Freitag, 1. Juni 2012

Der Schlächter mit dem dickem Fell

FriedenstaubeDas Vorgehen des Regimes des Herr Assad (Syrien,
Präsident) gegen die Bürger seines Landes hat schon
vor langer Zeit die Grenze des erträglichen über-
schritten. So gesehen ist das Massaker von al-Hula
nur ein weiteres auf seiner langen, blutigen Liste.


Wie der Stern am 28.05.2012 auf seiner Internetseite berichtet, sind in al-Hula nach Angaben von UN-Beobachtern am Freitag mindestens 108 Menschen getötet und etwa 300 weitere verletzt worden. Herrn Mood (Chef der UN-Beobachtermission in Syrien) zufolge sind unter den Todesopfern 49 Kinder und sieben Frauen. Die meisten Opfer seien durch Granatsplitter oder Schüsse aus nächster Nähe getötet worden. Es gebe Spuren von Panzer- und Mörserfeuer.

Immerhin haben viele Staaten diese Blutorgie syrischer Millitäreinheiten unter den Bewohnern al-Hulas zum Anlass genommen, die Diplomaten Syriens vor die Türen ihrer Länder zu setzen. Aber auch wenn das die diplomatisch denkbar schärfste Antwort sein mag, werden sich der Herr Assad und seine Mittäter wohl lediglich "ein weiteres Ei darauf pellen".

Darin sind sie ja inzwischen bestens geübt. Und gegen Schnittverletzungen aufgrund der im Eifer des Gefechts herumfliegenden Eierschalen hilft ein dickes Fell. Wie inzwischen wohl auch diejenigen bemerkt haben werden, die jetzt wieder über den Einsatz ihrer Kriegsmaschinerie nachdenken, ist Herr Assad sogar mit einem besonders dicken Exemplar ausgestattet.

Dazu, dass das Fell nicht dünner wird, trägt unter anderem immer wieder auch die Regierung Russlands bei. Herr Tschurkin (Russland, UNO-Botschafter) hat einigen Ländern "diplomatisch umschrieben" vorgeworfen, mit der Ausweisung der syrischen Botschafter einen Krieg zu riskieren.

Diesen Vorwurf kann ich so nicht nachvollziehen. Gut verstehen kann ich jedoch, warum Russland sich immer wieder schützend vor Syriens Regierung und die Regime snderer Staaten stellt, die Gewalttaten gegen politisch Andersdenkende oder ethnische Mindeheiten im eigenen Land verüben. Beispielhaft sei hier nur an die Kriege Russlands gegen Tschetschenien (1994 bis 1996 und 1999 bis 2009) erinnert, das von Russland als Teil seines Territoriums betrachtet wird. Der Konflikt dauert weiterhin an und betrifft auch weitere Staaten im Norden des Kaukasus. Würde die russische Regierung sich mit der Mehrheit der UNO-Mitgliedsstaaten gegen Syrien solidarisch erklären, dann wäre sie endgültig nicht mehr in der Lage, ihr eigenes militärisches Vorgehen gegen Bürger Tschetscheniens zu rechtfertigen.

Das internationale demokratische Netzwerk AVAAZ schlägt in einer E-Mail an den Verteiler vor, die UNO aufzufordern, mindestens dreitausend internationale Beobachter, die mit einem Mandat zum Schutz der Bürger ausgestattet sein sollen, nach Syrien zu entsenden und sich schnellstmöglich auf einen politischen Übergangsplan zu verständigen. Dafür hat AVAAZ eine Petition an den UNO-Sicherheitsrat und Herrn Ban Ki-Moon (UNO, Generalsekretär) verfasst, die auf der Internetseite des Netzwerks online unterzeichnet werden kann.

Damit die UN-Beobachter die Bürger Syriens vor dem Terror des syrischen Millitärs schützen können, und nicht selbst zu wehrlosen Opfern syrischer Gewaltakte werden, müssten sie allerdings bewaffnet sein. Daraus könnte sich dann aber möglicherweise schnell wieder ein internationaler Krieg entwickeln. Vermutlich würde ein solches Ansinnen des UN-Sicherheitsrats aber ohnehin am Veto Russlands scheitern.

Es gäbe allerdings auch noch eine andere Möglichkeit, gegen das syrische Regime vorzugehen:
Gegen Herrn Assad und jeden seiner Unterstützer werden Haftbefehle des internationelen Gerichtshofes erlassen und jeder von ihnen, der in Zukunft einen Fuß über die Grenzen Syriens setzt, wird verhaftet und in Den Haag vor Gericht gestellt.
Allerdings wäre auch damit den verzweifelten Menschen in Syrien derzeit wenig geholfen. Würde ein solches rigoroses internationales Vorgehen gegen Regierungen, die auf wehrlose Demonstranten schießen lassen, aber Schule machen, dann würde sich zukünftig jeder machtgierige Potentat wohl gut überlegen, ob er die Waffen oder den friedlichen Dialog wählt, um die gesellschaftlichen Probleme in seinem Land zu lösen.

Das Gerichtsverfahren und das Urteil gegen Herrn Taylor (Liberia, ehemaliger Präsident) sind ein erster Schritt in die richtige Richtung. Hoffentlich werden diesem ersten Schritt noch viele weitere folgen. Die Aussichten dafür stehen gar nicht so schlecht: Frau Pillay (Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen, Hochkommissarin für Menschenrechte) forderte, die Verantwortlichen für die Gräueltaten in Syrien vor das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag zu bringen. Darüber berichtet heute die ARD-Tagesschau auf ihrer Internetseite.


(Quellen: Welt vom 01.06.2012, ARD Tagesschau vom 01.06.2012, Spiegel vom 31.05.2012, Schweizer Fernsehen vom 31.05.2012, ORF vom 29.05.2012, Spiegel vom 27.05.2012, SwissInfo vom 27.05.2012, Stern vom 28.05.2012, Wiener Zeitung vom 08.02.2000, Spiegel vom 26.07.2007, AVAAZ, Wikipedia)

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