Sonntag, 1. Januar 2012

Vor dem Vergnügen kommt der Frust

Die Stadthalle, der verbliebene Parkplatz und der im Bau befindliche Baumarkt
Am 30. Dezember gab es in Bremerhaven noch einmal zwei sportliche Highlights zu sehen. In der Stadthalle fand eine Basketball-Begegnung zwischen den Bremerhavener "Eisbären" und den "S. Oliver Baskets" statt. Nebenan spielten in der Bremerhavener Eisarena die "Fishtown Pinguins" aus Bremerhaven gegen die "Bietigheim Steelers".

Angesichts des Chaos auf dem neben der Baumarkt-Baustelle verbliebenen Rest des Wilhelm-Kaisen-Platzes waren die Sportveranstaltungen für viele der angereisten Zuschauer aber wohl mit einigem Frust verbunden. Das berichtete am 31.12.2011 die Nordsee-Zeitung. Aufgrund des mangelnden Parkraumangebots auf dem befestigten Teil der noch verfügbaren Fläche des Wilhelm-Kaisen-Platzes gerieten einige Autofahrer bei der Parkplatzsuche auf die aufgeweichten Rasenflächen. Nachdem sie sich dort festgefahren hatten, kamen sie erst mithilfe anderer Sportfans wieder frei.

Andere Gäste wichen notgedrungen auf die Parkplätze bei den Stadthäusern oder in die umliegenden Straßen der Wohngebiete im Süden des Stadtteils Lehe aus. Wenn einige der angereisten Fans nicht das Angebot des kostenlosen Bustransfers angenommen hätten, dann wären die Zustände im Umfeld der Stadthalle und der Eisarena möglicherweise noch katastrophaler ausgefallen.


Mangelhaftes Parkraumangebot

Der Rest des Wilhelm-Kaisen-Platzes ...
Dem Bauordnungsamt zufolge sei im Zusammenhang mit dem Verkauf von ca. zwei Dritteln des Wilhelm-Kaisen-Platzes an die holländische Ten-Brinke-Gruppe mit sieben Besuchern pro Parkplatz gerechnet worden. Am 30. Dezember waren mit rund 7000 Basketball- und Eishockeyfans anteilsweise nahezu acht Besucher pro Parkplatz gekommen.
 
Angenommen, jeder Pkw wäre vollbesetzt mit fünf Personen angereist, und alle Bremerhavener wären mit öffentlichen Verkehrsmitteln angereist, dann käme man bei den 900 noch verfügbaren Parkplätzen auf 4500 auswärtige Gäste. Die restlichen 2500 Besucher hätten sich dann auf öffentliche Verkehrsmittel nutzende Bremerhavener Fans, auf auswärtige Nutzer der Zubringerbusse, sowie auf die in den umliegenden Wohngebieten parkenden Autos verteilt.

... von der Melchior-Schwoon-Straße aus gesehen
Geht man jedoch realistischerweise davon aus, dass jeder Pkw mit drei bis vier Personen besetzt sein wird, dann fänden auf dem Wilhelm-Kaisen-Platz gerade einmal noch 2700 bis 3600 von außerhalb angereiste Besucher einen Parkplatz. 3400 bis 4300 von ihnen hätten demzufolge mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu den beiden Veranstaltungen gekommen sein müssen, oder hätten ihre Autos in den Straßen der umliegenden Wohngebiete geparkt.

Wer zwei große Veranstaltungshallen nebeneinander setzt und die darin verfügbaren Sitzplätze addiert, der müsste eigentlich auch erkennen können, welche Anzahl von Parkplätzen realistischerweise dafür zur Verfügung gestellt werden müsste. Meines Erachtens sind 900 Parkplätze jedenfalls nicht ausreichend. Die Stadthalle bietet Platz für bis zu 6000 Besucher. In der Eisarena finden insgesamt 4254 Eishockeyfans Platz. Bei 10254 möglichen Besuchern wären deutlich mehr als die doppelte Anzahl Parkplätze angemessen gewesen.

Auf der ehemals ungefähr dreifachen Fläche des Wilhelm-Kaisen-Platzes (ca. 2700 Parkplätze) wäre für die Autos von rund 7000 Besuchern (ca. 1750 - 2333 Autos) ausreichend Parkraum vorhanden gewesen. Sollten beide Hallen bei parallel stattfindenden Veranstaltung einmal bis auf den letzten Platz ausverkauft sein, dann wäre selbst der ehemals verfügbare Platz angesichts von rund 2500 bis 3400 möglichen Autos äußerst knapp bemessen gewesen.


Planlose Politiker

Wie die Nordsee-Zeitung schrieb, war die Geschäftsführung für eine Stellungnahme nicht zu erreichen gewesen. Allerdings hätten sich selbst Befürworter des Baumarkt-Neubaus inzwischen skeptisch geäußert, seit ihnen die tatsächlichen Ausmaße des 10000 Quadratmeter großen Neubaus bewusst geworden seien. - Ich schreibe hier jetzt lieber nicht nieder, was ich im einzelnen von diesen "Befürwortern eines nicht von vornherein unerwünschten Verdrängungswettbewerbs" halte, die so etwas genehmigt haben.

Die "tatsächlien Ausmaße" ...
Nur soviel sei gesagt: Als sie ihre Zustimmung zum Verkauf gaben, da können sich die politisch Verantwortlichen eigentlich kaum im Voraus ernsthaft mit den Bauplänen, dem über das Angebot eines reinen Baumarkts hinausgehenden Warensortiment und den zu erwartenden Folgen für die bereits in unmittelbarer Nachbarschaft existierenden Baumärkte "Max Bahr" und "Bauhaus" mit seinem Gartencenter, sowie für den Einzelhandel in der benachbarten Hafenstraße und dem Wochenmarkt auf dem benachbarten Ernst-Reuter-Platz auseinandergesetzt haben.

... des Neubaus - links im Hintergrund der Turm der Feuerwehr Lehe
Ebenso wie mir, war es jedoch wohl den meisten Bremerhavenern, die ihren Frust über die Politik der damaligen Großen Koalition aus SPD und CDU im stillen Kämmerlein ungehört heruntergeschluckt haben, und all denen, die sich trotz des zu erwartendden Ergebnisses die Mühe gemacht hatten, ihre Einwände gegen den Verkauf des Wilhelm-Kaisen-Platzes mit stichhaltigen Argumenten untermauert, schriftlich einzureichen, sowie den Demonstranten, die noch am Tage der Entscheidung vor dem Sitzungssaal der Stadtverordnetenversammlung demonstriert hatten, durchaus bewusst, welche "tatsächlichen Ausmaße der 10000 Quadratmeter großen Neubau" auf dem Platz einnehmen würde.

2 Kommentare:

Jens hat gesagt…

Hallo Juwi!
Vielen Dank. Dieser Bericht trifft es wie so oft auf den Punkt.
Ich schrieb hier ja schon ein bis zweimal ebenfalls meine Meinung zu diesem Vorhaben und bin ebenfalls gespannt, was der Politik noch so alles hier einfällt, um z.B. ein Stattfinden der Jahrmärkte noch besser zu verhindern. Ebenso sehe ich noch Potential in den verantwortlichen Parteien , dass man weitere Flächen zu bebauen weiss (siehe die unkontrollierte Bebauung am neuen Hafen).
Ja, "nach dem Frost" will man dann ja schon den Rest des Platzes aufhübschen (Frühjahrsmarkt komplett ruinieren)und dort 450 Parkplätze anlegen... "Gigantisch" für solche eine Veranstaltungsfläche... Hoffentlich findet dann der Bürgermeister auch einen Termin um die Parkplätze feierlich einzuweihen, nicht dass wieder Buten un Binnen kommen muss und er sich eine Patenschaft für den Platz erbettelt... Ja, liebe Politiker, das sind die Worte eines enttäuschten Wählers. Mein Vorschlag: "Wilhelm-Kaisen-Ecke" hört sich doch viel besser an.

Der Geestendorfer hat gesagt…

Hallo Jürgen,

ich komme ja als Geestemünder nicht so oft nach Lehe. Am 25.12.2011 stieg ich abends um viertel nach neun am Ernst-Reuter-Platz aus dem Bus und ging die Melchior-Schwoon-Straße in Richtung Stadthalle. Da sah ich diesen gespenstisch großen Rohbau von Baumarkt. Und dahinter ein sehr kleiner, mit Schlaglöchern übersäter Parkplatz. Riesige Pfützen und teilweiser verdreckter Asphalt. So musste ich aufpassen, dass meine Schuhe nicht schmutzig wurden.

Dieser Baumarkt ist das umstrittene Denkmal der ehemaligen SPD/CDU-Stadtregierung. Gut, dass auf der gegenüber liegenden Straßenseite aus der "Kaufland"-Ansiedlung nix wurde.

Der Wilhelm-Kaisen-Platz wurde in den letzten Jahren von der Stadtverwaltung sehr vernachlässigt. Kein Wunder, dass der Freimarkt im August 2011 sehr "heruntergekommen" aussah. So manche auswärtige Schausteller haben unseren Freimarkt bestimmt nicht mehr auf dem Plan.

Tschüss,
Holger

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