... muss Herr Röttgen (CDU, Bundesumweltminister) wohl insgeheim bei sich gedacht haben. Warum sonst sollte er nach dem vorzeitigen Ende des Landtags in Düsseldorf für das Amt des Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen kandidieren wollen?
Welche Priorität er zum Beispiel dem Umgang mit dem Atommüll zumisst, zeigt sich unter anderem daran, dass er zweieinhalb Jahre gebraucht hat, bis er sich zu einem Besuch des havarierten Atommülllagers "Asse-II" entscheiden konnte. Schön, dass er bei der Gelegenheit gesagt hat, der dort lagernde Atommüll müsse an die Erdoberfläche zurückgeholt werden, bevor das ehemalige Salzbergwerk vollständig abgesoffen und eingestürzt ist. Das hatte allerdings auch sein Vorgänger im Amt des Bundesumweltministers während der Monate vor der letzten Bundestagswahl schon erkannt und dem ehemaligen Betreiber die Betriebsgebehmigung für das Atommülllager entzogen.
Während der mehr als zwei Jahre, in denen Herr Röttgen dafür politisch in der Verantwortung stand, ist bezüglich der dringend gebotenen Rückholung des Atommülls nichts passiert. In gut einem Jahr wird ein neuer Bundestag gewählt und Herr Röttgen orientiert sich offenbar vorsichtshalber schon einmal in Richtung Düsseldorf. Was will er da wohl angesichts der vielen anderen offenen Großbaustellen in seinem Ressort jetzt noch im Skandal um das ehemalige Salzbergwerk "Asse-II" bewirken?
Dass auch die Energiewende für die Bundesregierung nicht mehr als ein notwendiges Übel ist, zeigt sich zum Beispiel daran, dass die Atomkraftwerke nach dem Willen der wespenfarbenen Bundesregierung noch bis 2022 hochradioaktiven Atommüll produzieren sollen - eine Position, die auch Herr Röttgen vertritt. Und Herr Röttgen ist auch einer derjenigen, die sich weiterhin weigern, die geologischen und physikalischen Ergebnisse der Erkundungen des Salzstocks bei Gorleben zur Kenntnis zu nehmen, mit denen dieser auf seine Eignung als Lager für hochradioaktiven Atommüll untersucht werden sollte.
Um es einmal mit den Worten von Herrn Kruse (Gartow, Pastor) zu sagen (Zitat aus seiner Rede am 11.03.2012 vor dem AKW "Brockdorf"): ".. Man kann nicht auf dem größten Gasvorkommen Norddeutschlands ein Endlager errichten. Unten Gas, oben Wasser und dazwischen Salz mit tiefen Rissen und Spalten - da kann man keine hochaktiven, wärmeentwickelnden Abfälle lagern. .." Da die Naturgesetze aber offensichtlich einem Atommülllager "Gorleben" im Weg stehen, würden die Rahmenbedingungen für zukünftige Standorte für die Lagerung hochradioaktiven Atommülls von der Bundesregierung im angestrebten "Endlagersuchgesetz so festgelegt werden , dass "Gorleben" gar nicht aus der Liste der für die Suche in Frage kommenden Standorten herausfallen kann.
Das Problem mit den Naturgesetzen ist jedoch, dass diese auf menschngemachte Gesetze keinerlei Rücksicht nehmen. Wer meint er könne ungestraft die Gesetze der Physik ignorieren, der befindet sich auf einem gefährlichen Irrweg. Da das ehemalige Salzbergwerk "Asse-II" einmal als "Versuchsendlager für Atommüll" die Argumente für die sichere Lagerung hochradioaktiven Atommülls im Salz bei Gorleben hätte liefern sollen, wäre die logische Konsequenz gewesen, die dort begangenen Fehler nicht auch noch zu wiederholen. Herr Röttgen ist jedoch gerade auf dem besten Wege, sich in die Reihe der Wiederholungstäter einzufügen.
Ein weiteres Indiz dafür, wieviel ihm daran gelegen ist, die Energiewende mit dem notwendigen Nachdruck voranzutreiben, ist sein Kahlschlag bei der Solar-Förderung, den die Oppositionsparteien schon als Angriff auf die Energiewende zugunsten der Betreiber von Atomkraftwerken und fossil befeuerter Kraftwerke und bezeichnet haben.
Trotz seiner Absicht, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfahlen zu werden, will Herr Röttgen aber wohl auch weiterhin Bundesumweltminister bleiben. Da frage nicht nur ich mich, welches der beiden Ämter dann wohl am meisten unter seiner Doppelrolle leiden würde. Herr Seehofer (CSU, Bayern, Ministerpräsident) hat deshalb folgerichtig schon Herrn Röttgens Rücktritt als Bundesumweltminister gefordert. Das war gestern unter anderem auf Seite 2 der Samstagsausgabe der Bremerhavener Nordsee-Zeitung zu lesen. Inzwischen drängen auch andere Politiker Herrn Röttgen zu einer Entscheidung für Nordrhein-Westfahlen - aber ohne Rückfahrkarte nach Berlin.
Ob ein vollständiger Wechsel Herrn Röttgens nach Nordrhein-Westfalen allerdings automatisch auch zu den dringend notwendigen Fortschritten in der Klima- und in der Atompolitik führen würde, ist aus meiner Sicht mehr als fraglich. Es könnte auch alles noch bedeutend schlimmer werden. Und solange er erfolgreich auf seiner Doppelrolle besteht, steigen die ohnehin wohl schon nicht schlechten Chancen für die Fortsetzung der Rot-Grünen Landesregierung in Nordrhein-Westfahlen mit einer dann deutlicheren Mehrheit der Sitze im zukünftigen Landtag. Den derzeitigen Prognosen der Meinungsforschungsinstitute zufolge, könnte sich das Abstimmungsverhalten der FDP und der Linken noch als politischer Selbstmord herausstellen. Da bliebe dann also die Frage, mit wem Herr Röttgen im Falle seines (aus derzeitiger Sicht eher unwahrscheinlichen) Wahlsiegs wohl eine Koalition eingehen will?
(Quellen: Nordsee-Zeitung vom 17.03.2012, FAZ vom 16.03.2012, TAZ vom 15.03.2012, Süddeutsche Zeitung vom 15.07.2009, Spiegel vom 12.03.2012)
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