Dienstag, 3. Januar 2012

Dafür hat der Bundespräsident persönlich gesorgt

Hinter der in den letzten Wochen wieder einmal oft beschworenen Achtung vor dem höchsten Amt der Bundesrepublik Deutschland lässt sich offenbar viel verbergen.

Nachdem gestern anfangs schon die Süddeutsche Zeitung darüber berichtet hatte, war später auch in der Tagesschau der ARD und in der Nachrichtensendeung "Heute" des ZDF zu hören, dass Herr Wulff (Bundespräsident) versucht hat, einen Journalisten der Bild-Zeitung unter Druck zu setzen indem er ihm mit einer Strafanzeige gedroht hatte. Auch andere Medien hatten im Laufe des Tages darüber berichtet.

Die Bild-Zeitung hat inzwischen bestätigt, dass Herr Wulff am 12.12.2011 auf diese Weise verhindern wollte, dass Informationen über die Umstände der Finanzierung seines Hauses an die Öffentlichkeit gelangen. Ich bin ja alles andere als ein Freund dieses Blattes, aber das geht entschieden zu weit.

Der Bild-Zeitung zufolge entschuldigte sich Herr Wulff am 15.2.2011 beim Chefredakteur der Zeitung telefonisch für Ton und Inhalt seiner Äußerungen auf der Mailbox von dessen Mobiltelefon, nachdem diese ihren Bericht am 13.12.2011 veröffentlicht hatte. Am 22.12.2011 erklärte Herr Wulff dann gegenüber der Öffenlichkeit (Zitat): ".. Ich weiß und finde es richtig, dass die Presse- und Informationsfreiheit ein hohes Gut ist in unserer freiheitlichen Gesellschaft. .." - Seit gestern glaubt ihm das mit Sicherheit niemand mehr.

Über die Aufregung in der Öffentlichkeit bezüglich der Finanzierung seines Eigenheims konnte man anfangs ja durchaus noch geteilter Ansicht sein. Mit seinem gestern bekannt gewordenen persönlichen Angriff gegen die Presse- und Informationsfreiheit, die er wenige Tage später in seiner öffentlichen Erklärung als "ein hohes Gut in unserer freiheitlichen Gesellschaft" bezeichtete, hat Herr Wulff allerdings eine Grenze überschritten, die er - insbesondere in seiner Eigenschaft als höchster Repräsentant unseres Landes - nicht hätte überschreiten dürfen. Dafür dürfte es wohl kaum noch eine glaubwürdige Erklärung geben, mit der er sich erneut aus der Affäre ziehen könnte.

Allein mit den Veröffentlichungen über die Vertragsbedingungen seines Kredits, dessen Abschluss ja nicht in seine Amtszeit als Bundespräsident fällt, hätte das höchste Amt im Staate meiner Meinung nach nicht unbedingt Schaden nehmen müssen. Schließlich sind auch Bundespräsidenten nur Menschen. Menschen machen Fehler. Solche Fehler muss man kritisieren dürfen. Nachdem darüber diskutiert worden ist, kann man diese in den meisten Fällen auch verzeihen.

Dass das Amt des Bundespräsidenten nun doch erheblich beschädigt wird, lässt sich jedoch nicht mehr mit einem Verweis auf mögliche Fehler des ehemaligen Ministerpräsidenten des Landes Niedersachsen aus der Welt schaffen. Dafür hat der Bundespräsident mit seinen auf die Mailbox des Chefredakteus der Bild-Zeitung gesprochenen Drohungen höchst persönlich gesorgt.


(Quellen: Bild vom 03.01.2012 und Pressespiegel vom 02.01.2012, Süddeutsche Zeitung vom 02.01.2012 - Bericht 1 - Bericht 2 - Bericht 3, Spiegel vom 02.01.2012, TAZ vom 02.01.2012, ARD Tagesschau vom 02.01.2012, Die Zeit vom 02.01.2012)

3 Kommentare:

april hat gesagt…

Nun ist ER es, der dem Amt erheblichen Schaden zugefügt hat.

LG, April

Der Geestendorfer hat gesagt…

Hallo Jürgen,

Herr Wulff muss das Amt des Bundespräsidenten sofort zurückgeben. Er kann Deutschland im In- und Ausland nicht mehr repräsentieren. Dieser Mann hat schon seit Jahren die Bodenhaftung verloren. Diese Geschichte erhöht wieder die Politikverdrossenheit in unserem Land.

Tschüss
Holger

juwi hat gesagt…

@April: So ist es ...

@Holger: Nach seinem Drohanruf bei den Journalisten sehe ich das auch so. Abgesehen von dem, was seit Dezember 2011 in den Medien veröffentlicht wurde, habe ich vorher aber eher nichts von ihm bzw. über ihn gehört als irgendetwas Spektakuläres.

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