Sonntag, 1. August 2010

Ächtung von Streubomben in Kraft

FriedenstaubeManchmal gibt es unter der Rubrik "Krieg & Frieden" auch etwas positives zu berichten: Heute tritt die von 108 Staaten unterzeichnete internationale Konvention gegen Streumunition in Kraft, mit der diese Staaten den Einsatz, die Entwicklung, die Produktion, die Lagerung und die Weitergabe der Streubomben ächten.

38 der Unterzeichner-Staaten, darunter auch Deutschland, haben die Konvention bisher auch ratifizert. Österreich, Norwegen und Spanien haben darüber hinaus ihre Lagerbestände an Streumunition bereits vernichtet. Deutschland ist da nicht so schnell: Die rund 440000 Streubomben-Behälter mit insgesamt mehr als 50 Millionen kleinen Sprengkörpern werden erst 2015 restlos vernichtet worden sein.

Zum Größten Teil sind es Zivilisten, die der Streumunition zum Opfer fallen - oft noch lange, nachdem die Kriege, in denen sie abgeworfen wurde, zu Ende sind. Oft explodieren die Streubomben nicht. Die Blindgänger liegen dann irgendwo in der Landschaft herum. Oft werden sie Kindern zum Verhängnis, die sie finden und mit ihnen spielen. Die Organisation "Handicap International" schätzt, dass 98 Prozent der Menschen, die durch Streubomben verletzt wurden, Zivilisten sind.

Dass die internationale Ächtung der Streumunition heute in Kraft tritt, ist aus meiner Sicht ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung, aber wohl noch kein endgültiger Sieg gegen diese bestialischen Waffen. Die Konvention verbietet es nämlich keinem der Unterzeichner, in Kriegen gemeinsame Sache mit jenen Staaten zu machen, die sich bisher weigern, der internationalen Konvention gegen Streumunition ebenfalls beizutreten. So kämpfen Deutsche Soldaten in Afghanistan zusammen mit den USA, die dort Streubomben abgeworfen haben, nach dem Motto: "Wir waschen unsere Hände in Unschuld. Es sind ja nicht wir, sondern nur unsere Freunde, welche die Bomben legen, die nachher unschuldige Zivilisten verstümmeln und umbringen."

Auch hält die Unterschrift der Bundesrepublik Deutschland unter der Konvention deutsche Banken und Versicherungen nicht davon ab, an der Produktion von Streumunition Geld zu verdienen. In der aktualisierten Ausgabe der der Studie "Worldwide investments in Cluster Munitions - a shared responsibility" vom April 2010 (Hyperlink s.u.) finden sich in der "Hall of Shame" neben privaten Unternehmen, wie der Deutschen Bank (Seite 45), der Allianz (Seite 35), der Commerzbank (Seite 44), der Universal Investment (Seite 68) oder der ehemaligen Landesbank WestLB (Seite 71), auf Seite 39 auch die Bayrische Landesbank auf der Liste. Das ARD-Magazin "Report Mainz" berichtete am 07.06.2010 mit Bezug auf die Studie, die Fondsgesellschaft DWS, ein Tochterunternehmen der Deutschen Bank, investiere in die US-Firma Textron, welche die gefährliche Streubombe BLU-108 herstelle. Auch die Deutsche Bank selbst verdiene kräftig an den Geschäften mit Streumunition: 2009 solle die Bank Kreditlinien in Höhe von 14,6 Millionen Dollar für Textron bereitgestellt haben. Details dazu finden sich auf den Seiten 45/46 der Studie. Ich bin froh darüber, dass ich mein Konto bei einer Bank habe, die nicht in Liste der Studie zu finden ist.

Zu den Staaten, die sich den Einsatz von Streubomben auch weiterhin vorbehalten, gehören die USA, Russland und China, die sich auch schon der Unterzeichnung des Ottawa-Übereinkommens über das Verbot von Antipersonenminen verweigert hatten.


Zum Weiterlesen:
  • Report Mainz
    Die fragwürdigen Geschäfte
    Deutscher Banken mit geächteten Waffen

(Quellen: Handicap International Deutschland, Deutsche Welle vom 01.08.2010, Tagesschau vom 31.07.2010 und vom 01.08.2010, Der Standard vom 28.07.2010, News.de vom 26.06.2009, Report Mainz vom 07.06.2010, Wikipedia WestLB)

2 Kommentare:

Helmut hat gesagt…

Hallo Jürgen,
nicht nur die von dir erwähnte US Firma gehört zu den Streubombenherstellern, sondern auch die Autobauer Daimler mit seiner Tochter EDAS. Zetsche befürwortet übrigens einen massiven Ausbau der Rüstungssparte. Hauptkritiker seit langer Zeit ist dein Namensvetter Jürgen Grässlin. Er kritisiert regelmässig auf der Daimler HV die Steubomben- und Mienenherstellung durch EDAS. Dies ist ein wesentlicher Grund warum ich mir nie einen Mercedes kaufen werde.

juwi hat gesagt…

@Helmut: Als ich vor ungefähr zwei Jahren davon erfuhr, dass in Deutschland eine so große Menge dieser heimtückischen Munition lagert, war ich entsetzt. Ein ähnliches Gefühl überfiel mich beim Lesen deines Kommentars jetzt erneut. Danke für die Info.

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