom 26.09.2011, Deutschlandfunk vom 26.09.2011, Deutsche Welle vom 26.09.2011, Der Spiegel vom 25.09.2011, Der Stern vom 25.09.2011, Zeit vom 25.09.2011, Salzburger Nachrichten vom 25.09.2011, Der Standard vom 25.09.2011, TAZ vom 25.09.2011, SWR vom 25.09.2011, WDR2 vom 25.09.2011)

1 Kommentar:

Wolfgang aus Greifswald hat gesagt…

Zu dem Thema hab ich mich am Abreisetag des Papstes ausgelassen. Besser konnte das Symbol nicht sein, das er als Geschenk vom Berliner Erzbistum erhielt: ein GefängnisFenster aus Plötzensee. Der Ratzinger-Sepp ist doch DER Archetyp des Dogmatikers, gefangen in seiner von der restlichen Gesellschaft isolierten Scheinwelt, in der die Welt nach wie vor eine Scheibe ist, deren Mittelpunkt der PetersDom in der VatikanStadt ist. Und mal ehrlich: hat denn wirklich ernsthaft jemand damit gerechnet, daß der Besuch dieses Mannes in D-Land irgendwas bringt, neue Wege aufzeigt? Wenn auch die direkten TeilnehmerInnen an den Messen von ihm angetan waren - im täglichen Leben sind es die Pfarrer an der Basis, die versuchen für ihre Leute da zu sein, sind es die LaienPrediger, die überhaupt noch seelsorgerisch tätig sind, weil die eigentlichen Pfarrer sich mit verwaltungstechnischen und kaufmännischen Kleinkriegen mit "ihrer" AmtsKirche zermürben müssen und allzuoft dem BurnOut oder dem Rotwein anheimfallen. Ich habe hier bei mir den Propst der hiesigen katholischen Gemeinde erlebt, der bei mir im Studio die Rundfunk- Morgenandachten eingesprochen hat. Der arme kerl saß mutterseelenallein auf seiner AmtsWürdeWolke so fernab seiner eigenen Leute an der ganz einsamen Spitze der Gemeinde. Der hatte Niemanden, der mit ihm ein Stückweit das Kreuz, sein Kreuz trägt. Ich hab ihn angesprochen daraufhin und ihn ins Gebet eingeschlossen. Er verließ in Dankbarkeit mein HörfunkStudio. Mittlerweile ist er direkt beim Großen Meister, um IHM direkt zu berichten, wie zermürbend sein täglicher Dienst hier auf Erden war.
Ganz liebe Grüße vom einen ans andere Meer vom Wolfgang aus der schönsten hansestadt am Ryck.

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