Samstag, 19. Dezember 2009

Ein erbärmliches Ergebnis!

Das war's!

Eine Spitzenrunde aus Staats- und Regierungschefs sowie der EU und der UNO hatte in Kopenhagen bis spät in den Abend um eine Abschlusserklärung für den Klimagipfel gerungen. Herausgekommen ist dabei ein erbärmliches Minimalgerüst als Basis für weitere Konferenzen.




Übergabe der ersten 10 Millionen Stimmen für die Petition: IGNORIERT ! ...

Bis dahin verliert die Menschheit Zeit zum Handeln, die sie nicht mehr hat! Die Chance, zügig mit dringemd notwendigen, weltweit koordinierten Maßnahmen gegen die drohende Klimakatastrophe zu beginnen, wurde jetzt in Kopenhagen fahrlässig vertan.
  • Jede weitere Verzögerung wird weitere landwirtschaftliche Flächen vernichten - hauptsächlich in wirtschaftlich ohnehin benachteiligten schwachen Entwicklungs- und Schwellenländern.
  • Jede weitere Verzögerung wird den Level erhöhen, bis zu dem sich der Anstieg des Meeresspiegel fortsetzen wird. Als Folge davon werden ganze Inselnationen von der Landkarte verschwinden, weil ihr Land unter der steigenden Meeresoberfläche versinken wird. Technisch machbare Küstenschutzmaßnahmen werden irgendwann nicht mehr ausreichen, um die Überflutung der Küstengebiete - auch diejenigen der Industriestaaten - zu verhindern: Städte wie Amsterdam, Kopenhagen oder Bremerhaven werden aufgegeben werden müssen.
  • Jede weitere Verzögerung erhöht den Grad des Verlustes an "ewigem Eis", dem "Kühlschrank der Erde", und trägt zu einer zusätzlichen Beschleunigung der Klimaerwärmung bei. Das Abschmelzen der Gletscher in den Hochgebirgen der Welt bedroht die Wasserversorgung, und damit die Lebensgrundlagen von vielen Hundert-Millionen Menschen.
  • Jede weitere Verzogerung lässt größere Flächen der Permafrostböden in den Polarregionen der Landflächen Asiens und Nordamerikas tauen. Die dabei zusätzlich freiwerdenden Methanmengen werden als zusätzlicher Beschleunigungsfaktor zu einer schnelleren Klimaerwärmung führen, die wiederum zum weiterem Abtauen vom Permafrostböden beiträgt. In der Folge wird sich die Menge der Treibhausgase in der Atmosphäre so weit erhöhen, dass für weiteres CO2 aus fossilen Brennstoffen (Kohle, Erdöl, Erdgas) kein Platz mehr übrig bleiben wird, wenn das "nicht mehr als 2°C"-Ziel noch erreicht werden soll - ein weiterer Faktor im fahrlässigen Umgang mit der "nicht mehr als 2°C"-Marke! Wahrscheinlich würde beim völligen Abtauen der Permafrostgebiete, die sich dann in riesige Sumpfgebite verwandeln werden, sogar so viel Methan freigesetzt, dass die mittlere Temperatur auf der Erde um weit mehr als nur 2°C ansteigen wird - auch ohne, dass die Industrie- und Schwellenländer die Athmosphäre unseres Planten mit weiterem CO2 vergiften.

Stimmen zum Ergebnis der Klimakonferenz
  • Zum Abschluss der Klimakonferenz sagte Frau Merkel (CDU, Bundeskanzlerin), sie sehe das Ergebnis mit gemischten Gefühlen. "Wir sind einen Schritt vorangekommen, ich hätte mir aber mehr Schritte gewünscht". Am Ende sei es nur noch um die Frage gegangen, ob der ganze Prozess abgebrochen werde oder ob man versuche, doch noch irgendwann zu einem Ergebnis zu kommen.
  • Herr Obama (USA, Präsident) sagte kurz vor seiner Abreise, es sei eine Einigung erzielt worden. Er sprach von einem "bedeutenden und beispiellosen Klimaabkommen".
  • Herr Dorkowitsch (Russland, Klimareferent des russischen Präsidenten Dimitri Medwedjew) übte scharfe Kritik an der Organisatoren des Gipfels: "Im Grunde müssen die Führer hier selbst den Text schreiben und ihn auch noch redigieren." Es handele sich um eines der "erfolglosesten Treffen auf höchster Ebene" überhaupt und es gebe allenfalls eine Chance, eine politische Erklärung abzugeben. Herr Medwedjew selbst habe die schlechte Vorbereitung von Dokumenten für die Staats- und Regierungschefs kritisiert.
  • Herr Fry (Delegierter des Inselstaats Tuvalu) sagte bei der nächtlichen Sitzung im Konferenzplenum, sein Land werde dieses Dokument nicht akzeptieren. Aufgrund fehlender ehrgeiziger Klimaziele in der Übereinkunft bedeute das Ergebnis der Klimakonferenz in Kopenhagen das Ende von Tuvalu.
  • Herr Di-Aping (Sprecher der Entwicklungsländer "G77" und Chef-Unterhändler des Sudan) sagte, sein Land könne dem in Kopenhagen vorgelegten Entwurf für eine Vereinbarung nicht zustimmen: "Dieser Gipfel ist gescheitert, weil die Industrieländer nicht an die Demokratie glauben."
  • Frau Salerno Caldera (Vertreterin Venezuelas) warf Herrn Rasmussen (Dänemark, Konferenzpräsident) vor, er unterstütze einen Staatsstreich gegen die Vereinten Nationen.
  • Ein Vertreter Boliviens bemängelte das Fehlen ausreichender Transparenz und warf dem dänischen Regierungschef Verstöße gegen die Regeln von Demokratie und und diktatorisches Verhalten vor.
  • Ein kubanischer Delegierter sagte, Herr Obama habe über die Medien eine Übereinkunft verkündet, die nicht existiert, und fügte hinzu: "Er benimmt sich wie ein Kaiser".
  • Die Delegation Nicaraguas machte darauf aufmerksam, dass die noch zu unterzeichnende Übereinkunft von Kopenhagen im Widerspruch zu früheren Beschlüssen von Klimakonferenzen steht und nannte als Beispiel die 2007 beschlossene "Bali Roadmap".
  • ...

Noch gibt es keinerlei Erfolg zu vermelden

Die ausgehandelte, zwölf Punkte umfassende, Abschlusserklärung ist bisher nichts weiter als ein inoffizielles Stück Papier. Wenn nicht alle 193 Teilnehmerstaaten der Erklärung zustimmen sollten, ist die Klimakonferenz in Kopenhagen nicht nur mit einem erbärmlichen Ergebnis zu Ende gegangen, sondern obendrein auch noch restlos gescheitert.

Bestandteil der Erklärung sind wohl auch die Klimaziele der Industrieländer, die sie bereits vorgelegt hatten:
  • EU: Reduzierung der Emissionen von 1990 um 20 bis 30 Prozent bis 2020
  • Japan: Reduzierung der Emissionen von 1990 um 25 Prozent bis 2020
  • USA: Reduzierung der Treibhausgase von 2005 um 14 bis 17 Prozent bis 2020. Dabei handelt es sich bisher jedoch um nichts weiter, als um einen unverbindlichen Vorschlag.
  • China: Senkung der Treibhausgasemissionen um 40 bis 45 Prozent bis 2020 im Vergleich zum Wirtschaftswachstum ...

... will heißen:

"Wenn unsere Wirtschaft weiter schön so rasant wächst, wie in den letzten Jahren, dann werden wir die Treibhausgase stärker reduzieren. Also sorgt mal alle zusammen dafür, dass wir ganz schnell noch viel reicher werden. Dann werden wir weiter sehen ..." - Das ist der Gipfel der Anmaßung und nichts anderes, als der in grünes Reispapier verpackte Versuch Chinas, das Wachstum seiner Wirtschaft noch möglichst lange auf Kosten der Umwelt fortzusetzen!

Herr Obama nennt das Ergebnis der Verhandlungen in Kopenhagen ein "bedeutendes und beispielloses Klimaabkommen". Da muss ich ihm leider uneingeschränkt Recht geben: Das Versagen der Weltgemeinschaft, nicht zuletzt aufgrund der tagelangen Blockade der Verhandlungen durch sein Land und durch China, ist wirklich ohne Beispiel in der Geschichte der Menschheit. Beispielhaft ist hingegen die Petition an die Regierungschefs in Kopenhagen, der sich inzwischen die beispiellose Zahl von über 15 Millionen Menschen angeschlossen haben. Sie wurde zwar gehört ... - aber unglücklicherweise ebenso ignoriert, wie die physikalisch-/chemischen Gesetzmäßgkeiten des Klimageschehens.

Ob die Kritik Herrn Medwedjews an der Vorbereitung der Dokumente für die Staats- und Regierungschefs berechtigt ist kann ich nicht nachprüfen. In Anbetracht der Konsequenzen für das gesamte Leben auf unserem Planeten teile ich jedoch die Einschätzung seines Klimareferenten Arkadi Dorkowitsch, es handele sich um eines der "erfolglosesten Treffen auf höchster Ebene" überhaupt.


Die Bedrohung hat zugenommen


... aber niemand wird verschont werden

Die Folgen des Misserfolgs von Kopenhagen werden sich in unterschiedlichen Regionen der Erde in unterschiedlicher Weise bemerkbar machen. Während Staaten im Pazifik oder Regionen in Afrika bereits jetzt um ihr nacktes Überleben kämpfen, streiten sich die - bisher noch kaum wahrnehmbar vom Klimawandel betroffenen - Länder in den Industrienationen und Schwellenländern wie kleine Kinder um ein Quietsche Entchen. Am Ende wird aber niemand ungeschoren davon kommen.

Denn gleichzeitig pocht der Delegierte des Planeten Erde - das Klima - auf die Einhaltung der Naturgesetze. Unter den 110 Regierungschefs aus aller Welt, die in Kopenhagen versammelt waren, gab es jedoch nur einige wenige, die dem Vertreter von Mutter Erde zuhörten anstatt ihn schlicht zu ignorieren. Zu ihnen gehört unter anderem Herr Nasheed (Präsident des Inselstaates Malediven). Er machte deutlich, dass es bei den Klimaverhandlungen, im Gegensatz zu sonstigen politischen Verhandlungen, nicht um Kompromisse geht, sondern um Physik. Er hatte dafür geworben, die wissenschaftlichen Vorgaben im Kampf gegen den Klimawandel zu akzeptieren und treffend bemerkt:

"Mit Mutter Natur kann man keinen Handel schließen."


Frau Merkel sagte gestern, im Sommer 2010 sei eine Klimakonferenz in Bonn geplant. Das Ergebnis von Kopenhagen solle die Grundlage für ein verbindliches neues Weltklimaabkommen bilden. Das Abkommen werde jedoch erst im kommenden Jahr fertig werden.

Im Schlussdokument sollten dann aus deutscher Sicht bereits alle wichtigen Ziele festgeschrieben werden. Dazu zählen neben dem Zwei-Grad-Ziel auch Ziele zur Reduzierung der Treibhausgase für Industrie- und Schwellenländer sowie Hilfszusagen von reichen an arme Länder. Genau das war Anfang des Jahres jedoch bereits für das Ergebnis des jetzt zu Ende gegangenen Weltklimakonferenz in Kopenhagen angekündigt worden.


Wie viele Konferenzen sollen denn nach Bonn noch folgen?

Werden die letzten "Sitzungen" als "Stehungen" durchgeführt werden müssen, weil allen Beteiligten dann dass Wasser schon bis zum Hals steht?

Das darf nicht passieren. Darum:


Im nächsten Sommer geht's nach Bonn!




- Die Welt fordert weiterhin ein echtes Abkommen -
tcktcktck - The World Wants a Real Deal


(Quelle: ARD Nachrichten vom 18./19.12.2009)

2 Kommentare:

april hat gesagt…

Ich will zwar nicht Pessimismus verbreiten oder 'unken', aber ich bin über das Nicht-Ergebnis nicht überrascht.

juwi hat gesagt…

@April: Nach den Meinungsverschiedenheiten zwischen den USA und China aufgrund der starren Haltungen der beiden Kontrahenten, und der Tatsache, dass die Entwicklungsländer sich von vornherein über den Tisch gezogen gefühlt haben, war der Ausgang der Veranstaltung zu befürchten. Aber man darf die Hoffnung ja nicht aufgeben - ich kann das gar nicht. Deshalb ist es jetzt wichtig, dass der Druck der Weltöffentlichkeit auf die Regierungen nicht nachlässt.

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