Montag, 20. Juli 2009

Sturmschaden

Ich habe gerade eine E-Mail gelesen, die ich vor zwei Tagen von einer Bekannten erhalten hatte. Ab und zu verschickt sie E-Mails an Freunde und Bekannte mit unterhaltsamen Inhalten, oder solchen, die zum Nachdenken anregen. In dieser E-Mail war der Text eines Schreibens enthalten, das zur Erklärung eines Schadenfalles an eine Versicherung geschickt worden sein soll. Der Text hat mich aufgrund seiner Präzision sehr beeindruckt:


Sehr geehrte Damen und Herren,

Sie fordern Begründung, wie es dazu kam, dass mein Zaun von einem Sturm zerstört worden ist. Nach anfänglicher Ratlosigkeit, was man da wohl schreiben soll, ich dennoch aber gezwungen bin, zu antworten, um meinen Pflichten als Versicherungsnehmerin nachzukommen, trage ich nun ordnungsgemäß vor:

Die Sonne wärmt die Luft weltweit unterschiedlich. Wo sie senkrecht auf die Erde trifft (am Äquator), wärmt sie stärker als da, wo sie schräg auftrifft (Nord- und Südpol). Und über Land wärmt sie stärker als über dem Meer. Aufgewärmte Luft dehnt sich aus, der Luftdruck wird an diesen Stellen höher (man nennt das "Hochs"). An kühleren Stellen bleibt der Luftdruck niedrig ('Tiefs'). Die Luft versucht, diese Druckunterschiede wieder auszugleichen: Sie strömt von Gebieten mit hohem Luftdruck in Gebiete mit niedrigem Luftdruck - je größer die Druckunterschiede sind, umso schneller. Bewegt sich die Luft mit 6 km/h, nennt man das Wind. Ab 75 km/h nennt man diese Bewegung Sturm, ab 118 km/h Orkan. So schnell ist Luft aber nur bei extremen Druckunterschieden. Ein solcher Druckunterschied lag am Schadenstag über Deutschland vor.

Zur Unglückszeit passierte schnelle Luft den Großraum Hessen, wobei sie auch durch Asterode und an meinem Haus vorbei kam. Da mein Haus der schnellen Luft im Wege stand, sollte es weggepustet werden. Das lies jedoch mein treuer Zaun nicht zu. Um das Haus zu schützen, hat sich mein armer Zaun mit aller Kraft gegen die schnelle Luft gestemmt. Es gelang ihm zunächst, sich und das Haus erfolgreich zu verteidigen, so dass die schnelle Luft gezwungen war, den Weg durch das Nachbarhaus zu nehmen. Als das große Dach des Nachbarhauses in einem Stück vorbeigeflogen kam, was nur in sehr seltenen Fällen vorkommt, muss mein Zaun erschrocken oder zumindest kurz abgelenkt gewesen sein. Die schnelle Luft hat sofort ihre Chance genutzt und meinen (treuen Zaun heimtückisch niedergedrückt. Der Held brach zusammen und starb noch am Boden liegend vor dem Haus, welches er jedoch immerhin erfolgreich beschützt hatte.

Das ist meiner Ansicht nach der Vorgang so, wie er sich real zugetragen hat. Es könnte jedoch auch weniger dramatisch gewesen sein und der Fall ist als ganz gewöhnlicher Sturmschaden zu behandeln, dem nichts hinzuzufügen ist, außer dass an dem Tag in Asterode - wie überall in Deutschland - Sturm war. Sollte weiterer Vortrag notwendig sein, Zeugenaussagen begehrt werden oder Ihrer Ansicht nach eine Obduktion des Zaunes erforderlich sein, stehe ich gerne zur Verfügung.


Also, besser hätte ich das auch nicht formulieren können :o)

2 Kommentare:

Weserkrabbe hat gesagt…

Hallo Jürgen, das wusste ich doch, dass Dir das gefällt. Genau so einen Text hätte ich mir von Dir auch vorstellen können. Ich fand ihn klasse. Danke auch noch für Deine guten Wünsche. Der Katze geht es etwas besser, weiss aber noch nicht genau, was es nun war. Epileptische Anfälle oder Unterzuckerung. Wird weiter beobachtet und behandelt.
Viel Spass mit Deinem Besuch.

lieben Gruss
Brigitte

juwi hat gesagt…

@Brigitte:
Es gibt in diesem Land eine Große Zahl an Formularen mit einer noch größeren Anzahl dummer Fragen. Wenn man die alle ausschlachten würde, könnte man damit ein mehrbändiges Werk schaffen, das es mit Sicherheit an die Spitze der Bestsellerlisten schaffen würde.

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