Die Umweltorganisation "Greenpeace" prüft deswegen zur Zeit eine Klage gegen eine weitere Erkundung Gorlebens. Da es seit 1990 eine Neufassung des Bergrechts gebe, müsse diese auch angewendet werden. Herr Röttgen wolle den Salzstock jedoch auf Basis des Rahmenbetriebsplanes von 1983 - also gegen geltendes Recht - erkunden lassen. Aufgrund der Neufassung des Bergrechts von 1990 müsse er einen neuen Rahmenbetriebsplan beim Bergamt Celle einreichen, der eine Umweltverträglichkeitsprüfung und die Beteiligung der Öffentlichkeit beinhalte. Alles andere wäre illegal
Greenpeace forderte in diesem Zusammenhang die sofortige Aufgabe des Standortes Gorleben und eine neue ergebnisoffene Endlagersuche. Die regierende Wespenkoalition in Bonn hat sich jedoch bereits auf Gorleben als einziges zukünftiges Endlager für hoch radioaktiven Atommüll festgelegt. Von einer ergebnisoffenen Endlagersuche kann daher derzeit keine Rede sein. Dass auch andere Gesteinsformationen - unter anderem auch in Süddeutschland - auf ihre Eignung als Endlager für hoch radioaktiven Atommüll untersucht werden müssen, ist bereits in der Vergangenheit immer wieder gefordert worden, und die Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg, in denen sich die meisten der in Betrieb befindlichen Atomkraftwerke befinden, haben sich dagegen bisher immer wieder erfolgreich zur Wehr setzen können. So wollen sie auch jetzt wieder eine Debatte um alternative Standorte bereits im Keim ersticken.
Verschon mein Haus, zünd andere an
Herr Friedrich (CSU, Bayern, Landesgruppenchef) hatte in diesem Zusammenhang vor einem "Flächenbrand" gewarnt, falls es zu einer Erforschung alternativer Standorte käme. Ich glaube, Herr Friedrich hat scheinbar bisher noch nicht mitbekommen, dass die Ablehnung der fortgesetzten Nutzung der Atomenergie, und des damit verbundenen weiteren Anwachsens der ohnehin bereits vorhandenen ungeheueren Atommüllberge bis zum St. Nimmerleinstag, in Deutschland von der Bevölkerung abgelehnt wird. Laut ARD-Deutschlandtrend vom 4. März 2010 befürworten 62 Prozent der Bundesbürger den Ausstieg aus der Atomkraftnutzung entsprechend des im Jahre 2000 vereinbarten Atomkonsens bis 2021. Wenn er daher meint, er könne einen Flächenbrand mit der Konzentration allein auf Gorleben verhindern, dann übersieht er offensichtlich, dass an den Demonstrationen gegen Atomanlagen längst nicht mehr ausschließlich Menschen aus der direkten Nachbarschaft beteiligt sind. Schon an den erfolgreichen Demonstrationen gegen die in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts geplante Wiederaufbereitungsanlage im bayerischen Wackersdorf beteiligten sich Bürger aus der gesamten damaligen Bundesrepublik. Die Anlage wurde nie fertiggestellt. Die Planung einer Wiederaufbereitungsanlage im hessischen Volkmarsen wurde damals nach heftiger Kritik ebenfalls aufgegeben.
Auch Herr Mappus (CDU, Baden-Württemberg, Ministerpräsident) erteilte der Suche nach Alternativstandorten eine Absage. Niemand könne sagen, dass es eine eindeutig bessere Gesteinformation für die Lagerung hoch radioaktiver Abfälle gebe. Würden neue Standorte geprüft, werde dies wieder drei bis vier Jahrzehnte dauern. Damit stellte er eindeutig klar, dass er einem "Hau-Ruck-Verfahren" à la Asse-II im (aus baden-würtembergischer Sicht) weit entfernten Gorleben den Vorzug gegenüber einer wirklich fundierten Erforschung aller Möglichkeiten den Vorrang gibt.
Im Übrigen kann auch niemand behaupten, der Salzstock in Gorleben sei die einzig mögliche Gesteinformation für die Lagerung hoch radioaktiver Atommülls, solange niemand sich die Mühe macht, auch andere geologische Formationen auf ihre Eignung für die Endlagerung zu untersuchen. "Ergebnisoffene Endlagersuche" beinhaltet aus meiner Sicht ebenfalls, dass am Ende der Untersuchungen durchaus auch feststehen könnte, dass keine mögliche unterirdische geologische Formation für den deutschen Atommüll als Endlager in Frage kommt. In diesem Falle müsste der hochradioaktive Atommüll eben notgedrungen für die nächsten Millionen von Jahren - wie schon in den vergangenen fünfzig Jahren - oberirdisch gelagert werden. In Anbetracht der imensen Probleme mit der Bergung unterirdisch gelagerten Atommülls, wie sie durch die Vorfälle im Salzbergwerk Asse-II offenkundig geworden sind, wäre das aus meiner Sicht allemal die bessere - und ehrlichere! - Alternative.
Dass der Widerstand gegen Endlager für hoch radioaktiven Atommüll aus Bayern und Baden-Würtemberg auf politischer Ebene dermaßen stark aufrechterhalten wird, stinkt aus meiner Sicht ohnehin zum Himmel. Gerade diese beiden Bundesländer gehören seit jeher zu den eifrigsten Befürwortern der Atomkraft. Daran hat sich bis heute nichts geändert. In Bayern gab es aus den Reihen der CSU zu Zeiten der Herren Stoiber und Beckstein absurderweise sogar noch unverhohlene Überlegungen über den Neubau von Atomkraftwerken.
In Baden-Würtemberg und Bayern befinden sich 9 der 17 deutschen Atomkraftwerke (Bayern: Grafenrheinfeld, Grundremmingen B und C, Isar 1 und 2; Baden Würtemberg: Neckarwestheim 1 und 2 und Phillipsburg 1 und 2). Von den anderen 8 Atomkraftwerken befinden sich 2 weitere in Süddeutschland (Hessen: Biblis A und B). Die verbleibenden 6 norddeutschen Atomkraftwerke verteilen sich auf Niedersachsen(Unterweser bei Esenshamm, Emsland bei Lingen, Grohnde) und Schleswig-Holstein(Brunsbüttel, Brokdorf, Krümmel). Wenn es nach den größten Atommüllproduzenten geht, dann soll Niedersachsen, auf dessen Gebiet sich lediglich drei der 17 Atomkraftwerke befinden, die Atommülllast der gesamten Bundesrepublik tragen.
Ich vermute, sobald sie in Gefahr laufen, auf ihren eigenen strahlenden Hinterlassenschaften sitzen zu bleiben, dann beten die "christlich regierenden" Ministerpräsidenten der süddeutschen Landesregierungen jeden Sonntag in der Kirche: "Lieber Gott: Verschon' mein Haus. Zünd' andere an!" Bisher scheint das funktioniert zu haben ...
Der Bock soll Gärtner werden
Nach dem das Umweltministeruium im November 2009 noch dementiert hatte, dass das Bundesamt für Strahlenforschung (BfS) bei der Endlagersuche künftig außen vor bleiben könnte, erwähnt Herr Röttgen jetzt außerdem, dem BfS die Zuständigkeit für die Endlagerung von Atommüll zu entziehen. Begründet wird dies mit der kritischen Haltung der Behörde zu Gorleben. Herr König (BfS, Präsident) hatte Zweifel am Auswahlverfahren geübt und eine Untersuchung von alternativen Standorten gefordert.
- Das ist ja eine tolle Idee:
Wenn diejenigen, die bei allem, was mit Radioaktivität zu tun hat, die größte Kompetenz in diesem Lande haben, fachlich begründete Bedenken äußern, die den Wespen in Berlin nicht in den Kram passen, dann werden sie einfach abserviert. Wenn das Schule macht, dann haben wir bei uns in Deutschland bald italienische Verhältnisse à la Berlusconi.
Mit dieser Ansicht stehe ich offensichtlich nicht allein da. Auch Herr Ehmke (Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, Sprecher) sagte: "Würden diese Pläne umgesetzt, dann führen diejenigen, die den Atommüll produzieren, auch noch Regie bei der Endlagersuche." Das laufe eindeutig darauf hinaus, Gorleben zugunsten der Atomkonzerne möglichst billig und unkompliziert als Endlager auszubauen. Auch Frau Kotting-Uhl (Die Grünen, atompolitische Sprecherin im Bundestag) sagte, eine BfS-Entmachtung wäre ein Kardinalfehler. Wenn Herr Röttgen aber auch noch die DBE mit dessen Aufgaben betreue, dann verlöre er jede Glaubwürdigkeit. Die SPD, die Grünen und die Linksfraktion forderten Herrn Röttgen im Bundestag übereinstimmend dazu auf, die Erkundungen im Salzstock bei Gorleben sowie die geplante Verlängerung der Laufzeiten der deutschen Atomkraftwerke aufzugeben.
(Quellen: Nordsee-Zeitung vom 16.03.2010, Focus vom 16.03.2010, RP online vom 16.03.2010, Handelsblatt vom 16.03.2010, Berliner Zeitung vom 16.03.2010, Wikipedia)
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