Dienstag, 6. Januar 2009

Recht auf Lebensabend in Würde

Was ich gelegentlich über die Bedingungen mitbekomme, unter denen manche Beschäftigte in den Pflegeberufen arbeiten müssen, und wie die ihnen anvertrauten Menschen darunter leiden, erweckt in mir mehr und mehr den Eindruck, dass jeder von uns möglicher- weise direkt auf eine Katastrophe zusteuern könnte, sollte er sich jemals genötigt sehen, sich in die Obhut eines Seniorenheimes begeben zu müssen.

Im Jahre 2002 verkaufte die Stadt Bremerhaven das Seniorenheim am Bürgerpark, das angegliederte Pflegezentrum und das Marie-von-Seggern- Heim an die Oldenburger Hansa-Gruppe, die in den drei Einrichtungen zur Zeit ca. 250 Mitarbeiter beschäftigt.

Sicher herrschen nicht in allen Pflegeinrichtungen katastrophale Zustände, und ich habe auch schon von Seniorenheimen gehört, die für ihren Einsatz für die Bewohner ausgezeichnet wurden. Aber die Seniorenheime der Hansa-Gruppe in Bremerhaven sorgten in der lokalen Presse bereits mehrfach für negative Schlagzeilen. Im Dezember prangerte die Gewerkschaft Verdi die unhaltbaren Arbeitsumstände für die Beschäftigten an, die nach drastischen Lohnkürzungen um bis zu 20 Prozent, Arbeitszeiterhöhungen sowie Verzicht auf Weihnachts- und Urlaubsgeld gegen weitere Kürzungen kämpfen.

Die Nordsee-Zeitung berichtete in ihrer Ausgabe vom 05. Januar 2009, dass mitunter im Arbeitsgericht ganze Sitzungstage für Verfahren reserviert seien, an denen die Hansa-Gruppe beteiligt sei. Das könne jeder sehen, der des öfteren dort zu tun habe. Aus Angst um den Arbeitsplatz wolle sich keiner der Bremerhavener Mitarbeiter des Unternehmens offen dazu äußern, aber hinter vorgehaltener Hand seien die Zustände Tagesgespräch im Pflegezentrum in der Hartwigstraße. Inzwischen beschäftige die Hansa-Gruppe auch zunehmend Leiharbeiter. Herr Göers (Betreuungsverein, Geschäftsführer) schätzt ihre Zahl in der Hartwigstraße auf ungefähr ein Drittel der dort Beschäftigten.

Der Betreuungsverein betreue rund 550 Menschen in Bremerhaven und Umgebung, von denen rund 20 im Seniorenheim am Bürgerpark leben. Herr Göers beschreibe die Sorgfalt in der Pflege als mangelhaft. Aus diesem Grund habe der Verein kurz vor Weihnachten eine Bewohnerin aus dem Heim geholt, die völlig mobil gewesen sei als sie in das Heim gekommen war. Sie sei dann aber tagelang nicht bewegt worden, weil sich das Personal nicht gekümmert habe, und sie habe die ganze Zeit im Bett verbringen müssen.

An diesen Zuständen seien die Arbeitsbedingungen in dem Heim schuld. Mitarbeiter seien gekündigt oder versetzt worden, in den Wohnbereichen sei häufig kein Personal anzutreffen, ein Pfleger sei für mehrere Etagen zuständig und oft gar nicht über den Zustand der Senioren informiert.

Die Nordsee-Zeitung zitiert eine Frau aus dem Bremerhavener Stadtteil Wulsdorf, deren Schwiegermutter vier Jahre lang in der Hartwigstraße gelebt habe, mit den Worten: "Von den anfangs guten Bedingungen ist wenig geblieben. Hansa verteilt immer mehr Arbeit auf immer weniger Personal. Werden die Heime so weitergeführt, werden sie zu Abstellheimen für Senioren". Die Pflegekräfte hätten kaum mehr Zeit, den Bewohnern Abwechslung im Alltag zu bieten.. Es werde weder gebastelt, gemalt, noch gespielt. Auch Ausflüge seien kaum noch angeboten worden.

Angesichts dessen, was in der Nordsee-Zeitung zu lesen war, frage ich mich, wofür wir überhaupt so viel Geld in die Pflegeversicherung einzahlen, wenn wir dafür während der letzten Jahre unseres Erdendaseins möglicherweise nicht einmal das notwendigste für ein Leben in Würde erwarten können. Die in Unternehmen wie der Hansa-Gruppe Beschäftigten werden unter Umständen auch noch in mehrfacher Weise zu Opfern solcher Machenschaften. Während ihres Arbeitslebens leiden sie unter unzumutbaren Arbeitsbedingungen, sind gezwungen in die Pflegeversicherung einzuzahlen, und wenn sie am Ende ihres Lebens in ein Heim ziehen müssen, dann wissen sie schon im Voraus, womit sie dort möglicherweise rechnen müssen. Jeder sollte das Recht auf einen Lebensabend in Würde haben.

Ich möchte ja niemandem etwas schlechtes wünschen, aber auch die für die Missstände in Senioren- und Pflegeheimen Verantwortlichen werden einmal alt und möglicherweise auf Hilfe angewiesen sein ...

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hallo JuWi,

da gibts nen film der heißt *aufstand der alten* is bis jetzt glaub ich nur bei premiere gelaufen in der sparte Scifi... und der is so real und erschreckend als doku gedreht die im jahre 2030 spielt....
wenn du gelegenheit hast dann gugg dir den mal an.
ich sag dir .. so fern und so abwegig is das alles gar nicht.
die tochter meiner arbeitskollegin lernt altenpflegerin - sie macht das mit leib und seele und ist bestürzt wieviel zeit sie hat um einen heimbewohner zu versorgen.. unmenschlich... und viele pfleger und pflegerinnen die ihren beruf gerne machen verzweifeln am systhem....
wollen wir das beste für alle wünschen - ein wunsch ein gedanke energie manifestieren sich zur wirklichkeit ...

Herzgruß Heni

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