Samstag, 2. Mai 2009

Maifeiertag


Bremerhaven, am Freigebiet (zum Vergrößern auf Fotos klicken)

Nachdem jahrhundertelang angeblich in der Nacht vor dem 1. Mai die Hexen auf dem Blocksberg getanzt und gefeiert haben sollen, wurde der 1. Mai später zum internationalen Feiertag der Arbeiterbewegung.

Die Tradition der Hexen hat die Zeiten mit dem Brauch, in dem Mai zu tanzen überdauert. Ich hoffe, ihr hattet gestern Morgen keinen schweren Kopf von eurem Tanz in den Mai und den dazu gereichten Getränken, so dass ihr den arbeitsfreien Tag auch sinnvoll nutzen konntet.

Im Brauchtum der Bevölkerung verwurzelte, bis in die "heidnische Zeit" zurückreichende Traditionen zum Maifeiertag und seine Bedeutung als Feiertag der Arbeiterbewegung veranlassten Adolf Hitler und seine Nationalsozialisten 1933 dazu, den zu Beginn der Weimarer Republik demokratisch beschlossenen Nationalfeiertag wieder abzuschaffen und statt dessen den "Ersten Mai" als Nationalfeiertag im Deutschen Reich festzulegen. Der Tag passte wohl einfach zu perfekt zur nationalsozialistischen Weltanschauung. Obwohl die Nazis sich in ihrem Parteinamen auch mit dem Label "... Deutsche Arbeiter Partei" schmückten, hatten sie jedoch keine Skrupel, gleich am 2. Mai 1933 die Gewerkschaftshäuser zu stürmen und die gewählten Interessenvertretungen der Arbeiterbewegung zu verbieten.

Erst nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde der 1. Mai im Jahre 1946 durch den Alliierten Kontrollrat wieder als Feiertag der Arbeitnehmer zugelassen. In der Bundesrepublik Deutschland ist der 1. Mai wieder ein gesetzlicher Feiertag.

Im letzten Jahr fielen Christi Himmelfahrt und der 1. Mai ja auf den gleichen Tag. Dass die Wirtschaft, wie von den Arbeitgebern immer behauptet, mit jedem zusätzlichen Arbeitstag einen höheren Sprung aus der Talsohle der Rezession macht, kann ich rückblickend jedoch leider nicht feststellen.

Diese Behauptung der Arbeitgeber war jedenfalls für die damalige Bundesregierung unter der Führung des "Christlich Demokratischen" Bundeskanzlers Helmut Kohl ausreichend genug, den Buß- und Bettag ab 1995 als gesetzlichen Feiertag abzuschaffen. Der an diesem Tag von den Arbeitnehmern zusätzlich erwirtschaftete Gewinn sollte angeblich als Ausgleich für den solidarischen Anteil der Arbeitgeber am Beitrag zur Pflegeversicherung herhalten. Im Nachhinein sieht es nicht danach aus, als sei der Pflegeversicherung und den von den Leistungen der Versicherung abhängigen Versicherten damit wirklich geholfen worden. Auch hier haben einige Branchen und Unternehmen es geschafft, die finanziellen Leistungen der Pflegeversicherung in stärkeren Umfang in ihre Kassen umzuleiten, als es ursprünglich kalkuliert worden war. Da werden auf dem Rücken von in den Pflegeberufen Beschäftigten und Pflegebedürftigen Gewinne gemacht die von den Initiatoren der Pflegeversicherung so nicht vorhergesehen worden waren.

Irgendwie müssen wohl auch "gewisse andere Rahmenbedingungen" sowie die individuelle Situation jedes einzelnen Unternehmens stimmen, damit durch zusätzliche Arbeitszeiten auch zusätzliche Gewinne erwirtschaftet werden können. In der Realität wurde lediglich ein gesetztlicher Feiertag abgeschafft, der vielen evangelischen Christen immer noch wichtig ist.



Maiumzug 2009 in Bremerhaven: Hinrich-Schmalfeld-Straße

Dass "gewisse andere Rahmenbedingungen" durch die Gier gewisser Branchen und ihrer Lenker in den Chefetagen gegen die Wand gefahren wurden, was in der Folge zur derzeitigen Lage der Weltwirtschaft führte war Thema auf vielen Transparenten während des Maiumzugs in Bremerhaven. Die Stadt ist durch ihre von einem funktionierenden Welthandel abhänge Hafenwirtschaft direkt von der Krise betroffen. Der Güterumschlag ist laut Berichten in der Nordsee-Zeitung um 40 Prozent eingebrochen. Rücklagen des Gesamthafenbetriebsvereins werden nur noch bis zum Ende des Sommers reichen. Um die Insolvenz zu verhindern, oder zumindest hinauszuzögern, sind ca. 1400 Arbeitsplätze in den Bremerhavener Häfen betroht. Auch die Wut über solche Missstände und die die Angst um den Verlust ihrer Arbeitsplätze kam auf Transparenten der Umzugsteilnehmer zum Ausdruck.

Die Hafenbetriebsvereine sind eine Art Konjunkturpuffer. Sie gleichen die starken zyklischen Schwankungen im Hafengeschäft aus, indem sie Rücklagen bilden, die Hafenarbeiter beschäftigen und je nach Bedarf dort einsetzen, wo gerade etwas zu tun ist. Die Rücklagen sind so bemessen, dass sie die normalen Schwankungen des Hafenbetriebs ausgleichen können. Für eine internationale Krise wie dieser waren sie jedoch nie gedacht. Während Milliardenbeträge für unter dem Deckmantel "Umweltprämie" versteckte direkte Finanzhilfen für Schrott- und Autohändler verschleudert werden, die den Namen "Umweltprämie" und den Titel "Konjunkturhilfe für die deutsche Wirtschaft" nicht verdienen, da dieses Geld nicht dem Kampf gegen den Klimawandel, wohl aber ausländischen Kleinwagenherstellern zugute kommt, ist die Politik weniger erfinderisch, wenn es um die Zahlung direkter Überbrückungshilfen für die deutschen Häfen geht. Die Bremer Häfen warten bisher vergeblich auf Hilfe des Landes Bremen oder von der Bundesregierung. Deutschland ist als Exportnation von der funktionierenden Infrastruktur seiner Häfen abhängig. Deshalb ist die Unterstützung der Häfen in Zeiten internationaler Krisen keine regionale, sondern eine nationale Angelegenheit.

In diesem Jahr müssten die Arbeitgeber eigentlich ja eher froh über diesen freien Tag sein, da aufgrund der weltweiten Wirtschaftskrise in vielen Betrieben Arbeitsmangel herrscht. So müssen sie sich für einen Tag weniger Gedanken darüber machen, womit sie ihre Mitarbeiter beschäftigen könnten.

Nachtrag
"Der Geestendorfer" hat einen Bericht über die Abschlusskundgebung und die Rede von Prof. Dr. Rudolf Hickel am Maifeiertag in Bremerhaven geschrieben. Herrn Hickel hatte ich leider nicht mehr hören können, da um 11 Uhr Gäste zur Geburtstagsfeier meines Neffen und meiner Tochter zu Besuch zu uns kamen.

(Quellen: Nordsee-Zeitung, taz, Wikipedia)

5 Kommentare:

Lucki hat gesagt…

Solange alles friedlich verläuft und ohne Krawalle, haben die Demonstrationen am "Tag der Arbeit" durchaus Sinn. Nur - die meisten sehen einfach nur den 'freien Tag'.
LG Lucki

Frieda hat gesagt…

Hallo Juwi

Bei uns gibt es leider immer so Vandalen, die die 1. Mai Demonstrationen anschliessend benützen um ihrer Zerstörungswut freien Lauf zu lassen. Das ist schade, denn das ist eine Gruppe, die nichts mit den Gewerkschaften zu tun hat. Dieses Jahr waren 15.000 Menschen am 1. Mai-Umzug, viel mehr als andere Jahre. Ich bleibe meistens zu Hause, da es mir wegen den Chaoten, die sich gewalttätige Kämpfe mit der Polizei liefern dann nicht so geheuer ist in der Stadt.

Liebe Maiengrüsse, alles neu macht der Mai, wie es so schön heisst.
Elfe

Der Geestendorfer hat gesagt…

Hallo Jürgen,

ich war am Freitag auch bei der 1. Mai Kundgebung an der Großen Kirche. Es sollen über 3000 Menschen teilgenommen haben. Das waren genau so viele wie bei der Mai-Kundgebung in Bremen. In Krisenzeiten zeigen wir Bremerhavener und Bremerhavenerinnen Flagge. Ich wollte umbedingt die Rede von Prof. Rudolf Hickel anhören, dem Wirtschaftsökonom von der Bremer Uni und wurde von seiner Rede nicht enttäuscht. Die Kundgebung war mir einen Eintrag in meinem Blog wert.

Gruß Holger

juwi hat gesagt…

Lucki, Elfe:
Diejenigen, die einfach nur den freien Tag sehen, sind die gleichen, die sich auch Ostern, Weihnachten oder am 3. Oktober nur über zusätzliche Freizeit freuen. Die haben grundsätzlich den Sinn von Feier- und Gedenktagen nicht verstanden. Bei Krawall-Chaoten verhält es sich ähnlich, die wollen nur ihren Zerstörungstrieb im Schutz der Masse ausleben. Beide Kategorien von Zeitgenossen gefährden damit die Botschaften, die an Feiertagen Gehör finden, im Alltagsleben aber leider oft in der allgemeinen Informationsflut untergehen.

Holger:
Am Inhalt der Transparente und an der Anzahl der Teilnehmer ist deutlich zu erkennen gewesen, wie groß die Sorgen der Menschen in Bremerhaven zur Zeit sind. Wenn 1400 Leute ihre Arbeit im Hafen verlieren sollten, dann ist ihnen mit den schönen neuen Hafenwelten und den noch nicht vorhandenen Arbeitsplätzen auf dem möglicherweise zukünftigen Gewerbegebiet auf der Luneplate auch nicht geholfen. Glücklicherweise sind wir in Bremerhaven bisher von Randalierern verschont geblieben.

Frieda hat gesagt…

Sorry Juwi, ich habe mich verschrieben, es waren "nur" 12.000 Demonstrierende, doch immerhin einige mehr als andere Jahre, und die Chaoten waren eindeutig nicht diesen Gewerkschaftern zuzuordnen, sondern teilweise ganz junge unter 18-jährige Typen, die wohl einfach ihre persönlichen Aggressionen loswerden oder einfach mit der Polizei Katz und Maus spielen wollten.
Lieben Gruss in den Abend
Elfe

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