Die Nordsee-Zeitung berichtete am 22.01.2009, acht Prozent aller Autofahrer, deren Auto älter als 9 Jahre ist, denke über eine Verschrottung ihrer Fahrzeuge nach, um die Abwrackprämie in Höhe von 2500 Euro zu kassieren. Bundesweit seien 16 Millionen solcher Autos unterwegs; 3743 davon in Bremerhaven.
Acht Prozent der 16 Millionen Autofahrer, die über eine Verschrottung nachdenken, entsprechen einer Anzahl von 1,28 Millionen Autofahrern, die mit dem Gedanken an einen Neu- oder Jahreswagen spielen.
14,72 Millionen Autofahrer ziehen also eine Verschrottung ihres 9 Jahre oder älteren Fahrzeugs gar nicht erst nicht in Erwägung. Zu diesen gehöre auch ich. Nicht dass ich mich nicht über ein Geschenk in Höhe von 2500 Euro freuen würde, aber ein Neu- oder Jahreswagen sprengt ganz einfach den mir und meiner Familie zur Verfügung stehenden Rahmen.
Dabei würde mir auch der pfiffige Gedanke eines Leserbriefschreibers nicht helfen, der am 24.01.2009 in der Nordsee-Zeitung veröffentlicht worden ist. Der Leser meinte, um das Maximum an Vergünstigungen beim Kauf eines Neu- oder Jahreswagens herauszuholen, sei es das beste, die alte Kiste gegen eine kleine Schrottprämie an einen Schrotthändler zu verkaufen. Beim Neuwagenhändler könne man dann wie gewohnt um Rabatte feilschen. Mit der Bescheinigung vom Schrotthändler gäbe es dann die 2500 Euro Abwrackprämie von der Bundesregierung noch als Sahnehäubchen obendrauf. Der Verfasser des Leserbriefes räumt allerdings ein, dass die Bundesregierung es möglicherweise lieber sähe, wenn man die Abwrackprämie beim Neuwagenhändler verrechnen lassen, und dafür auf seine Verhandlungsmasse verzichten würde.
Dem oben erwähnten Sahnehäubchen versetzt der Bremerhavener Schrotthändler Herr Adler jedoch gleich wieder einen Dämpfer. Die Nordsee-Zeitung zitierte ihn in ihrer Ausgabe vomm 22.01.2009 mit den Worten: "Der Schrottpreis ist extrem gesunken. Was älter als Baujahr '95 ist bringt kein Geld mehr". Demnach gibt es bezüglich des Baujahrs ein Zeitfenster von 5 Jahren, das derzeit für die Schrotthändler von Interesse ist, und in dem sich der Tipp des Lesers wirklich lohnen könnte. Autos die 14 Jahre oder älter sind, und bei denen man schon eher davon ausgehen könnte, dass sich so langsam die Reparaturen häufen, werden von dem Tipp des Leserbriefschreibers weniger profitieren. Die "jüngeren" unter den älteren Autos sind jedoch noch nicht unbedingt schrottreif.
Aber der tolle Tipp des Leserbriefschreibers nützt mir ja derzeit ohnehin nichts! Unser gerade 9 Jahre altes Auto wird schon noch etwas durchhalten müssen. Bisher sehe ich diesbezüglich auch keinerlei Probleme. Jedesmal, wenn eines seiner Vorgänger nicht mehr wollte, und wir ein neues Auto brauchten, waren die Preise - auch für Gebrauchtwagen - wieder um ein vielfaches gestiegen. Daran hat sich bis heute nichts geändet, und ich kann bisher auch kein Ende dieses Trends erkennen. Ich frage mich schon seit langem, wann der Punkt erreicht sein wird, ab dem die meisten Menschen sich schlicht und einfach kein Auto mehr leisten können.
Zur Finanzierung der Abwrackprämie stellt die Bundesregierung 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Es sind also nur 600000 Abwrackprämien zu vergeben. Das heißt, dass 680000 der acht Prozent aller deutschen Autofahrer, die überhaupt über eine Verschrottung ihre Fahrzeugs nachdenken, leer ausgehen. Unter dem Gesichtspunkt "Konjunkturprogramm" hätte das Budget für die Abwrackprämie also gut noch einmal um mehr als 50 Prozent höher ausfallen können.
Ich gönne allen "Verschrottungsanwärtern", die das Glück haben werden, eine der rar gesäten 2500 Euro Prämien zu ergattern, von Herzen ihr Geschenk der Bundesregierung - so auch der Familie der- oder desjenigen, die oder der in einem anonymen Kommentar zu meinem Artikel "Abwrackprämie - Völliger Blödsinn" schreibt, sie freue sich über die Prämie, da sie ihr 14 Jahre altes italienisches Auto aufgrund seines Zustands ohnehin in diesem Jahr durch ein neues ersetzen muss. Der Bundesregierung, die die Abwrackprämie ja als Anreiz für bisher nicht zum Kauf eines neuen Autos entschlossene Autofahrer gedacht hatte, wird das allerdings eher ein Dorn im Auge sein.
Der deutschen Automobilindustrie wird dieses Geschenk jedoch nur teilweise zu Gute kommen. Die Berliner Morgenpost berichtete, nach einer Umfrage der Wirtschaftsberatungs- und Prüfungsgesellschaft Ernst & Young gehe die Entscheidung jedes dritten derjenigen Autofahrer, die den Kauf eines neuen Autos planen, auf die Einführung der Abwrackprämie zurück. Von diesen wollen sich 56 Prozent für ein heimisches Fabrikat entscheiden. Mit einem guten Drittel der von ihr für die Abwrackprämie zur Verfügung gestellten 1,5 Milliarden Euro finanziert die Bundesregierung demnach also möglicherweise ausländiche Automobilhersteller, während unter Umständen nur knapp zwei drittel der deutschen Hersteller davon profitieren könnten. Auch über diese Tatsache kann die Bundesregierung eigentlich nicht besonders glücklich sein.
Hinzu kommt, dass ein neun Jahre altes Auto in der Regel noch lange nicht schrottreif ist. Das sieht auch Herr Sinn (Münchner ifo-Institut, Präsident) so. Er hält die Abwrackprämie für pervers. Sie setze Anreize, ökonomische Werte zu vernichten. Zumindest bezüglich unseres Autos und unserer Situation stimme ich Herrn Sinn ausdrücklich zu. Auch in Bezug auf die Umweltbelastung infolge der Produktion neuer Autos gebe ich ihm recht. Er meint, vermutlich sei es besser für die Umwelt, wenn man die älteren Autos weiter gefahren würden, auch wenn sie etwas mehr Treibstoff als neue verbrauchen. Er wendet sich gegen eine "Wegwerf-Gesellschaft" die nur zum Ziel hat, die Konjunktur zu stützen. Es wundert mich, dass die Bundesregierung mit ihrer Initiative in Kauf nimmt, dass in einer Zeit der Rezession Werte zum Fenster hinausgeworfen werden, in der es eigentlich wichtiger wäre, vorhandene Werte zu erhalten.
Auch wenn die Automobilhersteller insgesamt ca. 400000 Autos verkaufen werden, auf denen sie ohne Abwrackprämie wohl sitzen geblieben wären, halte ich die Prämie - vorsichtig ausgedrückt - nicht gerade "für den großen Wurf". Das Geld wäre aus meiner Sicht besser angelegt gewesen, wenn es der Entwicklung CO2-neutraler Antriebe für künftge Neuwagen zugute gekommen wäre. Für die Umwelt (Stichwort "Klimaschutz"!) bringt die Abwrackprämie nämlich absolut nichts; eher wird wohl das Gegenteil der Fall sein.
(Quellen: Nordsee-Zeitung, Berliner Morgenpost, Wirtschaftszeitung "Produktion" der deutschen Industrie)
3 Kommentare:
Hallo,
1. eine Abfrackprämie für verantwortliche Politiker und Manager wäre gerechter, weil:
a) umweltschonender und gerechter
b) Gewinn- und “Verlust”-Beteiligung bei politischen und wirtschaftlichen Versagen
c) Heuschreckenverhalten (abgraßen auf Kosten der Armen)
d) “Maximinimal-Prinzip”: Größtmöglicher Gewinn bei minimalem Aufwand? neuer Produktionsfaktor nötig?
2.
Also ich finde es erstaunlich, daß heute vieles möglich ist, wovor früher Experten gewarnt haben.
Kredithai-verhalten … erst locken, dann zocken.
Was sich im kapitalistischen Rechtsstaat in gesetzlichen Grauzohnen als rentabel ausloten läßt,
wird sofort ausgenutzt, bevor Gesetz-Verbesserungen wirken können. Ein lukratives Geschäft mit mafiösen Zügen. Sogar in der Politik, denn wenn eine angeblich umweltschonende “Abfrackprämie” den Bürgern als Neuwagenkaufsgrund schmackhaft gemacht wird, um günstig an ein neues Auto zu kommen (was er sich evtl. nicht leisten kann), ist das mehr als dubios, zu behaupten, es sei politisch sozial. Es soll den Autoherstellern helfen, und nicht der Umwelt dienen und schon garnicht dem Bürger. Das ist irreführend, denn hier wird vermeindlich kleingedrucktes verschwiegen, was den Lobbyisten nützt.
Ok, es ist nur ein Angebot (ein Wahlkampfmittel?). Doch wird mir bei solch einer Politik nur eines klar:
Der Kleine soll für Fehlentscheidungen der Großen zahlen, sowohl in der Finanzkrise, als auch in der Politik.
3.
Fazit: “wählt Euren Alten, wenn er noch gut genug ist und gibt der Lobby keine Chance”
Gruß johste
Hallo johste,
Wenn die Abwrackprämie den deutschen Autoherstellern hätte helfen sollen, dann hätte die Auszahlung an den Kauf eines deutschen Fabrikats gebunden sein müssen - ist sie aber nicht. Wenn die mir bekannten Zahlen so stimmen, profitieren nur zwei drittel der deutschen Hersteller davon. Das entspricht ungefähr einem Betrag in Höhe von einer Milliarde Euro. Mit gut 500 Millionen Euro werden die Konjunkturprogramme anderer Staaten subventioniert - aus unser aller Steuersäckel!
Die Behauptung, die Abwrackprämie sei eine "Umweltprämie" und diene deshalb der Umwelt, dann entspricht der Logik eines dreijährigen Kindes und fällt wohl eher in die Rubrik "Etikettenschwindel". Anstatt an die Schadstoffklasse, wäre sie sonst nämlich an die CO2-Bilanz des zu verschrottenden Autos bis zur "Verarbeitung" in der Schrottpresse, minus einem Faktor für die noch zu erwartenden CO2-Emissionen pro Kilometer bei mindestens der mittleren "Lebenserwartung" des zu verschrottenden Automodells, plus der für die Herstellung des Neuwagens (im Falle eines Jahreswagens plus der während des Betriebs bereits emittierten CO2-Menge), plus einem Faktor für die zu erwartenden CO2-Emissionen pro Kilometer gebunden worden - ist sie aber nicht. Schon diese Betrachtung hätte einen beträchtliche mathematischen Aufwand vorausgesetzt. Dabei sind die bei Herstellung und Betrieb des alten- und des neuen Autos zusätzlich anfallenden wasser-, boden- und luftbelastenden Schadstoffe in der genannten Bilanz noch gar nicht berücksichtigt worden!
Ich glaube, es hat auch niemand behauptet, die Abwrackprämie sei gut für die Bürger. Wenn es so gemeint gewesen wäre, dann hätte diese - wie schon vorgerechnet - mindestens gut doppelt so hoch angesetzt gewesen sein müssen - ist sie aber nicht. Deshalb ist die Abwrackprämie bestenfalls gut für knapp die Hälfte aller daran Interessierten. Mehr als die Hälfte aller an der Abwrackprämie Interessierten Bürger wird erstens ein ziemlich langes Gesicht machen, und zweitens, mehr oder weniger unfreiwillig, ihren Obolus in Form von Steuern zur Abwrackprämie der glücklichen "Abwracklotterie-Gewinner" beitragen. Diese Erkenntnis könnte das ohnehin schon ziemlich lange Gesicht der größeren, leer ausgegangenen Hälfte noch etwas länger erscheinen lassen. Andererseits ist es aber eigentlich auch ganz gut, dass die Bundesregierung "nur" 500 Millionen Euro zum Fenster hinauswirft. Bei einem ähnlichen Interesses der Autokäufer an deutschen Autos im Verhältnis zu ausländischen Fabrikaten, wäre die Subvention der Konjunkturprogramme anderer Staaten mit dem Geld aller deutschen Bürger nämlich sonst mit 1,1 Milliarden Euro gut doppelt so hoch ausgefallen. Das wäre noch schlechter für uns Bürger gewesen.
Die Abwrackprämie soll nach dem Willen der Bundesregierung ein "lukratives Geschäft ..." für die deutsche Automobilindustrie bewirken. Wenn du vermutest, die Politik hätte dabei ein Geschäft "... mit mafiösen Zügen" im Sinn, dann wäre es an der Zeit deine "Abfrackprämie" ins Spiel zu bringen. Dazu kannst du einen kleinen Beitrag leisten, indem du mit deiner Stimme bei der Bundestagswahl im September dabei hilfst, die deiner Meinung nach dafür verantwortlichen Politiker in die Wüste zu schicken. Wenn du der Meinung sein solltest, die etablierten Parteien seien nicht in der Lage die Interessen von uns Bürgern gegen die der Lobbyisten zu vertreten, dann wähle doch eine der "unbedeutenden", kleinen Parteien, deren Vorstellungen den deinen noch am ehesten entsprechen. Warum es ein großer Fehler ist, auf sein Wahlrecht zu verzichten, kannst du in "Toms Wochenschau" nachlesen: http://tomswochenschau.wordpress.com/2009/01/19/hessenwahl-eine-andere-betrachtung-des-wahlergebnisses. Auf dort dargestellte Tatsache kann man im "Superwahljahr 2009" gar nicht oft genug hinweisen.
Gruß,
juwi
Hola Juwi,
ich habe mir erlaubt, auf diesen Beitrag in meinem Blog zu verlinken.
Der Nebel an der Nordsee erinnert an die Edgar Wallace-Filme;-)
LG Lucki
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