Donnerstag, 28. Mai 2009

Es werden weiter Fakten geschaffen!

"Kaufland nach der Wahl noch möglich"
lautete der Titel eines Berichts in der Nordsee-Zeitung Online vom 26.05.2009.

Das Kaufland-Projekt sei zwar bis zum Ende der Legislaturperiode im Mai 2011 auf Eis gelegt worden, trotzdem solle das Baurecht so geändert werden, dass nach der Wahl ein Groß-Discounter auf dem Phillipsfield angesiedelt werden könne. Der Bauausschuss habe dafür am 25.05.2009 mit den Stimmen von SPD und CDU grünes Licht gegeben.

Die Zeitung zitiert Herrn Bödeker (CDU, Fraktionsvorsitzender) mit den Worten: "Wir sind fest davon überzeugt, dass das Sinn macht. Wir wissen aber auch, dass man dafür Mehrheiten braucht." Einem gemeinsam von der Politik, der IHK und dem Bremerhavener Einzelhandel in Auftrag zu gebendem Einzelhandelsgutachten für Bremerhaven, das seiner "festen Überzeugung" eine solide Basis geben würde, verweigert sich die CDU beharrlich. Sie will die Kaufland-Ansiedlung gegen alle Kritik durchdrücken.

Besonders peinlich empfinde ich in dieser Angelegenheit immer wieder das Verhalten der SPD. Deren Fraktionsführung hängt, entgegen aller Kritik der eigenen Parteibasis an den Plänen der CDU für die Zukunft des Phillips-Fields, ihre Fahne brav weiterhin in den Wind ihres Koalitions-"Partners". Die Nordsee-Zeitung berichtete, Herr Allers (SPD, baupolitischer Sprecher) habe gesagt, das sei ein ziemlich harter Ritt für seine Partei gewesen: Zum Koalitionsvertrag mit der CDU zu stehen, obwohl die eigenen Mitglieder schon längst nicht mehr dahinter standen.

Soll man Herrn Allers und seine Partei dafür bedauern? Das ist einfach nicht zu fassen. Das ist Politik in Beton gegossen und hat mit gesundem Menschenverstand nichts mehr zu tun. Sollte die Idee der Bremer Landesregierung, die Legislaturperiode von vier auf fünf Jahre zu verlängern, sich durchsetzen, dann bewegt sich bald gar nichts mehr.

Hätten Herr Allers und seine Parteikollegen gelegentlich einmal in die Koalitionsvereinbarung mit der CDU hineingeschaut, dann hätten sie längst gemerkt, dass diese bereits so oft missachtet wurde, dass die CDU keinerlei Recht hat, mit Verweis auf die Koalitionsvereinbarung weiterhin auf Kaufland auf dem Phillips-Field herumzureiten - zumal darin "Kaufland" an keiner Stelle erwähnt wird!
  • Koalitionsvereinbarung, Seite 4:

    "10. Das Philips-Field wird entsprechend der von der BIS erteilten Zusage zur Errichtung eines integrierten Nahversorgers veräußert. Erwartet werden 70 bis 80 neue Arbeitsplätze sowie 300 Parkplätze als Ersatz für weggefallene Einkaufsmöglichkeiten und Arbeitsplätze. Der Verkaufserlös wird zur Hälfte für die Investition am Sportgarten zur Verfügung gestellt, die andere Hälfte wird dem Haushalt zugeführt."!

    Bereits in der Koalitionsvereinbarung werden "weggefallene Einkaufsmöglichkeiten und Arbeitsplätze" als Folge der Kaufland-Ansiedlung billigend in Kauf genommen!

  • Koalitionsvereinbarung, Seite 14/15:

    "... Folgende Maßnahmen wollen wir mit den Bürgerinnen und Bürgern diskutieren: ..."

    Die Diskussion fand nicht statt:
    Koalitionsvereinbarung missachtet!

    "Planerische Entwicklung einer Mehrgenerationenhaus-Konzeption an exponierten Stellen wie dem Geestebogen zwischen Eishalle und Hafenstraße. ...

    Städtebauliche Planung für das Geeste-Ufer unter Einbeziehung des Kistnergeländes im Bereich vom Autobahnzubringer Mitte bis zur Stadthalle, die die attraktive Lage am Wasser auch auf lange Sicht nachhaltig berücksichtigt und der exponierten Lage in unserer Stadt besonders Rechnung trägt. Hierbei soll vor allem das Wohnen am Wasser und die Ansiedlung von Dienstleistungsgewerbe sowie der Erholungswert für die Bevölkerung berücksichtigt werden.

    Wenn es nach dem Willen der CDU ginge, würde die Mehrgenerationenhaus-Konzeption am Geestebogen, die Planung für das Geeste-Ufer unter Einbeziehung des Kistnergeländes, die nachhaltige Berücksichtigung der attraktiven Lage am Wasser auf lange Sicht, das Wohnen am Wasser, die Ansiedlung von Dienstleistungsgewerbe, der Erholungswert für die Bevölkerung sowie das Kalksandsteinwerk unter dem Fachmarktzentrum der Ten Brinke Gruppe auf dem Kistnergelände beerdigt:
    Koalitionsvertrag missachtet!


    Das Nordseemuseum wird im Kalksandsteinwerk auf dem ehemaligen Kistnergelände eingerichtet. Hierfür werden über Stadtfinanz bis zu 4 Mio. Euro zur Verfügung gestellt. Der Magistrat wird aufgefordert, Drittmittel einzuwerben. Als Eigentümer der Sammlung soll mit dem Senat der Freien Hansestadt Bremen über eine Mitfinanzierung verhandelt werden. ..."

    Das Nordsee-Museum im Kalksandsteinwerk wird es nach Aussage der Großen Koalition nicht geben:
    Koalitionsvertrag missachtet!

Der Kompromiss, die Bebauung des Phillips-Fields in dieser Legislaturperiode auszusetzen, dafür aber dem Kaufland-Investor Ten Brinke direkt gegenüber auf dem Wilhelm-Kaisen-Platz zu erlauben einen OBI-Baumarkt anzusiedeln, ist ohnehin ein fauler Kompromiss. Ich frage mich so langsam ernsthaft, was das Geheimnis der holländischen Ten Brinke Gruppe ist, mit dem sie die Große Koalition immer wieder für ihre Bauklotz-Architektur bis in das Zentrum der - für Bremerhavener Verhältnisse - historischen Gründerzeitviertel von Lehe begeistern kann:


(zum Vergrößern bitte auf den Lageplan klicken)

  1. Vollsortimenter Kaufland auf dem Phillips-Field
  2. OBI-Baumarkt auf dem Wilhelm-Kaisen-Platz
  3. Fachmarktzentrum auf dem Kistner Gelände

Wenn alles das realisiert werden würde, was bisher von Ten Brinke an Plänen bekannt geworden ist, dann würde damit das Ende der derzeitigen Einzelhandelslandschaft im südlichen Lehe besiegelt werden, und darüber hinaus würde es Auswirkungen bis nach Speckenbüttel im Norden Lehes, Geestemünde und auf die Stadtmitte haben. Architektonisch würde sich die massive Konzentration von Super-, Discount-, und Baumarkthallen wie eine Ansammlung von Klötzen in das gewachsene Stadtbild der angrenzenden Gründerzeitquartiere einfügen.

Bezüglich der CDU-Pläne für das Phillips-Field und das südliche Lehe sagt Herr Bödeker: "Wir wissen aber auch, dass man dafür Mehrheiten braucht." Die Nordsee-Zeitung gibt jedem mit einer Umfrage auf ihrer Internetseite die Möglichkeit, sich zu den Plänen der Großen Koalition für das Phillips-Field zu äußern. Heute abend um 19:45 Uhr hatten 11% der Leser die Frage, "Halten Sie es für richtig, das Planrecht so zu verändern, dass auf dem Phillips-Field nach der Wahl doch noch ein Supermarkt gebaut werden kann?", mit Ja beantwortet. 89% der Leser sagen dagegen: "Nein, es gibt ohnehin genug Supermärkte in Bremerhaven." Wenn Herr Bödeker und seine Parteikollegen einmal auf die Bürger hören würden, dann wüssten sie, welche Mehrheit sie für ihre Pläne hinter sich haben!

Die Opposition sieht das ebenso. Herrn Eversberg (Grüne, Fraktionsvorsitzender) zitiert die Nordsee-Zeitung wie folgt: "Es ist unbegreiflich, dass diese Pläne noch weiter verfolgt werden. Man sollte die Sache jetzt beerdigen." Herr Ella (FDP, Fraktionsvorsitzender) schlage vor, über die Änderung des Flächennutzungsplanes erst nach der Wahl zu entscheiden. Bei der CDU stieß die Opposition auf taube Ohren. Vielleicht sollte aber die Fraktionsspitze der SPD sich endlich dazu durchringen, auf ihre Basis zu hören, und der CDU ihre Unterstützung für deren Pläne entziehen. Schließlich ist sie nicht dafür gewählt worden, um - entgegen der Interessen ihrer Wähler - den Willen der CDU durchzuboxen ...

  • Wer neue Supermärkte in diesem Ausmaß - Kaufland ist ein Vollsortimenter! - direkt am Eingang zur Hafenstraße baut, gefährdet die Zukunft der Geschäfte in der Hafenstraße, dem derzeitigen, gewachsenen Geschäftszentrum im südlichen Lehe. Aufgrund des weiten Einzugsgebiets großer Supermärkte gefährdet er darüberhinaus bestehende Arbeitsplätze des weiteren Umfelds im Bremerhavener Einzelhandel.
  • Wer für die nächste Legislaturperiode den Bau neuer Supermärkte in diesem Ausmaß direkt am Eingang der Hafenstraße plant, gehört bei der Wahl zur nächsten Stadtverordnetenversammlung abgewählt.
  • Wer den weiteren Wildwuchs von Supermärkten und Discountern in Bremerhaven nicht verhindert, sondern billigend in Kauf nimmt oder gar selbst maßgeblich daran mitwirkt, und sich weiterhin einem Einzehandelsgutachten für Bremerhaven als gesunde Basis für zukünftige Ansiedlungspläne verweigert, muss bei der Wahl zur nächsten Stadtverordnetenversammlung einen Denkzettel erhalten.

(Quelle: Nordsee-Zeitung vom 26.05.2009, Koalitionsvereinbarung)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen



Eigene Meinungen, konstruktive Kritik, Anregungen etc. sind jederzeit willkommen.

Nettikette
Bitte achtet auf den »guten« Ton.
Beschimpfungen und ähnliches werden im Papierkorb veröffentlicht.


Anonyme Kommentare:
Wenn ihr "Anonym" bei "Kommentar schreiben als" auswählt, dann lasst mich und die anderen Leser bitte wissen, wer ihr seid.

Um faire Diskussionen zu gewährleisten, werde ich Kommentare ohne "Identität" in Form einer E-Mail-Adresse, einem Namen oder zumindest einem Nicknamen nicht veröffentlichen!

Zum Schutz vor Spammern müssen die Kommentare erst von mir freigeschaltet werden. Ich bitte dafür um euer Verständnis.