Amputationsgefährdet: Bahnsteige Bremerhaven Hauptbahnhof
Wenn die Deutsche Bahn ihre Umbaupläne im Rahmen der Sanierung des Hauptbahnhofs Bremerhaven ungehindert verwirklichen kann, dann wird die Bezeichnung "Hauptbahnhof" bald bestenfalls noch für die Museumszüge der Museumsbahn Bederkesa ihre Berechtigung haben. Wie gestern in der Nordsee-Zeitung zu lesen war, plant die Deutsche Bahn, die Länge der Bahnsteige von 400 auf 210 Meter zu verkürzen.
Bisher war mir im Zusammenhang "Sanierung/Umbau Hauptbahnhof" nur bekannt, dass das Bahnhofsgebäude modernisiert und die Bahnsteige renoviert und mit Fahrstühlen ausgerüstet werden sollten. Von einer Amputation der Bahnsteige im großem Stil war dabei jedoch nicht die Rede. Den Bremerhavenern jetzt die Halbierung der Bahnsteiglänge als Modernisierung verkaufen zu wollen, ist in meinen Augen nichts anderes, als der plumpe Versuch, die Bürger dieser Stadt für blöd zu verkaufen.
Die Nordsee-Zeitung schreibt, nach Aussage von Herrn Klimpel (Pro Bahn, Landesvorsitzender) bestünden Fernverkehrszüge aus bis zu 12 Waggons, was einer Länge von 316 Metern entspräche. Ein ICE käme sogar auf eine Länge von 358 Meter. Würden die derzeitigen Umbaupläne von der Deutschen Bahn umgesetzt, hätten nicht einmal mehr acht Waggons Platz.
Jedem, der die Grundrechenarten beherrscht, wird beim betrachten der genannten Zahlen sofort auffallen, dass bei einer Bahnsteiglänge von nur noch 210 Metern der Zug für den Fernverkehr zwischen Bremerhaven und dem Rest der Bundesrepublik endgültig abgefahren sein würde. Laut Nordsee-Zeitung begründet die Deutsche Bahn die geplante Verkürzung der Bahnsteige damit, dass zur Zeit kein Fernverkehr stattfindet. Dabei wird offensichtlich völlig übersehen, dass dann aber auch längere Sonderzüge, wie sie zum Beispiel zur Sail eingesetzt werden, Bremerhaven nicht mehr erreichen könnten. Dass könnte viele Touristen, die sich den Stress einer Anreise mit dem eigenen Pkw und dem mit Großereignissen dieser Art verbundenen Verkehrsgewühl in der Stadt nicht antun wollen, davon abhalten, die Sail zu besuchen. Außerdem rechneten die Planer beim Verkehrskonzept für die Havenwelten ebenfalls mit bahnreisenden Touristen.
Laut Herrn Volkmann (Verkehrsclub Deutschland, VCD, Sprecher) habe die Deutsche Bahn, ebenso wie Bremerhaven, auch Gera im Jahre 2001 vom Fernverkehr abgekoppelt. Um sicherzustellen, dass eine Wiederaufnahme des Fernverkehrs jederzeit möglich ist, habe Gera bei der Sanierung seines Hauptbahnhofs ausdrückllich Wert auf längere Bahnsteige gelegt. Seit der Sanierung seien die Bahnsteige dort jetzt 355 und 395 Meter lang. Auch in der Region würde Bremerhaven mit 210 Meter kurzen Bahnsteigen unter "ferner liefen" rangieren. Herr Volkmann nennt dafür beispielhaft drei Bahnhöfe:
- Oldenburg: Bahnsteiglänge 364 Meter
- Wilhelmshafen: Bahnsteiglänge 331 Meter
- Verden (Aller): Bahnsteiglänge 325 Meter
Die Nordsee-Zeitung zitiert Herrn Volkmann mit den Worten: "Wir brauchen einen funktionsfähigen Hauptbahnhof, der seiner oberzentralen Funktion auch gerecht wird." Damit hat er recht. Hoffentlich sind sich die Politiker aller Parteien in Bremerhaven und in der Bremer Landesregierung wenigstens in diesem Punkt einmal einig, damit sie die für die weitere Entwicklung Bremerhavens schädlichen Pläne der Deutschen Bahn noch verhindern können. Letztlich wäre es für Bremerhaven besser, es beim derzeitigen Zustand der Bahnsteige zu belassen, als sich die "Modernisierung" à la Deutsche Bahn wehrlos gefallen zu lassen.
(Quelle: Nordsee-Zeitung vom 26.09.2009)
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